Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9.September 1987, 21 E Vr 805/87, 21 E Hv 142/87-19, wurde der Beklagte des Vergehens nach § 51 Z 2 MSchG schuldig erkannt, weil er zumindest in der Zeit von November 1986 bis Februar 1987 mit für die Klägerin (damals Privatanklägerin) geschützten Wort- und Bildmarken (Wortmarken "Lacoste" und "La Chemise Lacoste"; Bildmarke Krokodil) versehene Produkte unbefugterweise in Österreich zum Verkauf angeboten und verkauft habe; gemäß § 54 Abs 2 MSchG wurde der verletzten Klägerin (damals Privatanklägerin) die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung des Beklagten auf dessen Kosten öffentlich bekanntzumachen, indem sie ermächtigt wurde, den Urteilsspruch binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten des Beklagten mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien auf den Seiten 5 oder 7 einer Samstagausgabe der Tageszeitungen "Salzburger Nachrichten" und "Neue Kronen-Zeitung" veröffentlichen zu lassen.
Die Klägerin hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, so daß das Strafurteil in der "Neuen KronenZeitung" vom 19. Dezember 1987 und in den "Salzburger Nachrichten" vom 6. Februar 1988 veröffentlicht wurde. Dafür hatte die Klägerin S 101.799,92 ("Salzburger Nachrichten") und S 147.015 ("Neue Kronen-Zeitung") zu zahlen.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz dieser Aufwendungen in der gesamten Höhe von S 248.992,92 s.A. Die Beklagte anerkannte einen Teilbetrag von S 87.935,40 und beantragt die Abweisung des darüber hinausgehenden Klagebegehrens. Die von der Klägerin veranlaßte Urteilsveröffentlichung sei sittenwidrig und verstoße gegen das Schikaneverbot, weil sie in dem begehrten Ausmaß völlig unnotwendig und ungerechtfertigt sei. Der Erstrichter sprach der Klägerin mit Teilanerkenntnisurteil S 87.935,40 und mit Endurteil auch den weiteren Betrag von S 161.057,52 s.A. zu. Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten ergebe sich aus dem Strafurteil. Da sich die Klägerin mit ihren Veröffentlichungen an dieses Urteil gehalten habe, bleibe für die Einwendung des Schikaneverbotes und der Sittenwidrigkeit kein Raum. Die Veröffentlichung bloß in einer Salzburger Lokalausgabe komme im übrigen deshalb nicht in Betracht, weil die beanstandeten Handlungen in zwei Bundesländern vorgenommen worden seien.
Aus Anlaß der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung hob das Gericht zweiter Instanz das angefochtene (End-) Urteil und das ihm vorangegangene "bzw. zuzuordnende" Verfahren als nichtig auf und wies in diesem Umfang die Klage zurück. Die Anordnung, ein Strafurteil zu veröffentlichen, sei ein Teil des Strafausspruches. Die Kosten der Urteilsveröffentlichung seien Kosten des Strafverfahrens, was sich insbesondere daraus ergebe, daß es sich bei der Veröffentlichung um eine Nebenstrafe handle. Das Patentgesetz, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Urheberrechtsgesetz enthielten ausdrückliche Bestimmungen, wonach die Kosten der Urteilsveröffentlichung auf Antrag vom Prozeßgericht mit Beschluß festzusetzen und den Prozeßgegner zum Ersatz aufzuerlegen seien; § 34 Abs 5, vorletzter Satz, MedG bestimme ausdrücklich, daß die Kosten einer Urteilsveröffentlichung zu den Kosten des Strafverfahrens gehörten. Wenngleich dem Markenschutzgesetz eine ausdrückliche Bestimmung dieses Inhaltes fehle, so könne doch kein Zweifel daran bestehen, daß auch bei einer Verurteilung nach § 54 Abs 2 MSchG allein das zur Nebenstrafe der Veröffentlichung des Urteilsspruches verurteilende Strafgericht dafür zuständig sei, die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und ihren Ersatz dem Gegner aufzutragen, handle es sich doch dabei um Kosten der Vollstreckung des Strafurteiles im Sinne des § 381 Abs 1 Z 6 StPO. Der Anspruch auf Kostenersatz sei immer Akkzessorium des betreffenden Verfahrens; über die Kosten eines Strafverfahrens wegen Markenverletzung könne daher nicht im Zivilverfahren wegen Schadenersatzes abgesprochen werden. Da sohin das Strafgericht für die Bestimmung der Kosten zuständig wäre, sei im vorliegenden Fall der Rechtsweg unzulässig.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der Sache selbst das Ersturteil zu bestätigen; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückverweisung der Sache an das Gericht zweiter Instanz begehrt.
Der Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben (§ 521 a Abs 1 Z 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig.
§ 528 Abs 1 Z 2 ZPO steht dem nicht entgegen, weil ja gerade die Frage, ob die Klägerin einen bloßen Kostenanspruch geltend macht, der Klärung bedarf (vgl. 6 Ob 29, 30/64; ZfRV 1977, 123 ua). Der Rekurs ist auch berechtigt.
