OGH 8Ob1/89

OGH8Ob1/8916.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Maier, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***-AG,

1041 Wien, Prinz-Eugen-Str. 8, vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Heinz K***-W***, Rechtsanwalt, 1030 Wien, Reisnerstraße 55-57, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der prot. Firma A*** S*** UND B*** AG, 1050 Wien, Siebenbrunnengasse 21, wegen Feststellung einer bestrittenen Forderung als Konkursforderung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. September 1988, GZ 3 R 136/88-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 3. Februar 1988, GZ 20 Cg 129/87-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 27.278,60 (inkl. S 2.479,87 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, eine Beteiligungsgesellschaft im Sinne des Beteiligungsfondgesetzes, BGBl. 1982/111, war am Vermögen der Gemeinschuldnerin als stille Gesellschafterin mit einer Einlage von S 5,000.000,-- beteiligt. Nachdem am 21. November 1986 zu 5 S 127/86 des Handelsgerichtes Wien über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden war, meldete die klagende Partei eine Forderung auf das Auseinandersetzungsguthaben von S 5,215.316,27 als Konkursforderung an. Diese wurde vom Masseverwalter bestritten.

Die klagende Partei begehrt nunmehr in dem gemäß § 110 KO angestrengten Prozeß die Feststellung, ihre angemeldete Forderung bestehe zu Recht und nehme in dem in der Forderungsanmeldung beanspruchten Ausmaß am Konkursverfahren teil, mit der Begründung, sie habe das Beteiligungsverhältnis bereits (vor Konkurseröffnung) mit Schreiben vom 11. November 1986 gemäß § 14 Abs 7 Beteiligungsfondgesetz (BFG) aufgekündigt. Die vorgeschriebene bescheidmäßige Bewilligung des Bundesministers für Finanzen sei erteilt worden.

Der Masseverwalter beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, die erforderliche Bewilligung zur Aufkündigung des Beteiligungsverhältnisses sei erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens erteilt worden, so daß die mit Schreiben vom 11. November 1986 ausgesprochene Kündigung nicht wirksam sei. Das Erstgericht gab mit Zwischenurteil dem Klagebegehren dem Grunde nach statt. Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die klagende Partei hatte sich mit Vertrag vom 5. März 1985 mit einer Einlage von S 5,000.000,-- am Unternehmen der späteren Gemeinschuldnerin beteiligt. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Vor dem 31. Oktober 1995 konnte der Vertrag nur durch außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden. Mit Schreiben vom 11. November 1986 kündigte die klagende Partei das Beteiligungsverhältnis aus einem wichtigen Grund vorzeitig auf. Die Bewilligung des Bundesministers für Finanzen wurde hiezu erst mit Bescheid vom 9. Dezember 1986 erteilt. Darin wurde ausgesprochen, daß die Aufkündigung bis 31. Mai 1987 zu erfolgen habe. Bereits am 21. November 1986 war aber vom Handelsgericht Wien (5 S 127/86) über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, in analoger Anwendung der zu § 865 ABGB entwickelten Grundsätze sei die Aufkündigung durch die nachträgliche Genehmigung durch den Bundesminister für Finanzen rückwirkend rechtswirksam geworden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß nach Erklärung der Kündigung, aber vor Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet worden sei. Eine analoge Anwendung des § 26 Abs 2 KO führe dazu, daß der nach Zugang der Kündigung bei der nachmaligen Gemeinschuldnerin ausgelöste Schwebezustand durch die Konkurseröffnung nicht beseitigt worden sei. Infolge wirksamer Aufkündigung des Beteiligungsverhältnisses vor Konkurseröffnung könne daher die klagende Partei ihre Forderung auf das Auseinandersetzungsguthaben grundsätzlich wie jeder andere Gläubiger geltend machen. Der klagenden Partei stehe daher im Konkurs der Gemeinschuldnerin jedenfalls eine Konkursforderung zu, über deren konkrete Höhe noch ein Beweisverfahren durchzuführen sei. Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Zwischenurteil in ein klageabweisendes Endurteil ab. Nach § 14 Abs 7 BFG bedürfe die Aufgabe von Beteiligungen vor Ablauf der mindestens 10-jährigen Bindungsfrist der Bewilligung des Bundesministers für Finanzen. Diese Aufgabe (Kündigung) sei eine einseitige empfangsbedürftige rechtsgestaltende Willenserklärung, zu deren Rechtswirksamkeit die Bewilligung des Bundesministers für Finanzen erforderlich sei. Schon aus dem Wortsinn des Wortes "Bewilligung" ließe sich entnehmen, daß es sich dabei um eine vorher erteilte Zustimmung zur Ausübung des beabsichtigten Gestaltungsrechtes handle. Der Gesetzgeber hätte sonst wohl eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß eine einseitige Aufgabe von Beteiligungen vor Ablauf der Bindungsfrist nur einer Überprüfung und Genehmigung des Bundesministers für Finanzen bedürfe. Nur für den Fall einer ausdrücklichen Anordnung, wie z.B. im § 22 Devisengesetz, könne man daher davon sprechen, daß auch eine nachträgliche Genehmigung rückwirkende Rechtswirksamkeit zu bewirken vermöge. Überdies seien bei einseitig gestaltenden Rechtsgeschäften Bedingungen ausgeschlossen, wenn die berechtigten Interessen des Partners eine sofortige Klarstellung erforderten. Die Lehre lasse bei einseitigen Rechtsgeschäften Bedingungen nur dann zu, wenn deren Eintritt vom Willen des Erklärungsempfängers abhänge. Abgesehen davon, daß die im Beteiligungsfondgesetz erforderliche Bewilligung des Bundesministers für Finanzen nicht vom Willen eines Beteiligten abhänge, habe auch das Beteiligungsunternehmen ein berechtigtes Interesse, daß die Kündigung von Beteiligungen durch den Beteiligungsfond nur mit bereits erfolgter Zustimmung des Bundesministers für Finanzen erfolge. Aus dem Bescheid des Bundesministers für Finanzen selbst ergebe sich, daß dessen Bewilligung nur eine zukünftige Kündigung im Auge habe. Da sohin die von der klagenden Partei vor Konkurseröffnung ausgesprochene Kündigung nicht rechtswirksam sei, komme der klagenden Partei gemäß § 14 Abs 2 BFG die Stellung eines Konkursgläubigers nicht zu. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern, in eventu, es aufzuheben und die Rechtssache zur "Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen".

