OGH 8Ob591/89 (8Ob592/89)

OGH8Ob591/89 (8Ob592/89)31.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 5.Juli 1977 geborenen mj.Franz P*** infolge Revisionsrekurses der Mutter Christine R***, 1130 Wien, Amalienstraße 75/4/6, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31.Mai 1988, GZ 44 R 3202,3203/88-135, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 21.März 1988, GZ 6 P 721/83-124, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß ON 135 vom 31.Mai 1988 hat das Rekursgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 21.März 1988, ON 124, dem Vater das Recht eingeräumt, mit seinem in Pflege und Erziehung der Mutter befindlichen ehelichen Kind mj.Franz P***, geboren am 5.Juli 1977, zu den im einzelnen genannten Besuchszeiten persönlich zu verkehren.

Der rekursgerichtliche Beschluß wurde der Mutter lt. dem zu ON 140 erlegten Rückschein am 4.Juli 1988 durch Hinterlegung zugestellt. Mangels Behebung durch die Mutter wurde der Rückscheinbrief von der Post am 27.Juli 1987 an das Erstgericht zurückgestellt (ON 136).

Am 11.August 1988 teilte die Mutter dem Erstgericht telefonisch mit, daß sie den Beschluß ON 135 nicht erhalten habe (ON 139). Mit Schriftsatz vom 18.November 1988, ON 142, stellte der Vater den Antrag, zur Durchsetzung seines Besuchsrechtes die Mutter durch Zwangsmaßnahmen zur Erfüllung zu verhalten, zumal sie bisher die Ausübung des Besuchsrechtes verweigert habe. Dieser Antrag wurde der Mutter im Wege einer am 2.Dezember 1988 erfolgten Hinterlegung zur Stellungnahme zugestellt (ON 143). Mit Schreiben vom 20. Dezember 1988 (ON 145) gab die Mutter bekannt, daß der Minderjährige seinen Vater "nicht sehen wolle" und man mit Zwang nichts erreichen könne. Einer erstgerichtlichen Ladung für den 31. Jänner 1988, welche ihr am 27.Dezember 1988 durch Hinterlegung zugestellt worden war, leistete sie nicht Folge. Nachdem ihr der erstgerichtliche Beschluß ON 147 über die Verhängung einer Ordnungsstrafe von S 5.000 am 9.Februar 1989 durch Hinterlegung zugestellt worden war erschien sie am 24.Februar 1989 vor dem Erstgericht und gab an (ON 148), wegen Schwierigkeiten bei der Postzustellung keine Ladungen erhalten und erst am 16.Februar 1989 erfahren zu haben, daß dem Vater ein Besuchsrecht eingeräumt worden sei. Sie erklärte, sie möchte zu diesem dem Vater eingeräumten Besuchsrecht "folgendes angeben" und führte sodann aus, daß sie strikte dagegen sei, weil das Kind seinen Vater nicht sehen wolle, sich am vergangenen Sonntag bei der ersten Besuchsrechtsausübung geweigert habe, mit dem Vater mitzugehen usw. Anläßlich einer am 11. April 1989 vor dem Erstgericht erfolgten Einvernahme des mj.Franz P*** und seiner Eltern wurde der Mutter eine Ausfertigung des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 135 ausgehändigt. Am 18.April 1989 gab die Mutter gegen die vorgenannte rekursgerichtliche Entscheidung vor dem Erstgericht einen Revisionsrekurs zu Protokoll, in welchem sie erklärte, der angefochtene Beschluß sei ihr bisher nicht zugekommen und diesen Beschluß sodann inhaltlich bekämpfte. Am 5.Mai 1989 übermittelte sie dem Erstgericht ein an sie gerichtetes Schreiben des Postamtes 1130 Wien vom 28.April 1989, in welchem bestätigt wird, daß bei der Postzustellung ua im Zeitraum Juli 1988 Urlaubs- und Krankenstandsvertretungen zum Einsatz kamen und Reklamationen über mangelhafte Postzustellungen erfolgten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus nachfolgenden Gründen als verspätet zurückzuweisen:

Gemäß § 14 Abs 1 AußStrG sind Rekurse gegen Beschlüsse des Gerichtes zweiter Instanz binnen 14 Tagen ab dem Tage der Zustellung einzubringen. Bei den gemäß § 17 Abs 1 und 2 ZustG durch Hinterlegung zugestellten Schriftstücken gilt gemäß Abs 3 leg. cit. als Tag der Zustellung jener Tag, an welchem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird.

Vorliegendenfalls geht aus dem Postvermerk in ON 136 als Tag der Hinterlegung der 4.Juli 1988 und aus dem zu ON 140 erliegenden Rückscheinbrief als Tag des Beginnes der Abholfrist der 5.Juli 1988 hervor. Die Rechtsmittelfrist endete demgemäß mit 19.Juli 1988. Das Vorliegen der im § 17 Abs 1 bis 3 ZustG normierten Voraussetzungen für die Hinterlegung des zuzustellenden Schriftstückes und die Hinterlegung selbst wird von der Mutter mit keinem Wort in Zweifel gesetzt. Sie behauptet lediglich, daß ihr das zuzustellende Schriftstück tatsächlich nicht zugekommen sei. Hierauf verwies sie bereits in ihrem telefonischen Anruf vom 11.August 1988, ON 139 - in der Folge weiters in ON 150 und 153 -, woraus zu schließen ist, daß sie von der erfolgten Hinterlegung des Schriftstückes Kenntnis erlangte. Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung wäre gemäß § 17 Abs 4 ZustG aber auch dann gültig, wenn die Verständigung von der Hinterlegung beschädigt oder entfernt wurde. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall die Verständigung von der erfolgten Hinterlegung nicht ordnungsgemäß war, ergeben sich auch nicht aus dem von der Rekurswerberin vorgelegten Schreiben des zuständigen Postamtes. Es ist daher davon auszugehen, daß die Zustellung des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 135 an die Mutter am 5.Juli 1988 rechtswirksam erfolgte. Der Umstand, daß sie das zuzustellende Schriftstück nicht behob, so daß es ihr tatsächlich nicht zukam, ist rechtlich unerheblich. Im Hinblick auf das Vorliegen einer öffentlichen Urkunde über die erfolgte Zustellung hätte die Rechtsmittelwerberin den Gegenbeweis der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels führen müssen (RZ 1977/26; 1 Ob 700/82, 6 Ob 595/83 ua). Der von ihr am 18.April 1989 zu Protokoll gegebene Revisionsrekurs ist mangels eines erbrachten Gegenbeweises demnach aber verspätet.

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG kann auf einen Rekurs trotz seiner Verspätung Rücksicht genommen werden, wenn sich die mit ihm getroffene Verfügung noch ohne Nachteil für einen Dritten abändern läßt. Dies ist jedoch bei der Einräumung eines Besuchsrechtes nicht der Fall, weil dem Elternteil als einem Dritten und auch dem Kind (EFSlg 30.481, 34.944; 6 Ob 505/85; 3 Ob 585/85 ua) bereits ein Recht eingeräumt wurde, in das durch die Bedachtnahme auf das verspätete Rechtsmittel eingegriffen würde.

Der Revisionsrekurs der Mutter war daher zurückzuweisen.

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