Spruch:
Das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau als Berufungsgerichts vom 27.Oktober 1988, AZ. 7 Bl 46/88, verletzt:
1. durch den Ausspruch, daß der Berufung des Angeklagten Franz R*** wegen Nichtigkeit dahin Folge gegeben wird, daß er von der Anklage, er habe durch die unter II des Spruchs des Berufungsurteils beschriebene Tat auch Helene S*** fahrlässig am Körper verletzt, gemäß § 259 Z. 1 StPO. freigesprochen und die Privatbeteiligte Helene S*** mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs. 1 StPO. auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird, die Bestimmungen der §§ 57 Abs. 2 und 3, 58 Abs. 3 Z. 2 und 88 Abs. 1 StGB. sowie der §§ 262, 267 und 366 Abs. 1 StPO.;
2. durch den Zuspruch eines Betrags von 50.000 S an den Privatbeteiligten Josef B*** die Bestimmungen der §§ 365 Abs. 1, 366 Abs. 2, 369 Abs. 1 StPO.
Das Urteil des Kreis- als Berufungsgerichts in Krems an der Donau, das im übrigen unberührt bleibt, wird in dem im obigen Punkt 2 bezeichneten Ausspruch aufgehoben und es wird in diesem Umfang gemäß §§ 292, 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:
Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und der Privatbeteiligte Josef B*** gemäß § 366 Abs. 2, zweiter Satz, StPO. zur Gänze auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Text
Gründe:
Am 26.Oktober 1986 kam es auf der Bundesstraße (B) 303 im Ortsgebiet von Scheideldorf zum Zusammenstoß zweier von Franz R*** und Josef B*** gelenkter Personenkraftwagen, wodurch B*** leichte Verletzungen (Prellungen und Hautabschürfungen an beiden Unterschenkeln mit einer Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer - siehe Seite 66 f der Akten U 237/86 des Bg. Allentsteig) erlitt. Helene S***, welche im Wagen B*** mitgefahren war, hat bei ihrer Vernehmung durch die Gendarmerie (noch am Unfallstag) eine eigene Verletzung verneint (S. 23 der Akten U 237/86).
Am 11.März 1987 beantragte der Bezirksanwalt die Bestrafung des Franz R*** wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. mit dem (die Tat individualisierenden) Zusatz:
".... a) (Franz R***) kam mit seinem PKW auf der B 303 in einer Rechtskurve vor Scheideldorf in Richtung Schwarzenau ins Schleudern und stieß mit der li. Vorderseite gg. die li. Längsseite des ihm entgegenkommenden PKW des b) (Josef B***), wodurch dieser leicht verl. wurde ...." (S. 1 a der Akten U 237/86).
Mit der Strafverfügung vom 12.März 1987, GZ. U 237/86-8, verhängte das Bezirksgericht Allentsteig über Franz R*** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 230 S, weil er am 26. Oktober 1986 in Scheideldorf mit dem Personenkraftwagen N 20.274 durch überhöhte Geschwindigkeit ins Schleudern geraten, mit dem entgegenkommenden Personenkraftwagen des Josef B*** zusammengestoßen war und hiedurch dessen leichte Verletzung verschuldet hatte.
Nach Erhebung des Einspruchs gegen diese Strafverfügung durch Franz R*** wurde die Hauptverhandlung vom 27.Mai 1987 zur Einholung eines gerichtsmedizinischen Gutachtens über die "Dauer der Verletzungen" (d.h. der Gesundheitsschädigung und der Berufsunfähigkeit) B*** und zur allfälligen Abhaltung eines Lokalaugenscheins unter Beiziehung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen auf unbestimmte Zeit vertagt.
Nachdem Befund und Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen am 10.September 1987 bei Gericht eingelangt waren, wurde die Hauptverhandlung am 24.Mai 1988 an der Unfallstelle neu durchgeführt. In dieser Hauptverhandlung gab die bereits erwähnte Zeugin Helene S*** erstmals an, beim Unfall Blutunterlaufungen am Brustkorb mit darauffolgenden drei- bis viertägigen Atembeschwerden erlitten zu haben. Sie schloß sich deshalb mit einer Schmerzengeldforderung von 4.000 S als Privatbeteiligte dem Strafverfahren gegen Franz R*** an (S. 79, 86 der Akten U 237/86). Eine ausdrückliche Ausdehnung des Strafantrags auf den weiteren Taterfolg durch den öffentlichen Ankläger ist dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen. In bezug auf den Schlußantrag des öffentlichen Anklägers enthält das Protokoll lediglich den Vermerk: "... Bezirksanwalt stellt Strafantrag ...."
