OGH 10ObS57/89

OGH10ObS57/8921.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter MR Dr.Johann Herbst (Arbeitgeber) und Harald Reisenberger (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Harald R***, Angestellter, 1180 Wien, Währinger Straße 133/18, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***

U***, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65,

vertreten durch Dr.Adolf Fibich, Dr.Vera Kremslehner und Dr.Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Oktober 1988, GZ 32 Rs 173/88-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.März 1988, GZ 23 Cgs 508/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit 1.296 S (darin enthalten 216 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht ist richtig (§ 48 ASGG).

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ereignete sich der Unfall auf einem mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung zusammenhängenden Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung, wobei dieser Heimweg auch nicht dadurch unterbrochen wurde, daß der Kläger bei der Kreuzung der Alserbachstraße mit der Nußdorferstraße von einem Straßenbahnzug der Linie 5 in einen in die selbe Richtung fahrenden Straßenbahnzug der Linie 37 umsteigen wollte. Auch das dazu erforderliche Überqueren der genannten Kreuzung hatte das Ziel, die Wohnung zu erreichen, weshalb es sich dabei nicht um einen mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung nicht zusammenhängenden - in der deutschen Lehre und Rechtsprechung als "Abweg" bezeichneten - Abstecher, sondern um einen Teil des versicherten Heimweges handelte (so auch SSV-NF 2/31). Der Kausalzusammenhang zwischen der die Versicherung begründenden Tätigkeit und dem Unfall kann zwar auch wegen einer aus betriebsfremden Motiven selbstgeschaffenen Gefahr fehlen (Brackmann, Handbuch 60.Nachtrag 484i). Wer sich ohne jeden inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit einer leicht erkennbaren Gefahr aussetzt und von dieser Gefahr ereilt wird, kann nicht auf Leistungen der Versicherungsgemeinschaft rechnen (Tomandl, SV-System 3. ErgLfg 309). Bei einem Unfall im Straßenverkehr kann von einer den Versicherungsschutz ausschließenden selbstgeschaffenen Gefahr nur dann gesprochen werden, wenn der Unfall auf einem völlig unvernünftigen und unsinnigen Verhalten des Versicherten beruhrt, so daß die betriebsbedingten Verhältnisse zu unwesentlichen Nebenbedingungen und Begleitumständen des Unfalles herabsinken und die Beziehung zum Betrieb bei der Bewertung der Unfallursachen als unerheblich auszuscheiden ist (Lauterbach, Unfallversicherung3 33. Lfg 216/1). Entscheidend ist, ob trotz der - aus betriebsfremden Motiven - "selbstgeschaffenen Gefahr" die versicherte Tätigkeit eine wesentliche Bedingung geblieben ist oder die "selbstgeschaffene Gefahr" in so hohem Maß vernunftwidrig war und zu einer solchen besonderen Gefährdung geführt hat, daß die versicherte Tätigkeit nicht mehr als wesentliche Bedingung für den Unfall anzusehen ist (Brackmann aaO 60.Nachtrag 484k). Aus diesen Erwägungen hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 27.9.1988, 10 Ob S 243/88 das Verhalten eines Versicherten, der auf dem Heimweg eine breite, im Unfallzeitpunkt stark befahrene Straße bei Rotlicht überquerte, als nicht so kraß unvernünftig und unsinnig qualifiziert, daß der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gelöst wurde.

Umsoweniger kann dieser Zusammenhang durch das zum Unfall des Klägers führende Überqueren einer Straßenkreuzung (ohne festgestellten Verstoß gegen Verkehrsvorschriften) zum Zweck des Umsteigens in einen anderen Straßenbahnzug gelöst worden sein. Nur nebenbei sei erwähnt, daß von den Vorinstanzen nicht festgestellt wurde, daß der Kläger die Kreuzung laufend überquerte. Der nur aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen, nicht berechtigten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG, wobei allerdings nur die verzeichneten Kosten zugesprochen werden konnten (§ 52 Abs 3 und § 54 Abs 1 ZPO).

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