Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (insbesondere auch im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft) unberührt bleibt, in dem Harald Z*** betreffenden, auf den § 147 Abs 1 StGB gestützten Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Harald Z*** ist ferner schuldig, am 8.November 1984 dadurch, daß er mit den gesondert verfolgten Rudolf Z*** und Fred P*** telefonisch vereinbarte, sich ein Gut, das ihnen anvertraut worden war, in einem 25.000 S übersteigenden Gesamtwert, nämlich etwa 100 Elektrogeräte (Radiorecorder) der Firma P*** im Wert von je
2.500 S, die zum Transport von Österreich nach Schweden übergeben worden waren, mit dem Vorsatz zuzueignen, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, zur Ausführung der in weiterer Folge von Rudolf Z*** und Fred P*** entsprechend der Vereinbarung verübten Tat beigetragen zu haben.
Harald Z*** hat hiedurch das Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1, Abs 2, erster Fall, StGB als Beteiligter nach dem § 12 (dritter Fall) StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm weiterhin zur Last liegende Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB nach dem § 147 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres und gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Harald Z*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde - neben einem weiteren Angeklagten - der am 15.Juli 1961 geborene Transportunternehmer Harald Z*** des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Schmuggels bei Vorliegen erschwerender Umstände nach den §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG, des Vergehens des (teils vollendeten, teils versuchten) vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Branntweinmonopols, des Salzmonopols oder des Tabakmonopols nach den §§ 44 Abs 1 lit c und 13 FinStrG und des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der sie sich gegen die Beurteilung jenes Sachverhaltes bloß als Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB wendet, den sie in der Anklageschrift vom 17. März 1988 (ON 47 Band III) unter Punkt C/ Harald Z*** auch als Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB zur Last gelegt hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.
Zu jenem Sachverhalt, der den Gegenstand der Anfechtung bildet, traf das Schöffengericht folgende Feststellungen:
Harald Z*** ist leitender Angestellter (Geschäftsführer; AS 239/IV) eines Transportunternehmens, das in der Rechtsform einer GesmbH & Co KG in der Regel als Subfrächter internationale Gütertransporte durchführt. Gemäß Artikel 17 Z 1 des Übereinkommens vom 19.Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) haftet der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust und für Beschädigung des Gutes, sofern der Verlust oder die Beschädigung zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme und dem der Ablieferung eintritt, sowie für Überschreitung der Lieferfrist. Dieses beträchtliche Risiko wird in der Regel durch den Abschluß einer sogenannten CMR-Versicherung bei der "Versicherungsgemeinschaft für den gewerblichen Güterfernverkehr" abgedeckt, in der die österreichischen CMR-Versicherer zusammengeschlossen sind. Im Schadensfall übernimmt die Versicherungsgemeinschaft die Haftung für das transportierte Gut, wobei sie Regreßansprüche gegen den Frächter nur dann geltend macht, wenn er (oder sein Erfüllungsgehilfe) den Schaden vorsätzlich, grob fahrlässig oder unter Alkoholeinwirkung herbeigeführt hat. Im November 1984 beauftragte das zur Unternehmensgruppe PhI*** gehörende Speditionsunternehmen V*** den Frachtunternehmer W***, einen Transport von Radiorecordern und anderen elektrischen Geräten der Firma P*** von Österreich nach Schweden durchzuführen. Das Frachtunternehmen W*** gab diesen Auftrag (unter Abschluß einer CMR-Versicherung; AS 201/II) an den Angeklagten Z*** weiter, welcher als Subfrächter (und Versicherter, AS 262 f/IV) den Auftrag annahm und das Transportgut, bestehend aus Kassettenrecordern, Radiorecordern und Sprachtrainingsgeräten der Firma P***, übernahm. Der gesondert verfolgte Fred Josef P*** lenkte einen LKW-Zug mit dem übernommenen Gut Richtung Schweden. Am 8.November 1984 kam es in Renice/Polen zu einem Verkehrsunfall. Vermutlich infolge der Verkehrssituation nicht angepaßter, überhöhter Geschwindigkeit konnte P*** den LKW-Zug vor einem geschlossenen Bahnschranken nicht mehr anhalten, wodurch es zu einer Kollision zwischen dem LKW-Zug und einem Eisenbahnzug kam. Durch den Unfall wurden die hinteren Bordwände beschädigt und die Zollplombe heruntergerissen. Zahlreiche Zugspassagiere nahmen eine Reihe von Elektrogeräten an sich.