(S. 87 der Akten U 237/86).
Mit dem Urteil vom 24.Mai 1988, GZ. U 237/86-19, erkannte das Bezirksgericht Allentsteig Franz R*** neuerlich des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. schuldig, wobei es ihm die körperlichen Verletzungen sowohl Josef B*** als auch Helene S*** zurechnete, und verhängte über ihn (nunmehr) eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 340 S (20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Ferner erkannte das Bezirksgericht Franz R*** gemäß §§ 366 Abs. 2, 369 Abs. 1 StPO. schuldig, Josef B*** einen Betrag von 50.000 S, bestehend aus je 25.000 S Schmerzengeld und Ersatz für den Schaden am Kraftwagen, sowie Helene S*** an Schmerzengeld einen Betrag von 4.000 S zu bezahlen. Mit seinem Schmerzengeldmehrbegehren von 5.000 S wurde Josef B*** auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gegen dieses Urteil erhob Franz R*** Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe sowie wegen der Zusprüche an die Privatbeteiligten (ON. 24 der Akten U 237/86).
Über dieses Rechtsmittel erkannte das Kreisgericht Krems an der Donau nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung mit dem Urteil vom 27.Oktober 1988, AZ. 7 Bl 46/88. Dessen Spruch hat folgenden Wortlaut:
"I) Der Berufung des Angeklagten wegen Strafe wird teilweise dahingehend Folge gegeben, daß die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf S 270,-- herabgesetzt wird.
II) Der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit wird - soweit ihr im Punkt III) nicht Folge gegeben wird "(gemeint: soweit ihr nicht im Punkt III Folge gegeben wird) -" mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, daß der Spruch des angefochtenen Urteils unter Berücksichtigung des Punkt I) insgesamt zu lauten hat:
'Franz R*** ist schuldig, er hat am 26.10.1986 in Scheideldorf als Lenker des PKW VW Golf mit dem Kennzeichen N 20.274 dadurch, daß er bei nasser Fahrbahn in einer abschüssigen Rechtskurve eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt und nicht am rechten Fahrbahnrand fuhr, wodurch er gegen den entgegenkommenden, von Josef B*** gelenkten PKW VW Golf mit dem Kennzeichen W 16.843 stieß, wodurch Josef B*** eine Prellung und einen Bluterguß an beiden Unterschenkeln sowie eine Schnittverletzung am linken Unterschenkel erlitt, diesen fahrlässig am Körper verletzt.
Er hat hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je S 270,-- (insgesamt zu S 10.800,--), im Fall der Uneinbringlichkeit zu 20 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Gemäß §§ 366 Abs 1, 369 Abs 1 StPO ist Franz R*** schuldig, dem Privatbeteiligten Josef B*** S 50.000,-- zu ersetzen. Josef B*** wird mit seinem Mehrbegehren von S 5.000,-- gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.'
III) Der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit wird dahin Folge gegeben, daß der Angeklagte Franz R*** von dem weiters wider ihn erhobenen Antrag auf Bestrafung, er habe durch die
unter II) beschriebene Tat auch Helene S*** fahrlässig am Körper verletzt, gemäß § 259 Z 1 StPO freigesprochen wird. Die Privatbeteiligte Helene S*** wird mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen. IV) Gemäß § 390 a StPO hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen."
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Berufungsgerichts steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
1. Verfehlt ist zunächst die als primäre Begründung für den Teilfreispruch dienende Auffassung, das Erstgericht hätte mit der Zurechnung der Verletzungen Helene S*** die Anklage überschritten (Nichtigkeit nach §§ 281 Abs. 1 Z. 8, 468 Abs. 1 Z. 4 StPO.), weil im Antrag auf Bestrafung vom 11.März 1987 dieser Taterfolg nicht erwähnt werde und der in der Hauptverhandlung vom 24. Mai 1988 gestellte Schlußantrag des Bezirksanwalts einer "Präzisierung" entbehre.
