OGH 12Os41/89

OGH12Os41/8920.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Arno S*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.November 1988, GZ 6 e Vr 9163/87-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 22-jährige Arno S*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt, weil er in Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Haschisch (A) zwischen Anfang Oktober 1986 und Ende November 1986 durch Verkauf von insgesamt zumindest 3 Kilogramm dieses Suchtgifts in zahlreichen Einzelverkäufen an den abgesondert verfolgten Andreas S*** in einer großen Menge in Verkehr gesetzt sowie (B) zwischen Anfang 1985 und November 1986 in Wien und Kalifornien wiederholt erworben und besessen hat. Das Schöffengericht stützte seinen Schuldspruch im Verbrechensfaktum (A) im wesentlichen auf die Angaben des Zeugen S***, der bekundet hatte, im genannten Zeitraum vom Angeklagten mindestens 3 kg Haschisch in Teilquantitäten auf Kommissionsbasis erhalten und über (den abgesondert verfolgten) Gerhard C*** weiter veräußert zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach allein gegen dieses Faktum richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z. 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch teilweise offenbar unbegründet, teilweise nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Mit seiner Verfahrensrüge (Z. 4) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung mehrerer von ihm in der Hauptverhandlung am 10.November 1988 gestellter Beweisanträge. Der erste hatte die zeugenschaftliche Vernehmung des (von der Polizei auszuforschenden) Gerhard C*** zum Beweis dafür zum Gegenstand, "daß im Zuge der Belieferung des Gerhard C*** durch Andreas S*** mit Haschisch im Herbst 1986 dem C*** diese (gemeint ersichtlich: durch) Äußerungen des Andreas S*** sowie (aus) anderen Beweisumständen bekannt wurde, daß S*** die gelieferte Menge nicht von dem hier angeklagten S*** (dem Beschwerdeführer), sondern von einer anderen Person bezogen hat." Die Relevanz des Beweisantrages ergebe sich einerseits daraus, daß C*** in diesem Zusammenhang noch nie unter Wahrheitspflicht in einer Hauptverhandlung als Zeuge einvernommen worden sei, andererseits zwischen den (in der Hauptverhandlung am 10.November 1988) verlesenen Depositionen des C*** in seinem eigenen Verfahren und den Angaben des Andreas S*** in dessen Verfahren Divergenzen bestünden. So habe nämlich C*** in seinem Verfahren angegeben, S*** habe ihm die Lieferung einer größeren Menge Haschisch angeboten, wogegen laut den Feststellungen in dem S*** betreffenden Urteil festgehalten wurde, daß C*** bei S*** eine größere Menge (Haschisch) nachgefragt habe. Des weiteren werde durch die Einvernahme des C*** vor Gericht "zu prüfen sein, ob allenfalls S*** auch noch nach seiner Rückkehr aus den USA glaublich im Jänner 1987, zu welchem Zeitpunkt sich der Angeklagte S*** noch in den Vereinigten Staaten befand, weitere Suchtgiftmengen an C*** geliefert hat." Wäre dies der Fall, so scheide S*** als Lieferant aus. Zum selben Beweisthema wurde auch noch die zeugenschaftliche Einvernahme des Alfred R*** beantragt (S. 248 f.).

Das Erstgericht hat die Abweisung dieser Anträge im wesentlichen damit begründet, daß C*** und R*** nicht unmittelbar vom Angeklagten Suchtgift angekauft hätten, sondern lediglich C*** von S*** beliefert worden sei "und zur Frage, ob S*** das Suchtgift vom Angeklagten erhalten habe, nicht Stellung beziehen könne(n)." Dies ergebe sich auch aus den bisherigen Depositionen im Verfahren gegen Andreas S***. Außerdem seien die beantragten Personen am 16.November 1986 in Untersuchungshaft genommen worden und in Haft verblieben, sodaß kein Beweis in der Richtung geführt werden könne, daß sie noch später von S*** beliefert wurden (S. 250).

Dem ist im Ergebnis mit dem Zusatz beizutreten, daß allein schon der Wortlaut der gestellten Anträge diese als unzulässige Erkundungsbeweise kennzeichnet, zumal darin nicht einmal andeutungsweise dargetan wird, aus welchen Gründen erwartet werden könne, daß C*** und R*** im Falle ihrer zeugenschaftlichen Befragung von ihren bisherigen Bekundungen abrücken sollten, wonach ihnen unbekannt sei, von wem S*** das Haschisch bezogen habe (siehe dazu S 19, 27, 31 und 35 in ON 3 des in der Hauptverhandlung verlesenen Beiaktes ON 18; Verlesung: S 248). Zudem wird nicht konkretisiert, wer "die andere Person" sein sollte, von der S*** beliefert wurde. Abgesehen davon ist C***, dessen Einvernahme versucht wurde, derzeit unbekannten Aufenthaltes (S. 275) und in dem ihn betreffenden Verfahren zur Verhaftung ausgeschrieben (siehe den Beisatz auf dem Vorlagebericht S 311). Die Nichtaufnahme eines Beweises kann aber dem Gericht dann nicht als Verfahrensmangel (Z 4) zum Vorwurf gemacht werden, wenn das Beweismittel unerreichbar geworden ist (Mayerhofer-Rieder2 § 281 Z 4 StPO Nr 103 und 104).

Eine widersprüchliche Begründung (Z 5) vermeint der Beschwerdeführer darin erblicken zu können, daß der Zeuge S*** nach der "sehr wesentlichen Feststellung" des Erstgerichts die gemeinsam mit dem Angeklagten vorgenommene Abreise in die Vereinigten Staaten "als Flucht wertete", obwohl S*** in der Hauptverhandlung niemals davon gesprochen, sondern ausgesagt habe, "daß diese Reise "aus Willkür" erfolgt sei" (S 299). Auch in diesem Punkt geht die Beschwerde - weil selbst aktenwidrig - fehl.

Denn ohne daß es erforderlich wäre, in eine Erörterung der Relevanzfrage einzutreten, genügt hier die Erwiderung, daß S*** in der Hauptverhandlung am 10.November 1988 seine in der Verhandlung am 17.März 1988 gemachten Angaben als richtig bezeichnete (S 237 unten), wo er damals auch erklärt hatte, "wir" - gemeint ersichtlich S*** und er - hätten Angst gehabt und seien dann nach Amerika (S 164 oben). Davon ausgehend ist aber die Qualifikation der Reise als "Flucht" schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als durchaus aktengetreue Würdigung zu bezeichnen und der Beschwerde damit der Boden entzogen.

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die übrigen Entscheidungen fußen auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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