OGH 1Ob597/89

OGH1Ob597/8914.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Kodek und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag.Eva-Maria W***-G***, Raimundstraße 4, 4400 Steyr, 2.) Gertrude P***, Steinbauerstraße 9, 4020 Linz, 3.) Dipl.Ing.Karl und Dr.Anna G***, Bockgasse 7, 4020 Linz, 4.) Erna H***, Schillerstraße 7, 4020 Linz, 5.) Dr.Waltraud S***, Mauthausnerstraße 25, 4470 Enns, 6.) Katharina A***, Mozartstraße 17, 4020 Linz, 7.) Theresia S***, Wörthstraße 16, D-8000 München, Bundesrepublik Deutschland, 8.) Josefine B***, Schachen 12, 4843 Ampflwang, 9.) Heidelore H***, Stelzhammerstraße 14, 4600 Wels, und 10.) Renate W***, Bergerbräuhofstraße 17, 5020 Salzburg, alle vertreten durch Dr.Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur,

Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Feststellung und Einverleibung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9.Jänner 1989, GZ 3 R 284/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 28.Februar 1987, GZ 1 Cg 338/86-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.647,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Aufgrund des Kaufvertrages vom 18.Oktober 1892 wurde am 26.Juni 1893 das Eigentumsrecht auf der Liegenschaft EZ 22 KG Attersee unter anderem mit dem Grundstück 141 für Karl und Barbara M*** je zur Hälfte einverleibt. An das Grundstück 141 grenzte im Südosten das Grundstück 807 KG Attersee (EZ 286), das als öffentliches Wassergut im Eigentum der beklagten Partei steht, an. Am 7.Februar 1893 beantragte Karl M*** bei der k.k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Bewilligung eines Einbaus in die "Atterseeparzelle" 807, worüber am 28.Februar 1893 an Ort und Stelle eine kommissionelle Verhandlung abgeführt wurde. Zu dieser Verhandlung waren neben dem Verhandlungsleiter und einem technischen Amtssachverständigen Vertreter der Gemeinde Attersee und der Schiffahrtsinteressenten, zwei Grundnachbarn, davon einer gleichzeitig auch als Fischereiinteressent, sowie der Antragsteller, nicht aber auch der Vertreter des Hohen Landesausschusses erschienen. Verhandlungsgegenstand war die von Karl M*** beantragte Bewilligung zur Ausführung eines Einbaus in die Atterseeparzelle 807 und ferner die Herstellung einer Schiffs- und Badehütte; bei dem Einbau handelte es sich um einen Vorbau mit einer Längsausdehnung von 65 m und einer Breite von 7,5 m; die Schiffshütte mit anstoßender Badehütte sollte insgesamt 18 m lang und 5,5 m breit sein. Der Vorbau sollte durch Erdanschüttung und Ufersicherung angelegt werden. Das Niveau des Uferbaues sollte ca 20 cm über dem höchststehenden See "angetragen" werden. Weiters ist im Protokoll über diese Verhandlung vermerkt, daß der Einbau an der Seite, an der er an einen bereits bestehenden Einbau angrenzen sollte, nicht 7,5 m, sondern nur 7 m breit angelegt werden sollte. Gegen das Vorhaben wurden keine Einwendungen erhoben. Die k. k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erließ am 1.März 1893 an Karl M*** nachstehenden Bescheid:

"Aufgrund des Ergebnisses der am 28.Februar stattgehabten Lokalverhandlung finde ich Ihnen gemäß § 86 des o.ö.W.R.Ges vom 28.8.1870 L.G.u. Vdg.Bl.Nr.32 die Bewilligung zu erteilen, gegen Einhaltung nachstehender Bedingungen bei der zu Ihrem Haus Nr.19 in Attersee gehörigen Grundparzelle Nr 141 in die Atterseeparzelle Nr 807 einen neuen Einbau behufs Erbreiterung und Ufersicherung der besagten Uferparzelle Nr 141, ferner behufs Herstellung einer Schiffs- und Badehütte nach dem Plane dtto Attersee 7.2.1893 ausführen zu dürfen:

1./ Die Ufersicherung, welche durch Pilotierung oder Steinmauerung geschehen kann, ist in entsprechend solider Weise auszuführen.