Gemäß § 267 (§ 447 Abs. 1) StPO. ist das Gericht an die Anträge des Anklägers nur insoweit gebunden, als es den Angeklagten nicht einer Tat schuldig erklären kann, auf welche die Anklage weder ursprünglich gerichtet war noch während der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde. Im bezirksgerichtlichen Verfahren genügt zur Verfolgung ein allgemeiner, schriftlich oder mündlich angebrachter Antrag auf gesetzliche Bestrafung, der die Tat nur insofern zu bezeichnen und zu individualisieren hat, als dies zur Beurteilung der Identität von Anklage- und Urteilsfakten erforderlich ist (§ 451 Abs. 1 StPO.; SSt. 6/94, EvBl. 1965/378, RZ. 1963 S. 129 bzw. 130 oben).
Das Berufungsgericht hat gänzlich verkannt, daß die Identität der Tat (§§ 262, 267 StPO.) nicht verloren geht, wenn im Schuldspruch dem unter Anklage gestellten Verhalten - hier der im Antrag des Bezirksanwalts vom 11.März 1987 eindeutig bezeichneten fahrlässigen Herbeiführung des Verkehrsunfalls durch Franz R***, wobei zumindest eine von ihm verschiedene Person verletzt worden ist - ein Erfolg beigemessen wird, der über den in der Anklage (im Strafantrag) bezeichneten hinausgeht (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 149 bis 151 zu § 262 StPO.). Das Erstgericht hätte daher im vorliegenden Fall die Anklage selbst dann nicht überschritten, wenn der Schlußantrag des Bezirksanwalts in der Hauptverhandlung (der sich allgemein auf die "Anwendung des Gesetzes" beschränken kann: § 457, letzter Satz, StPO.) nicht auch die erstmals in der Hauptverhandlung zum Verfahrensgegenstand gewordenen Verletzungen der Helene S*** ausdrücklich erfaßt haben sollte.
Die Richtigkeit dieser Ansicht zeigt sich darin, daß im umgekehrten Fall, d.h. bei förmlicher Inkriminierung der fahrlässigen Verletzung Helene S*** durch den Bezirksanwalt, aber Nichtzurechnung seitens des Gerichts kein (stets unzulässiger) "Qualifikations"-Freispruch hätte gefällt werden dürfen (u.a. SSt. 38/20, 13 Os 172/73, zuletzt 15 Os 147/88). Handelt es sich doch, gleichviel, ob förmlich angeklagt oder nicht, lediglich um eine dem Angeklagten in gleichartiger Idealkonkurrenz (nach Beling, Grundzüge11 S. 96, 101, und Rittler2I S. 337: in verstärkter Tatbestandsmäßigkeit; siehe Foregger-Serini MKK.4 Anm. I 1 zu § 28 StGB. und ZVR. 1980/26 = LSK. 1980/4) zur Last liegende, durch einen mehrfachen Erfolgseintritt gekennzeichnete Verletzung desselben Gesetzes mittels einer einzigen Tat.
Völlig zu Unrecht geht das Berufungsgericht (damit der Sache nach den Freispruch subsidiär auf § 259 Z. 3 StPO. stützend) aber auch davon aus, daß die Strafbarkeit der fahrlässigen Verletzung Helene S*** verjährt (§ 57 Abs. 2 und 3 StGB.) sei.
Gemäß § 58 Abs. 3 Z. 2 StGB. wird in die Verjährungszeit (hier: ein Jahr) die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei Gericht anhängig war, nicht eingerechnet. Der Begriff Tat im § 58 StGB. ist bedeutungsgleich mit jenem in § 28 StGB., §§ 207 Abs. 2 Z. 2 Ende, 260 Abs. 1 Z. 1, 262 Ende, 267 StPO. Es ist darunter jenes physische Verhalten zu verstehen, das (nach Ansicht des Anklägers) juristisch eine "strafbare Handlung" (vgl. § 28 StGB., § 260 Abs. 1 Z. 2 StPO.), d.h. einen strafgesetzlichen Tatbestand (objektiv eingegrenzt auf "Tatbild" im § 58 Abs. 1 StGB.) begründet und dergestalt als historischer Sachverhalt vom Verfolgungsantrag umfaßt wird.