P*** und der in der Folge hinzugekommene weitere Fahrer des Angeklagten Z***, Rudolf Z***, sahen sich veranlaßt, ihren Arbeitgeber in Mistelbach anzurufen. Bei diesem Telefongespräch kamen die drei eingedenk der bestehenden Transportversicherung des Gutes überein, "dem Beispiel der Zugpassagiere folgend auch Elektrogeräte widerrechtlich an sich zu nehmen und in der Folge unter Umgehung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflcht nach Österreich einzuschmuggeln", wo die Ware dann zwischen dem Angeklagten Z*** und den gesondert verfolgten P*** und Z*** aufgeteilt werden und dem Angeklagten Z*** ein Erlös von 50.000 S zukommen sollte. Von wem die Idee dazu ausging, konnte nicht festgestellt werden. Da der Angeklagte Z*** wußte, daß bei vorsätzlichem Herbeiführen eines Schadens der CMR-Versicherer gegen ihn als leitenden Angestellten der Firma Z*** (Transporte und Handels-GesmbH & Co KG) Regreß nehmen würde, wurde auch sogleich vereinbart, daß Z*** und der Lenker P*** in dem für die weitere Schadensabwicklung erforderlichen Unternehmerbericht über das Abhandenkommen der von P*** und Z*** verbrachten Geräte unwahre Angaben zu machen haben.
P*** und Z*** schafften sodann 100 Radiorecorder der Firma P***, deren Einzelhandelspreis in Österreich ca 2.500 S pro Stück betrug, in eine nahegelegene Werkstätte, und P*** führte die Geräte im November 1984 in Drasenhofen unter Umgehung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht nach Österreich ein. Gemäß ihrer "sogleich zustandegekommenen Vereinbarung", durch einen "fingierten Schadensfall" die Versicherungsgemeinschaft zu schädigen, verfaßten der Angeklagte Z*** und P*** eine von ihnen am 12.November 1984 unterfertigte Schadensmeldung, in welcher gegenüber dem Auftraggeber (und Versicherungsnehmer), der Transportorganisation W***, behauptet wurde, die Radiorecorder seien bei einer nächtlichen Ruhepause auf einem beleuchteten Parkplatz aus dem unverschließbaren Auflieger gestohlen worden. Gegen unbekannte Täter sei bei der Polizei Anzeige erstattet worden. Diese Angaben geschahen bewußt wahrheitswidrig, um den CMR-Versicherer über das Zustandekommen des Schadens zu täuschen. Auf Grund dieses wahrheitswidrig erstellten Unternehmerberichtes zahlte die Versicherungsgemeinschaft für den gewerblichen Güterfernverkehr zur Schadensbereinigung einen Betrag von 210.400 S (AS 300 bis 303/IV).
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht im Fall des Angeklagten Harald Z*** lediglich als Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB und lehnte einen Schuldspruch auch wegen Vergehens der Veruntreuung (in der Erscheinungsform des sonstigen Tatbeitrages; AS 321 f/IV) aus rechtlichen Erwägungen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung ab, daß dem Angeklagten diesfalls "der Vermögensschaden" doppelt zugerechnet würde. "Bei klarem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern", sei "primär die Täuschung und Schädigung des Versicherungsunternehmens im Vordergrund" gestanden; das "widerrechtliche Ansichbringen der ihm anvertrauten Radiorecorder" (AS 304/IV) sei als Teil des (betrugs-dominierten) "Stufenplanes" rechtlich ohne Belang (AS 322/IV).