2./ Der besagte Einbau ist auf derselben Fluchtlinie auszuführen, welche dermalen der benachbarte südlich gelegene Einbau des Herrn Paul E*** in Attersee ausweist und darf die Breite des Einbaues am südlichen Teile desselben nur 7 m betragen. 3./ Die seit jeher auf dem Attersee bestehenden Flößereirechte dürfen durch diese neue Anlage nicht beschränkt werden. 4./.....

5./ Sollte die durch diese Neuanlage verbaute Seegrundfläche für öffentliche Zwecke benötigt werden, so sind Sie resp. Ihre Besitznachfolger verpflichtet, diese Anlage auf Verlangen des Ärars ohne Anspruch auf eine Entschädigung zu entfernen. Diese Verbindlichkeit wird im Wasserbuche vorgemerkt.....". Im Wasserbuch wurde am 16.5.1935 unter Pzl 717 als Art der Wasserbenutzung "Seeinbau", als Bezeichnung der Wasserbenutzungsanlage oder der Liegenschaft, mit welcher das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, "Villa 19 in Attersee EZ 22, Grundparzelle Nr 141" und als Lage der Anlage:

"Der Seeinbau liegt auf der Seeparzelle Nr 807/1 und ist der Landparzelle Nr 141 vorgelagert."

vermerkt. Als Berechtigte waren Martin und Remigius M*** in Attersee Nr 19 eingetragen. In der Spalte "Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung" ist festgehalten:

"Der Einbau behufs Verbreiterung und Versicherung der Uferparzelle Nr 141 hat am südlichen Ende nur ca 7 m Breite. Die Schiffshütte mit der anstoßenden Badehütte hat zusammen 18 m und 5,5 m Breite."

In der Spalte "Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung" wurde "widerruflich" und als "Zweck der Anlagen" "Für Badezwecke und zur Unterbringung von Booten" vermerkt.

Ab 1923 kam es zu mehrfachem Eigentümerwechsel, bis aufgrund von Kaufverträgen vom 26.6.1952 und 13.10.1953 am 11.7.1953 bzw 9.11.1953 das Eigentum auf der Liegenschaft EZ 22 KG Attersee mit dem Grundstück 141 für Heliodor M*** einverleibt wurde. Aufgrund des Lageplanes vom 26.3.1957 wurde das Grundstück 141 am 4.5.1957 in die Grundstücke 141/1, 141/2, 141/3 und 141/4 geteilt; am 15.6.1957 wurden die Grundstücke 53/1, 141/1 und 140/3, für welche die EZ 314 KG Attersee eröffnet wurde, von der genannten Liegenschaft abgeschrieben. Die Liegenschaft EZ 314 KG Attersee mit den Grundstücken 43/1, 141/1 und 140/3 steht im Miteigentum der Kläger. Der dem Grundstück 141/1 vorgelagerte Seeinbau weist eine Länge von etwa 30 m auf und ist am nördlichen Ende ca 5 m und am südlichen Ende rund 9 m breit.

Gegen einen am 16.10.1974 ergangenen Einheitswertbescheid des Finanzamtes Vöcklabruck erhob die Hausgemeinschaft Attersee, Neustiftstraße 15, am 4.11.1974 Berufung mit der Begründung, der Seestreifen sei, wie ersichtlich, noch Ärareigentum; das Grundstück 141/1 sei somit nicht als Seegrund einzustufen.

