OGH 6Ob550/89

OGH6Ob550/8931.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Aloisia F***, Haushalt, 2380 Perchtoldsdorf, Hochstraße 63, vertreten durch Dr.Thomas Wanek, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wider den Antragsgegner Karl F***, Weinhauer, 1120 Wien, Aichholzgasse 11/16, vertreten durch Dr.Adolf Lientscher, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30.Dezember 1988, GZ 44 R 155,156/88-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 25.Juli 1988, GZ 2 F 10/87-26, in der Hauptsache bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 7.August 1948 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Erstgerichtes vom 29. Oktober 1987, GZ 2 C 242/87-6, gemäß § 55 Abs 1 EheG mit dem Ausspruch geschieden, daß den Mann das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung treffe. Der Ehe entstammen die beiden Töchter Aloisia (geb. 26.August 1949) und Melitta (geb. 22.August 1960). Der Mann ist Weinhauer und betreibt neben der Winzerei in dem in seinem Hälfteeigentum stehenden Haus in Perchtoldsdorf, Hochstraße 63, abwechselnd mit seiner Tante Maria H*** als zweiter Hälfteeigentümerin einen Buschenschank. In diesem Haus befand sich auch die Ehewohnung der Parteien. Der Mann bewirtschaftet fünf zu seinem Weinbaubetrieb gehörige Weingärten, und zwar zwei mit der Bezeichnung "Haspel" im Ausmaß von je ca 1.500 m2, sowie diejenigen unter den Bezeichnungen "Schiergen" (3.866 m2), "Herzogenberg" (2.142 m2) und "Goldbühel" (1.870 m2). Ihr derzeitiger Verkehrswert beträgt rund 890.000 S. Bis einschließlich 1986 gehörte auch noch ein weiterer Weingarten mit der Bezeichnung "Brunnerberg" (etwa 750 m2) zum Betrieb des Mannes. Diesen hat er kürzlich um 800.000 S verkauft, wobei er aber auch noch die mit ca 100.000 S einzuschätzenden Aufschließungskosten zu tragen haben wird. Dieser Weingarten wies zum Verkaufszeitpunkt einen bereits 25 Jahre alten Bestand auf und lieferte zuletzt pro Jahr nur mehr ca 400 l Wein. Die Frau führte während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft den Haushalt und arbeitete im Weinbaubetrieb des Mannes mit. Sämtliche mit der Ehewohnung verbundenen Betriebskosten bzw Auslagen wurden stets vom Mann getragen. Zumindest seit dem Jahre 1984 lebt im Haushalt der Parteien nur mehr die längst selbsterhaltungsfähige Tochter Melitta. Sie trägt ihre Nahrungsmittelkosten und die Telefongebühren aus eigenem und leistet auch in unregelmäßigen Abständen entsprechende Beiträge zur Haushaltsführung.

