OGH 8Ob534/88

OGH8Ob534/8831.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofrät des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edith Renee T***, Angestellte, 3488 Cote des Neiges, APTA-911, Montreal H 3 H 2 M 6, Canada, vertreten durch Dr. Heinrich Roth, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hubert F***, Kaffeehausunternehmer, Naglergasse 5, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Robert Amhof und Dr. Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 93.998,69 und Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 18.Dezember 1987, GZ 41 R 567/87-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18.Mai 1987, GZ 48 C 389/85-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 7.360,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 669,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Mehrheitseigentümerin des Hauses Naglergasse 5 im 1. Wiener Gemeindebezirk und begehrte als Vermieterin vom beklagten Mieter von Kellerräumlichkeiten im erstgerichtlichen Verfahren 48 C 389/85 die Zahlung eines rückständigen Mietzinses in der Höhe von S 89.928,50 und im erstgerichtlichen Verfahren 48 C 113/86 die Zahlung weiterer rückständiger Mietzinsbeträge von S 93.998,69 sowie die Räumung der Kellerräumlichkeiten. Der Beklagte beantragte die Abweisung beider Klagen mit der Begründung, der Mietvertrag sehe den Umbau der Kellerräumlichkeiten vor, die Vermieterin habe es bei Abschluß eines Kaufvertrages jedoch versäumt, diese Verpflichtung auf die Käuferin und neue Miteigentümerin des Hauses zu übertragen. Deren Weigerung, die Baupläne für den Umbau zu unterfertigen, habe die Klägerin zu vertreten, so daß sie keinen Anspruch auf Mietzins für die Kellerräumlichkeiten habe. Am Rückstand treffe den Beklagten jedenfalls kein grobes Verschulden.

Die Klägerin entgegnete, der Beklagte habe im Mietvertrag vom 21. Dezember 1976 die mit 1 und 3 sowie 3A bezeichneten Räumlichkeiten gemietet und es sei ihm aufgrund des einen Vertragsbestandteil bildenden Einreichplanes des Architekten Dipl.Ing. P*** vom 20.Jänner 1977 der Umbau der Kellerräumlichkeiten in Gasträumlichkeiten bewilligt worden. Auch weitere Umbauten seien ihm durch Unterzeichnung der Pläne bewilligt worden. Der Beklagte habe die Umbauarbeiten aber spätestens im Jahre 1982 ohne ersichtlichen Grund eingestellt und im Frühjahr 1983 einen weiteren Austauschplan vorgelegt, dessen Unterfertigung die Miteigentümerin Dr. G*** verweigert habe, ohne daß dies von der Klägerin zu vertreten sei. Die dem Beklagten erteilten Baubewilligungen seien inzwischen auch abgelaufen.

Außer Streit stellten die Parteien, daß der mit Beschluß des Erstgerichtes vom 19.Oktober 1986, GZ 48 C 389/85-17, in der Höhe von S 179.267,15 rechtskräftig festgestellte Mietzinsrückstand bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht bezahlt wurde.

Das Erstgericht verband die beiden Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin den Betrag von insgesamt S 179.267,15 s.A. zu bezahlen und die Bestandräumlichkeiten zurückzustellen; das Mehrbegehren von S 4.660,04 s.A. wies es ab. Es traf folgende erhebliche Sachverhaltsfeststellungen:

