OGH 12Os31/89

OGH12Os31/8930.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.März 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rupert R*** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 3.Oktober 1988, GZ 18 a Vr 1.519/87-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rupert R*** wurde des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt, wonach er von März 1983 bis März 1984 in Dornbirn und Leibnitz zu wiederholten Malen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung des Finanzvergehens eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, von Dipl.Ing. Reinhard G*** (der deshalb bereits rechtskräftig abgeurteilt worden ist) vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogene Platinen und elektronische Steuerungsteile für Spielautomaten im Zollwert von insgesamt

476.244 S, auf welche Eingangsabgaben von 90.900 S entfallen, mithin Sachen, hinsichtlich deren ein Schmuggel begangen worden war, vorsätzlich gekauft hat.

Das Schöffengericht erachtete die Verantwortung des Angeklagten, er hätte es beim Ankauf der Platinen und elektronischen Steuerungsteile weder ernstlich für möglich gehalten, noch sich damit abgefunden (§ 8 Abs 1 FinStrG), daß es sich dabei um Konterbande handelt, auf Grund der ihm glaubwürdig erschienenen Aussage des Zeugen Dipl.Ing. Reinhard G*** als widerlegt. Der Darstellung des Angeklagten zuwider war ihm nämlich darnach bekannt, daß Dipl.Ing. G*** im Inland zwar einen Zweitwohnsitz, aber weder eine Geschäftsadresse noch ein Auslieferungslager hatte. Die telefonische Warenbestellung des Angeklagten geschah in der Regel durch einen Anruf seinerseits bei Dipl.Ing. G*** in Zürich. Es war zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen von allem Anfang an vereinbart, daß die Ausstellung inhaltlich und formell einwandfreier Rechnungen nicht stattfinden würde und statt dessen nur lieferscheinartige Papiere den Sendungen beigelegt werden sollten, die lediglich die Art der Ware und deren Preis enthielten. Insbesondere wiesen diese Begleitpapiere auch nicht den bei ordnungsgemäßen Rechnungen unabdingbaren Vermerk der Verbuchungspost des Eingangszollamtes aus. Vereinbarungsgemäß sollte der Angeklagte diese "Rechnungen" in der Folge "verschwinden lassen". Schließlich handelte es sich bei derartigen "Schwarzgeschäften" nach Erfahrung des Zeugen um einen durchaus branchenüblichen Vorgang, von dem - jedenfalls nach dessen subjektiver Auffassung - auch der Angeklagte in den entscheidenden Punkten Kenntnis hatte. Abgesehen von dieser hier sinngemäß wiedergegebenen, auf der Aussage des Zeugen Dipl.Ing. G*** basierenden Argumentation hielt das Schöffengericht die Darstellung des Angeklagten ersichtlich auch deshalb für unglaubwürdig, weil er ursprünglich (bei seiner Vernehmung vor dem Finanzamt Leibnitz am 23.März 1984 - S 51 im angeschlossenen Aktenordner) wahrheitswidrig angegeben hatte, von Dipl.Ing. G*** lediglich zwei defekte TV-Geräte bezogen zu haben, und weil er die verfahrensgegenständlichen Wareneinkäufe zudem überhaupt nicht, die daraus resultierenden Erlöse aber nur zu einem geringen Teil verbucht und erklärt hatte (S 300).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Mit dem Einwand (Z 5), das Erstgericht habe die ihn belastende Aussage des Zeugen Dipl.Ing. G*** nicht gewürdigt, weil es keine Begründung dafür gegeben hat, warum es dessen Darstellung für glaubwürdig erachtete, verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der freien Beweiswürdigung und den sich daraus ergebenden Umfang der Begründungspflicht des Gerichtes. Die Bestimmungen der §§ 258 Abs 2 und 270 Abs 2 Z 5 StPO verpflichten das Gericht nämlich keineswegs, sich bei der Würdigung der Aussage eines im Zuge der Hauptverhandlung von ihm persönlich vernommenen Zeugen mit allen im Verfahren hervorgekommenen, für und wider die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen sprechenden Umständen im einzelnen auseinanderzusetzen. Gerade die Unmöglichkeit, alle diese auch durch den unmittelbaren persönlichen Eindruck von einem Zeugen vermittelten, für die Einschätzung seiner Glaubwürdigkeit relevanten Umstände vollständig bewußt zu machen, nach ihrem Gewicht logisch gegeneinander abzuwägen und überhaupt in Worte zu fassen, hat dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung gegenüber den starren Beweisregeln historischer Prozeßordnungen zum Durchbruch verholfen. Insbesondere dann, wenn - wie hier - der Aussage eines Zeugen erörterungsbedürftige gegenteilige Beweisergebnisse gar nicht entgegenstehen, genügt daher im Sinn der erwähnten Begründungsvorschriften grundsätzlich die Feststellung, daß das Gericht die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit der Beweisaussage gewonnen habe, ohne daß es noch zusätzlich verhalten wäre, den von ihm vollzogenen kritisch-psychologischen Vorgang, der eben einer erschöpfenden Analyse gar nicht zugänglich ist, besonders zu erläutern (vgl. Mayerhofer-Rieder2 E 88 zu § 258, E 134 ff zu § 270 und E 5 f zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO). Nachdem der Beschwerdeführer auch in tatsächlicher Hinsicht keine der Darstellung des Zeugen Dipl.Ing. G*** widerstreitenden Umstände dartun konnte, mit denen sich das Schöffengericht bei der Würdigung dieser Aussage hätte auseinandersetzen müssen, kann von einem formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes keine Rede sein.

Der Angeklagte vermag aber auch mit seinen Hinweisen aus den Akten keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Eine an Hand des Beschwerdevorbringens vorgenommene Überprüfung der schöffengerichtlichen Argumentation bot für den Obersten Gerichtshof keinen zur Revision der Tatfrage ausreichenden Anhaltspunkt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

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