Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger als Eigentümer der Grundparzelle 864 EZ 20 KG Simmerlach begehrt mit seiner am 27.9.1983 beim Erstgericht eingebrachten Klage das Urteil, die beiden Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, jede Inanspruchnahme der genannten Grundparzelle innerhalb der Kehre des Forstaufschließungsweges "Simmerlacher Berg" einschließlich der zwischen den beiden Wegschenkeln verlaufenden Holzriese zu Holzlieferungs- und Holzlagerungszwecken zu unterlassen und (gemäß Klagsausdehnung vom 22.12.1983: ON 4 und 5 S 14, 17) dem Kläger 1.000 S zu zahlen. Er begründete den Unterlassungsanspruch damit, daß die Beklagten trotz klarer Eigentumsverhältnisse die gegenständliche "inselähnliche" Fläche innerhalb der Wegkehre sowie die westlich anschließende Holzriese zur Holzbringung und -lagerung benützten, ohne dazu berechtigt zu sein, zumal sie in einem Verfahren vor der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau auf jeden derartigen Anspruch verzichtet hätten. Dem Kläger sei durch die widerrechtliche Benützung der gegenständlichen Fläche durch die Beklagten ein Schaden von 1.000 S erwachsen.
Die Beklagten, die ihre zunächst erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges wieder zurückgezogen haben (ON 32 S 109), hielten dem im wesentlichen entgegen, daß der Kläger ihr Recht zur Holzbringung und -lagerung über die genannte Holzriese am 7.11.1961 schriftlich anerkannt habe. Überdies hätten sie dieses Recht seit Menschengedenken ausgeübt und somit ersessen; sie hätten darauf auch nie verzichtet. Eine Holzlagerung und -lieferung außerhalb der Riese habe nicht stattgefunden.
Im Zuge des erstgerichtlichen Verfahrens stellten die beiden Beklagten mit Eingabe vom 26.10.1984 und Schriftsatz vom 12.6.1986 bei der Agrarbezirksbehörde Villach Anträge auf bescheidmäßige Feststellung, daß zu Gunsten der (in ihrem Eigentum stehenden) Grundstücke 881, 882 und 875 in EZ 104 KG Simmerlach auf dem (im Eigentum des Klägers stehenden) Grundstück 864 in EZ 20 KG Simmerlach ein landwirtschaftliches Bringungsrecht bestehe. Die Agrarbezirksbehörde Villach wies diese Anträge mit Bescheid vom 30.10.1986 als unzulässig zurück. Noch vor Entscheidung des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung über die von den Beklagten dagegen erhobene Berufung stellten diese mit Schriftsatz vom 12.11.1987 beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Entscheidung eines bejahenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Erstgericht und dem Landesagrarsenat. Unter Vorlage einer Gleichschrift dieses Antrages beantragten die Beklagten - gleichfalls mit Schriftsatz vom 12.11.1987 (ON 40) - die Unterbrechung des erstgerichtlichen Verfahrens "gemäß § 43 Abs 5 VerfGG 1953".
Der Kläger sprach sich gegen diesen Antrag aus.
Das Erstgericht faßte daraufhin den Beschluß auf Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 43 Abs 5 VerfGG. Sowohl im vorliegenden Zivilprozeß als auch im Verwaltungsverfahren sei über die Frage zu entscheiden, ob den Beklagten ein Bringungsrecht auf dem Grundstück des Klägers zustehe. Da der Landesagrarsenat den Zurückweisungsbescheid der Agrarbezirksbehörde Villach nicht bestätigt habe und selbst in diesem Fall der Instanzenzug noch nicht ausgeschöpft wäre, liege ein positiver Kompetenzkonflikt zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde im Sinne des § 42 Abs 1 VerfGG vor. Zwar sei in einem solchen Fall nur die oberste Verwaltungsbehörde des Bundes oder eines Landes antragsberechtigt, doch sehe § 43 Abs 3 VerfGG auch ein entsprechendes Anzeigerecht der an der Sache beteiligten Parteien vor. Nach § 43 Abs 5 VerfGG unterbreche die Einleitung des Verfahrens beim Verfassungsgerichtshof das beim Gericht anhängige Verfahren bis zur Entscheidung des Kompetenzkonfliktes.
Das Rekursgericht wies den Unterbrechungsantrag der Beklagten ab; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Da Gegenstand der Antragstellung der Beklagten beim Verfassungsgerichtshof nicht die Entscheidung über einen bejahenden Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten im Sinne des Art.138 Abs 1 lit b B-VG gewesen sei, weil es sich beim Landesagrarsenat nicht um ein Gericht, sondern um eine (weisungsfreie) Verwaltungsbehörde handle, sei nicht § 43 VerfGG, sondern ausschließlich § 42 VerfGG anzuwenden. Gemäß Abs 5 iVm Abs 2 dieser Gesetzesstelle bewirke aber nur die Mitteilung einer entsprechenden Antragstellung durch die hiezu ausschließlich legitimierte oberste Verwaltungsbehörde des Bundes oder eines Landes die Unterbrechung des anhängigen gerichtlichen Verfahrens. Dieses Antragsrecht gehe gemäß § 48 VerfGG nur dann auf die am Verfahren beteiligten Personen über, wenn deren Antrag auf Herbeiführung einer Entscheidung des Kompetenzkonfliktes durch den Verfassungsgerichtshof von der zur Antragstellung berufenen Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde nicht binnen einer Frist von 4 Wochen entsprochen werde. Da die Beklagten im vorliegenden Fall gar nicht behauptet hätten, ein solches Begehren an die zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof berechtigte oberste Verwaltungsbehörde - hier: den Obersten Agrarsenat - gerichtet zu haben, komme ihnen auch kein subsidiäres Antragsrecht gemäß § 48 VerfGG zu. Der Mitteilung einer Antragstellung durch eine nicht antragsberechtigte Partei könne jedenfalls keine Unterbrechungswirkung gemäß § 42 Abs 5 VerfGG zukommen. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der beiden Beklagten mit dem Antrag, die Klage (gemeint wohl: aus Anlaß des Rechtsmittels) wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen, hilfsweise den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Unterbrechungsbeschlusses abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist wegen mangelnder Beschwer unzulässig. Noch vor der Vorlage des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 6.12.1988, GZ K I-4/87-16, den Antrag der Beklagten auf Entscheidung eines bejahenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Erstgericht und dem Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. Zu einer Antragstellung auf Entscheidung eines bejahenden Kompetenzkonfliktes zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde im Sinne des Art.138 Abs 1 lit a B-VG sei gemäß § 42 Abs 2 VerfGG zunächst die zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Bundes oder eines Landes innerhalb der Frist von 4 Wochen nach amtlicher Kenntnis von dem Kompetenzkonflikt berufen. Einer am Verfahren beteiligten Person komme diese Berechtigung zur Antragstellung lediglich unter den Voraussetzungen des § 48 VerfGG zu. Danach seien solche Personen berechtigt, im Fall eines Kompetenzkonfliktes gemäß §§ 42, 43 und 47 VerfGG an die zur Antragstellung berufene Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde das Begehren zu richten, den Antrag auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes zu stellen. Werde diesem Begehren binnen einer Frist von 4 Wochen nicht entsprochen, so sei die Partei selbst berechtigt, den Antrag auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes binnen weiteren 4 Wochen beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Nach § 48 iVm § 42 Abs 2 VerfGG sei somit die vorherige Antragstellung an die in Betracht kommende oberste Verwaltungsbehörde zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Parteiantrages auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes. Daß sich die Beklagten mit einem entsprechenden Begehren an diese Behörde gewandt hätten, brächten sie weder selbst vor, noch ergäben sich dafür Anhaltspunkte aus den Verwaltungsakten.
Im vorliegenden Fall haben die Beklagten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine kraft Gesetzes eingetretene Unterbrechung des erstgerichtlichen Verfahrens - sei es nach § 42 Abs 5 oder nach § 43 Abs 5 VerfGG (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 88, 606 - behauptet, so daß einem Unterbrechungsbeschluß nur deklarative Bedeutung zukommen könnte (1 Ob 100/55); daß diese Voraussetzungen hier nicht vorgelegen sind, steht aber durch die mittlerweile ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes fest. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Die Beschwer muß nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (Heller-Berger-Stix 648; Novak in JBl 1962, 512 f; SZ 49/22; SZ 53/86; ÖBl 1983, 117 u.v.a., zuletzt etwa 4 Ob 527/88). Auch das Interesse an der Kostenentscheidung - sei es in erster oder zweiter Instanz - kann in einem solchen Fall die erforderliche Beschwer in dritter Instanz regelmäßig nicht begründen (EvBl 1988/100). In diesem Sinne fehlt es aber den Beklagten nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes schon deshalb an jeglicher Beschwer, weil damit nunmehr klargestellt ist, daß die Voraussetzungen für die von ihnen angesprochene Unterbrechung des erstgerichtlichen Verfahrens kraft Gesetzes nicht vorliegen. Der Revisionsrekurs war demnach wegen mangelnder Beschwer der Rechtsmittelwerber zurückzuweisen; auf die von den Beklagten neuerlich aufgeworfene Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges konnte daher schon wegen der Unzulässigkeit ihres Rechtsmittels nicht mehr eingegangen werden.
Von der Zurückweisung ist auch der Kostenbestimmungsantrag des Revisionsrekurses umfaßt.
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