Die Kläger begehren die Feststellung, sie seien Eigentümer des dem Grundstück 141/1 vorgelagerten Landstrichs, der eine Länge von etwa 30 m und eine Breite von rund 5 m am nördlichen und ca 9 m am südlichen Ende aufweise, und weiters die Verurteilung der beklagten Partei zur Einwilligung in die Abschreibung dieser Landfläche vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 286 KG Attersee und die Zuschreibung zur Liegenschaft EZ 314 KG Attersee sowie zur Abgabe aller für die grundbücherliche Durchführung erforderlichen Erklärungen; hilfsweise begehren sie (ON 5, S 2) die Feststellung, es stehe ihnen die Dienstbarkeit der ausschließlichen Benützung des dem Grundstück 141/1 vorgelagerten Seeinbaus zu, und die Verurteilung der beklagten Partei zur Einwilligung in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit (ohne im Begehren die zu belastende Liegenschaft zu nennen). Für den Fall der Abweisung auch dieses Begehrens beantragen sie schließlich die Feststellung, es stehe ihnen das obligatorische Recht der ausschließlichen Benützung dieses Grundstreifens zu (ON 7, S 3). Schon vor der Karl M*** erteilten wasserrechtlichen Bewilligung sei die streitverfangene Grundfläche von ihrem Rechtsvorgänger ungehindert benützt und als sein Eigentum angesehen worden. Auch nahher sei diese Fläche von ihren Rechtsvorgängern bzw den klagenden Parteien selbst bis heute in der Meinung benützt worden, es handle sich dabei um ihr Eigentum; für die Benützung des Seeinbaus sei niemals ein Entgelt begehrt oder bezahlt worden. Ihr Eigentum gründe sich daher auf eine rechtswirksame, vor dem 1.11.1934 abgeschlossene Ersitzung. Im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sei die Frage, ob die Eigentümer zum Einbau überhaupt befugt seien, nicht erörtert worden. Die Verfahrensbeteiligten und die Behörde seien jedenfalls von deren Befugnis hiezu ausgegangen. Im übrigen hätten ihre Rechtsvorgänger Karl und Barbara M*** gemäß § 47 OÖWRG 1870 Eigentum erworben, weil es sich um einen genehmigten Regulierungsbau zum Zweck der "Erbreiterung und Ufersicherung" des (damals noch ungeteilten) Grundstückes 141 gehandelt habe. Im Hinblick auf die ausschließliche Benützung hätten die Kläger zumindest aber die hilfsweise geltend gemachte Dienstbarkeit ersessen. Jedenfalls sei aber eine vertragliche Vereinbarung zu unentgeltlicher Benützung anzunehmen, weil die klagenden Parteien bzw deren Rechtsvorgänger den strittigen Grundstreifen ohne Belastung durch die beklagte Partei und ohne je aufgefordert worden zu sein, einen Pachtzins zu zahlen, seit 1893 benützten.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Der Seeinbau sei Regulierungsbau im Sinne des § 41 Abs 1 OÖWRG 1870; gemäß § 47 dieses Gesetzes falle der durch die Regulierungsbauten im Bereich derselben gewonnene Grund und Boden in das Eigentum jener, die die Kosten der Unternehmung tragen. Dabei handle es sich um originären Eigentumserwerb.