Die Frau beantragte bereits am 28.Juni 1987 die Zuerkennung von 300.000 S als angemessene Abgeltung für ihre Mitwirkung im Weinbau- und Buschenschankbetrieb des Mannes in der Zeit von August 1984 bis Ende 1986. Sie behauptete, sie habe in diesem Zeitraum während des "Aussteckens" den Weinausschank und Speisenverkauf durchgeführt und auch bei der Weinlese mitgewirkt. Auf Grund dieser Mithilfe habe der Mann einen Gewinn von mindestens 600.000 S erwirtschaftet, von dem ihr im Hinblick auf die von ihr insgesamt geleisteten 4.800 Arbeitsstunden, in denen sie den Großteil der mit dem Weinbaubetrieb verbundenen Arbeiten alleine verrichtet habe, die Hälfte als angemessene Abgeltung zustehe. Der Mann hielt dem entgegen, die Frau habe seit August 1986 keinerlei Mitarbeit mehr geleistet. Bis dahin habe sich ihre minimale Mitarbeit darauf beschränkt, daß sie bei dem vier Mal jährlich für je 14 Tage stattgefundenen Heurigenausschank am Buffet und an der Kassa mitgewirkt und dabei "mehr oder weniger nach ihrem Belieben über die Kassaeingänge" verfügt habe. In den Weingärten habe die Frau nur 1984 und 1985 jährlich maximal etwa 14 Tage mitgearbeitet. Seit August 1986 leiste ihr der Mann einen monatlichen Unterhalt von 4.000 S und trage darüber hinaus die gesamten Fixkosten ihres Haushaltes. Während des in Rede stehenden Zeitraumes seien weder Wertsteigerungen des Betriebes, noch namhafte Gewinne erzielt worden. Der Mann habe nicht einmal den vor fünf Jahren aufgenommenen Kredit von 50.000 S zurückzahlen, sondern nur dessen Zinsen abstatten können. Die Betriebseinkünfte seien äußerst bescheiden gewesen. So ergebe sich etwa für das Jahr 1985 nur ein effektiver Ertrag (nach Abzug der Steuern) von 118.909 S und für 1986 ein solcher von nicht einmal 72.000 S. Die Mitarbeit der Frau sei bei weitem durch die Unterhaltsleistungen des Mannes aufgewogen. Das Erstgericht sprach aus, daß der Mann der Frau binnen vier Wochen eine angemessene Abgeltung von 100.000 S für die Mitwirkung im Erwerb seines Weinhauerbetriebes zu bezahlen habe. Es traf über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus noch folgende weitere Tatsachenfeststellungen:

Gemäß Verlautbarung der Gemeinde Perchtoldsdorf lag der Durchschnittsertrag pro Hektar im Weinbaugebiet Perchtoldsdorf im Jahre 1984 bei 3.182 l, im Jahre 1985 (einem sogenannten "Frostjahr") bei 1.938 l und im Jahre 1986 bei 4.025 l. Sämtliche Weingärten des Mannes weisen langjährige Schäden auf. Mit Ausnahme des Weingartens "Herzogenberg" und zum Teil auch des Weingartens "Haspel" sind dort die zugrundegegangenen Weinstöcke nicht ersetzt worden. Der Weingarten "Schiergen" wurde seit Jahren - jedenfalls aber seit dem Erntejahr 1985, in dem er erhebliche Frostschäden davontrug - nicht mehr entsprechend bearbeitet. Er lieferte seit 1984 nur geringfügige, nicht näher feststellbare Erträge. Der Weingarten "Herzogenberg" hat in den letzten fünf Jahren überhaupt keine Erträge geliefert. Die anderen Weingärten erbrachten ab 1984 nur geringe, jedenfalls unter den angeführten Durchschnittswerten für das Weinbaugebiet Perchtoldsdorf liegende Erträge. Im Keller des Anwesens des Mannes lagert derzeit in Holzfässern ein Weinvorrat von ca 8.439 l. Mit ihm könnte bei einem Gebindeverkauf ein Nettopreis von etwa 120.000 S erzielt werden. Der "Bruttobuschenschankwert" dieser Weinmenge im Falle deren Verkaufes im Heurigenbetrieb des Mannes beträgt 576.000 S. Der Buschenschank des Mannes in dem etwa bis zu 90 Personen fassenden Heurigenlokal war im Jahre 1984 in der Zeit vom 28.Juli bis 19.August, 21.September bis 14.Oktober und vom 24.November bis 16. Dezember "ausgesteckt", im Jahre 1985 in der Zeit vom 19.Jänner bis 10.Februar, 6.April bis 28.April, 1.Juni bis 16.Juni, 26.Juli bis 18.August, 27.September bis 12.Oktober und 23.November bis 15. Dezember sowie im Jahre 1986 in der Zeit vom 22.Februar bis 16. März, 16.Mai bis 8.Juni und vom 14.August bis 31.August. Während dieser Öffnungszeiten des Heurigenlokales verrichtete die Frau folgende Arbeiten:

