Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.891,60 (darin S 3.648,60 an USt) bestimmten Kosten des Revisionverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Josef und Maria D*** schenkten ihrer Tochter Erika R*** mit Notariatsakt vom 14.12.1972 unter anderem einen wertgesicherten und innerhalb von 5 Jahren zur Zahlung fälligen Barbetrag von S 2,000.000,--. Ihrem Sohn, dem Beklagten, schenkten sie - ebenfalls am 14.12.1972 - auf den Todesfall ihre Geschäftsanteile an der J.u.M.D*** OHG. Maria D*** starb am 18.1.1973. Ihr Nachlaß wurde dem Beklagten als Alleinerben eingeantwortet. Zwischen Josef D*** und dem Beklagten bestand Einvernehmen darüber, daß drei Sparbücher aus dem Privatvermögen des Josef und der Maria D*** nun je zur Hälfte Josef D*** und dem Beklagten gehörten. Da die Verpflichtung der Maria D*** gegenüber Erika R*** auf den Beklagten als den Alleinerben nach seiner Mutter übergegangen war, bezahlte er seiner Schwester in Erfüllung der Schenkungsverpflichtung am 12.12.1973 S 500.000,--, am 5.12.1974 S 39.200,-- (Wertsicherung) und am 28.10.1977 S 500.000,-- zuzüglich S 203.400,-- für Wertsicherung. Josef D*** ehelichte am 12.7.1974 Johanna D***.
Mit der am 13.4.1984 eingebrachten Klage begehrte Josef D*** die Zahlung von S 2,194.056,59 s.A. Josef D*** habe dem Beklagten die oben genannten drei Sparbücher mit einem Guthabensstand von insgesamt S 2,439.481,19 zur Verwahrung übergeben und habe ihn ermächtigt, über die Hälfte des Guthabens zu verfügen. Der Beklagte habe jedoch ohne sein Wissen und ohne seinen Willen die Sparbücher aufgelöst und den Erlös für sich behalten. Erika R*** habe den ihr geschenkten Betrag einschließlich Wertsicherung durch Teilzahlungen von S 500.000,-- im Jahre 1973, von S 1,000.000,-- zu Ostern 1977 und von S 1,300.000,-- im Oktober 1977 erhalten. Alle diese Zahlungen seien vereinbarungsgemäß aus dem Unternehmen der J.u.M.D*** OHG geleistet worden. Der Klagsbetrag ergebe sich aus der Hälfte des Erlöses der Sparbücher zuzüglich der seither aufgelaufenen Zinsen.
Josef D*** starb am 17.1.1987. Mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 16.4.1987 wurde Johanna D*** als der Alleinerbin die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen. Die klagende Partei brachte nunmehr ergänzend vor, Erika R*** habe auf die Schenkung hinsichtlich eines Teilbetrages von S 1,000.000,-- verzichtet. Das Vorbringen, Erika R*** habe zu Ostern 1977 S 1,000.000,-- und im Oktober 1977 S 1,300.000,-- erhalten, wurde widerrufen. Behauptet wurde statt dessen, Erika R*** habe zwei Teilzahlungen von je S 500.000,-- am 12.12.1973 und 28.10.1977 sowie aus dem Grunde der Wertsicherung einen weiteren Betrag von S 203.400,-- am 28.10.1977 erhalten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Josef D*** habe bereits im Oktober 1977 mehr als den Hälfteanteil aus den drei Sparbüchern erhalten, um damit die Anspüche seiner Tochter Erika R*** befriedigen zu können. Erika R*** habe von ihrem Vater am 28.10.1977 S 1,688.160,-- erhalten. Der Josef D*** zustehende Hälfteanteil an den Sparbüchern habe nur S 1,409.562,74 betragen. Den Differenzbetrag habe der Beklagte seinem Vater kreditiert. Die klagende Partei könne daher keine Ansprüche aus der Verwendung der Sparguthaben des Josef D*** geltend machen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf über den eingangs dargestellten Sachverhalt noch folgende weitere Feststellungen:
Die Verpflichtung aus dem Schenkungsvertrag war bis zum 14.12.1977 zu erfüllen. Da mit einer Klage der Beschenkten zu rechnen war, veranlaßte der Beklagte seinen Vater, die diesem obliegende Verpflichtung zu erfüllen. Da feststand, daß eine Erfüllung dieser Verpflichtung aus dem Josef D*** zustehenden Gewinnanteil an der J.u.M.D*** OHG nicht möglich war, kamen der Beklagte und sein Vater nach wiederholten Diskusionen überein, auf die Sparbücher zu greifen. Josef D*** und der Beklagte hoben gemeinsam einen Betrag von S 1,688.160,-- ab und übergaben diesen am 28.10.1977 Erika R***. Die Sparbücher wiesen damals einen Guthabensstand von etwa S 2,700.000,-- auf. Da die Josef D*** zustehende Hälfte der Sparguthaben für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten nicht ausreichte, kreditierte der Beklagte seinem Vater den Differenzbetrag. Anstelle einer Quittung über den tatsächlich bezahlten Betrag stellte Erika R*** am 2.1.1978 eine Verzichtserklärung aus, in der sie auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichtete.
Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht zu Recht, weil Josef D*** über seine Sparguthaben selbst verfügt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teile dessen rechtliche Beurteilung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO wendet sich die klagende Partei gegen Verfahrensmängel, die dem Erstgericht unterlaufen seien. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens einer Instanz kann jedoch grundsätzlich - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nur in der nächsthöheren Instanz wahrgenommen werden (EvBl 1957/191 uva).
Eine Behauptung, in dem von Josef D*** gemeinsam mit dem Beklagten von den in der Klage bezeichneten Sparbüchern abgehobenen und am 28.10.1977 Erika R*** übergebenen Betrag von S 1,688.160,-- sei auch der Betrag von S 703.400,-- enthalten gewesen, den der Beklagte Erika R*** am 28.10.1977 in Erfüllung der auf ihn als Erben nach seiner Mutter übergegangenen Schenkungsverpflichtung zugezählt habe, hat die klagende Partei im Verfahren vor dem Erstgericht nicht aufgestellt. Bemerkt sei, daß - abgesehen davon, daß eine Zeugen- oder Parteiaussage ein fehlendes Prozeßvorbringen nicht ersetzen kann (5 Ob 675, 676/77 ua) - Johanna D*** auch bei ihrer (ergänzenden) Vernehmung (AS 89 ff, in der Tagsatzung vom 8.9.1987) keine Angaben gemacht hat, denen Derartiges entnommen werden könnte. Denn Johanna D*** hat angegeben, ihr Mann habe die Hälfte des Sparguthabens dem Beklagten geschenkt. Mit dieser Hälfte habe der Beklagte die aus der Beilage E ersichtlichen Zahlungen (darunter auch die Zahlung von S 703.400,-- am 28.10.1977!) geleistet.
Der Vorwurf, die zweite Instanz sei auf das Vorbringen in der Berufung nicht eingegangen, es liege daher ein Verfahrensmangel darin, "daß das Erstgericht infolge unzulässiger vorgreifender Beweiswürdigung den Sachverhalt insoferne unvollständig festgestellt hat, als die beklagte Partei nicht befragt wurde, aus welchen Mitteln sie die von ihr behaupteten Zahlungen im Jahre 1973, 1974 und 1977 vorgenommen hat", ist schon deshalb verfehlt, weil das Berufungsgericht auf die Berufungsausführungen auch insoweit durchaus eingegangen ist (S.7 der angefochtenen Entscheidung). Darüberhinaus wurde der Beklagte zu dem genannten Thema ohnedies befragt (zweiter Absatz auf S.7 des Protokolls über die Tagsatzung vom 8.9.1987 = AS 93).
Unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO macht die klagende Partei geltend, es sei dem Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen, daß im Oktober 1977 das Sparguthaben von Josef D*** und ihm gemeinsam abgehoben worden sei. Dennoch hätten die Vorinstanzen auf Grund der Parteienvernehmung des Beklagten eine derartige Feststellung getroffen.
Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO liegt vor, wenn dem Urteil des Berufungsgerichtes in einem wesentlichen Punkt eine tatsächliche Voraussetzung zugrunde gelegt erscheint, welche mit den Prozeßakten erster oder zweiter Instanz in Widerspruch steht. Sie ist nur gegeben, wenn der Akteninhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn das Gericht auf Grund richtig dargestellter Beweisergebnisse zu Feststellungen oder rechtlichen Schlußfolgerungen in einer bestimmten Richtung gelangt (Fasching IV 318 f). In der Übernahme von Feststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht kann schon begrifflich eine Aktenwidrigkeit nicht liegen. Der Umstand, daß die Vorinstanzen über das Parteivorbringen hinausgehende Beweisergebnisse berücksichtigt haben, bildet demnach keine Aktenwidrigkeit.
Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die klagende Partei nicht von dem festgestellten Sachverhalt ausgeht. Keine der beiden Vorinstanzen hat festgestellt, daß Erika R*** am 28.10.1977 insgesamt nur den Betrag von S 1,688.160,-- erhalten hätte. Festgestellt wurde vielmehr, daß der Schwester des Beklagten an diesem Tag vom Beklagten der Betrag von S 703.400,-- bezahlt und daß ihr gleichfalls am 28.10.1977 ein Betrag von S 1,688.160,-- übergeben wurde, den Josef D*** und der Beklagte zuvor gemeinsam von den Sparbüchern abgehoben hatten.
Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)