Das Berufungsgericht wies das Haupt- und beide Hilfsbegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Durch den Bescheid der k.k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aus dem Jahre 1893 sei kein Regulierungsbau im Sinne des § 47 OÖWRG, sondern nur ein Schutzbau gemäß § 42 OÖWRG genehmigt worden, der nicht zum Eigentumserwerb nach der erstgenannten Bestimmung habe führen können. Habe der historische Gesetzgeber in § 41 OÖWRG von Schutz- und Regulierungswasserbauten, in § 47 dieses Gesetzes aber nur von "Regulierungsbauten" gesprochen, könnten die beiden Rechtsbegriffe nicht als identisch verstanden werden. Der Hinweis der klagenden Parteien auf die "Motive von 1867", nach welchen sich Schutz- und Regulierungsbauten nicht trennen ließen und daher "im Gesetz gemeinschaftlich behandelt werden müßten", könne an dieser Schlußfolgerung nichts ändern, sondern bringe nur die nahe Verwandtschaft dieser beiden Typen von Wasserbauten zum Ausdruck; mit der gemeinschaftlichen Behandlung sei nur die Zweckmäßigkeit der Regelung in einem Abschnitt des Gesetzes gemeint. Wie schon darauf hingewiesen, beziehe sich § 47 OÖWRG nur auf Regulierungsbauten. Peyrer-Heimstätt (Wasserrecht3,400), der von beiden Seiten zitiert werde, bringe deutlich zum Ausdruck, daß Regulierungsbauten die Verbesserung des Bettes der Gewässer und damit der Wasserstands- und Wasserabflußverhältnisse, und zwar entweder die Verbesserung und Regelung des bestehenden Wasserbettes und Wasserlaufes oder deren völlige Änderung und Verlegung bezweckten. Da der Attersee im fraglichen Bereich zumindest 3 km breit sei, habe der Seeinbau solchen Regulierungszwecken ohne Zweifel nicht dienen sollen und auch nicht dienen können. Da die im § 41 OÖWRG erwähnten Wasserbauten in öffentlichen Gewässern in den Bereich der ausschließlichen staatlichen Rechte eingriffen, in öffentlichen Gewässern, also auf fremdem Grund und Boden, aufgeführt worden und der staatlichen Aufsicht unterlegen seien, hätten sie der behördlichen Bewilligung bedurft. Von diesen hätten sich die vom Uferbesitzer auf eigenem Grund, wenngleich an dessen Begrenzung und zum Schutz der Ufer errichteten Uferbauten unterschieden. Unter "Uferschutz" habe man Vorkehrungen gegen Schäden an den innerhalb der Ufer eingeschlossenen Gewässern infolge Abspülung, Unterwaschung, Abriß und sonstiger Benachteiligung verstanden. Schutzwasserbauten im Sinne des § 41 OÖWRG seien also unter anderem Wasserbauten in öffentlichen Gewässern, die in den Bereich der ausschließlichen staatlichen Rechte eingriffen, über privatrechtliche Uferbauten im dargestellten Sinn also hinausgingen, aber die Qualifikation von Regulierungsbauten nicht erreichten. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß mit den Behördenverfahren aus dem Jahre 1893 ein Landgewinn (Erweiterung), verbunden mit einem "Uferschutz", erreicht werden sollte. Von den klagenden Parteien sei nicht behauptet worden, daß ein Uferbau an der Grundgrenze nicht möglich gewesen wäre. Aus dem in der vorgelegten Planskizze dargestellten Profil sei deutlich ersichtlich, daß an der Grundgrenze bereits ein Uferbau vorhanden gewesen sei und dieser nur infolge deren Anschüttung an der dem See zugekehrten Seite wieder durch einen Uferschutzbau habe gesichert werden müssen. Welcher Regulierungszweck damit hätte erreicht werden sollen, sei nicht erkennbar. Fehle der Regulierungszweck im Sinne der Verbesserung des Gewässerbettes und damit der Wasserstands- und Wasserabflußverhältnisse, komme § 47 OÖWRG nicht in Anwendung. Der Landgewinn, die Sicherung der Schiffahrt oder der Schutz der Ufer allein reiche zur Annahme eines Regulierungswasserbaues nicht aus. Schaden würde es nur nicht, wenn der Regulierungsbau zugleich auch Schutzbau gewesen wäre. Mangels Qualifikation als Regulierungswasserbau müsse auf die bescheidmäßige Verpflichtung, daß die Anlage auf Verlangen des Ärars ohne Anspruch auf Entschädigung zu entfernen sei, nicht mehr eingegangen werden. Auch die Frage der Rechtsnachfolge sei unerheblich, weil der Eigentumserwerb im Sinne des § 47 OÖWRG verneint werde. Die behauptete Ersitzung sei schon wegen der mangelnden Gutgläubigkeit Karl M*** zu verneinen. Nach dem Bescheid der

k. k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe der Einbau in das Atterseegrundstück 807 erfolgen sollen. Daß Karl M*** demgegenüber gutgläubig hätte davon ausgehen können, nur eigenen Grund in Anspruch zu nehmen, hätten die klagenden Parteien nicht einmal behauptet. Auch bei Redlichkeit der Ehegattin des Karl M*** als Miteigentümerin wäre für die behauptete Ersitzung nichts zu gewinnen. Wohl sei die Ersitzung durch Miteigentümer möglich, nicht aber auch die Ersitzung eines ideellen Anteiles. Mangels Gutgläubigkeit Karl M*** komme auch die Ersitzung einer Dienstbarkeit nicht in Betracht, zumal eine Grunddienstbarkeit geltend gemacht werde. Die fehlende Gutgläubigkeit des Karl M*** als Miteigentümer des "herrschenden Gutes" verhindere jedenfalls die Ersitzung. Mitbesitz sei gemeinschaftlicher Besitz mehrerer an ungeteilter Sache. Der Besitz sei zwischen den Mitbesitzern nach ideellen Quoten aufgeteilt. Auch in den Fällen des Miteigentums sei das Recht und nicht die Sache geteilt. Dem einzelnen gehöre kein realer Teil, sein Anteilsrecht beziehe sich vielmehr immer auf die ganze Sache. Demnach ermögliche die Gutgläubigkeit eines Ersitzungswerbers weder die Ersitzung des Eigentumsrechtes am Grundstückstreifen noch an einer ideellen Hälfte noch die Ersitzung einer Dienstbarkeit. Auch eine vertragliche Vereinbarung der unentgeltlichen Benutzung deshalb, weil die Kläger bzw deren Rechtsvorgänger den strittigen Grundstreifen seit 1893 ohne Belastung durch die beklagte Partei und ohne je aufgefordert worden zu sein, Pachtzins zu zahlen, benützten, sei zu verneinen. Wohl käme gemäß § 863 ABGB als schlüssige Handlungen auch Unterlassungen in Betracht, doch dürfe dem Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen werden. Schweigen gelte also in der Regel nicht als Zustimmung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Sie gründen das mit ihrem Hauptbegehren in Anspruch genommene Eigentum am streitverfangenen Grundstreifen einerseits auf den im § 47 RWRG (RGBl 93/1869) bzw OÖWRG (LGBl 32/1870) vorgesehenen Eigentumserwerb am Regulierungsneugrund durch den Unternehmer und andererseits auf die von ihren Rechtsvorgängern noch vor Inkrafttreten des geltenden Wasserrechtsgesetzes (am 1.11.1934) abgeschlossene Ersitzung dieser Grundflächen. Entgegen ihren Ausführungen ist jedoch keiner der beiden Erwerbsgründe zu bejahen. Gemäß § 47 RWRG bzw OÖWRG fiel der durch Regulierungsbauten im Bereiche derselben gewonnene Grund denjenigen zu, welche die Kosten der Unternehmung trugen (ähnlich jetzt § 46 Abs 1 WRG). Das Gericht zweiter Instanz erblickte in dem von der Wasserrechtsbehörde 1893 bewilligten Seeinbau keinen Regulierungswasser- ,sondern einen Schutzwasserbau (vgl § 41 RWRG bzw OÖWRG), auf den der originäre Grunderwerb gemäß § 47 der genannten Gesetze jedoch nicht gestützt werden könne. Dagegen behaupten die Kläger in ihrer Revision, der bewilligte Seeinbau sei Regulierungsbau im Sinne des § 47 beider Gesetze; im übrigen gelte § 47 der beiden Gesetze auch für die Schutzwasserbauten. Es ist jedoch den zutreffenden Ausführungen der beklagten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zuzustimmen, daß der streitverfangene Seeinbau überhaupt keine Maßnahme der Gewässerabwehr (Dritter Abschnitt der erwähnten Gesetze), sondern eine Wasserbenutzungsanlage im Sinne des Zweiten Abschnitts der beiden Gesetze (vgl jetzt § 38 Abs 1 WRG) ist.