Im vorliegenden Fall bildete den Gegenstand des Strafverfahrens und des Antrags des Bezirksanwalts auf Bestrafung vom 11.März 1987 ein Verhalten des Franz R*** am 26.Oktober 1986 auf der Bundesstraße 303 im Ortsgebiet Scheideldorf, nämlich die fahrlässige Herbeiführung des Verkehrsunfalls, durch den zumindest Josef B*** am Körper verletzt wurde. Da wegen dieser - einzigen - Tat rechtzeitig (§ 57 Abs. 2 und 3 StGB.) das Strafverfahren bei Gericht anhängig wurde, ist der Umstand, daß der in der Verletzung der Helene S*** bestehende zusätzliche Taterfolg erst in der Hauptverhandlung vom 24.Mai 1988 bekannt wurde, ohne Bedeutung, denn in diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist nur in abstracto abgelaufen. Mit anderen Worten: Jedwedes Strafverfahren erstreckt sich von Anbeginn auf alle Folgen des vom Ankläger inkriminierten physischen Geschehens, des sogenannten historischen Sachverhalts (der "Tat": §§ 28, 57 Abs. 2, 58 Abs. 2, 3 Z. 2 und Abs. 4 StGB., §§ 207 Abs. 2 Z. 2 Ende, 260 Abs. 1 Z. 1, 262 Ende, 267 StPO.). Der vom Berufungsgericht in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsberufung gefällte Teilfreispruch verletzte somit die Bestimmungen der §§ 57 Abs. 2 und 3, 58 Abs. 3 Z. 2 StGB. sowie der §§ 262 und 267 StPO. Es wurde aber auch im materiellen Recht § 88 Abs. 1 StGB. verletzt, weil dieser Tatbestand durch den Teilfreispruch eine Einschränkung seiner Anwendung erfahren hat, die ihm bei der rechtsrichtig gegebenen gleichartigen Idealkonkurrenz oder verstärkten Tatbestandsmäßigkeit nicht zukommt. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß eine Überschreitung der Anklage die Nichtigkeit des Urteils gemäß § 281 Abs. 1 Z. 8 (§ 468 Abs. 1 Z. 4) StPO., weiters, daß der Strafaufhebungsgrund der Verjährung die Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b (§ 468 Abs. 1 Z. 4) StPO. bewirkt und daß in beiden Fällen der Freispruch nach § 259 Z. 3 StPO. (nicht gemäß Z. 1) zu ergehen hat.
Die Generalprokuratur geht noch auf die Frage eines schweren Verschuldens des Franz R*** ein. Das ist aber entbehrlich, um nicht zu sagen verfehlt, weil jedenfalls eine Person (Josef B***) durch das Verhalten R*** eine Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer erlitten hat. Durch das schon deshalb strafbare Verhalten des Angeklagten wurde auch S*** verletzt, wofür R*** haftet (Leukauf-Steininger2 Rz 29 zu § 88 StGB.). Was die Möglichkeit S*** anlangt, sich als Privatbeteiligte anzuschließen, genügt es, auf § 365 Abs. 1 StPO. hinzuweisen. Da mithin sämtliche, für den Teilfreispruch in Betracht kommenden Rechtsgründe versagen, ist folgerichtig die Verweisung der Privatbeteiligten Helene S*** auf den Zivilrechtsweg, wenn auch formal gestützt auf § 366 Abs. 1 StPO., im Ergebnis rechtswidrig.
2. Auf der Grundlage des nach Ergänzung des Beweisverfahrens neu gefällten Schuldspruchs hat das Berufungsgericht - in gleicher Weise wie das Erstgericht - den Angeklagten gemäß §§ 366 Abs. 1 (gemeint: Abs. 2), 369 Abs. 1 StPO. zur Bezahlung eines Schadenersatzbetrags von 50.000 S an den Privatbeteiligten Josef B*** verurteilt und diesen mit seinem Mehrbegehren von 5.000 S nach § 366 Abs. 2 (zweiter Satz) StPO. auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Der Sache nach hat das Berufungsgericht hiemit über die Berufung des Angeklagten gegen das erstgerichtliche Adhäsionserkenntnis entschieden. Es hat dabei den Standpunkt vertreten, daß unbeschadet des sich aus den getroffenen Tatsachenfeststellungen ergebenden Mitverschuldens Josef B*** (Befahren der Kurve 30 cm rechts von der Fahrbahnmitte unter Einhalten eines überhöhten Seitenabstands vom rechten Fahrbahnrand im Ausmaß von 2,2 m oder allenfalls sogar Überfahren der Fahrbahnmitte: S. 9 der Ausfertigung des Berufungsurteils) eine "Minderung" des Zuspruchs an den Privatbeteiligten (gemeint durch Verweisung auf den Zivilrechtsweg mit einem größeren Teilbetrag) nicht möglich wäre, weil das Berufungsbegehren ausschließlich die vollständige Verweisung des Adhärenten auf den Zivilrechtsweg zum Inhalt habe.
