OGH 11Os40/89

OGH11Os40/892.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Mai 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Iby als Schriftführer in der Strafsache gegen Monika R*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Thomas B*** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 1.Dezember 1988, GZ 7 c Vr 355/88-72, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, der gesetzlichen Vertreterin Marianne B***, des Angeklagten Thomas B*** und des Verteidigers Dr. Unterweger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten Thomas B*** verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Thomas B*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.März 1971 geborene, sohin jugendliche Kraftfahrzeugmechanikerlehrling Thomas B*** neben anderen Straftaten (Diebstahl und Hehlerei) zu C/ des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB sowie zu F/ II/ des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 12 (dritter Fall), 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er in Wien (C/) im einverständlichen Zusammenwirken mit Monika R***, Dariusz L*** und dem gesondert verfolgten Helmut W*** in der Zeit vom 3.März 1988 bis 14.März 1988 in mehreren Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz versucht, Martin H*** und Rene D*** durch das Zusenden von zwei Briefen, in denen sie ultimativ aufgefordert wurden, 130.000 S an einer noch zu bestimmenden Stelle zu hinterlegen, widrigens der Polizei einige Tips wegen eines Einbruchsdiebstahls gegeben würden und sie weitere Unannehmlichkeiten zu befürchten hätten, somit durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die die Genannten am Vermögen schädigen sollte, nämlich zur Übergabe des Geldbetrages zu nötigen; (F/ II) in der Nacht zum 5.März 1988 zur Ausführung der unter F/ I/ genannten Sachbeschädigung, bei der Monika R***, Dariusz L*** und der gesondert verfolgte Helmut W*** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken im einzelnen aufgezählte Gebrauchsgegenstände des Rene D*** in einem 25.000 S ("knapp") übersteigenden Wert zerstörten, beschädigten, verunstalteten oder unbrauchbar machten, dadurch beigetragen, daß er seinen Komplizen in Kenntnis ihres Vorhabens sein Moped als Beförderungsmittel für Helmut W*** zur Verfügung stellte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Teile des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a sowie 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Gegen den Schuldspruch zu C/ wegen versuchter Erpressung bringt die Beschwerde in der Mängelrüge (Z 5) vor, das Erstgericht habe nicht festgestellt, ob der Angeklagte (bereits) am 3.März 1988 Kenntnis vom Inhalt des (ersten) erpresserischen Schreibens der Angeklagten L*** und W*** (das er in der Folge zustellte) gehabt hätte, ob die Sachbeschädigungen (F/I des Schuldspruches, die zur weiteren Einschüchterung des Rene D*** gedacht waren) auch mit dem Beschwerdeführer abgesprochen waren, und wann, wo und an wen D*** hätte zahlen sollen. Es habe sich daher nicht um einen beendeten, sondern um einen unbeendeten Versuch gehandelt, bei dem die Abstandnahme von weiteren Ausführungshandlungen als Rücktritt vom Versuch strafaufhebend wirke, wie er auch (an sich ziffernmäßig zutreffend) unter Bezugnahme auf den § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO ausführt. Das Erstgericht hatte jedoch keinen Anlaß, sich mit der Frage des Rücktritts vom Versuch auseinanderzusetzen: denn es fehlt die Freiwilligkeit, gelangte doch - nachdem bereits der erste Erpressungsversuch gescheitert war - der zweite erpresserische Brief nicht in die Hände des Adressaten, sondern an dessen Vater, der die Polizei verständigte (siehe S 88/II; 85, 97/I). Nach diesem zufälligen Scheitern (auch) des zweiten Erpressungsversuches kam ein Rücktritt vom sohin fehlgeschlagenen (mißlungenen) Versuch nicht mehr in Betracht (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 9, Mayerhofer-Rieder, StGB3 Anm 2, ENr 22, 28, Foregger-Serini StGB4, Anm II letzter Absatz, jeweils zu § 16). Daß tatsächlich für die Tatopfer noch nicht feststand und daher vom Erstgericht auch nicht festgestellt werden konnte, unter welchen näheren - von den Angeklagten der Mitteilung in einer in den Erpresserbriefen konkret bezeichneten Telefonzelle jedoch ausdrücklich

vorbehaltenen - Modalitäten D*** das Geld hätte übergeben sollen, ist unter diesen Umständen nicht von Relevanz. Von einem gemeinsamen Beschluß aller Angeklagten, freiwillig von weiteren Ausführungshandlungen abzustehen, kann - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nach den vorgetragenen Verantwortungen keine Rede sein (vgl S 55 bis 57/II); ein solcher Beschluß hätte auch, wenn er gefaßt worden wäre, keine rechtliche Bedeutung mehr gehabt. Daß aber der Beschwerdeführer Kenntnis auch vom Inhalt des ersten Erpresserbriefes hatte, konnte das Erstgericht lebensnah aus dem festgestellten Gesamtverhalten des Angeklagten B*** bei und nach Ablieferung des Schreibens ableiten (S 87/II).