Der Beklagte hat auf Grund des Mietvertrages vom 21.Oktober 1976 im Hause Naglergasse 5 im 1. Wiener Gemeindebezirk Kellerräumlichkeiten und mit anderen Mietverträgen noch weitere Geschäftsräumlichkeiten gemietet. Mit Kaufvertrag vom 3. November 1978 erwarb Dr. G*** von der damaligen Alleineigentümerin des Hauses, Elise Klothilde B***, einen Minderheitsanteil und es wurde schließlich hinsichtlich der Wohnung Nr. 13 Wohnungseigentum für Dr. G*** begründet. Die Klägerin wurde im Jahre 1981 im Verlaßverfahren nach Elise Klothilde B*** Mehrheitseigentümerin des Hauses. Nach § 1 Z 4 des Mietvertrages besteht der Mietgegenstand aus Räumen im ersten und zweiten Kellergeschoß laut Einreichplan des Architekten P*** Nr. 1.342/77 und darf nur für Zwecke eines gastronomischen Betriebes verwendet werden. Dieser Einreichplan wurde von der Hausinnehabung unterzeichnet und mit Bescheid vom 18.Juli 1977, hiezu die baubehördliche Bewilligung erteilt. In einem Annex vom 21. Dezember 1976 zum Mietvertrag wurde vereinbart, daß der Mietzins von monatlich S 5.000 für die Dauer von Instandsetzungsarbeiten während 8 Monaten ab Mietbeginn, also vom 1.Dezember 1976 bis 31. Juli 1977, auf monatlich S 1.000 zuzüglich Nebenspesen reduziert wird. Nach dem Inhalt des Mietvertrages samt Annex bildet der genannte Einreichplan einen integrierenden Bestandteil des Mietvertrages und dem Mieter steht darüber hinaus lediglich das Recht zu, durch bauliche Änderungen nach Wahl einen anderen Zugang zu schaffen. Sämtliche sonstigen baulichen Änderungen bedürfen gemäß § 5 Z 2 des Mietvertrages der ausdrücklichen weiteren Bewilligung des Vermieters. Die frühere Eigentümerin und Vermieterin Elise Klothilde B*** kam dem Wunsch auf Gestattung "anderer baulicher Veränderungen als der ursprünglich vorgesehenen" entgegen und es wurde "namens der Hausinnehabung" auch der Einreichplan Nr. 1431/78 vom 11.Februar 1978 noch vor dem Oktober 1978 genehmigt. Dieser Plan sieht eine andere Raumeinteilung und die im Anhang zum Mietvertrag vereinbarten anderen Zugangsmöglichkeiten vor. Hinsichtlich dieser Änderungen erging ebenfalls ein genehmigender baubehördlicher Bescheid. Der Beklagte führte in der Folge keine Änderungsarbeiten durch und legte im Jahre 1983 der Hausverwaltung einen Wechselplan vom 24.Jänner 1983 vor, welcher namens der Klägerin genehmigt wurde. Die Miteigentümerin Dr. G*** verweigerte jedoch die Zustimmung zu dieser Planänderung, welche neben einer anderen Raumeinteilung im Bereiche des ersten Kellergeschosses die Führung eier Druckleitung aus dem Nachbarhaus und im Bereiche des zweiten Kellergeschosses den Durchbruch in den Keller des Nachbarhauses an zwei Stellen vorsieht. In seiner rechtlichen Beurteilung verneinte das Erstgericht das Bestehen des vom Beklagten gemäß § 1096 ABGB geltend gemachten Zinsminderungsanspruches, weil der Beklagte gegenüber der Klägerin weder nach dem Vertrag noch nach dem Gesetz einen Anspruch auf Durchführung der zuletzt geplanten Baumaßnahmen habe. Für die Veränderungen des Hauses in Form von Durchbrüchen zum Nachbarhaus bedürfe es der Zustimmung aller Miteigentümer. Die im Vertrag zugestandenen Verwendungsmöglichkeiten seien trotz der Weigerung der Miteigentümerin Dr. G***, den Wechselplan zu unterfertigen, weiterhin gegeben. Der Beklagte habe nicht dargetan, daß die Kellerräumlichkeiten aus dem Verschulden der Klägerin nicht vertragsgemäß genutzt werden könnten. Im "zweiten Anhang" zum Mietvertrag vom 27.Juli 1977, letzter Satz, sei ausdrücklich festgehalten, daß der vereinbarte monatliche Hauptmietzins ab einem bestimmten Zeitpunkt aufrecht bleibe, da der Vermieter keinen Einfluß auf die weitere beschleunigte Instandsetzung der Mietobjekte nehmen könne. Die Frage des groben Verschuldens des Beklagten am Mietzinsrückstand sei rechtlich unerheblich, da er den rechtskräftig festgestellten Mietzinsrückstand vor Schluß der Verhandlung nicht beglichen habe. Somit lägen die Voraussetzungen für den von der Klägerin gemäß § 1118 zweiter Fall ABGB erhobenen Räumungsanspruch vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es in der Rechtssache 48 C 113/86 entschieden habe, den Betrag von S 300.000 übersteigt und daß die Revision gegen die die Rechtssache 48 C 389/85 betreffende berufungsgerichtliche Entscheidung nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht verneinte das behauptete Vorliegen von Verfahrensmängeln, weil der Beklagte selbst in keiner Weise behauptet habe, daß die schriftlichen Urkunden nicht allein die Vertragsgrundlage bildeten und nicht den wahren Parteiwillen wiedergäben und daher weitere Beweise erforderlich seien. Die Motive dafür, warum die Miteigentümerin Dr. G*** die Zustimmung zum geänderten Bauvorhaben verweigere, seien rechtlich ebenso unerheblich wie die Behauptung, die "Klägerin" habe es als Mehrheitseigentümerin verabsäumt, bei der Veräußerung eines Minderheitsanteiles an Dr. G*** eine Zustimmungsverpflichtung zu überbinden, zumal ihrerseits gegenüber dem Beklagten eine derartige Verpflichtung nicht bestehe.

Auch die Rüge der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung sowie die Rechtsrüge des Beklagten hielt das Berufungsgericht nicht für gerechtfertigt. Zu letzterer führte es aus: Wenn der Bestandgeber dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch nicht oder nicht in vollem Ausmaß gewähre, so trete grundsätzlich eine Zinsbefreiung oder Zinsminderung ein, außer der Bestandnehmer habe die Umstände, die seinen Gebrauch hinderten, akzeptiert oder, wie hier, es unterlassen, die ihm vom Vermieter zugestandenen, vereinbarungsgemäß auf eigene Kosten übernommenen Umgestaltungsarbeiten am Bestandobjekt durchzuführen. Der nach dem Auswechslungsplan vom 24.Jänner 1983 geplante Ausbau habe keinerlei vertragliche Grundlage, wie dies bereits in der Rekursentscheidung ON 20 zum Ausdruck gebracht worden sei. In der Zustimmung der Klägerin zum Auswechslungsplan könne schon mangels der erforderlichen Genehmigung durch die Minderheitseigentümerin kein einvernehmliches Abgehen vom seinerzeitigen, schriftlich festgelegten Vertragswillen erblickt werden. Der Ansicht des Berufungswerbers, die Änderung des Planwechsels würde ihre vertragliche Deckung bereits im seinerzeit abgeschlossenen Mietvertrag haben, widerspreche dem festgestellten Sachverhalt. Der Umfang der Umgestaltung des Bestandobjektes sei schon im Jahre 1976 bzw durch den Annex des Jahres 1977 schriftlich einer konkreten Regelung zugeführt worden, die im Jahre 1983 vom Beklagten begehrten Abänderungen fänden darin keine vertragliche Grundlage. Somit sei ihm auch während der strittigen Mietzinsperioden der vertraglich bedungene Gebrauch gewährt worden. Die Weigerung der Miteigentümerin Dr. G***, dem Planwechsel zuzustimmen, könne entgegen der Ansicht des Berufungswerbers nicht zu einer Mietzinsreduktion führen. Gegen die das erstgerichtliche Verfahren 48 C 113/86 betreffende berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Beklagte eine auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 2 Z 3 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klageabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionswerber verweist auf seinen Prozeßstandpunkt, daß er vertragswidrig am bedungenen Gebrauch der Mieträumlichkeiten gehindert werde, weil die nunmehrige Minderheitseigentümerin Dr. G*** entgegen dem mit der inzwischen verstorbenen Alleineigentümerin Elise Klothilde B*** abgeschlossenen Mietvertrag die (Mit-)Unterfertigung der Baupläne verweigere. Das Berufungsgericht habe das Vorliegen des in der Berufung gerügten erstgerichtlichen Verfahrensmangels mit der aktenwidrigen Begründung verneint, es sei nicht behauptet worden, daß sich der Inhalt des Bestandvertrages nicht nur aus den diesbezüglich vorgelegten Urkunden, sondern auch aus mündlichen Abreden ergebe, die durch die Vernehmung des Zeugen N*** erweislich seien. Der Beklagte habe insbesondere im Widerspruch ON 5 ausgeführt, daß sich die Klägerin im seinerzeitigen Mietvertrag bereit erklärt habe, "die Umbauarbeiten zuzulassen ....". Als Beweis für die zuzulassenden Umbauarbeiten sei ua der Zeuge N*** geführt worden. Mit diesem Vorbringen wird keine Aktenwidrigkeit dargetan. Dieses Vorbringen ist selbst widersprüchlich, weil der Revisionswerber zunächst (richtig) angibt, er habe den Mietvertrag mit der früheren Alleineigentümerin Elise Klothilde B*** geschlossen, sodann aber (unrichtig) behauptet, die Klägerin habe sich im seinerzeitigen Mietvertrag bereit erklärt, die Umbaubarbeiten zuzulassen; es enthält jedoch nichts, das auf die Behauptung von Umbauarbeiten, die über die im Mietvertrag genannten hinausgingen, oder einen vom Urkundeninhalt abweichenden übereinstimmenden Parteiwillen hindeutet und steht daher nicht im Widerspruch zur diesbezüglichen berufungsgerichtlichen Ausführung. Der Revisionsgrund des § 503 Abs. 2 Z 3 ZPO ist somit nicht gegeben.