Aus dem Protokoll über die kommissionelle Verhandlung durch die k. k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 28.2.1893 in Attersee (Beilage 3) ergibt sich, daß der damalige Hälfteeigentümer des Grundstückes 141 um die Bewilligung zur Ausführung eines Einbaus in die "Atterseeparzelle" 807 und zur Herstellung einer Schiffs- und Badehütte angesucht hatte. Mit Bescheid dieser Behörde vom 1.3.1893 (Beilage 4) wurde dem Gesuchssteller die Bewilligung erteilt, bei der zu seinem Haus Nummer 19 in Attersee gehörigen Grundparzelle 141 "in die Atterseeparzelle Nr 807 einen neuen Einbau behufs Erbreiterung und Ufersicherung" seines Grundstücks und Herstellung einer Schiffs- und Badehütte auszuführen, doch wurden er und seine Rechtsnachfolger gleichzeitig verpflichtet, diese "Anlage auf Verlangen des Ärars ohne Anspruch auf eine Entschädigung zu entfernen", "sollte die durch diese Neuanlage verbaute Seegrundfläche für öffentliche Zwecke benötigt werden". Die Wasserrechtsbehörde hat dem Gesuchssteller somit bloß das widerrufliche Recht zur Benützung des Seegrundstückes 807 zwecks Herstellung eines Einbaus in den See und einer Schiffs- und Badehütte erteilt. Zweck der bewilligten Anlage war - wie sich aus dem der Bewilligung zugrundeliegenden Plan, in dem der Einbau als "Seeplatz" bezeichnet wird, und dem Wasserbuch, in dem als Zweck der Anlage "Badezwecke und Unterbringung von Booten" angegeben ist, eindeutig ergibt - die bessere Ausnützung des Ufergrundstückes für Bade- und Bootsfahrtszwecke. Dagegen versteht man unter einem Schutz- und Regulierungswasserbau eine wasserbauliche Maßnahme, deren ausschließliche oder hauptsächliche Aufgabe es ist, das Gerinne eines Gewässers zur Abwehr seiner schädlichen Einwirkungen zu beeinflussen, die Ufer zu festigen und das anliegende Gelände vor Überflutungen oder Vermurungen zu bewahren; dazu gehören insbesondere Hochwasserdämme, Uferbauten, Durchstiche, Begradigungen, Verbreiterungen, Einschränkungen sowie alle Maßnahmen zur Sicherung der Sohle des Wasserlaufes (SZ 44/88; vgl auch SZ 55/189; SZ 53/11; SZ 50/65 ua; Grabmayr-Rossmann, Wasserrecht2, 262). Davon sind die Wasserbenutzungsanlagen zu unterscheiden, die die Nutzung der Wasserwelle bzw des Wasserbettes zum Gegenstand haben (SZ 56/58; SZ 50/65 ua); als solche sind auch Aufschüttungen, die hauptsächlich der Gewinnung eines Badeplatzes dienen und mit welchen an sich kein erkennbarer schutzwasserbaulicher Zweck angestrebt wird, zu beurteilen (vgl ZfV 1989/279). Zutreffend hat das Berufungsgericht aus dem dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid zugrundegelegten Plan festgestellt, daß das Grundstück 141 schon vor dem Seeinbau ausreichenden Uferschutz genoß (vgl insbesondere "Profil a.b."). Die Kläger haben diese Feststellungen zwar als aktenwidrig bekämpft, doch trifft dies im Hinblick auf die erwähnte unbedenkliche Darstellung des Uferprofils keineswegs zu. Daß nicht jedes Seeufer einer künstlichen Ufersicherung bedarf, ist nicht weiter zu erörtern; die Kläger haben aber im Zuge ihrer Aktenwidrigkeitsrüge gar nicht behauptet, daß tatsächlich vor dem Seeinbau keine ausreichende Ufersicherung vorhanden gewesen sei.

Die Aufschüttung zur Landgewinnung wird nicht schon deswegen zu einem Schutzwasser- oder Regulierungswasserbau, weil sie so gestaltet ist, daß sie ihrerseits den schädlichen Wassereinwirkungen tunlichst standhält; der Karl M*** bewilligte Seeinbau wurde somit nicht schon deshalb zu einem solchen der Gewässerabwehr dienenden Wasserbau, weil er - auch - Vorkehrungen umfaßt, die ihn selbst vor solchen Einwirkungen schützen sollen (VwGH, ZfV 1989/279); eine solche Anlage setzt vielmehr - wie schon dargelegt - voraus, daß die Schutzeinrichtungen zumindest hauptsächlicher Zweck ihrer Errichtung sind. Wird der

- möglicherweise natürliche - Uferschutz durch den Einbau wie im vorliegenden Fall nicht bloß landeinwärts verschoben, sondern durch die Errichtung der Wasserbenützungsanlage überhaupt verbaut (vgl Beilage 8), so war es notwendig, den Einbau selbst wiederum an der Uferkante entsprechend zu sichern. Nur diese Ufersicherung kann bei verständiger Würdigung des Bescheidinhaltes unter der dort genannten "Ufer(ver-)sicherung" gemeint gewesen sein.

