OGH 9ObA55/89

OGH9ObA55/8915.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wolfgang B***, Journalist, Wien 7.,

Apollogasse 14/1/10, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH & Co KG, Wien 16., Odoakergasse 34-36, vertreten durch Dr. Felix Spreitzhofer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 277.940,-- S sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 577.940,-- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Oktober 1988, GZ 31 Ra 97/88-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. April 1988, GZ 19 Cga 2540/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.528,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.921,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1. Juli 1985 als Redakteur im Ressort Fernsehen bei der beklagten Partei tätig. Nach dem Inhalt des Dienstvertrages galten für das Dienstverhältnis die §§ 40 und 41 des Kollektivvertrages für die bei den österreichischen Wochenzeitschriften angestellten Redakteure. Ab 23. September 1986 war Franz P*** als einziger Geschäftsführer der beklagten Partei im Handelsregister eingetragen. Mit Gesellschafterbeschluß vom 25. November 1986 wurde Franz P*** als Geschäftsführer abberufen und Kurt F*** zum Geschäftsführer bestellt. Die Eintragung dieser Bestellung im Handelsregister erfolgte am 13. Jänner 1987. Wegen verschiedener Differenzen mit Franz P*** wandte sich der Kläger im November 1986 an Kurt F*** und brachte soviel Vorhaltungen vor, daß ihm Verschiedenes nicht passe und daß er mit den Leuten nicht zufrieden sei, daß Kurt F*** schließlich zu ihm sagte, er (der Kläger) könne doch unter solchen Umständen hier nicht weiter arbeiten. Der Kläger antwortete, "im Grunde genommen haben Sie recht". Kurt F*** fragte den Kläger, wie lange er noch bleiben wolle, worauf der Kläger vorerst vorschlug, bis Ende des Jahres zu bleiben. Er korrigierte sich jedoch umgehend und sagte, er wolle noch "etwas dazu haben", er habe ja noch eine Kündigungsfrist und diese sei sehr lange. Weder dem Kläger noch Kurt F*** war bei diesem Gespräch die Dauer der Kündigungsfrist bekannt. Kurt F*** machte daraufhin den Vorschlag, sie sollten sich Ende März 1987 trennen, worauf der Kläger sinngemäß antwortete, er sei damit einverstanden. Ob Kurt F*** vor dieser letzten Äußerung des Klägers sagte, er werde den Kläger zum 31. März 1987 kündigen, steht nicht fest. Um dies auch schriftlich festzuhalten, sandte Kurt F*** einige Tage später am 3. Dezember 1986 einen Brief mit folgendem Wortlaut an den Kläger: "Sehr geehrter Herr B***! Der Ordnung halber halte ich schriftlich fest, was wir bei unserem letzten Gespräch bereits mündlich vereinbart haben: Das mit Ihnen bestehende Dienstverhältnis wird von uns zum nächstmöglichen Termin, also am 31. Dezember 1986 zum 31. März 1987 gekündigt. In diesem Sinn ist dieser Brief als das formale Kündigungsschreiben anzusehen. Mit freundlichen Grüßen Kurt F***".