In der Rechtsrüge erklärt der Revisionswerber, es komme entscheidend auf die Frage an, was eigentlich vereinbart wurde und in welchem Umfang die ursprüngliche Alleineigentümerin ihre Zustimmung zur Bauführung erteilt habe. Schon der zweite Bauplan vom 12. Februar 1978 weise im zweiten Kellergeschoß zwei Durchbrüche zum Nachbarhaus auf, er sei von der ursprünglichen Alleingeigentümerin genehmigt worden und damit durch den Mietvertrag gedeckt. Die Klägerin als Universalsukzessorin der Elise Klothilde B*** habe es daher zu vertreten, wenn die inzwischen eingetretene Minderheitseigentümerin Dr. G*** die Zustimmung zum Wechselplan des Jahres 1983 verweigere, denn dieser gehe über den Bauplan 1978 nicht hinaus, welcher nicht etwa aus Gefälligkeit, sondern in Erfüllung einer mietvertraglichen Verpflichtung genehmigt worden sei. Dies gestehe die Klägerin in ihrem Schriftsatz ON 8 selbst zu. Durch die Weigerung der Minderheitseigentümerin werde die Beklagte daher vertragswidrig an der zugestandenen Nutzung des Bestandobjektes gehindert, woraus sich sein Zinsbefreiungsanspruch ergebe. Der rechtskräftige Beschluß ON 17 über den gemäß § 33 MRG festgestellten Mietzinsrückstand habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch für die Beurteilung des Räumungsbegehrens keine Bindungswirkung. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist zunächst im Räumungsverfahren von der bindenden Wirkung des rechtskräftigen Beschlusses ON 17 - siehe die rekursgerichtliche Entscheidung ON 20 - über die gemäß § 33 Abs. 3 MRG erfolgte Feststellung eines Mietzinsrückstandes von S 179.267,15 auszugehen. Wie der Oberste Gerichtshof in der vom Rechtsmittelwerber selbst zitierten, zu der dem § 33 Abs. 2 MRG inhaltsgleichen Bestimmung des § 21 Abs. 2 MRG ergangenen und in MietSlg. 29.404 teilweise veröffentlichten Entscheidung 7 Ob 587/77 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung zu § 21 Abs. 2 MRG ausführte, spricht der rechtskräftige Beschluß über die Vorfrage des Mietzinsrückstandes für das Räumungsbegehren mit bindender Wirkung ab. Er wirkt allerdings nicht über den Räumungsstreit hinaus, weil Beschlüsse der materiellen Rechtskraft nur dann fähig sind, wenn sie über ein Rechtsschutzbegehren entscheiden und sich diesfalls nur in ihrer Form, nicht aber ihrer Funktion nach von einem Urteil unterscheiden. Auf die Frage der Höhe des Mietzinsrückstandes kann demgemäß nur im Rechtsstreit über eine Bestandzinsklage neuerlich eingegangen werden. Dies muß allerdings selbst dann geschehen, wenn - wie hier - ein Mietzins- und ein Räumungsbegehren in derselben Klage erhoben werden, denn die Klagenhäufung nach § 227 ZPO hat nur zur Folge, daß über beide Klagsansprüche gemeinsam verhandelt und, wenn der Richter nicht eine Trennung verfügt, schließlich auch in einem Urteil entschieden wird (Fasching III 41; MietSlg. 29.404; SZ 24/335).

