Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Andreas B*** und Erich T*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch Schuldsprüche des Mitangeklagten Gerhard S*** enthaltenden) Urteil wurden der am 5. November 1963 geborene Hilfsarbeiter Andreas Christian B*** und der am 29.März 1955 geborene Magazineur Erich T*** des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hatten sie (sinngemäß zusammengefaßt) am 13. Februar 1988 in einer Gemeinschaftszelle des Gefangenenhauses des Kreisgerichtes Wels gemeinsam mit Gerhard S*** den Thomas G*** im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Gewalt und gefährlicher Drohung, indem Andreas Christian B*** ihm einige Schläge in das Gesicht versetzte und sie ihm nach Mitteilung der durchzuführenden Unzuchtsakte für den Fall der Bekanntgabe Vergeltungsmaßnahmen in Aussicht stellten, zur Unzucht, nämlich zur Duldung des Einführens eines Besenstiels in den After und zu zweimaligem Analverkehr genötigt.
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, in denen von Andreas Christian B*** die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO und von Erich T*** (ausdrücklich) nur der Nichtigkeitsgrund der Z 5 leg. cit. geltend gemacht werden.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Andreas Christian B***:
Der in der Mängelrüge (Z 5) behauptete Widerspruch zwischen Urteilssatz und Entscheidungsgründen über den Zweck der drohenden Äußerungen liegt nicht vor. Lassen doch die Urteilsfeststellungen im Zusammenhalt mit dem Urteilsspruch keinen Zweifel daran, daß die dem Unzuchtsopfer angedrohten Vergeltungsmaßnahmen in Verbindung mit den vorangegangenen Tätlichkeiten zur Beugung des (entgegenstehenden) Willens des Thomas G***, die angekündigten Unzuchtshandlungen zu dulden, bestimmt waren. Im übrigen könnte von einem (inneren) Widerspruch in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nur im Fall einer denkgesetzwidrigen Unvereinbarkeit einzelner Teile der Urteilsbegründung gesprochen werden; derartiges wird aber in der Mängelrüge nicht behauptet. Soweit Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 5 a StPO eingewendet wird, vermögen die Beschwerdeausführungen nach Prüfung des Akteninhalts erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Tatrichtern dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen nicht zu begründen.
Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten Andreas Christian B*** erweist sich als verfehlt. Insofern die bezüglichen Beschwerdeeinwände die einen Sachzusammenhang zwischen dem Einsatz der Nötigungsmittel und dem geschlechtlichen Mißbrauch des Tatopfers bejahenden Urteilsfeststellungen übergehen und versuchen, die Mißhandlung des Thomas G*** bloß als Reaktion bzw. Vergeltungsmaßnahme der Angeklagten zu deuten, fehlt es an der gesetzmäßigen Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Urteilsfremd ist auch die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die drohenden Äußerungen (nur) darauf abzielten, Thomas G*** zur Unterlassung einer Anzeigeerstattung zu bestimmen (vgl. AS 182, 191 f).
Die von einer solchen durch die Urteilsfeststellungen nicht gedeckten Sachverhaltsgrundlage ausgehende, eine Beurteilung der Tat als Vergehen der Nötigung nach dem § 105 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) entbehrt demnach gleichfalls einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung.
Der Beschwerdeführer ist aber auch mit seinem weiteren Einwand gegen die Annahme einer Gewaltanwendung bei Nötigung des Thomas G*** zur Unzucht nicht im Recht. Denn die vom Erstgericht festgestellte Mißhandlung - Versetzen einiger Schläge in das Gesicht - stellt den Einsatz einer nach Lage des Falles nicht ganz unerheblichen, zur Überwindung eines (tatsächlichen oder) erwarteten Widerstandes geeigneten physischen Kraft dar, wobei dem Umstand unterbliebener Gegenwehr keine entscheidende Bedeutung zukommt (Kienapfel, BT I2, RN 11 ff zu § 105 StGB; ÖJZ-LSK 1976/29, 12 Os 128/80). Der insoweit behauptete Rechtsirrtum haftet demnach dem Urteil nicht an.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Erich T***:
Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) wendet der Beschwerdeführer T*** zunächst Unvollständigkeit der Urteilsbegründung mit der Behauptung ein, das Erstgericht habe einen erheblichen Widerspruch in der Aussage des Zeugen Thomas G*** über den Bedrohungszeitpunkt unerörtert gelassen. Die Beschwerdeausführungen vermögen jedoch den behaupteten Widerspruch nicht nachzuweisen. Sie betonen nur die Angabe des Zeugen vor dem Untersuchungsrichter, nach den Unzuchtshandlungen bedroht worden zu sein (AS 7), lassen aber die weitere Aussage vom 9.Juni 1988 unberücksichtigt, wonach die Angeklagten B*** und T*** auch schon vor Durchführung der Unzuchtshandlungen Drohungen geäußert hatten (AS 6). Diese Behauptung hielt G*** auch in der Hauptverhandlung aufrecht (AS 165 f).