Diese Schlußfolgerung erhärtet nicht zuletzt die im Bescheid unter Punkt 5. festgelegte Auflage. Schon ihrem Wortlaut nach ist klar erkennbar, daß das Eigentum an der "Seegrundfläche" gar nicht an den Bewilligungswerber übergehen sollte, weil dieser im Widerrufsfall nicht zur Zurückstellung der zur Benützung unterlassenen Grundfläche, sondern zu deren entschädigungslosen Räumung von seinen Anlagen verpflichtet sein sollte. Zutreffend verweist die beklagte Partei darauf, daß in dieser Auflage keineswegs die - mögliche - Enteignung in Aussicht gestellt war, sondern die nach § 18 OÖWRG im Bedarfsfall erteilte Bewilligung gegen Widerruf darstellt. Ein solcher Widerruf wäre bei der Abwehr von Gewässern dienenden Regulierungs- und Schutzwasserbauten auch gar nicht verständlich, weil solche Bauten schon ihrem Zweck nach auf Dauer angelegt sind.

Ist aber davon auszugehen, daß es sich bei dem Seeinbau um eine gemäß § 16 OÖWRG bewilligungspflichtig gewesene Wasserbenutzungsanlage handelt, die nicht bloß nur die Wasserwelle, sondern auch das Bett des öffentlichen (Wasser-)Gutes (vgl § 3 OÖWRG) betreffen kann (vgl hiezu Payer-Heimstätt, Wasserrecht3, 249), so kann von einem originären Eigentumserwerb durch den Bewilligungswerber im Sinne des § 47 RWRG bzw OÖWRG keine Rede sein. Aber auch die behauptete Ersitzung ist zu verneinen. Die Kläger berufen sich zu deren Dartuung darauf, daß schon Karl M*** (und dessen Ehegattin Barbara als Miteigentümerin des Grundstücks 141) die Ersitzung begonnen hätten. Dies wäre jedenfalls auch schon deshalb erforderlich gewesen, weil gegen die beklagte Partei als Eigentümerin des öffentlichen Wassergutes eine Ersitzungszeit von 40 Jahren zurückzulegen gewesen wäre (§ 1472 ABGB) und die Ersitzung öffentlichen Wassergutes bis zum 1.11.1934 abgeschlossen worden sein mußte (§ 4 Abs 5 WRG; SZ 56/111 ua). Zur uneigentlichen Ersitzung (§ 1477 ABGB) des Eigentums ist zwar nicht der Nachweis eines tauglichen Erwerbsgrundes, aber doch jeden anderen Besitz ausschließender Sachbesitz des oder der mehreren - gemeinsam handelnden - Ersitzungsbesitzer erforderlich; bloße Innehabung genügt dagegen nicht (Schubert in Rummel, ABGB, § 1460 Rz 2). Der hiezu erforderliche Besitzwille muß sich aus äußerem Verhalten ergeben, bloßes damit nicht im Einklang stehendes inneres Vorhaben stellt noch keinen Besitzwillen her (SZ 56/111 mwN). Denjenigen, der sich auf Ersitzung nach § 1477 ABGB beruft, trifft zwar nicht die Beweislast dafür, daß er in Ausübung eines Rechtes gehandelt hat, doch ist der beklagten Partei im vorliegenden Fall der Beweis gelungen, daß Karl M***, der den Seeinbau 1893 errichtet hatte, gar nicht Ersitzungsbesitzer gewesen sein konnte. Dieser hatte um den Einbau in die Atterseeparzelle 807 ausdrücklich angesucht, wußte demnach, daß er für den Einbau öffentliches Wassergut heranziehen mußte. Die Errichtung der Anlage wurde ihm von der Wasserrechtsbehörde unter der Auflage bewilligt, daß er bzw seine Rechtsnachfolger den Bau auf Verlangen der zuständigen Behörde entschädigungslos entfernen werden. Hat Karl M*** den Einbau aufgrund der ihm derart erteilten Bewilligung errichtet, so stand - wie der erkennende Senat bereits in der schon zitierten Entscheidung SZ 56/111 in einem sehr ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen hat - für den Eigentümer des Seegrundstückes, in welcher Eigenschaft auch immer die Behörde das Verhalten des Karl M*** verlangt und zur Kenntnis genommen hatte, fest, daß er den Einbau nicht mit dem erkennbaren Willen, für sich und seine Rechtsnachfolger das Eigentum zu erwerben, errichtet haben kann. Mangels Ersitzungsbesitzes Karl M*** könnten die Kläger die Ersitzung des Eigentums am streitverfangenen Grundstreifen nicht auf dessen Handlungen stützen. Darüber hinaus ermangelte Karl M***, dem die Errichtung des Einbaus von der Wasserrechtsbehörde als subjektives öffentliches Recht am Seegrund bewilligt worden war, dann aber auch die gebotene Redlichkeit dahin, daß er den Grundstreifen als Eigentümer benützte. Aus ebendiesen Gründen können die Kläger auf die Benützungshandlungen Karl M*** auch nicht die Ersitzung der von ihnen hilfsweise in Anspruch genommenen Grunddienstbarkeit stützen.