Soweit der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, die Angeklagten hätten gewußt, daß Rene D*** das von ihm erbeutete (und ihm abzupressende) Geld bereits ausgegeben hatte, sie hätten ihm nur Angst machen wollen, die Ernstlichkeit des Tatentschlusses und den Bereicherungsvorsatz in Zweifel zu ziehen sucht, bekämpft er lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung, die diesbezüglich auf der schon beschlossenen Aufteilung der erhofften Beute beruht (S 92/II). Die in der Hauptverhandlung (S 62/II) von einem Verteidiger aufgestellte und in der Beschwerde generalisierend erweiterte Behauptung, die - wörtlich in das Protokoll aufgenommenen - Fragen der Schöffensenatsvorsitzenden, "wieviel Geld habt ihr euch erwartet", "welche Wünsche wollten Sie sich mit dem Geld erfüllen", seien Suggestivfragen, trifft nicht zu (vgl § 200 Abs 2 StPO). Im übrigen zeigt dieses Vorbringen keinen Nichtigkeitsgrund auf.

Zum Schuldspruchfaktum F/II/ wird die Feststellung eines 25.000 S übersteigenden Schadens als unbegründet bekämpft, wozu einige Wertangaben des Geschädigten in ON 37 herausgegriffen werden und behauptet wird, schon daraus ergebe sich, daß die Bewertung nicht, wie das Gericht meint (S 91/II), "realistisch" wäre, sie beruhe vielmehr auf den subjektiven Empfindungen des Geschädigten. Damit wird aber die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, sondern abermals nur (unzulässig) Kritik an der Beweiswürdigung des Erstgerichtes geübt, das seine Annahme eines 25.000 S übersteigenden Schadens überdies - was der Beschwerdeführer übergeht - mit den in der Aufstellung des Geschädigten gar nicht berücksichtigten Reinigungskosten der verwüsteten Wohnung begründet. Da bei der Bewertung der zerstörten Sachen der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen ist, und der Reparaturaufwand mehrerer beschädigter Gegenstände (Fernseher, Stereoanlage, Sitzgarnitur etc) in der Schadensaufstellung ON 37 überhaupt nicht berücksichtigt wurde, versagt insgesamt der unspezifizierte, nicht alle Verfahrensergebnisse berücksichtigende Einwand einer unrealistischen Schadensbewertung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Thomas B*** nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG 1961 eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten und sah sie gemäß dem § 43 Abs 1 StGB bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen verschiedener Verbrechen und Vergehen, die zahlreichen Angriffe sowie "die mehrfache Qualifikation der Straftaten" als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber "das zum Großteil erfolgte Geständnis" dieses Angeklagten, den tadellosen Wandel, die teilweise objektive Schadensgutmachung sowie den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung strebt Thomas B*** die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, (allenfalls) die Verhängung und bedingte Nachsicht einer Geldstrafe an.

Die Berufung ist insofern begründet, als sich die vom Erstgericht ausgemessene - wenn auch bedingt

nachgesehene - Freiheitsstrafe als überhöht erweist. Mißt man den herangezogenen Milderungsgründen das ihnen tatsächlich zukommende Gewicht bei und berücksichtigt man überdies, daß dem Angeklagten B*** bei den Tatausübungen im wesentlichen keine führende Rolle zukam, dann erweist sich - zumal entgegen der Auffassung des Erstgerichtes auch bei keinem der von diesem Angeklagten zu verantwortenden Delikte eine mehrfache Qualifikation zum Verbrechen oder Vergehen vorlag - eine Reduzierung der Höhe der Freiheitsstrafe auf das tatschuldadäquate Ausmaß von drei Monaten als geboten.

Der bloßen Verhängung einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe standen im Hinblick auf die Zahl und Art der Delikte spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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