Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen wurde der am 12. Februar 1956 geborene Wolfgang W*** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 und 2 WaffenG schuldig erkannt. Sofort nach Verkündung dieses Urteiles meldete er - ohne nähere
Begründung - "Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung" an (S 76/II), welche Rechtsmittelanmeldung er ebenfalls ohne jeden den Anfechtungsumfang eingrenzenden Zusatz schriftlich wiederholte (ON 57/II). Auch die Staatsanwaltschaft meldete schriftlich das Rechtsmittel der Berufung an (ON 56/II). Nach Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 7.März 1989 (Rückschein auf S 3 i des Antrags- und Verfügungsbogens) gab dieser erst am 22. März 1989 die schriftliche Rechtsmittelausführung zur Post, die dann am 23.März 1989 beim Erstgericht einlangte (ON 65/II). Über Aufforderung des Obersten Gerichtshofes legte der Verteidiger am 18. Mai 1989 eine Ablichtung des Postaufgabescheines vor, aus der sich zweifelsfrei das Aufgabedatum "22.-3.89" ergibt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Berufung rechtzeitig ausgeführt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin, da bei der (rechtzeitigen) Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht bezeichnet wurden, und die (auf § 345 Abs 1 Z 10 a StPO gestützte) Ausführung - wie oben dargelegt - verspätet eingebracht wurde, gemäß §§ 344, 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Ebenso war mit der Berufung des Angeklagten zu verfahren. Durch § 294 Abs 2 StPO nF wurden zwar die Erfordernisse für die Bezeichnung der Berufungspunkte auf die Angabe, ob sich die Berufung gegen die Strafe oder gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche bezieht, beschränkt, sodaß die Berufung auch dann einer sachlichen Erledigung zugänglich ist, wenn mangels eines Privatbeteiligtenanschlusses nur das Straferkenntnis als Anfechtungspunkt in Frage kommt (so auch 13 Os 82/88). Ist aber mehr als eine Strafe oder sonstige Unrechtsfolge ausgesprochen worden, ordnet die genannte Bestimmung ausdrücklich an, daß der Berufungswerber auch erklären muß, gegen welche von ihnen sich die Berufung richtet. Da im angefochtenen Urteil neben dem Ausspruch einer Freiheitsstrafe auch ein Einziehungserkenntnis nach § 26 StGB enthalten ist, fehlt es der (mangels Rechtzeitigkeit der Berufungsausführung hier) allein maßgebenden Berufungsanmeldung an der Angabe des Punktes des Erkenntnisses, durch den sich der Angeklagte beschwert erachtet, weshalb auch seine Berufung gemäß §§ 344, 294 Abs 4 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.
Über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§§ 344, 285 i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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