OGH 12Os53/89

OGH12Os53/891.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann (Berichterstatter), Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann S*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 24.Jänner 1989, GZ 34 b Vr 1134/88-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Frühwald, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil einschließlich des Verfallsausspruches aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das nunmehr zuständige Landesgericht Salzburg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.September 1926 geborene Kaufmann Johann S*** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Herbst 1987 in Salzburg in gewinnsüchtiger Absicht zehn im Urteilsspruch näher bezeichnete Videofilme, welche lesbische Szenen enthielten, zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen überlassen und hiedurch das Vergehen nach dem § 1 Abs. 1 lit a und c PornG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Gemäß §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 PornG wurden die angeführten Videokassetten für verfallen erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Staatsanwaltschaft gegen diesen Freispruh aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Das Erstgericht hat seine die subjektive Tatseite in bezug auf den unzüchtigen Inhalt der Videokassetten verneinende Urteilsannahme mit der im Verhältnis zum Lagerbestand der Videothek geringen Zahl der inkriminierten Filme, aber auch mit dem (eher) positiven Eindruck, den der die Kenntnis des (unzüchtigen) Kassetteninhalts leugnende Angeklagte vor Gericht hinterlassen hat, begründet. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin in ihrer Mängelrüge darauf hin, daß die aus den maßgebenden Urteilsprämissen gezogene Schlußfolgerung den bekämpften Ausspruch zur subjektiven Tatseite nach den Denkgesetzen nicht zu tragen vermag.

Für die Annahme (oder Nichtannahme) des Tatbestandes nach § 1 PornG bedarf es in subjektiver Richtung - neben der hier unbestritten gewinnsüchtigen Absicht - einer mängelfrei begründeten Feststellung zur Frage, ob der Täter die Überprüfung der Videokassetten vorsätzlich unterlassen hat, wobei er mit einem unzüchtigen Inhalt rechnete, sich mit dieser ihm bewußt gewordenen Möglichkeit aber abfand (EvBl 1975/130, 12 Os 106/74, zuletzt 13 Os 151/86 uva). Das Erstgericht hat zwar zutreffend die Verantwortung des Angeklagten, er sei der Meinung gewesen, daß im Inland bezogene Ware solcher Art einer Zensur unterzogen werde und ihr Verkauf daher unbedenklich sei, als (rechtlich) irrelevant erkannt (S 111), es jedoch unterlassen, den entscheidungswichtigen Umstand, daß die Filme weder von ihm, noch von seinen Angestellten einer (inhaltlichen) Kontrolle unterzogen wurden, in den Kreis seiner Erwägungen einzubeziehen. Die vom Angeklagten behauptete, auf das Unterbleiben einer Warenprüfung zurückzuführende Unkenntnis des Inhaltes der gegenständlichen Videofilme schließt nämlich sein bedingt vorsätzliches Handeln ebensowenig aus wie das in diesem Zusammenhang völlig irrelevante Verhältnis der Kassetten mit unzüchtigem Inhalt zum gesamten Lagerbestand. Bei entsprechender Würdigung des für die Beurteilung entscheidenden Umstandes der mangelnden Überprüfung der Ware durch den Angeklagten, der sich der grundsätzlichen Problematik bewußt war, weil er sonst seine Einkäufe nicht auf inländische Lieferanten beschränkt hätte, wäre das Erstgericht möglicherweise zu einer anderen Schlußfolgerung gelangt. Der diesbezüglich schwergewichtig lediglich auf die (nicht entscheidende) Minderzahl der inkriminierten Videokassetten gestützten Urteilsbegründung haftet demnach der von der Staatsanwaltschaft aufgezeigte Nichtigkeitsgrund an. Der Beschwerdeführerin ist aber auch darin beizutreten, daß die vom Schöffengericht gegebene Eventualbegründung nicht tragfähig ist. Abgesehen von spezial- und generalpräventiven Überlegungen kann von geringer Schuld im Sinn des § 42 Z 1 StGB nicht gesprochen werden, wenn ein Kaufmann jedwede eigene Kontrolle unterläßt und auch sonst keinerlei Vorsorge trifft, daß die angelieferte Ware einer Überprüfung durch andere unterzogen wird.

Es mußte daher das angefochtene Urteil aufgehoben und die Verfahrenserneuerung bei dem nunmehr nach den Bestimmungen des Art. IX Abs. 4 in Verbindung mit Art. VII des JGG 1988, BGBl 1988/599, sachlich und damit auch örtlich zuständigen Landesgericht Salzburg angeordnet werden. Es liegt nämlich eine Änderung der sachlichen Zuständigkeit (Art. IX Abs. 4 JGG 1988) vor, weil eine aus sachlichen Gründen zentralisierte örtliche Kompetenz beseitigt worden ist.

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