Als der Kläger dieses Schreiben erhielt, befand er sich im Krankenstand. Er erkundigte sich dann bei der beklagten Partei über seinen restlichen Urlaubsanspruch und verbrauchte bis Mitte Februar Urlaub. In der Zwischenzeit äußerte er gegenüber früheren Mitarbeitern seinen Wunsch, weiterhin für die beklagte Partei tätig zu sein. Am 16. Februar 1987 meldete sich der Kläger wieder zur Arbeit. Er vertrat dabei gegenüber Kurt F*** den Standpunkt, daß die ausgesprochene Kündigung fristwidrig sei. Nach einer Auseinandersetzung packte Kurt F*** den Kläger bei der Schulter, verwies ihn des Zimmers und erklärte, er wolle ihn nicht mehr sehen. Der Kläger begehrt die Feststellung, daß sein Dienstverhältnis zur beklagten Partei über den 31. März 1987 hinaus aufrecht fortbestehe, sowie die Zahlung von 277.940,-- S brutto sA an weiterlaufendem Entgelt ab 1. April 1987. Die mit Schreiben vom 3. Dezember 1986 ausgesprochene Kündigung sei gemäß § 41 Z 4 KV unwirksam, weil sie während des Krankenstandes ausgesprochen worden sei. Eine Auflösung des Dienstverhältnisses vor diesem Zeitpunkt sei nicht erfolgt. Im übrigen wäre eine solche Vereinbarung auch nicht wirksam gewesen, weil Kurt F*** damals nicht Geschäftsführer und daher nicht berechtigt gewesen sei, für die beklagte Partei zu handeln.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Im November 1986 sei eine Vereinbarung über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses per 31. März 1987 zustande gekommen. Kurt F*** sei bereits vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer zum Abschluß einer solchen Vereinbarung befugt und berechtigt gewesen, weil er immer Alleineigentümer der beklagten Partei gewesen sei und alle Geschäftsführer an seine Weisungen gebunden gewesen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Selbst wenn Kurt F*** bei dem Gespräch im November das Wort Kündigung verwendet haben sollte, sei doch bei objektiver Betrachtung der Äußerungen der Gesprächspartner angesichts der Umstände, unter denen sie gefallen seien, deren Wille, das Dienstverhältnis zum 31. März 1987 zu beenden, klar erkennbar gewesen. Es sei daher eine Vereinbarung in diesem Sinn zustandegekommen. Wenn auch Kurt F*** zu diesem Zeitpunkt noch nicht Geschäftsführer gewesen sei, so habe er doch nach seiner Bestellung am 25. November 1986 mit dem Schreiben vom 3. Dezember 1986 die seinerzeitige Vereinbarung namens der beklagten Partei genehmigt. Das Schreiben könne ungeachtet der darin verwendeten Wortwahl nicht als Kündigungsschreiben angesehen werden, weil nach dem Inhalt der vorher geführten Besprechung, auf die im Kündigungsschreiben Bezug genommen worden sei, dessen Charakter als der eines Bestätigungsschreibens über die mündliche Vereinbarung klar erkennbar gewesen sei. Das Stillschweigen des Klägers auf dieses Schreiben sei eine neuerliche Zustimmung zu dieser Vereinbarung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Kurt F*** habe dem Kläger bei dem Gespräch im November die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit 31. März 1987 angeboten und der Kläger habe dieses Anbot angenommen. Im Hinblick auf die durch diese Vereinbarung geschaffene klare Rechtslage habe der Kläger den Inhalt des Schreibens vom 3. Dezember 1986 nicht dahin auslegen können, daß sein Dienstverhältnis zur beklagten Partei durch Kündigung enden werde. Es habe ihm vielmehr klar sein müssen, daß die beklagte Partei zu der mit ihm getroffenen Vereinbarung stehe. Auch dem Einwand, daß Kurt F*** bei dem Gespräch im November keine rechtswirksame Vereinbarung habe treffen können, weil er noch nicht Geschäftsführer gewesen sei, komme Berechtigung nicht zu, zumal Kurt F*** nach der Eintragung seiner Bestellung zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer im Handelsregister am 16. Februar 1987 die Weiterbeschäftigung des Klägers in drastischer Weise abgelehnt und damit klar zum Ausdruck gebracht habe, daß er sich an die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses gebunden erachte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klagebegehren abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger hat dem Vorbringen der beklagten Partei, daß bei dem Gespräch im November Übereinstimmung über die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses per 31. März 1987 erzielt worden sei, die Behauptung entgegengesetzt, daß bei diesem Gespräch eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen sei, sondern Kurt F*** lediglich eine Kündigung in Aussicht gestellt habe (AS 18). Das Erstgericht ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zum Ergebnis gelangt, daß nicht festgestellt werden könne, daß Kurt F*** bei dieser Gelegenheit gesagt habe, er werde den Kläger zum 31. März 1987 kündigen. Nur in diesem Sinn kann die in der Revision zitierte Feststellung verstanden werden. Das Erstgericht hat damit diesen vom Kläger behaupteten Gesprächsinhalt nicht als erwiesen angenommen. Ein Feststellungsmangel liegt nicht vor, weil das Erstgericht das Vorbringen des Klägers geprüft und hiezu diese negative Feststellung getroffen hat. Es ist daher davon auszugehen, daß dem Kläger der Beweis für diese Behauptung nicht gelungen ist.

Nach den Feststellungen erklärte Kurt F***, nachdem der Kläger verschiedene Beschwerden geäußert hatte, daß der Kläger unter solchen Umständen bei der beklagten Partei doch nicht weiterarbeiten könne. Dieser Erklärung hat der Kläger zugestimmt. Nachdem er den von ihm ursprünglich über Aufforderung geäußerten Vorschlag, noch bis Jahresende zu bleiben, unter Hinweis auf die längere Kündigungsfrist zurückgezogen hatte, machte Kurt F*** den Vorschlag, sich per 31. März 1987 zu trennen. Diesem Vorschlag stimmte der Kläger zu. Damit kam zwischen dem Kläger und Kurt F*** eine Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit diesem Zeitpsnkt zustande. Im Schreiben vom 3. Dezember 1986 ist wohl von einer Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers die Rede, doch muß berücksichtigt werden, daß das Schreiben von einem Nichtjuristen verfaßt ist und daher bei der Auslegung der Textierung ein strenger Maßstab nicht angelegt werden kann. Der Hinweis auf das mündliche Gespräch und die bei diesem getroffene Vereinbarung bringt vielmehr unzweifelhaft zum Ausdruck, daß die beklagte Partei von der vereinbarten einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zum 31. März 1987 ausging; der Inhalt des Schreibens spricht dagegen, daß die beklagte Partei etwa von der getroffenen Abmachung abgehen wollte. Dem Kläger mußte klar sein, daß die Grundlage für die Beendigung des Dienstverhältnisses ungeachtet des übrigen Textes des Schreibens weiterhin den Inhalt der mündlichen Besprechung bildete, in der eine Übereinstimmung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit 31. März 1987 erzielt worden war. Nach den Feststellungen fand die Besprechung zwischen dem Kläger und Kurt F*** in der ersten Novemberhälfte 1986 (der Kläger berichtete über deren Inhalt bereits zwischen 14. und 20. November dem Helmut E***) statt und daher zu einem Zeitpunkt, zu dem Kurt F*** noch nicht Geschäftsführer der beklagten Partei war. Die Frage, in welchem Umfang dieser vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer berechtigt war, für die beklagte Partei zu handeln - aus dem Verfahren ergibt sich, daß er bereits vorher sehr bestimmend tätig wurde und auch für die beklagte Partei auftrat, was für die zumindest faktische Einräumung einer weitgehenden Vollmacht durch den früheren Geschäftsführer spricht - bedarf keiner weiteren Klärung. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, daß Kurt F*** vor dem 25. November 1986 nicht wirksam für die beklagte Partei handeln konnte, wurden jedenfalls seine vor diesem Zeitpunkt im Rahmen der Auflösungsvereinbarung für die beklagte Partei abgegebenen Erklärungen in der Folge genehmigt. Gemäß § 15 Abs 1 GmbHG erfolgt die Bestellubg`der Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter. Die Bestellung ist nach der Zustimmung des Geschäftsführers sofort wirksam; für die Wirksamkeit der Bestellung sind die Anmeldung des Geschäftsführers zum Handelsregister und seine Eintragung nicht erforderlich (Reich-Rohrwig, GmbHG 97). Die Eintragung im Handelsregister hat nur deklarative Bedeutung. Die Geschäftsführer sind auch vor ihrer Eintragung im Rahmen des § 15 GmbHG zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt (Kostner, Die Gesellschaft mbH2, 62). Durch das Schreiben des Kurt F*** vom 3. Dezember 1986, in dem auf die mündlich getroffene Vereinbarung ausdrücklich Bezug genommen wurde, wäre eine zuvor allenfalls ohne entsprechende Vertretungsbefugnis abgegebene Erklärung Kurt F*** nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer für die beklagte Partei genehmigt worden und hätte daher Wirksamkeit erlangt. Da nach den Feststellungen in der Zeit zwischen der Besprechung vom November 1986 und der Übermittlung des Schreibens vom 3. Dezember 1986 Kontakte zwischen den Streitteilen nicht stattfanden und der Kläger selbst nicht vorgebracht hat, in dieser Zeit seine Zustimmungserklärung widerrufen zu haben, kann es unerörtert bleiben, ob der Kläger vor Genehmigung einer davor von Kurt F*** allenfalls vollmachtslos abgegebenen Erklärung durch die Gesellschaft von der getroffenen Vereinbarung hätte abgehen können. Die Frage eines Insichgeschäftes stellt sich in diesem Zusammenhang nicht.

Das Dienstverhältnis des Klägers wurde daher durch die Vereinbarung vom November 1986 mit Wirkung vom 31. März 1987 einvernehmlich aufgelöst, sodaß das Klagebegehren nicht berechtigt ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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