Sie sperrte das Lokal wochentags um ca 10.00 Uhr, manchmal auch erst um 10.30 Uhr, und an Sonntagen gegen 14.00 Uhr auf und führte dort den Heurigenbetrieb bis gegen 16.30 Uhr/17.00 Uhr allein. Danach halfen ihr entweder die Enkelin Karin R*** oder die Tochter Melitta oder auch andere Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis. Die Frau besorgte auch die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten, wie etwa das Herrichten der Fleisch- und Wurstwaren sowie der Aufschnitte, und das Zusammenräumen des Lokales. Sie führte überdies die Kassa, gab die erforderlichen Bestellungen bei den Lieferanten auf und bezahlte das Gelieferte. Die für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Ausgaben deckte sie laufend aus den täglichen Einnahmen ab. Der Gesamtumsatz pro Tag lag unter günstigen Umständen bei ca 15.000 S, doch belief er sich an manchen Tagen auch nur auf 4.000 S bis 5.000 S. Wegen der ehelichen Streitigkeiten schränkte die Frau ihre frühere Mitarbeit in den Weingärten des Mannes ein. Sie arbeitete dort in den Jahren 1984 und 1985 nur mehr im Zuge der Weinlese jeweils in der Dauer von rund 14 Tagen mit. Ab Oktober 1986 mußte sie auch ihre Mitarbeit im Buschenschank des Mannes einstellen, nachdem ihr von ihm durch eine Abänderung der Türschlösser der Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten verwehrt worden war. Der Mann half im Buschenschankbetrieb nur gelegentlich - wenn der Kundenandrang besonders stark war - mit, indem er Aufstriche und Braten zubereitete und beim Geschirrabwaschen mithalf. Ansonsten beschränkte sich seine Tätigkeit im wesentlichen auf sämtliche mit dem Weinkeller verbundenen Arbeiten. Er verrichtete im Weinkeller die in einem Weinbaubetrieb anfallenden, auch körperlich schweren Arbeiten, wie das Auswaschen der Fässer, das Abziehen usw. Die Frau bezog während ihrer Mitarbeit im Betrieb des Mannes niemals eine Entlohnung. Sie erhielt auch kein regelmäßiges Wirtschafts- und Haushaltsgeld. Der Mann folgte ihr vielmehr jeweils auf Verlangen die von ihr zur Haushaltsführung und für den persönlichen Unterhalt benötigten Geldbeträge aus. Bei Abwesenheit des Mannes während der Öffnungszeiten des Buschenschankes konnte die Frau die für ihren persönlichen Bedarf und die Haushaltsführung benötigten Geldmittel aus der Kasse entnehmen. Die jeweils am Ende eines Geschäftstages in der Kassa verbliebenen Geldbeträge nahm dann der Mann entgegen.

Solange die eheliche Lebensgemeinschaft aufrecht war, ging die Frau - ausgenommen eine von der Tochter Melitta finanzierte Nizza-Reise anläßlich ihres 55.Geburtstages nie auf Urlaub. Demgegenüber verbrachte der Mann zwei Urlaube in Mallorca (zuletzt in der Dauer eines Monates) und einen in Jugoslawien. Der Mann bekannte gegenüber dem Finanzamt Mödling folgende Umsätze seines Weinbaubetriebes (einschließlich des Buschenschankes) ein:

1984 174.979 S

1985 183.219 S

1986 120.340 S.

Bescheidmäßig wurden ihm folgende Abgaben (Umsatz- und

Einkommensteuer sowie Alkoholabgabe) ohne Berücksichtigung der

relativ unbedeutenden Grundsteuer vorgeschrieben:

1984 50.226 S

1985 44.926 S

1986 21.300 S.

Tatsächlich waren aber die Einnahmen des mit keinen weiteren Sorgepflichten belasteten Mannes etwa doppelt so hoch als einbekannt. Sie betrugen nach Abzug der oben genannten Abgaben im Jahre 1984 rund 300.000 S, im Jahre 1985 rund 320.000 S und im Jahre 1986 rund 240.000 S. Ab 1984 nahm der Mann keine nennenswerten Betriebsinvestitionen vor. Er ist nach wie vor mit dem vollen Betrag von 50.000 S für einen vor ca fünf Jahren aufgenommenen Betriebskredit belastet. Mit Ausnahme der Zinsen leistete er darauf bisher nur deshalb keine Rückzahlungen, damit er dem Finanzamt gegenüber auf eine finanzielle Belastung verweisen könne. Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß der Mann den Unterhaltsanspruch der Frau zur Gänze erfüllt habe, indem er ihr die geforderten Geldbeträge ausgehändigt habe oder aus der Betriebskassa habe entnehmen lassen. Weiters habe er ihr den Naturalunterhalt durch Übernahme der Wohnungskosten und durch die im Rahmen des Heurigenbetriebes erfolgte Überlassung von Nahrungsmitteln gewährt. Der Frau sei demnach rund ein Drittel des Nettoeinkommens des Mannes als Unterhalt zugekommen. Da sie im übrigen durch ihre Mitarbeit im Betrieb des Mannes und ihre alleinige Haushaltsführung zum Betriebsergebnis etwa zur Hälfte beigetragen habe, müsse ihr die Hälfte der restlichen zwei Drittel des Betriebsgewinnes als angemessene Abgeltung für ihre Mitwirkung im Erwerb des Mannes zuerkannt werden. Daraus errechne sich ein monatlicher Abgeltungsanspruch von rund 4.250 S für 1984, ein solcher von rund 4.500 S für 1985 und von rund 3.100 S für 1986. Da die Frau eine angemessene Abgeltung erst ab August 1984 verlangt habe und nur bis Oktober 1986 im Betrieb des Mannes tätig geworden sei, müsse die Abgeltung auf diesen Zeitraum beschränkt werden. Unter Bedachtnahme darauf, daß die Frau 1986 bei der Weinlese nicht mehr mitgewirkt habe, sei ihr lediglich eine angemessene Abgeltung von 100.000 S zuzusprechen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung dem vom Mann erhobenen Rekurs in der Hauptsache keine Folge. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht ließ die Tatsachenrüge des Rechtsmittelwerbers in bezug auf die vom Erstgericht festgestellten Nettoumsatzbeträge (nach Abzug der Abgaben) für die Jahre 1984 bis 1986 unerledigt, weil es gar keiner Aufwertung der einbekannten Umsätze um 100 % bedürfe. Selbst wenn man nämlich von dem vom Sachverständigen in seinem Gutachten ON 11 errechneten Gesamtbetrag der "Nettoumsätze" für die Jahre 1984 bis 1986 (unter Abzug nicht nur der Umsatz- und Einkommensteuer sowie der Alkoholabgaben, sondern auch der Grundsteuer, Krankenkasse und Pensionsversicherung) von rund 318.000 S ausgehe, errechne sich für den in Rede stehenden Zeitraum bei Mitberücksichtigung eines Urlaubsanspruches eine Gesamtarbeitszeit der Frau von 12 Monaten, welcher die Gesamtarbeitszeit des Mannes von 3 Jahren gegenüberstehe. Auch danach seien die Betriebsentgelte im Verhältnis 3 : 1 zu Gunsten des Mannes aufzuteilen. Ausgehend vom zugesprochenen Abgeltungsbetrag von 100.000 S ergebe sich fiktiv eine monatliche Abgeltung von ca 8.300 S. Werde auch noch die Mithilfe der Frau bei den Weinlesen 1984 und 1985 veranschlagt, so komme noch ein Monat hinzu, so daß sich ein Monatsnettobetrag von rund 7.700 S ergebe. Derartige "monatliche Ansprüche" seien aber "durchaus vertretbar und angemessen".

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Mannes mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Abgeltungsbegehrens, hilfsweise auf Aufhebung des Beschlusses. Die Frau beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Mannes nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Zutreffend verweist der Mann nämlich - auch unter dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mit dem er jedoch inhaltlich gar keine Verfahrensverstöße des Rekursgerichtes aufzeigt, die gemäß § 232 AußStrG von ihm auch nicht geltend gemacht werden könnten (EFSlg 52.933, 55.864 ua) - darauf, daß die vorliegenden Feststellungen noch nicht ausreichen, um den von der Frau geforderten und mit dem Betrag von 100.000 S noch in Rede stehenden Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB abschließend beurteilen zu können. Schon wegen Vorliegens von rechtlichen Feststellungsmängeln ist daher die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht unumgänglich.