§ 381 Abs 1 Z 1 bis 8 StPO zählt erschöpfend auf, was unter dem Begriff der Kosten des Strafverfahrens, die von dem zum Kostenersatz Verpflichteten zu ersetzen sind, zu verstehen ist (EvBl 1980/28, SSt 52/46; RZ 1987/29); in der - hier allein in Betracht kommenden - Z 6 werden die Kosten der Vollstreckung des Strafurteils, ausgenommen die Kosten des Vollzuges einer Freiheitsstrafe, angeführt. Nach § 381 Abs 2 StPO werden die im vorangehenden Absatz aufgezählten Kosten, soweit sich aus besonderen gesetzlichen Vorschriften nichts anderes ergibt, mit Ausnahme der unter Z 3, 7 und 8 bezeichneten Kosten vom Bund - vorbehaltlich des Rückersatzes nach den Bestimmungen der §§ 389 bis
391 StPO - vorgeschossen. Da diese Regelung demnach auch für die in Z 6 genannten Kosten der Vollstreckung des Strafurteils gilt, können darunter nur die Kosten einer solchen Urteilsveröffentlichung fallen, die der Bund zunächst selbst zu begleichen hat; das trifft aber nur auf die Fälle der Anordnung einer Urteilsveröffentlichung durch das Strafgericht selbst zu, wie sie etwa in § 25 Abs 1 UWG, § 34 MedG oder § 61 Abs 4 WeinG 1985 vorgesehen ist. Wird dagegen - wie in § 54 Abs 2 MSchG - einer Partei die Befugnis eingeräumt, das Urteil auf Kosten des Beschuldigten zu veröffentlichen, dann hat diese als Auftraggeber des Medienunternehmens die Veröffentlichungskosten vorerst selbst zu tragen. Diese Kosten gehören daher - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - nicht zu den Kosten des Strafverfahrens im Sinne des § 381 Abs 1 Z 6 StPO.
Zur Entscheidung über den Ersatz solcher Kosten ist daher das Strafgericht nicht nach §§ 389 ff StPO zuständig. Es bedarf vielmehr immer dann, wenn der Gesetzgeber die Entscheidung über den Ersatz der einer Partei entstandenen Veröffentlichungskosten dem Strafgericht übertragen will, einer besonderen gesetzlichen Regelung. Eine solche findet sich im Urheberrechtsgesetz, dessen § 91 Abs 4 (ua) auf § 85 Abs 3 verweist, wonach das Gericht erster Instanz auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und deren Ersatz dem Gegner aufzutragen hat. Die gleichlautende, für Zivilurteile wegen Patentverletzungen getroffene Regelung des § 149 Abs 2 PatG gilt auf Grund der Verweisung des § 161 Satz 1 PatG auch für Strafurteile nach § 159 PatG. Das gleiche gilt nach § 25 Abs 6 UWG idF der Nov. 1980 für die Veröffentlichung von Zivil- (§ 25 Abs 3 UWG) und Strafurteilen (§ 25 Abs 2 UWG). Dem Markenschutzgesetz fehlt hingegen eine inhaltsgleiche Bestimmung: § 56 MSchG verweist zwar (ua) auf § 161 PatG, aber nur für die Ansprüche eines in seinen Kennzeichenrechten Verletzten auf angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe der Bereicherung; die Urteilsveröffentlichung wird dort nicht erwähnt.
Für eine Urteilsveröffentlichung nach § 54 Abs 2 MSchG besteht demnach die gleiche Rechtslage wie für Urteilsveröffentlichungen, zu denen eine Partei gemäß § 425 Abs 4 UWG vor der Nov. 1980 ermächtigt worden war. Dazu wurde in älteren Entscheidungen die Meinung vertreten, der zur Veröffentlichung des Urteils Ermächtigte habe Exekution nach § 353 EO zu führen (SZ 12/239; SZ 28/63;
ÖBl 1971, 74 ua). Nachdem diese Auffassung in der Literatur auf Kritik gestoßen war (Walden zu JBl 1930, 498 = SZ 12/239;
Heller-Berger-Stix 2557 f), ist der Oberste Gerichtshof in ÖBl 1976, 46 von dieser Rechtsprechung abgegangen und hat - unter Berufung auf Heller-Berger-Stix 2558 - ausgesprochen, daß derjenige, dem durch die Urteilsveröffentlichung, zu der er ermächtigt worden war, Kosten entstanden sind, diese nur im Rechtsweg geltend machen könne. Nichts anderes kann für den Kläger gelten, der zur Urteilsveröffentlichung nach § 54 Abs 2 MSchG befugt ist. Da somit der Rechtsweg für den geltend gemachten Anspruch zulässig ist, mußte dem Rekurs der Klägerin Folge gegeben und dem Gericht zweiter Instanz eine neue Entscheidung über die Berufung aufgetragen werden. Der Rechtsmittelhauptantrag war verfehlt, weil der Oberste Gerichtshof nur über einen Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO, nicht aber über einen solchen nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen kann (§ 519 Abs 2, letzter Satz, ZPO idF ZVN 1983).
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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