OGH 14Os30/89

OGH14Os30/8912.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.April 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lässig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz B*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Thomas W*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Dezember 1988, GZ 2 b Vr 9.535/88-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Thomas W*** aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Thomas W*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der 21-jährige Thomas W*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) schuldig erkannt (Punkt B/ des Schuldspruchs). Darnach hat er "als Beteiligter (§ 12 StGB)" mit (dem unter einem hiefür und wegen anderer Straftaten rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten) Heinz B*** am 7.Oktober 1988 in Wien versucht, fremde bewegliche Sachen, und zwar Rauchwaren, Briefmarken und Bargeld, dem Franz N*** durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Heinz B*** sich bemühte, ein Fenstergitter aufzusägen, "während sich Thomas W***, der den Genannten in Kenntnis des Tatplanes zum Tatort begleitet hatte, in Erwartung eines Beuteanteiles in der Nähe der Trafik aufhielt" (S 175 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Thomas W*** bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Das Schöffengericht stellte fest, daß der Beschwerdeführer am Abend des 7.Oktober 1988 mit dem Mitangeklagten B*** mehrere Lokale im 20.Wiener Gemeindebezirk aufgesucht hatte; da B*** kein Geld und der Beschwerdeführer nur mehr wenig Geld bei sich hatte, äußerte B*** zum Beschwerdeführer, er (B***) wisse, wo er Geld besorgen könne, was der Beschwerdeführer dahin deutete, daß B*** einen Einbruchsdiebstahl plane. B*** und der Beschwerdeführer begaben sich hierauf zu jener Trafik, die B*** als Einbruchsobjekt ausersehen hatte, wo sie zunächst ein benachbartes Gasthaus aufsuchten. Dann erklärte B***, er werde jetzt "die Trafik machen". Der Beschwerdeführer war sich über den Tatplan des B*** im Klaren; daß er Aufpasserdienste leisten sollte, wurde nicht ausdrücklich vereinbart, "er wollte aber bei der Tat dabei sein". Nachdem sich die beiden hierauf zur Trafik des Franz N*** begeben hatten, begann B*** bei einem Seitenfenster der Trafik das Fenstergitter aufzusägen, während sich der Beschwerdeführer inzwischen in der Nähe der Trafik, nämlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ca 30 bis 40 m Entfernung aufhielt, was B*** auch bekannt war. Die beiden gingen stillschweigend davon aus, daß der Beschwerdeführer einen Teil der Beute erhalten sollte. Kurze Zeit später wurde B*** von der Besatzung einer Funkstreife überrascht; der Beschwerdeführer hatte keine Möglichkeit, ihn zu warnen, weil ihm der Weg abgeschnitten war (S 179, 180 d.A).

Im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung wird im Urteil zunächst angeführt, der Mitangeklagte habe den Beschwerdeführer vor der Polizei nicht erwähnt und vor dem Untersuchungsrichter sodann erklärt, der Beschwerdeführer habe von seiner Einbruchsabsicht gewußt, er hätte Aufpasserdienste leisten sollen und hätte auch einen Anteil an der Beute haben wollen, dies sei für ihn (B***) selbstverständlich gewesen, sodaß sie vorher darüber nicht zu reden brauchten; in der Hauptverhandlung habe B*** auf Fragen nach einer Beteiligung des Beschwerdeführers ausweichend reagiert und versucht, den Beschwerdeführer zu entlasten. Der Beschwerdeführer hinwieder habe zugegeben, die Pläne des B*** gekannt zu haben und deshalb mitgefahren zu sein, weil er sich einen Beuteanteil erhofft habe. Insgesamt, so heißt es in den Urteilsgründen weiter (S 182 d.A), "leuchte aus diesen unterschiedlichen Verantwortungen geradezu hervor, daß W***, wenn er auch keine unmittelbare Tathandlung setzen wollte, zur Tat des B*** einen gewissen Beitrag leisten sollte, wofür er auch nicht leer ausgehen sollte"; er verantworte daher das versuchte Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter, "da sein Tatbeitrag (zumindest intellektuelle Beihilfe) gemäß dem § 12 StGB der unmittelbaren Täterschaft gleichzuhalten ist" (S 183 d.A).

Sowohl nach dem eben wiedergegebenen Urteilsinhalt als auch nach dem Schuldspruch erblickte das Schöffengericht den Tatbeitrag des Beschwerdeführers nicht in der Leistung von Aufpasserdiensten, wie dies die Anklagebehörde angenommen hatte (vgl Anklageschrift ON 12/S 116 d.A), sondern (allein) darin, daß der Beschwerdeführer den Tatplan des unmittelbaren Täters kannte, bei dessen Tat "dabei sein wollte", sich mithin in Tatortnähe aufhielt, und einen Beuteanteil erwartete. Derartige Feststellungen vermögen aber die rechtliche Annahme eines Tatbeitrages im Sinn des § 12 dritter Fall StGB zum Diebstahl des Heinz B*** nicht zu tragen, und zwar auch nicht unter dem vom Erstgericht ins Treffen geführten Aspekt einer (kausalen) psychschen Beihilfe (vgl hiezu Mayerhofer-Rieder StGB3 § 12 ENr 77). Denn die bloße Anwesenheit am Tatort (oder in dessen Nähe) genügt hiefür ebensowenig wie die stillschweigende Duldung der Tatausführung (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 80a, 86, 86a). Im übrigen kommt eine intellektuelle Beihilfe dann, wenn der unmittelbare Täter den Tatentschluß bereits gefaßt hat und daher einer Belehrung, Beratung oder Bestärkung nicht mehr bedarf, begrifflich nicht in Betracht (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 89a). Worin aber sonst der "gewisse Beitrag", auf den das Erstgericht den Schuldspruch stützt (S 182 d.A), gelegen sein sollte, kann dem Urteil nicht entnommen werden.

Mithin haftet dem Schuldspruch, wie die Beschwerde zutreffend rügt, ein Feststellungsmangel an, der eine abschließende Beurteilung des Tatverhaltens des Beschwerdeführers durch den Obersten Gerichtshof nicht zuläßt und daher zur Kassierung des Urteils in Ansehung des Beschwerdeführers zwingt, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht. Nur der Vollständigkeit halber sei beigefügt, daß, sollte eine Beitragstäterschaft nicht erweislich sein, zu prüfen sein wird, ob das Verhalten des Beschwerdeführers dem Tatbestand des § 286 Abs. 1 StGB zu unterstellen ist, worauf die Beschwerde gleichfalls zutreffend Bezug nimmt.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung in Ansehung des Angeklagten Thomas W*** nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war (abweichend von der Stellungnahme der Generalprokuratur) der Nichtigkeitsbeschwerde schon in nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben und die Erneuerung des Verfahrens im Umfang der Aufhebung anzuordnen (§ 285 e StPO).

Mit seiner im Hinblick auf die Aufhebung des Urteils auch im Strafausspruch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte