OGH 4Ob26/89

OGH4Ob26/894.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred B***, Angestellter, Wien 7., Lindengasse 45/25, vertreten durch Dr.Theodor Strohal und Dr.Wolfgang Kretschmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Lance L*** Gesellschaft mbH, Wien 15., Kohlenhofgasse 4/8, vertreten durch Dr.Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 90.000 und Feststellung (Streitwert S 20.000), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Oktober 1988, GZ 14 R 194/88-13, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. März 1988, GZ 8 Cg 110/87-7, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben, wohl aber jener der beklagten Partei.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es insgesamt - unter Einschluß des bestätigten Ausspruches über das Zahlungsbegehren - wie folgt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren des Inhaltes,

1. es werde festgestellt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für alle Schäden aus der Veröffentlichung des im Heft Nr. 2/87 der Zeitschrift "Music Man" auf den Seiten 20 und 21 abgedruckten Lichtbildes haftet;

2. die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 90.000 samt 4 % Zinsen seit dem Klagetag zu zahlen, wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 34.012,80 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 3.268,80 Umsatzsteuer und S 1.914 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Zeitschrift "Music Man". Im Februarheft 1987 dieser Zeitschrift erschien auf den Seiten 20 bis 23 eine von der Journalistin Ingrid N*** verfaßte Fotoreportage mit dem Titel "Angst im Nacken" und dem Untertitel "Die Aids-Generation". Die Doppelseite 20/21 (Format 42 x 29,5 cm) zeigt ein ihre gesamte Höhe und den Großteil ihrer Breite ausfüllendes Farbfoto, das zum Teil von Titel, Untertitel, einer Zeile mit dem Schlagwort "MM-Reportage", einem 13 cm hohen und 7,5 cm breiten Rechteck mit Text und - in seinem rechten Drittel - von 4 je ca. 7,5 x 7,5 cm großen Farbfotos junger Leute beiderlei Geschlechtes samt darunter befindlichen Kurzkommentaren zum Thema Aids überdeckt ist. Das großformatige Foto zeigt den Schanktisch einer Bar oder eines Gasthauses und dahinter, an der Theke, mehrere junge Leute, unter ihnen links und etwas abgesondert mit besonderer Deutlichkeit, weil im vollen Licht, zwei Personen, die zum Unterschied von den anderen, an der Theke stehenden Personen, deren Gesichter durch die kleineren Bilder und die Textteile weitgehend verdeckt sind, etwa ab der Taille voll sichtbar sind. Während das Gesicht des linken, mit einem blauen Pullover bekleideten, dem anderen zugewandten jungen Mannes vom Beschauer abgewendet und nur der rechte Teil der Wangenpartie und ein Teil der Stirn zu erkennen sind, ist das Gesicht des anderen Mannes, der einen weißen Pullover trägt und den Kopf leicht gesenkt hält, zur Gänze sichtbar. Das sichtbare Stück des Körpers hat eine Höhe von etwa 10 cm und eine Breite von etwa 8 cm. Dieser Mann ist der - damals 26jährige - Kläger. Auf den folgenden Seiten (22 und 23) folgt der weitere Text des Artikels mit einigen schwarz-weißen Fotos junger Leute, die gleichfalls Kommentare zu dem Thema Aids abgeben. Eine Äußerung des Klägers findet sich nirgends; der Kläger selbst wird im Text auch nicht erwähnt.

Der Kläger ist Angestellter eines Musikverlages, arbeitet seit rund 4 Jahren in der Musikbranche und ist allen in diesem Geschäftszweig tätigen Personen bekannt; für diese ist die Zeitschrift "Music Man" "Pflichtlektüre". Der Kläger arbeitet mit verschiedensten Künstlern zusammen, betreut sie bei Auftritten und Aufnahmen und hat mit ihnen namens seines Dienstgebers Verhandlungen zu führen. Als Angestellter bezieht er ein erfolgsunabhängiges Fixum. Durch die Veröffentlichung seines Lichtbildes in der Zeitschrift hat er keine persönlichen finanziellen Einbußen erlitten; auch solche Nachteile seines Dienstgebers sind nicht feststellbar.

Nach der Veröffentlichung seines Lichtbildes in dem Artikel über die Aids-Gefahr wurde der Kläger gelegentlich von Bekannten gehänselt; ihm wurde vorgeworfen, daß er mit Aids-Kranken in Kontakt sei, daß er Aids habe oder Kontakt mit Homosexuellen unterhalte. Der Kläger hat die Personen, die ihn daraufhin angesprochen hatten, darüber aufgeklärt, daß das Foto bei einem "Metropol"-Fest gemacht wurde; er hat ihnen auch mitgeteilt, daß er kein Homosexueller sei und mit Aids nichts zu tun habe. Das wurde ihm geglaubt. Das beanstandete Lichtbild war gemacht worden, als der Kläger anläßlich eines Festes die Discothek "Metropol" in Wien besuchte. Er hatte diese Aufnahme weder verlangt noch dafür ein Entgelt erhalten. Er kannte den Fotografen nicht; der Schnappschuß dürfte ihm gar nicht aufgefallen sein.

Ingrid N*** hatte dem Fotografen den Auftrag erteilt, Barfotos herzustellen, die sich über eine Doppelseite erstrecken sollten. Das wünschte sie, weil sich ihrer Ansicht nach die Jugend häufig in Bars, Discotheken udgl. aufhalte. Zu dem ihr persönlich bekannten Kläger hatte sie keinen Kontakt aufgenommen. Nur das auf Seite 21 abgebildete Fotomodell Daniela K*** erhielt für die Veröffentlichung ihres Lichtbildes einen Geldbetrag, und zwar S 1.000.

Der Kläger hat der Veröffentlichung seines Lichtbildes nie zugestimmt.

Mit der Behauptung, daß er durch die geschilderte Veröffentlichung seines Lichtbildes mit Aids in Zusammenhang gebracht und damit in seinen privaten, vor allem aber in seinen beruflichen Interessen schwer beeinträchtigt worden sei, weil sein weiteres einschlägiges berufliches Wirken massiv erschwert, ja unter Umständen sogar unmöglich gemacht werde, begehrt der Kläger, (1.) die Feststellung, daß ihm die Beklagte für alle Schäden aus der beanstandeten Veröffentlichung hafte; und (2.) - gestützt auf § 1041 ABGB (S. 3) sowie "alle nur denkbaren Rechtsgründe" (S. 19) - S 90.000 sA.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Keine der in dem beanstandeten Artikel veröffentlichten Personen sei mit Aids infiziert; über keine werde eine solche Vermutung geäußert. Vielmehr werde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich dabei um Durchschnittsmenschen handle, die auf Grund der neuen Seuche allgemein gefährdet seien. Daß der namentlich nicht genannte Kläger zu einer besonderen Risikogruppe gehöre, sei gleichfalls nicht behauptet worden. Negative Auswirkungen der Veröffentlichung auf den Kläger seien demnach nicht zu befürchten.

Der Erstrichter verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 3.000 sA und wies das Feststellungsbegehren sowie das Begehren auf Zahlung weiterer S 87.000 sA ab. Berechtigte Interessen des Klägers im Sinne des § 78 Abs. 1 UrhG seien durch die Verbreitung der beanstandeten Abbildung nicht verletzt worden, weil dabei nicht darauf hingewiesen worden sei, daß der Kläger zu einer besonderen Risikogruppe gehöre; der gesamte Bericht sei vielmehr auf die Allgemeinheit abgestellt gewesen. Dem Kläger stehe somit kein Schadenersatzanspruch nach dem Urheberrechtsgesetz zu. Da ihm überdies bis jetzt noch kein konkreter Schaden erwachsen sei, habe auch das Feststellungsbegehren abgewiesen werden müssen. Hingegen gebühre dem Kläger für die ohne seine Zustimmung erfolgte Veröffentlichung seines Fotos eine Entschädigung nach § 1041 ABGB, deren Höhe gemäß § 273 ZPO mit S 3.000 auszumessen gewesen sei. Infolge Berufung beider Parteien gab das Berufungsgericht dem Feststellungsbegehren statt und wies das Zahlungsbegehren zur Gänze ab; es sprach aus, daß der Wert des von der Stattgebung der Berufung des Klägers betroffenen Streitgegenstandes S 15.000, jener des gesamten Streitgegenstandes jedoch nicht S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Durch die Verbreitung des beanstandeten Lichtbilds seien schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt worden: Wenngleich in dem Artikel von besonderen Risikogruppen innerhalb der Generation "um die 20 herum" keine Rede sei, dränge sich doch leicht die Vermutung auf, daß man sich bei den Recherchen gerade im "einschlägigen" Milieu solcher Risikogruppen - neben Prostituierten besonders Homosexuelle und Drogenabhängige - bewegt habe. Während die auf den kleineren Fotos abgebildeten Personen Gelegenheit gehabt hätten, sich durch entsprechende, ihren Abbildungen beigegebene "statements" von einem Naheverhältnis zu Aids und einer der betreffenden Risikogruppen zu distanzieren, sei der Kläger in der ganzen Reportage nicht zu Wort gekommen. Er stehe im Zentrum des großformatigen Bildes, das in Verbindung mit den Überschriften und im Zusammenhang mit der ganzen Aufmachung des Artikels zu Mißdeutungen in der aufgezeigten Richtung durchaus Anlaß geben könne und auch tatsächlich schon dazu geführt habe. Der Kläger habe weder der Aufnahme noch der Verbreitung seines Fotos auch nur schlüssig zugestimmt. Auf ein berechtigtes Informationsbedürfnis der Allgemeinheit könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Mit Rücksicht auf das rechtswidrige und angesichts der gegebenen Umstände zweifellos schuldhafte - zumindest fahrlässige - Verhalten der Beklagten bei der in Rede stehenden Veröffentlichung stehe dem Kläger, wenn ihm aus dieser Veröffentlichung ein konkreter Schaden erwachse, ein Ersatzanspruch ohne Rücksicht auf den Verschuldensgrad des Schädigers zu (§ 87 Abs. 1 UrhG). Da ein konkreter Schaden für den Kläger noch nicht eingetreten sei, habe er ein Feststellungsbegehren erhoben. Ein solches sei dann zulässig, wenn nicht bloß die abstrakte Möglichkeit eines Schadenseintrittes bestehe, sondern der Kläger aufzeigen könne, welcher Art die möglichen Schäden sein könnten; dabei müsse der anspruchsbegründende Sachverhalt in groben Zügen behauptet werden. Die Feststellung könne sich aber notwendigerweise nur auf das anspruchsbegründende Verhalten, nicht aber auf einen konkreten, in Zukunft mit Sicherheit zu erwartenden Schaden und das Bestehen des Kausalzusammenhanges beziehen. Sobald sich mehrere schadensträchtige Vorfälle, durch die konkrete Schäden eintreten könnten, ereignet hätten und sich diese in Zukunft leicht wiederholen könnten, sei die Klage auf Feststellung der Haftung auch dann zuzulassen, wenn noch keine feststellbaren Schäden eingetreten seien. Schadensträchtige Vorfälle dieser Art habe es hier insofern gegeben, als dem Kläger nach der beanstandeten Veröffentlichung seines Lichtbildes vorgeworfen worden sei, daß er mit Aids-Kranken in Kontakt sei, selbst Aids habe und Kontakte mit Homosexuellen unterhalte. Dergleichen Gerede sei durchaus schadensträchtig, könne es sich doch in den vom Kläger zu betreuenden Künstlerkreisen herumsprechen; die mitgeteilten Umstände könnten dabei leicht den Charakter einer Tatsachenmitteilung annehmen. Angesichts der in weiten Kreisen herrschenden Aids-Hysterie sei damit die Möglichkeit einer beruflichen Schädigung des Klägers als durchaus konkret anzusehen. Sein Feststellungsinteresse sei daher zu bejahen.

Hingegen stehe dem Kläger weder ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB noch ein Anspruch nach § 86 Abs. 1 Z 4 UrhG zu. Die letztgenannte Vorschrift komme bei Verletzungen des Bildnisschutzes nicht zur Anwendung. Der abschließende Charakter der Regelung des § 86 UrhG stehe einer Anwendung des § 1041 ABGB allerdings dann nicht entgegen, wenn nicht nur der Bildnisschutz verletzt, sondern auch der "geldwerte Bekanntheitsgrad" einer Person vom Verwerter zu seinem Nutzen verwendet werde; diese Voraussetzung treffe aber auf den Kläger nicht zu.

Gegen den der Klage stattgebenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten, gegen den abweisenden Teil die Revision des Klägers. In beiden Rechtsmitteln wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht; beide Parteien beantragen, die angefochtene Entscheidung abzuändern, die Beklagte im Sinne der gänzlichen Klageabweisung, der Kläger hingegen im Sinne der Klagestattgebung.

Jede der Parteien beantragt, der Revision ihres Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revision der Beklagten ist berechtigt.

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fehlt dem Kläger das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung der die Beklagte treffenden Haftung:

In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde schon wiederholt die Ansicht vertreten, die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden setze voraus, daß zumindest bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz ein Schaden bereits eingetreten ist und die Möglichkeit künftiger weiterer Schäden aus dem bereits eingetretenen Schadensereignis nicht augeschlossen werden kann; das rechtliche Interesse an der Feststellung der Schadenersatzpflicht fehle hingegen dann, wenn ein Schaden bis zum maßgeblichen Zeitpunkt noch gar nicht entstanden ist (JBl. 1973/87; SZ 49/66; SZ 55/87 ua). Andererseits haben vor allem jüngere Entscheidungen das Feststellungsinteresse schon dann bejaht, wenn das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen kann; ein Schaden braucht aber bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht eingetreten zu sein (SZ 41/153, SZ 45/78 ua). Es genüge, daß sich ein Vorfall, durch den ein konkreter Schaden hätte eintreten können, bereits ereignet hat und sich wiederholen kann oder daß in Zukunft ein Schaden ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten kann, diene doch die Feststellungsklage nicht nur dem Ausschluß der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach (SZ 56/38; 6 Ob 626/87 ua). Auch wenn man im Sinne dieser zuletzt angeführten Judikatur an das Feststellungsinteresse weniger strenge Anforderungen stellt, ist damit für den Kläger nichts zu gewinnen: Nicht nur, daß er bisher noch keinen Schaden erlitten hat, fehlt es auch an einem Vorfall, durch den ein konkreter Schaden überhaupt hätte eintreten können. Der Kläger wurde zwar nach der Veröffentlichung seines Lichtbildes von Bekannten, die ihn "hänseln" wollten, mit Aids in Zusammenhang gebracht; er konnte aber alle, die ihn in diesem Sinne angesprochen hatten, davon überzeugen, daß er weder mit Aids zu tun habe noch ein Homosexueller sei. Daß seine berufliche Tätigkeit seit der Veröffentlichung im Februar 1987 tatsächlich in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden wäre und ihm deshalb sein Dienstgeber etwa eine Kündigung in Aussicht gestellt hätte, hat der Kläger weder behauptet, noch ist etwas derartiges hervorgekommen. Auch dafür, daß im Gefolge des Artikels Gerüchte über eine Aids-Erkrankung des Klägers oder seine Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe in den für seine berufliche Tätigkeit maßgeblichen Künstlerkreisen im Umlauf wären und zunehmend Glauben fänden, so daß allenfalls eine künftige Beeinträchtigung seiner beruflichen Möglichkeiten zu befürchten wäre, fehlen alle Anhaltspunkte. Ein "schadensträchtiger Vorfall" im Sinne der Entscheidung SZ 56/38 liegt demnach bisher nicht vor. Sind aber solche Umstände bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (28. Jänner 1988) - also fast bis zum Ablauf eines Jahres nach der beanstandeten Veröffentlichung - nicht eingetreten, dann ist eine solche Beeinträchtigung des Klägers, insbesondere der Verlust seines Arbeitsplatzes, auch für die Zukunft nicht zu erwarten.

Aus diesen Erwägungen war der Revision der Beklagten Folge zu geben und das angefochtene Urteil in seinem der Klage stattgebenden Teil dahin abzuändern, daß das Feststellungsbegehren abgewiesen wird. II. Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Nach Meinung des Klägers wäre ihm die geltend gemachte Geldforderung als Ersatz seines immateriellen Schadens zuzuerkennen gewesen. Er übersieht dabei, daß er in erster Instanz eine angemessene Entschädigung für seine in keinem Vermögensschaden bestehenden Nachteile, die er durch die Veröffentlichung seines Bildnisses erlitten habe (§ 87 Abs. 2 UrhG), gar nicht verlangt hat; er hat dort nur einen möglichen (materiellen) Schaden durch Beeinträchtigung seines beruflichen Wirkens behauptet, nicht aber vorgebracht, daß er durch die Veröffentlichung seines Bildnisses eine besonders empfindliche Kränkung erfahren habe (vgl. SZ 55/25; ÖBl. 1970, 157 ua). Nach ständiger Rechtsprechung wäre es aber Sache des Klägers gewesen, konkrete Behauptungen in dieser Richtung aufstellen (SZ 55/25 mwN). Die Floskel, daß das Klagebegehren "auf alle nur denkbaren Rechtsgründe, inklusive aller Ansprüche aus dem Persönlichkeit und dem Recht am eigenen Bild, sowohl nach ABGB als auch nach Urheberrechtsgesetz (S 19 f) gestützt werde, bedeutet nur, daß sich der Kläger nicht auf eine bestimmte rechtliche Qualifikation einengen lassen wollte; sie kann aber das erforderliche konkrete Tatsachenvorbringen nicht ersetzen. Da der Kläger auch in der Berufung einen Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens mit keinem Wort erwähnt hat, kann er dem Gericht zweiter Instanz die mangelnde Behandlung dieser Frage nicht zum Vorwurf machen.

Zu prüfen bleibt daher nur, ob dem Kläger ein Verwendungsanspruch zusteht; das ist aber - entgegen den Revisionsausführungen des Klägers - zu verneinen.

Der Kläger hat seine auf § 1041 ABGB gestützte Forderung nur aus der "dargelegten Persönlichkeitsrechtsverletzung" (S. 3), also aus der Verletzung seines Rechtes am eigenen Bild (§ 78 UrhG), abgeleitet. Wie schon im Berufungsurteil dargelegt wurde, hat der Oberste Gerichthof bereits ausgesprochen, daß die bloße Verletzung des Bildnisschutzes nach § 78 UrhG keinen Entgeltanspruch begründet. Aus der Entstehungsgeschichte des UrhG gehe nämlich zweifelsfrei hervor, daß die Vergütungsansprüche für die durch das UrhG geschützten Immaterialgüter des Verletzten abschließend geregelt und insoweit weitergehende Ansprüche nach dem ABGB ausgeschlossen seien; das UrhG gewähre einen Bildnisschutz nur insoweit, als es den öffentlichen Mißbrauch eines Personenbildnisses untersage und dem Abgebildeten in diesem Fall zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung (§ 81 UrhG), Beseitigung (§ 82 UrhG), Urteilsveröffentlichung (§ 85 UrhG) und - bei Verschulden - auf Schadenersatz (§ 87 UrhG) einräume (SZ 55/12).

Der Kläger meint nur unter Berufung auf Konrad Nowakowski, Kein Verwendungsanspruch bei Eingriff in das Recht am eigenen Bild?, ÖBl. 1983, 97 ff, und Heidelinde Blum, Die Berechnung der Entgeltansprüche bei Verwendung von Personenbildnissen, FS 50 Jahre Urheberrechtsgesetz 9 ff, es sei "mit keinen Interpretationsregeln zu bewerkstelligen", das durch die Bestimmungen der § 1041 ABGB, § 78 UrhG geschützte Rechtsgut auf einen "geldwerten Bekanntheitsgrad" zu reduzieren; allein die Tatsache, daß ein Nichtberechtigter Interesse habe, das Bild zu verwenden, bedeute im wirtschaftlichen Sinn eine Nachfrage, die einen Vermögenswert indiziere. Dem kann nicht gefolgt werden.

Der erkennende Senat hält trotz der Kritik Nowakowskis (aaO) daran fest, daß § 86 UrhG die Entgeltansprüche für alle durch das UrhG geschützten Immaterialgüter - also auch das Recht am eigenen Bild - abschließend regelt. Daß § 86 UrhG im Gegensatz zu § 1041 ABGB auf das Erfordernis eines Nutzens verzichtet, läßt - entgegen der Meinung Nowakowskis (aaO 99) - nicht den Schluß zu, daß immer dann, wenn der Verwender einen Nutzen hat, neben § 86 UrhG noch weitere Entgeltansprüche bestünden; entscheidend ist vielmehr, daß alle Sanktionen für die Verletzung eines im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtes in diesem Gesetz selbst enthalten sind. Zu dieser - in SZ 55/12 eingehend

begründeten - Auffassung steht der Umstand, daß das UrhG ein allgemeines Schadenersatzrecht voraussetzt und darauf Bezug nimmt (Blum aaO 18), nicht im Widerspruch. Auch die aus einer systematischen Auslegung gewonnenen Schlußfolgerungen Nowakowskis (aaO 100) können nicht geteilt werden: Mag auch der Bildnisschutz "nur ganz zufällig und ohne inneren Zusammenhang mit den übrigen Materien des UrhG in diesem geregelt" worden sein (Bydlinski, Der Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl. 1965, 173 !184 ) und es sich dabei um ein "reines Persönlichkeitsrecht" handeln, "das später einmal seine Stelle im Allgemeinen Teil einer bürgerlich-rechtlichen Kodifikation finden könnte und das nur anläßlich der Neufassung des UrhG aus Zweckmäßigkeitsgründen vorläufig in dieses aufgenommen wurde" (Mitteis, Grundriß des Österreichischen Urheberrechts 132 f), so ist es doch derzeit im UrhG geregelt; es unterliegt daher den Bestimmungen dieses Gesetzes. Tatsächlich ist ja auch allgemein anerkannt, daß die §§ 81, 82, 84, 85 und 87 UrhG auch für Verletzungen des Rechtes am eigenen Bild gelten (vgl. nur Blum aaO 11); der Kläger selbst hat sich ja gleichfalls auf solche Bestimmungen berufen.

In welchen Fällen dem Abgebildeten neben den im UrhG geregelten Ansprüchen auch ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB zukommt, ist hier nicht zu erörtern. In der Entscheidung SZ 55/12 wurde der - dort allein vom Kläger geltend gemachte - geldwerte Bekanntheitsgrad eines Sportlers als Sache im Sinn des § 1041 ABGB gewertet; damit wurden andere Fälle nicht ausgeschlossen und insbesondere - entgegen der Meinung Nowakowskis (aaO 97) - nicht verneint, daß auch bei einer gegen § 78 UrhG verstoßenden Veröffentlichung des Bildnisses eines Fotomodells ein Eingriff in eine seiner rechtlich geschützten Positionen vorliegen könne. Da jedoch der Kläger nicht einmal behauptet hat, daß die Beklagte irgendeine seiner "Sachen" im weiten Sinn des § 285 ABGB und damit des § 1041 ABGB - darunter fallen körperliche Sachen, Forderungsrechte, Namensrechte, Markenrechte, Urheberrechte, Arbeitsleistungen udgl. (Koziol-Welser8 I 382) - verwendet habe, sondern nur eine Verletzung seines - durch das UrhG abschließend geregelten - Rechtes am eigenen Bild geltend gemacht hat, hat das Berufungsgericht seinen Verwendungsanspruch zutreffend verneint. Auf die Frage, ob die Beklagte gegen § 78 UrhG verstoßen hat, ist demnach nicht mehr einzugehen.

Der Revision des Klägers mußte sohin ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO.

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