Gemäß § 98 ABGB hat ein Ehegatte, der im Erwerb des anderen Ehegatten mitwirkt, Anspruch auf eine angemessene Vergütung seiner Mitwirkung. Dabei sind die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten, insbesondere auch die gewährten Unterhaltsleistungen, zu berücksichtigen. Der Anspruch nach § 98 ABGB auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten gehört zu den persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 98). Durch die Formulierung dieser Bestimmung wird der sich aus dem Wesen der Ehe als einer umfassenden Lebensund Risikogemeinschaft ergebende familienrechtliche Charakter des Abgeltungsanspruches betont. Die Mitwirkung begründet daher nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, sondern einen Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis. Dem mitwirkenden Ehegatten steht nur ein angemessener Anteil an einem gemeinsam erzielten Gewinn zu (Koziol-Welser, Grundriß8, II, 193 f; SZ 56/95 und die dort zitierte weitere Lehre; EFSlg 50.266; JBl 1987, 575; 8 Ob 663/87 ua). Zweck der Gesetzesbestimmung des § 98 ABGB ist demnach nicht eine Entlohnung des mitarbeitenden Ehegatten oder die Sicherung des Unterhaltes, sondern eine auf die gesamten familienrechtlichen Verhältnisse Rücksicht nehmende Beteiligung am Gewinn des anderen Ehegatten (vgl. GesRZ 1985, 147). Dabei ist aber nicht der abgabenrechtliche Gewinnbegriff heranzuziehen (EFSlg 53.093). Vielmehr sind bei der Gewinnermittlung aus einem Weinhauerbetrieb mit Buschenschank nicht nur alle öffentlichen Abgaben abzuziehen, sondern auch die Ausgaben für die Führung des Betriebes und die Aufwendungen zur Tilgung eines etwa aufgenommenen Kapitals sowie jene für die Erhaltung oder Erneuerung des Betriebes und der Betriebsmittel (vgl. SZ 56/95).