Der Oberste Gerichtshof hat weiters in der Entscheidung 3 Ob 556, 557/87 ausgesprochen, daß die Beschlußfassung im Sinne des § 33 Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3 MRG über einen qualifzierten Mietzinsrückstand auch auf Grund der Behauptung des Mieters zu ergehen hat, er sei nach § 1096 ABGB oder § 1104 ABGB von der Zinszahlung ganz oder teilweise befreit. Gerade auch in einem solchen Falle entscheide das Gericht mit einem der Überprüfung im Rechtsmittelverfahren unterliegenden Beschluß über die Höhe des strittigen Betrages, damit der Mieter die zur Abweisung des Räumungsbegehrens - mit besonderen Kostenfolgen - führende Mietzinsentrichtung nachholen könne, wenn grobes Verschulden am Zahlungsrückstand nicht vorliege. Vor der Urteilsfällung über das Räumungsbegehren sei somit die Rechtskraft dieses Beschlusses abzuwarten (Würth in Rummel ABGB Rz 7 zu § 33; MietSlg. 21.624 ua). Demnach haben die Vorinstanzen vorliegendenfalls mangels durch den Beklagten vor Schluß der Verhandlung erster Instanz erfolgter Zahlung des für das Räumungsbegehren durch die Beschlüsse ON 17 und 20 mit bindender Wirkung festgestellten Mietzinsrückstandes von S 179.267,15 dem auf § 1118, 2. Fall ABGB gestützten Räumungsbegehren zu Recht stattgegeben.

Aber auch das mit der Räumungsklage verbundene, im Sinne der vorstehenden Ausführungen gesondert zu beurteilende Begehren auf Zahlung von Mietzinsrückständen wurde vom Berufungsgericht zutreffend als gerechtfertigt erachtet. Der Beklagte stützt seinen behaupteten Zinsbefreiungsanspruch nach § 1096 Abs. 1 ABGB auf die Behauptung, er sei nach dem Inhalt des mit der früheren Alleineigentümerin Elise Klothilde B*** abgeschlossenen Bestandvertrages zur Vornahme von baulichen Änderungen am Bestandobjekt auch in Form von Durchbrüchen in das Nachbarhaus berechtigt und die Klägerin habe es zu vertreten, daß ihre Rechtsvorgängerin Elise Klothilde B*** anläßlich des Verkaufes eines Hausanteiles an Dr. G*** diese Berechtigung des Beklagten nicht auf die Miteigentümerin überbunden habe, welche nun die Unterfertigung der entsprechenden Baupläne verweigere und solcherart die im Mietvertrag bedungene Nutzung des Bestandobjektes verhindere:

Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich weder aus dem schriftlichen Mietvertrag und dem Annex hiezu allein noch aus diesen in Zusammenhalt mit den Bauplänen, daß ihm ein vertragliches Recht zu derartigen baulichen Änderungen eingeräumt worden war. Im Mietvertrag vom 21.Dezember 1976 bzw 26.März 1977 Beilage ./A betreffend die Kellerräumlichkeiten ist unter § 5 Punkt 2 ausdrücklich allgemein vorgesehen, daß bauliche Veränderungen innerhalb des Bestandgegenstandes oder an der Außenseite nur mit Bewilligung des Vermieters erfolgen dürfen. In dem zu diesem Mietvertrag vereinbarten Annex vom 21.Dezember 1976 ist unter Punkt III lediglich vorgesehen, daß dem Mieter nach Vorlage eines einreichungsfähigen Bauplanes, welcher einen integrierenden Bestandteil des Mietvertrages bildet, nach baubehördlicher Genehmigung gestattet wird, einen anderen Zugang nach Wahl bzw. nach Bedarf zu beschaffen. Im übrigen gelten die §§ 4 und 5 des Mietvertrages. Auch der mit 27.Juli 1977 datierte "Zweite Annex" zum Mietvertrag bezieht sich ausdrücklich nur auf bauliche Veränderungen im Zusammenhang mit dem Zugang zum Bestandobjekt ("allgemeiner Eingang ... Eingangstüre zum Treppenaufgang"). Aus dem vom Revisionswerber bezogenen, von der Rechtsvorgängerin der Klägerin genehmigten "zweiten Bauplan" vom 11.Februar 1978 Beilage ./F 1 bis 3 geht die - nun erstmals behauptete - bauliche Veränderung in Form von zwei Durchbrüchen in das Nachbarhaus Nr. 3 ebenfalls in keiner Weise hervor. Der Wechselplan vom 24.Jänner 1983, Beilage ./1, mit den eingezeichneten beiden Durchbrüchen in das Nachbarhaus und den (durch handschriftliche Beifügung angezeigten) Druckleitungen aus dem Nachbarhaus Nr. 3 findet somit in den Vertragsgrundlagen keine Deckung. Auf diese in Form von zwei Druchbrüchen in das Nachbarhaus gegebenen Abweichungen gegenüber der früheren Planung wies die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz ON 8, AS 24 ausdrücklich hin. Der Umstand, daß sie hiebei diese Änderungen als unwesentliche Abweichungen bezeichnete und diesem Wechselplan vom 24.Jänner 1983 ihrerseits freiwillig die Zustimmung erteilte, ist rechtlich unerheblich. Zu diesem Zeitpunkt war Dr. G*** auf Grund eines mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahre 1978 geschlossenen Kaufvertrages bereits Miteigentümerin des Hauses und es stand der Klägerin kein Einfluß darauf zu, ob diese Miteigentümerin der nunmehr geplanten Bauänderung ebenfalls zustimmt oder nicht. Sie hat auch eine behauptete mangelnde Überbindung eines von ihrer Rechtsvorgängerin dem Beklagten zustehenden vertraglichen Rechtes zur Vornahme solcher Durchbrüche auf Dr. G*** schon deshalb nicht zu vrtreten, weil, wie dargestellt, entgegen der Ansicht des Beklagten ein solches Recht im Bestandvertrag insgesamt nicht zugestanden worden war.

Somit kann aber keine Rede davon sein, daß der Beklagte von der Klägerin vertragswidrig an der Nutzung des Bestandobjektes gehindert werde. Der Umstand, daß die Miteigentümerin Dr. G*** die Unterfertigung des Wechselplanes vom 24.Jänner 1983 verweigert, gibt dem Beklagten gegenüber der Klägerin keinen Zinsbefreiungsanspruch nach § 1096 Abs. 1 ABGB. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht auch ihrer Mietzinsklage stattgegeben.

Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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