OGH 1Ob578/89

OGH1Ob578/8924.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Waltraud S***, Hausfrau, St.Oswald 63 a, vertreten durch Dr. Heinz Leitinger und Dr. Gerolf Haßlinger, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wider den Antragsgegner Gottfried S***, Mineur, Wettmannstätten, Weniggleinz 31, vertreten durch Dr. Kuno Purr, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 23.Februar 1989, GZ 1 R 425/88-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 30.Juni 1988, GZ F 11/87-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 7.410,60 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.235,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 4.8.1979 die Ehe geschlossen, wodurch die am 22.6.1976 und 18.4.1978 geborenen Kinder Michael und Andrea legitimiert wurden. Die Ehe wurde vom Landesgericht für ZRS Graz mit Urteil vom 12.11.1986 aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Der Antragsgegner ist auf Grund des Schenkungsvertrages vom 15.6.1976 Alleineigentümer der 1379 m2 großen lastenfreien Liegenschaft EZ 92 KG Weniggleinz mit dem Haus Nr.31, das von den Eheleuten 1981 bezogen wurde und ihnen bis zur Scheidung als Ehewohnung diente.

Die Antragstellerin begehrte eine angemessene Ausgleichszahlung. Vor allem ihr Vater, aber auch sie selbst hätten an der Errichtung des Hauses während der Ehe durch Arbeitsleistungen und finanzielle Beiträge in erheblichem Ausmaß mitgewirkt; außerdem habe sie die gemeinsamen Kinder betreut und den Haushalt geführt. Außer der Liegenschaft, die einen Wert von zumindest 2 Mio S habe, unterliege auch noch die Einrichtung des Hauses der Aufteilung. Der Antragsgegner wendete ein, er habe bereits vor der Eheschließung mit dem Hausbau begonnen; die Beiträge der Antragstellerin und ihres Vaters hätten keineswegs überwogen. Er sei bereit, die geringen Leistungen der Antragstellerin während der Ehe abzugelten, insbesondere aber die Kinder - durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot - abzusichern. Im Zuge des Verfahrens bot er der Antragstellerin wahlweise die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft auf beide Kinder, jedoch unter Vorbehalt eines lebenslangen Fruchtgenußrechtes, oder eine Ausgleichszahlung von 300.000 S mit einer Zahlungsfrist von insgesamt sechs Jahren an. Das Erstgericht sprach aus, daß die Liegenschaft samt Inventar im Alleineigentum des Antragsgegners verbleibe, und verpflichtete ihn zu einer nach dem Verbraucherpreisindex 1986 wertgesicherten Ausgleichszahlung von S 480.000 an die Antragstellerin unter pfandrechtlicher Sicherstellung auf der Liegenschaft in sechs gleichen Jahresraten, die erste binnen Monatsfrist nach Rechtskraft des Beschlusses. Es stellte fest:

Die Streitteile hätten bereits vor der Eheschließung etwa drei Jahre lang im Haus der Eltern der Antragstellerin zusammengelebt. Während dieser Zeit sei der Keller des Einfamilienhauses errichtet worden. Noch während der Ehe sei das Haus fertiggestellt und eingerichtet worden; an diesen Arbeiten hätten sowohl die Eheleute selbst als auch deren Angehörige mitgewirkt. Der Vater der Antragstellerin habe überdies das Dachstuhlholz, die Eindeckung, Baumaterial, Transportleistungen und den Schnitt des Bauholzes für die Türstöcke beigesteuert. Der Antragsgegner sei durchgehend als Mineur berufstätig gewesen und habe die Geldmittel für den Hausbau zum wesentlichen Teil aufgebracht. Die Antragstellerin habe eine Koch- und Kellnerlehre noch vor der Eheschließung abgeschlossen, sei jedoch in der Folge wegen der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung nicht mehr berufstätig gewesen. Der Liegenschaft sei einschließlich Haus, Einrichtung und Außenanlagen ein Wert von S 1,561.160 beizumessen. Ziehe man den Wert des Grundstückes und des Kellergeschoßes davon ab, errechne sich der während der Ehe geschaffene Vermögenswert mit S 1,075.210.