Die Pflicht zur Mitwirkung im selbständigen Erwerb des anderen Ehegatten ist eine Form der materiellen Beistandspflicht. Die Mitarbeit muß persönlich zumutbar und nach den Lebensverhältnissen üblich sein, wie zB bei Bauern, Kleingewerbebetreibenden, aber auch Beschäftigten "freier" Berufe (Pichler, aaO, Rz 10 zu § 90; JBl 1987, 575; 8 Ob 663/87). Es steht daher die Mitwirkung im Erwerb auf Grund der Beistandspflicht nach § 90 ABGB dem Entstehen eines Abgeltungsanspruches nach § 98 ABGB nicht entgegen, sie kann nur bei der Festsetzung der Höhe des Abgeltungsbetrages und bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten berücksichtigt werden (EFSlg 53.090). Die Höhe des Anspruches richtet sich gemäß § 98 zweiter Satz ABGB nach der Art und Dauer der Leistungen unter angemessener Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse, insbesondere auch gewährter Unterhaltsleistungen (Koziol-Welser, aaO, 193; SZ 56/95 ua). Es ist daher auch zu prüfen, ob nicht der Ehepartner an dem Gewinn des Unternehmens ohnedies in einer dem Maße seiner Mitwirkung entsprechenden Weise teil hatte (EFSlg 53.091). Erhält ein mitwirkender Ehegatte zunächst zwar keine Gegenleistung, aber den vollen Unterhalt nach § 94 ABGB, so muß dies bei einer nachträglichen Geltendmachung des Anspruches nach § 98 ABGB berücksichtigt werden (Koziol-Welser, aaO, 194).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß präzise Feststellungen über den Gewinn des mit einem Buschenschank verbundenen Weinhauerbetriebes des Mannes fehlen. Weder die von ihm gegenüber dem Finanzamt einbekannten Einnahmen ("Umsätze") abzüglich der ihm hiefür vorgeschriebenen öffentlichen Abgaben, die vom Erstgericht auch nicht im vollen Umfang berücksichtigt wurden, noch die festgestellten tatsächlichen Bruttoeinnahmen in doppelter Höhe stellen bereits den Unternehmensgewinn dar, der Bemessungsgrundlage für den Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung des anderen Teiles sein könnte. Es müssen vielmehr jedenfalls noch die laufenden Betriebskosten sowohl des Weinhauer- als auch des Buschenschankbetriebes festgestellt und veranschlagt werden, benötigt doch ein Winzer nicht nur für die unmittelbare Kellerarbeit, sondern auch für die erforderlichen Arbeiten im Weingarten technische und chemische Hilfsmittel sowie Arbeitsgeräte (Fahrzeuge und Transportmittel sowie Gebinde), die er nicht nur anschaffen und warten muß, sondern deren Betrieb selbst wiederum Kosten verursacht (Strom, Treibstoff etc). Solche Betriebskosten sind auch im Buschenschankbetrieb (Strom, Heizung, Reinigungsmittel etc) angefallen. Dazu kommt, daß hier auch ein Buffet mit warmen und kalten Speisen angeboten wurde, deren Grundstoffe käuflich erworben werden mußten. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen sind aber ebensowenig festgestellt worden wie der Anteil des Speisenumsatzes im Verhältnis zum Getränkeumsatz. Ebenso fehlen Feststellungen über die (gewinnmindernden) Zinszahlungen des Mannes für den von ihm in Anspruch genommenen Betriebskredit und schließlich auch solche über die Höhe der von ihm an die Frau zur Haushaltsführung und für deren persönlichen Unterhalt jeweils über deren Verlangen ausgefolgten oder von ihr aus der Kassa entnommenen Geldbeträge. Das Fehlen dieser Feststellungen macht bereits eine ergänzende Verhandlung in erster Instanz notwendig, wobei auch auf eine Klarstellung darüber Bedacht zu nehmen sein wird, ob ein sich danach allenfalls ergebender Gewinn gemäß § 273 ZPO geschätzt oder auf Grund von bestimmten Ergebnissen des Beweisverfahrens konkret festgestellt wird. Jedenfalls ergibt sich schon aus den bisherigen Ausführungen die Unhaltbarkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes, welches lediglich im Wege der Rückrechnung vom zuerkannten Abgeltungsbetrag einen fiktiven monatlichen Arbeitslohn der Frau ermittelte und diesen für "durchaus vertretbar und angemessen" erachtete. Es hat damit völlig außer acht gelassen, daß der Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB zunächst überhaupt einen gemeinsam erzielten Gewinn des Unternehmens voraussetzt, welcher bei dem von ihm zugrundegelegten Gesamterträgen von 318.000 S für drei Jahre (monatlich durchschnittlich 8.833 S !) - abgesehen davon, daß es sich dabei noch nicht um den Unternehmensgewinn im oben dargelegten Sinn handelt - einen Abgeltungsanspruch der Frau gemäß § 98 ABGB schon deshalb nicht begründen könnte, weil diese Erträge - mangels jeglicher sonstiger Einkünfte - wohl zur Gänze schon für den bloßen Lebensunterhalt des Ehepaares erforderlich gewesen wären. Nur wenn nach den zu ergänzenden Feststellungen überhaupt noch ein Gewinn verblieben sein und die Frau nicht einen ihrem Beitrag entsprechenden Anteil erhalten haben sollte, bestünde ein Abgeltungsanspruch (SZ 56/95). Im Hinblick darauf, daß es sich beim vorliegenden Weinhauerund Buschenschankbetrieb um einen sehr arbeitsintensiven Betrieb handelt und schon nach den bisherigen Feststellungen von einem besonderen Kapitaleinsatz nicht die Rede sein kann, bestehen keine Bedenken gegen eine Höherbewertung des Arbeitseinsatzes, die nicht zu einer gleichteiligen Gewinnaufteilung führen muß (EFSlg 53.091). Der von den Vorinstanzen übereinstimmend - wenn auch mit verschiedener

Begründung - angewendete Aufteilungsschlüssel im Verhältnis von 1 : 3 zu Gunsten des Mannes begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken.

Es war demnach aus allen diesen Gründen wie im Spruch zu entscheiden.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

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