OGH 13Os31/89

OGH13Os31/8913.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.April 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Iby als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich K*** wegen des Vergehens der öffentlichen unzüchtigen Handlungen nach § 218 StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 13.Jänner 1987, GZ. 4 U 712/86-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichts für Strafsachen Graz vom 13. Jänner 1987, GZ 4 U 712/86-14, verletzt im Schuldspruch des Erich K*** wegen Vergehens nach § 218 StGB, soweit dieser auch die Tat vom 25. Februar 1985 umfaßt, § 57 Abs. 2 StGB.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch bezüglich der Tat vom 25.Februar 1985 und im Strafausspruch aufgehoben. Gemäß §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Erich K*** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, am 25.Februar 1985 im Volksgarten in Graz, mithin öffentlich und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet war, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, durch Entblößen seines Geschlechtsteils eine unzüchtige Handlung vorgenommen und auch dadurch das Vergehen der öffentlichen unzüchtigen Handlungen nach § 218 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Für den aufrecht bleibenden Schuldspruch wegen Vergehens nach § 218 StGB wird Erich K*** gemäß § 218 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 38 StGB wird die Vorhaft vom 18.Juni 1986, 16,30 Uhr, bis 18,35 Uhr dieses Tages auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Text

Gründe:

Der am 11.Jänner 1948 geborene Pensionist Erich K*** wurde vom Bezirksgericht für Strafsachen Graz des Vergehens der öffentlichen unzüchtigen Handlungen nach § 218 StGB, begangen in zwei Fällen am 25. Februar 1985 und am 30.April 1986 in Graz, schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt (Protokolls- und Urteilsvermerk).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht im Schuldspruch wegen des Faktums vom 25.Februar 1985 mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die Verjährungsfrist für dieses - mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedrohte - Vergehen beträgt gemäß § 57 Abs. 3 StGB ein Jahr. Die Gerichtshängigkeit des Verfahrens (§ 58 Abs. 3 Z 2 StGB) begründete das Einlangen des Bestrafungsantrags beim Bezirksgericht für Strafsachen Graz am 31.Juli 1986 (S. 1). Das ergibt sich aus § 38 Abs. 1 StPO., wonach die Einbringung der Anklageschrift oder die Einbringung des Antrags auf Einleitung der Voruntersuchung zur Folge hat, daß der bisherige Verdächtige fortan als Beschuldigter anzusehen ist. Der Deutlichkeit halber sei hinzugefügt, daß ansonst die erste richterliche Amtshandlung die Gerichtshängigkeit (Rechtsanhängigkeit) begründet und den Verjährungsablauf hemmt, was insbesonders bei gerichtlichen Vorerhebungen Bedeutung hat (vgl. JBl. 1976 S. 325 = RZ. 1976/25 S. 39 = ZVR. 1976/161 S. 152). Ferner sei vollständigkeitshalber vermerkt, daß das Gesagte mit der Begründung des Prozeßrechtsverhältnisses nichts zu tun hat, die erst mit dem Beschluß auf Einleitung der Voruntersuchung, mit der Verfügung der Zustellung der unmittelbaren Anklageschrift, mit der Verfügung der Vorladung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung samt Zustellung des Strafantrags (§ 488 Z. 1 StPO.) oder mit der Vorladung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht anzunehmen ist (vgl. nochmals JBl. 1976 S. 325 = RZ. 1976/25 S. 39 = ZVR. 1976/161 S. 152). Bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Gerichtshängigkeit am 31.Juli 1986 war die einjährige Verjährungsfrist bereits erloschen.

Die zweite vom Schuldspruch umfaßte Tat beging K*** am 30.April 1986, also gleichfalls nach dem Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist seit 25.Februar 1985. Die Tat vom 30.April 1986 bewirkte sonach keine Verlängerung der Verjährungszeit für die erstverübte Tat (§ 58 Abs. 2 StGB).

Das Urteil des Bezirksgerichts für Strafsachen Graz ist folglich im Schuldspruch wegen des Faktums vom 25.Februar 1985 zum Nachteil des Erich K*** mit dem Nichtigkeitsgrund des § 468 Abs. 1 Z. 4 StPO iVm § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO behaftet. Es war daher insoweit und im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3, 292 StPO. in der Sache selbst mit einem Freispruch vorzugehen. Bei der vorzunehmenden Strafneubemessung war, ausgehend von den vom Erstgericht erfaßten, um die Tatbegehung vor Kindern als erschwerend zu ergänzenden Strafzumessungsgründen, der Fortfall einer der beiden dem Angeklagten ursprünglich angelasteten Tathandlungen zu berücksichtigen. Die aus dem Spruch ersichtliche, abermals für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe entspricht der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten. Die Probezeit begann mit 16.Jänner 1987 zu laufen (§ 49 StGB).

Die von der Urteilsaufhebung ebenfalls nicht umfaßte Kostenentscheidung ist dem Ersturteil zu entnehmen.

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