Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des Schuldspruchfaktums (I des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Erich M*** hat durch das ihm laut unberührt gebliebenem Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches (I des Urteilssatzes) zur Last fallende Verhalten das Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 2 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 41 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Monaten und gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 1 (einem) Jahr bedingt nachgesehen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Oktober 1938 geborene Betriebsleiter Erich M*** des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 27.Novenber 1985 vor dem Bezirksgericht Zell am See in dessen Strafsache AZ U 1017/85 als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Behauptung, es habe bei der Fremdenverkehrsgesellschaft mit beschränkter Haftung und Co KG (F***) der Stadtgemeinde Zell am See keine zweite Kasse (sogenannte "Schwarzgeldkasse") gegeben, falsch ausgesagt und diese Aussage mit einem Eid bekräftigt zu haben. Überdies enthält das Urteil einen unangefochtenen Freispruch von einem weiteren Anklagevorwurf.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Bei Ausführung dieses Rechtsmittels verkennt der Angeklagte das Wesen des gegen ihn erhobenen Schuldvorwurfes: Nach Spruch und Gründen der angefochtenen Entscheidung, die insoweit eine Einheit bilden (Mayerhofer-Rieder2, § 260 StPO, ENr 20 und 28), wird ihm angelastet, bei seiner Vernehmung als Zeuge am 27.November 1985 bewußt wahrheitswidrig die Existenz solcher Einnahmen der F*** bestritten zu haben, die nicht in der offiziellen Kassenführung, Buchhaltung und Belegsammlung erfaßt waren und sich solcherart der Kontrolle der Geschäftsführung entzogen (US 5 !letzter Absatz und US 6 !ganz oben , US 11 !unten und 12, US 19 !Ende des ersten Absatzes sowie US 19 !vorletzter Absatz bis US 20 !zweiter Absatz ). Die im Urteilstenor verwendeten Ausdrücke "Kasse" oder "Schwarzgeldkasse" bezeichnen demmach nicht ein Behältnis, sondern einen gesonderten Vermögensteil; sie sind also im buchhalterischen Sinn zu verstehen (siehe insbesondere US 19 !dritter Absatz ). Ob und in welchem Umfang diese Kassengebarungen steuerlich behandelt wurden und ob der Angeklagte die Kenntnis der Nichtversteuerung der betreffenden Einnahmen in der Zeugenaussage gleichfalls wahrheitswidrig bestritt, ist nicht Gegenstand des Schuldspruches. Das gesamte Beschwerdevorbringen, welches einerseits auf der behaupteten Unkenntnis des Beschwerdeführers von der Art der steuerlichen Behandlung der betreffenden der Gesellschaft zugeflossenen (für die Auszahlung von Aushilfskräften verwendeten) Mittel und anderseits auf der Interpretation des Wortes "Kasse" als Behältnis für die Verwahrung von Geld oder anderen Wertgegenständen (also im physischen, nicht im buchhalterischen Sinn) beruht, geht also am Kern des im Urteil erhobenen Vorwurfs vorbei. Die Rechtsmittelausführungen vermögen aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteilsspruch zugrundeliegenden Feststellungen - zu denen insbesondere die Feststellung des Sinns der inkriminierten Zeugenaussage gehört (Mayerhofer-Rieder2, § 281 StPO, ENr 46 bis 49) - zu erwecken: Die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, derzufolge Aushilfskräfte der F*** aus einem speziellen Teil der Einnahmen (Zuwendungen für die Aufsicht und Betreuung von Automaten) entlohnt wurden (AS 6/II, 11/II), wovon die (Geschäftsführung der) F*** nichts wissen durfte (AS 24/II; vgl auch AS 13 !ganz unten und 15/I), steht nämlich in Widerspruch insbesondere zu jenem Teil der inkriminierten Zeugenaussage, wonach eine derartige finanzielle Transaktion "in der Buchhaltung aufscheinen müßte" (AS 67/I). Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war darum zu verwerfen.
Der gegenständliche Schuldspruch leidet allerdings an einer vom Angeklagten zwar nicht geltend gemachten, jedoch gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden materiellen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO): Das Erstgericht unterstellte nämlich die Ablegung und die eidliche Bekräftigung der falschen Aussage nicht nur dem zweiten, sondern auch dem ersten Absatz des § 288 StGB, also zwei verschiedenen Tatbeständen, obwohl die Bekräftigung der falschen Aussage durch einen Nacheid (und die Wiederholung dieser falschen Angaben nach der Eidesleistung; vgl AS 67/I) ausschließlich nach dem § 288 Abs 2 StGB strafbar ist, in welchem Tatbestand das durch die falsche Beweisaussage unmittelbar vor dem Eid verwirklichte Vergehen nach dem § 288 Abs 1 StGB aufgeht (SSt 52/31).
Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO war daher das erstgerichtliche Urteil, welches im übrigen (im freisprechenden Teil) unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch und im Strafausspruch aufzuheben, gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst Erich M*** des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 2 StGB schuldig zu erkennen und die hiefür verwirkte Strafe neu zu bemessen.
Dabei war neben dem (schon vom Schöffengericht zutreffend festgestellten) Fehlen von Erschwerungsgründen das Zusammentreffen mehrerer Milderungsumstände, nämlich die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und sein Wohlverhalten auch nach der bereits längere Zeit zurückliegenden Tat sowie die uneigennützige Motivation zum inkriminierten Fehlverhalten, zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe und die sich daraus ergebende günstige Prognose, konnte der gesetzliche Strafrahmen gemäß dem § 41 StGB unterschritten werden. Eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Monaten wird dem Unwert der Tat und der Schuld des Täters gerecht. Die bedingte Strafnachsicht war - abgesehen von anderen Erwägungen - schon nach dem § 290 Abs 2 StPO (wieder) zu gewähren. Bei der Bemessung der Probezeit mußte auf die extreme Dauer des Rechtsmittelverfahrens (die Akten wurden dem Obersten Gerichtshof erst etwa fünfzehn Monate nach Urteilsfällung erster Instanz zur Entscheidung vorgelegt) Rücksicht genommen werden.
Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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