Dieser Standpunkt ist schon wegen des Übergehens des Mitverschuldens des Privatbeteiligten - ein solcher Einwand ist auch der Verantwortung des Angeklagten zu entnehmen - nicht rechtsrichtig; sind doch gemäß § 365 Abs. 1 StPO. "die sonstigen, für die privatrechtlichen Folgen wichtigen Nebenumstände von Amts wegen zu berücksichtigen". Im übrigen hat der Angeklagte in der Berufung die Höhe des Schmerzengelds bekämpft. Schließlich aber impliziert ein Berufungsantrag auf gänzliche Verweisung auf den Zivilrechtsweg bei sinnentsprechender Auslegung den Antrag auf eine bloß teilweise Verweisung, weil, von Ausnahmen abgesehen, jedes Rechtsmittelbegehren den Antrag auf eventuelle Stattgebung in einem geringeren als dem förmlich angestrebten Umfang in sich schließt. An dieser Stelle muß einem fundamentalen Mißverständnis des § 477 Abs. 1, erster Satz, StPO. vorgebeugt werden: Die dort verfügte Beschränkung des Rechtsmittelverfahrens bezieht sich ausdrücklich nur auf "die Teile des erstrichterlichen Erkenntnisses, gegen die die Berufung gerichtet ist", sie bezieht sich aber keineswegs innerhalb eines angefochtenen "Teils", d.h. eines Schuld-, Straf- oder sonstigen Ausspruchs auf dessen kohärenten Einzelheiten, etwa eines angefochtenen Adhäsionserkenntnisses, es sei denn, der Berufungswerber hätte eine solche Beschränkung seines Rechtsmittels selbst erklärt. Anders ausgedrückt: Mit den "Teilen des erstrichterlichen Erkenntnisses" sind die Urteilsaussprüche gemeint, soweit sie rechtlich (Schuldspruch, Strafausspruch, Adhäsions- und Verfallserkenntnis) oder faktisch (nach Täter, Tatobjekt, Tatort, Tatzeit) abgegrenzt sind. Die Unanwendbarkeit der im § 477 Abs. 1, erster Satz, StPO. ausgesprochenen Beschränkung auf kohärente Einzelheiten eines bekämpften Urteilsausspruchs hingegen (etwa auf Bestandteile eines zugesprochenen Geldbetrags) folgt nicht nur aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Gesetzesstelle ("Teile des erstrichterlichen Erkenntnisses"), sondern nicht zuletzt auch aus den mehr oder weniger summarischen Anordnungen der §§ 464 Z. 2 und 3 sowie 467 Abs. 3 (alte und neue Fassung) StPO. Allerdings wäre dem Berufungsgericht auf Grund seiner Tatsachenfeststellungen eine Beurteilung des Grades des eventuellen Mitverschuldens Josef B*** nicht möglich gewesen. Bei den bis jetzt lediglich gegebenen Alternativen, nämlich Befahren der Kurve in einem Seitenabstand von 30 cm rechts der Fahrbahnmitte (in einem Abstand von 2,2 m vom rechten Fahrbahnrand) oder Überfahren der Fahrbahnmitte in einem Abstand von 20 cm, wären das allfällige Mitverschulden B*** und die Höhe seiner Schadenersatzforderungen je nach der Annahme eines Fahrfehlers verschieden zu beurteilen (siehe § 366 Abs. 2, zweiter Satz, StPO.).
Die Aufhebung der rechtskräftigen Zuerkennung eines privatrechtlichen Anspruchs im Weg des § 292 StPO. beruht auf dem diese Möglichkeit bejahenden Teil der Rechtsprechung; um Wiederholungen zu vermeiden, kann auf dieselbe verwiesen werden (neben der veröffentlichten älteren Judikatur aus jüngerer Zeit 13 Os 128/75, 13 Os 18,19/81, 13 Os 121,122/82).
Der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Beschwerde war somit zusammenfassend stattzugeben und gemäß § 292 StPO. wie eingangs zu erkennen.
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