Rechtlich meinte das Erstgericht, beide Teile hätten gleichwertige Beiträge zur Vermögensbildung geleistet, so daß der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 480.000 gebühre, die der Antragsgegner mangels Barreserven in angemessenen Raten zu entrichten haben werde.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es sei unbestritten, daß die Antragstellerin den Haushalt führen und die schon vor der Eheschließung geborenen Kinder betreuen sollte, wogegen der Antragsgegner weiterhin seinem anstrengenden Beruf als Mineur nachging. Die Leistung dieser Schwerarbeit rechtfertige aber keine Durchbrechung des Grundsatzes, wonach die beiderseitigen Beiträge gleich zu bewerten seien, wenn der Mann allein verdiene, die Frau hingegen den Haushalt führe und für die Kinder sorge, in dem vom Antragsgegner geforderten Ausmaß (70:30 % zu seinen Gunsten). Berücksichtige man zudem, daß die Familie der Antragstellerin erhebliche Arbeitsleistungen und - wenngleich eher bescheidene - Geldzuwendungen erbracht habe und sich die Antragstellerin, die neben ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter auch beim Hausbau mitgeholfen habe, mit einer auf sechs Jahre erstreckten Ratenzahlung zufrieden gebe, obgleich dem Antragsgegner im Hinblick auf die unbelastete Liegenschaft eine Kreditaufnahme durchaus zugemutet werden könne, so entspreche die vom Erstgericht ausgemessene, pfandrechtlich sichergestellte und wertgesicherte Ausgleichszahlung von S 480.000 der Billigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Er wendet sich darin im wesentlichen nur mehr gegen die Bewertung der beiderseitigen Beiträge zur Bildung des aufzuteilenden Gebrauchsvermögens. Gemäß § 83 Abs 1 EheG isr zwar bei der Aufteilung - und damit auch bei der Bemessung der Ausgleichszahlung (§ 94 Abs 1 EheG) - vor allem auch auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens Bedacht zu nehmen, doch ist auch die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand als Beitrag zu werten (§ 83 Abs 2 EheG). Zutreffend weist das Rekursgericht darauf hin, daß die Eheleute ihre Gemeinschaft einvernehmlich dahin gestalteten (§ 91 ABGB), daß der Antragsgegner weiterhin seiner schweren Arbeit als Mineur nachging, wogegen der Antragstellerin der Haushalt und die Sorge für die beiden Kinder anvertraut blieben. Bei einer Ehe, bei welcher der Mann allein verdient und die Frau den Haushalt und die Kinder betreut, werden die beiderseitigen Beiträge grundsätzlich gegeneinander aufgewogen (SZ 55/45 ua). Es trifft zwar zu, daß der Antragsgegner stets einer schweren und gefährlichen Arbeit unter Tag nachging und sein beträchtliches Einkommen - soweit es nicht für die Lebenshaltung aufging - für den Hausbau verwendete, es hat aber auch die Frau am Hausbau nach Kräften mitgewirkt; ein erheblicher Teil der sonstigen kostenaufwendigen Arbeiten wurde auch von deren Angehörigen erbracht. Es ist deshalb billig, die beiderseitigen Beiträge etwa gleich zu gewichten.

Es darf darüber hinaus aber auch nicht übersehen werden, daß dem Antragsgegner die Ehewohnung verbleibt und er sich daher den Aufwand für eine anderweitige Unterkunft erspart; dagegen ist die Antragstellerin auf die Ausgleichszahlung angewiesen, weil sie weiterhin die beiden Kinder zu betreuen hat und für sich und diese eine geeignete Wohnmöglichkeit schaffen muß. Für die Bemessung der Ausgleichszahlung kann es nach den Grundsätzen der Billigkeit nicht nur auf das Gewicht und dem Umfang der beiderseitigen Beiträge ankommen, sondern es ist auch darauf Bedacht zu nehmen, daß dem auf die Ausgleichszahlung angewiesenen Ehegatten der Beginn eines neuen Lebensabschnittes tunlichst erleichtert wird (1 Ob 631/88 ua). Demgemäß entspricht auch der von den Vorinstanzen festgesetzte Betrag, der rein rechnerisch etwa 45 % des Werts des während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffenen Gebrauchsvermögens erreicht, umso mehr der Billigkeit, als dem Antragsgegner sechs Jahresraten bewilligt wurden, so daß er diese bei bescheidener Lebensführung gewiß aus seinem laufenden Einkommen bestreiten kann.

Soweit der Antragsgegner die Berücksichtigung des Verschuldens der Antragstellerin an der Ehescheidung vermißt, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Ehe aus seinem überwiegenden Verschulden geschieden wurde, die Vorinstanzen aber bei der Bemessung der Ausgleichszahlung auf den Ausspruch des Verschuldens im Scheidungsverfahren ohnehin keine Rücksicht nahmen. Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Dabei war zu berücksichtigen, daß der Antragsgegner die Herabsetzung der Ausgleichszahlung auf S 300.000 angestrebt hat.

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