Seiner eine Bedrohung des Tatopfers leugnenden Verantwortung entsprechend sucht der Beschwerdeführer Erich T*** auch eine unzureichende Begründung der ihr zuwiderlaufenden Urteilsannahme (AS 182) darzutun. Die gerügte Feststellung beruht ua auf der in der Hauptverhandlung zur Verlesung gebrachten (vgl. AS 170) Aussage des Zeugen Thomas G*** im Vorverfahren (AS 6), die - wie bereits erwähnt - in der Hauptverhandlung keine entscheidende Einschränkung erfuhr (AS 165 f). Aus diesem als tragfähige Entscheidungsgrundlage zu wertenden Verfahrensergebnis konnte das Erstgericht in Verbindung mit dem übrigen Akteninhalt beweiswürdigend die Überzeugung gewinnen, daß neben den drohenden Erklärungen des Mittäters B*** auch den drohenden Äußerungen des T*** unbeschadet ihres (genauen) Wortlautes die Eignung zukam, beim Angegriffenen eine entsprechende nachhaltige psychische Einwirkung zu erzeugen. Es liegt daher auch insoweit kein Begründungsmangel vor. Als nicht stichhältig erweist sich schließlich auch das weitere, gegen die Feststellung der mangelnden Einwilligung des Tatopfers gerichtete Beschwerdevorbringen, in dem unter Hinweis auf das passive Verhalten des Thomas G*** eine unzureichende bzw. unvollständige Begründung behauptet wird. Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, daß die Tatrichter diese Urteilsannahme aus dem als erwiesen angenommenen gesamten Geschehensablauf, insbesondere der stattgefundenen Bedrohung des Thomas G*** denkmöglich ableiteten (AS 188). Das Gericht legte auch hinreichend dar, aus welchen Gründen es bei seiner Beweiswürdigung zu der Überlegung kam, daß die Angeklagten ein Einverständnis des Thomas G*** zur Duldung der angekündigten Unzuchtshandlungen nicht annehmen konnten. Soweit der Beschwerdeführer aus den vorliegenden Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen zu ziehen versucht, indem er die Bedrohung des Opfers als bloße "milieuadäquate Vorsichtsmaßnahme" deutet und das Verhalten des Thomas G*** als Einwilligung zu den Unzuchtshandlungen auslegt, wird kein Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Dem Beschwerdevorbringen zuwider bedurfte es auch nicht der gesonderten Erörterung der Behauptungen beider Nichtigkeitswerber, daß dem Thomas G*** der angekündigte Gebrauch eines Besenstiels als Unzuchtswerkzeug gleichgültig gewesen sei. Abgesehen davon, daß die beiden Angeklagten die Ablehnung des Thomas G*** zur Vornahme eines Analverkehrs einräumen mußten (AS 135, 149 f), läßt die Urteilsbegründung an der Überzeugung des Erstgerichtes keinen Zweifel, daß das Verhalten des durch die vorangegangenen Einschüchterungen auf jeden Widerstand verzichtenden Zeugen auch keinen Grund für die Annahme bot, etwa diese Unzuchtshandlungen (unter Gebrauch eines Besenstiels) freiwillig an sich vornehmen zu lassen.
Soweit der Beschwerdeführer T*** diesbezüglich einen Feststellungsmangel (und damit sachlich den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) behauptet, setzt sich die Rüge über die gegenteiligen, durch die Verfahrensergebnisse gedeckten und mängelfrei begründeten Urteilsannahmen (AS 183, 188) hinweg und entbehrt erneut einer gesetzmäßigen Ausführung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Andreas Christian B*** und Erich T*** waren mithin zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über diese beiden Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf in der angefochtenen Entscheidung näher bezeichnete Vorurteile Zusatz-Freiheitsstrafen, und zwar über Andreas Christian B*** in der Dauer von neun Monaten (zu fünfzehn Monaten aus dem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 12.Oktober 1988, AZ 11 Vr 1.932/87) und über Erich T*** in der Dauer von drei Monaten (zu drei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 8.April 1988, AZ 12 Vr 2.026/86). Bei der Strafbemessung wertete es bei Andreas B*** sechs auf "Gewaltdelikten" beruhende Vorverurteilungen, davon eine wegen des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs 1 StGB, bei Erich T*** hingegen keinen Umstand als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber das teilweise Tatsachengeständnis der beiden Angeklagten.
Mit ihren Berufungen streben Andreas Christian B*** die Herabsetzung der Zusatzstrafe, Erich T*** das Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe, allenfalls deren bedingte Nachsicht an.
Die Berufungen sind nicht begründet.
Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Das Schöffengericht fand für die Gesetzesverstöße der beiden Angeklagten die dem doch gravierenden Handlungs- und Erfolgsunwert sowie den Täterpersönlichkeiten adäquaten Sanktionen und nahm dabei auch auf die bei gemeinsamer Aburteilung in den Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Delikte entsprechend Bedacht. Die Angeklagten vermochten keine in der Aktenlage Deckung findenden weiteren Umstände darzutun, die ihr Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen.
Der von Erich T*** begehrten Gewährung bedingter Nachsicht der Zusatzstrafe standen im Hinblick auf das durch mehrere, zum Teil empfindliche Abstrafungen belastete Vorleben schon spezialpräventive Erwägungen entgegen.
Den Berufungen mußte daher der Erfolg versagt werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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