Zutreffend zeigt demgegenüber die Staatsanwaltschaft in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde auf, daß dem Erstgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bei der Lösung der Rechtsfrage in mehrfacher Hinsicht ein Irrtum unterlief. Denn zum einen übersieht der Schöffensenat in tatsächlicher Hinsicht, daß nach Lage des Falls die angestrebte eigene (unrechtmäßige) Bereicherung nur durch Veruntreuung (und Verwertung) des anvertrauten Gutes, nicht aber durch Betrug zum Nachteil des Versicherers bewerkstelligt werden konnte. Die Vortäuschung eines Schadensfalles gegenüber dem Versicherer wiederum zielte keineswegs nur darauf ab, Regreßansprüche (sohin die Haftung ex delicto) gegen den Angeklagten Z*** abzuwenden, sondern darauf, die vertragliche Haftung der GesmbH & Co KG, als deren "leitender Angestellter" (Geschäftsführer) der Angeklagte den Subfrachtvertrag abgeschlossen hatte, für den (vorgetäuschten) Verlust der zum Transport übernommenen Radiorecorder gegenüber dem Auftraggeber (im Durchgriff der Firma P***) abzudecken. Demgemäß hat der Angeklagte Z*** - als Beitragstäter nach dem § 12, dritter Fall, StGB (vgl S 321/IV) - um des eigenen Vorteiles Willen zum Nachteil der Firma P*** Radiorecorder (im Wert von ca 250.000 S) veruntreut und zum Vorteil der GesmbH & Co KG Angestellte des Versicherers in Irrtum geführt und zur vermögensschädigenden Schadensliquidierung (in der Höhe von 210.400 S) verleitet. Bei dieser Sachlage liegt - worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht hinweist - kein Fall von Konsumtion, sondern echte Realkonkurrenz vor. Denn unbeschadet des Umstandes, daß die Täter die Veruntreuung des Transportgutes und den nachfolgenden Versicherungsbetrug gleichzeitig bedachten und beschlossen, stellt schon mit Rücksicht auf den je besonderen (gleichwertigen) Unrechtsgehalt der beiden Taten keine von ihnen eine sogenannte typische Begleittat dar, die mit der Begehung des jeweils anderen Deliktes regelmäßig verbunden ist. Die Veruntreuung des Transportgutes ist aber nach der konkreten Sachverhaltsgestaltung auch nicht - wie das Erstgericht ersichtlich annimmt (AS 322/IV) - straflose Vortat zum Betrug, weil die Veruntreuung gegen das Eigentumsrecht der Firma P***, der Betrug hingegen gegen das Vermögen der Versicherungsgemeinschaft für den gewerblichen Güterfernverkehr gerichtet war, die Tathandlungen also nicht dasselbe Rechtsgut betrafen, und demgemäß die Folgen der Veruntreuung nicht in jenen des Betruges aufgingen. Schließlich stellt aber auch nicht etwa der Betrug - was das Erstgericht gleichfalls in Erwägung zog (AS 321/IV) - eine straflose Nachtat zur Veruntreuung dar, weil - wie bereits dargelegt - die Angriffshandlungen der Nachtat - worauf die Nichtigkeitsbeschwerde mit zutreffender Bezugnahme auf die Entscheidung ÖJZ-LSK 1979/22 hinweist - gegen lediglich der Art nach gleiche Rechte verschiedener Personen gerichtet waren und damit eine Beurteilung des Betruges als bloße Deckungshandlung ausscheidet.
Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen über den Anklagevorwurf laut Punkt C der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 17.März 1988 wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Bei der durch die geänderte rechtliche Beurteilung notwendig gewordene Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen, als mildernd demgegenüber das reumütige Geständnis und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten sowie den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben war.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erschien eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres dem Tatunrecht, der Schuld und der Täterpersönlichkeit des Harald Z*** adäquat. Diese Freiheitsstrafe war auch aus den schon vom Schöffengericht zutreffend angeführten Erwägungen auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)