Aber auch Barbara M***, die Ehegattin Karl M*** und Hälfteeigentümerin des Grundstücks 141, kann der Sachlage nach nicht als gutgläubig beurteilt werden. Als Miteigentümerin des Ufergrundstückes war ihr der Uferverlauf bis zum Einbau ebenso geläufig wie, daß der Attersee, in den die Anlage hineingebaut wurde, gemäß § 3 RWRG bzw OÖWRG öffentliches Wassergut und damit jedenfalls nicht ihr Eigentum war. Ließ ihr Ehegatte - aufgrund der ihm erteilten wasserrechtlichen Bewilligung - die Uferlinie infolge der Aufschüttungen in das Seegrundstück hinaus verschieben, so war ihr die hiefür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung, die - wie dargelegt - die Ersitzung durch Karl M*** ausschloß, entweder überhaupt bekannt oder es hätte ihr wenigstens auffallen müssen, daß ihr Ehegatte die Fläche ihres gemeinsamen Ufergrundstückes auf Kosten des öffentlichen Wassergutes (Attersee) erheblich vergrößerte; dann aber hätte sie - was ihr im übrigen ein Leichtes gewesen wäre - die erforderlichen Erkundigungen über die Rechtsgrundlage dieses Seeinbaus einziehen können. Waren ihr aber Umstände bekannt, die zu Zweifeln an der im Privatrecht begründeten Rechtmäßigkeit (Eigentum bzw Dienstbarkeit) ihrer Besitzausübung Anlaß gaben, so entfällt auch ihr guter Glaube (Schubert aaO § 1463 Rz 1).Damit muß aber die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob und inwieweit der redliche Miteigentümer durch Ersitzung Rechte erwerben kann, wenn er andere Miteigentümer, mit dem er gemeinsam ausschließlichen Sach- bzw Rechtsbesitz ausgeübt hat, des guten Glaubens an der Rechtmäßigkeit der Besitzausübung entbehrt, nicht weiter geprüft werden.

Da die Kläger die Ersitzung des Eigentums bzw der von ihnen in Anspruch genommenen Dienstbarkeit nicht auf Handlungen der Eheleute Karl und Barbara M*** stützen können, wäre es ihre Sache gewesen, zu behaupten und zu beweisen, daß andere Personen als die Eheleute M*** als Ersitzungsbesitzer in der Zeit bis zum 1.11.1934 die Ersitzung abgeschlossen hätten. Diesen Beweis traten sie jedoch nicht an.

Aber auch für die hilfsweise behauptete stillschweigende Vereinbarung unentgeltlicher Benützung des Grundstreifens fehlt jeder Anhaltspunkt. Wie schon weiter oben dargelegt, stand für den Eigentümer des öffentlichen Wassergutes fest, daß die Benützung aufgrund der wasserrechtlichen Bewilligung durch die k. k.Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erfolgte und ihre Rechtsgrundlage daher im öffentlichen Recht hatte. Zur Duldung dieser Benützung war er somit verpflichtet, solange kein Widerrufsgrund vorlag. Aus dieser Duldung konnten die Eigentümer des Grundstücks 141 (bzw 141/1) allein schon deshalb nicht zweifelsfrei (§ 863 Abs 1 ABGB) den Schluß ziehen, daß sich der Eigentümer des öffentlichen Wassergutes darüber hinaus auch zur Gestattung unentgeltlicher Benützung auf Vertragsgrundlage bereit gefunden habe. Der Duldung der Benützung durch den Verwalter des öffentlichen Wassergutes kann demnach kein Erklärungswert im Sinne eines Gestattungsvertrages beigemessen werden.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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