OGH 11Os31/89

OGH11Os31/8918.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.April 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Irene N*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 23. Jänner 1989, GZ 31 Vr 131/88-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und des Verteidigers Dr. Pochieser, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Strafe wendet, keine Folge gegeben; im übrigen wird sie zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Irene N*** des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (Punkt A/1./ und 2./ des Urteilssatzes) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 2 StGB (Punkt B/1./ und 2./ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Angeklagte lediglich den Punkt A/1./a/ des Schuldspruchs, demzufolge sie am 29.Juni 1984 in Altenfelden im Zusammenwirken mit ihrem - allerdings gutgläubigen - (inzwischen verstorbenen) Ehegatten Otto N*** den Edmund N*** (ihren Schwager) mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz durch Täuschung über Tatsachen, indem sie sich als rückzahlungsfähige und rückzahlungswillige Darlehensnehmerin ausgab, zur Gewährung eines ihn in dieser Höhe schädigenden Darlehens von 300.000 S verleitete. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen veranlaßte die Angeklagte ihren Ehegatten durch die Vorgabe, das Geld zur Abführung an das Finanzamt in einem gegen sie und ihre Tante wegen Devisenschmuggels anhängigen Finanzstrafverfahren zu benötigen, dazu, in ihrer Gegenwart mit seinem Bruder Edmund telefonisch Kontakt aufzunehmen und aus den angeführten Gründen gutgläubig (siehe insbesondere US 10) um die Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 300.000 S anzusuchen; nach gelungener Täuschung übernahm Otto N*** - weiterhin gutgläubig - das Geld von seinem Bruder und übergab es in der Folge der Angeklagten (US 5, 6).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich mit dem Hinweis auf fehlende "konkrete Beweisergebnisse und Indizien" gegen die "durch nichts bewiesene" Annahme, daß die Beschwerdeführerin ihren Ehemann Otto N*** über den Verwendungszweck des in Rede stehenden Darlehens täuschte; der Aussage des (einzigen) Zeugen Edmund N*** sei nur zu entnehmen, daß er "von beiden" (dh der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten) diesbezügliche Informationen erhalten habe.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Vorbringen vermag keine erheblichen Bedenken im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zu erwecken: Vielmehr konnte das Erstgericht aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin schon vor der inkriminierten Darlehensaufnahme ihren Ehemann über den "wahren Verbleib" seines (eigenen) Vermögens getäuscht hatte (US 10), im Zusammenhang mit der Fortsetzung der betrügerischen Darlehensaufnahmen auch nach dem Tode des Otto N*** zum Nachteil von Familienangehörigen sowie aus den widersprüchlichen Angaben der Angeklagten überzeugend ableiten (vgl. US 11), daß die Angeklagte auch im in Rede stehenden Zusammenhang ihren (demzufolge gutgläubigen) Ehemann in Irrtum führte; abgesehen davon würde selbst die Prämisse der Bösgläubigkeit des Otto N*** bei der gegebenen Fallgestaltung nichts an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin ändern.

Unzutreffend ist aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), in welcher der Einwand "mangelnden äußeren Tatbestandes" darauf gestützt wird, daß die Beschwerdeführerin mit dem Getäuschten "in keinen persönlichen Kontakt" getreten sei und deshalb auch keine (betrügerische) Täuschungshandlung habe begehen können. Täuschung im Sinn des § 146 StGB setzt nämlich in objektiver Hinsicht eine irreführende Einwirkung auf die Vorstellung eines anderen voraus, der dadurch zu einem vermögensschädigenden Verhalten veranlaßt wird; auf welche Weise die Irreführung stattfindet, bleibt im Prinzip gleichgültig (vgl. Kienapfel BT II2 RN 39 zu § 146), sofern der ursächliche Zusammenhang zwischen Täuschung, Irrtum und schädigender Vermögensverfügung gegeben ist (Leukauf-Steininger2 RN 23 zu § 146 StGB).

Im vorliegenden Fall bediente sich die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt des gesamten Urteilssachverhaltes ihres gutgläubigen Ehemanns, um (vorsätzlich) eine der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung des Edmund N*** über den Grund des Geldbedarfs und über die redliche Bereitschaft zur Zurückzahlung des Darlehens hervorzurufen, wodurch der Getäuschte (erneut den Vorstellungen der Beschwerdeführerin entsprechend) zur schädigenden Darlehenszuzählung veranlaßt wurde. Ausgehend von diesen Feststellungen nahm das Erstgericht angesichts des unzweifelhaft gegebenen ursächlichen Zusammenhanges rechtsrichtig eine im Sinn des § 146 StGB tatbildmäßige Täuschungshandlung der (durch einen gutgläubigen Dritten handelnden) Beschwerdeführerin an, zumal das in der Beschwerde aufgestellte Postulat der zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen "persönlichen", gleichsam von Angesicht zu Angesicht vorzunehmenden Täuschungshandlung im Gesetz ebensowenig Deckung findet wie das behauptete Gebot der persönlichen Entgegennahme der durch die Irreführung erwirkten Leistung. Einzuräumen ist lediglich, daß die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Heranziehung eines schuldlos handelnden Dritten nicht, wie das Erstgericht vermeint, als unmittelbare Täterin im Sinn des ersten Falls des § 12 StGB, sondern als Bestimmungstäterin gemäß dem zweiten Fall dieser Gesetzesbestimmung handelte (vgl. SSt. 49/5; RZ 1986/31 ua). Dieser dem erkennenden Gericht unterlaufene Rechtsirrtum vermag jedoch im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der in § 12 StGB verankerten Täterschaftsformen sowie die Feststellung aller die Beurteilung der inkriminierten Handlungsweise als Bestimmungstäterschaft ermöglichenden Tatumstände keine Urteilsnichtigkeit zu bewirken (vgl. Leukauf-Steininger2 RN 57 ff zu § 12 StGB).

Der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war darum ein Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verhängte über Irene N*** nach dem § 147 Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es vier "schwerwiegende" einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen, die Tatwiederholung und die Gefährlichkeit der Täterin (Reiflichkeit der Überlegung, Sorgfalt der Vorbereitung, Rücksichtslosigkeit der Ausführung) als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber die "teilweise in Richtung Geständnis gehende Verantwortung" der Irene N*** und einen gewissen Leichtsinn der Darlehensgeber als mildernd.

Die Angeklagte strebt mit ihrer - insoweit fristgerecht angemeldeten - Berufung zunächst die Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Die Berufung ist in diesem Umfang nicht begründet. Das Erstgericht stellte die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig fest und würdigte sie auch zutreffend. Die Angeklagte vermag keine weiteren relevanten Umstände darzutun, die ihr Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Das behauptete Mitverschulden ihres verstorbenen Ehemannes Otto N*** ist urteilsfremd und nicht festzustellen. Berücksichtigt man das bisherige Vorleben der Irene N***, die Verbüßung mehrerer Haftstrafen und die nunmehrige Deliktswiederholung sowie die Deliktshäufung, dann kommt eine Reduzierung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe nicht in Betracht.

Die Anfechtung des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche der Privatbeteiligten Edmund und Elfriede N*** in der Berufungsausführung war als verspätet zurückzuweisen, weil die Rechtsmittelanmeldung ausdrücklich auf eine Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe eingeschränkt wurde (vgl. 14 Os 1/88, 15 Os 8/88 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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