Die beklagte Partei begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof befaßte sich in seiner Entscheidung vom 2. März 1989, 8 Ob 9/88, mit dem Problem der Möglichkeit der rückwirkenden Sanierung von ohne vorausgehender Bewilligung des Bundesministers für Finanzen ausgesprochenen vorzeitigen Aufkündigungen eines Beteiligungsverhältnisses und führte darin - im wesentlichen übereinstimmend mit der oben wiedergegebenen Ansicht der zweiten Instanz in der hier zu beurteilenden

Rechtssache - folgendes aus:

Gemäß § 14 Abs 7 BFG bedarf die Aufgabe von Beteiligungen vor Ablauf der mindestens 10-jährigen Bindungsfrist der Bewilligung des Bundesministers für Finanzen, die bei Vorliegen wichtiger Gründe zur Beendigung des Beteiligungsverhältnisses zu erteilen ist. Da es sich bei Kündigungen um einseitige rechtsgestaltende Willenserklärungen handelt, dürfen diese nicht unter der zu ihrer Rechtswirksamkeit erforderlichen Bedingung der nachträglichen Bewilligung erfolgen (siehe Koziol-Welser, Grundriß8 I 152 zur Rechtsnatur einer Kündigung). Diesem Grundsatz wurde von der Rechtsprechung etwa auch bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Aufkündigung von Bestandverträgen Rechnung getragen (z.B. MietSlg 36.383 ua). Da auch bei Auflösung des Beteiligungsverhältnisses das Wirksamwerden der Aufkündigung wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen nicht in Schwebe bleiben darf, besteht kein Anlaß, von diesem für Kündigungen allgemein geltenden Grundsatz im Falle der Aufkündigung eines Beteiligungsverhältnisses nach § 14 Abs 7 BFG abzugehen. Auch die Lehre (Jud-Grünwald, GesRZ 1987, 120) sieht daher die Einholung der erforderlichen Zustimmung des Bundesministers für Finanzen vor der Aufkündigung vor. Eine vor einer solchen Bewilligung ausgesprochene Aufgabe des Beteiligungsverhältnisses ist daher nicht wirksam. Es besteht kein Anlaß von dieser Rechtsansicht in dem hier zu beurteilenden Rechtsfall abzugehen. Daraus folgt, daß mangels einer vor Konkurseröffnung erfolgten wirksamen Aufkündigung des Beteiligungsverhältnisses die stille Gesellschaft nach Art. 7 Nr. 25 Abs 2 4EVHGB erst durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst wurde und daß daher die klagende Partei die Stellung eines Konkursgläubigers wegen ihrer Einlage nur nach § 341 Abs 1 HGB erlangen könnte. Gemäß § 14 Abs 2 letzter Satz BFG kann aber die klagende Partei die Stellung eines Konkursgläubigers nach § 341 HGB nicht erlangen.

Der ausschließlich auf die unrichtige rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung des Beteiligungsverhältnisses gestützten Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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