OGH 15Os16/89 (15Os17/89)

OGH15Os16/89 (15Os17/89)14.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Februar 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus W*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Leoben vom 1. Dezember 1988, GZ 18 Vr 579/88-44, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß dieses Gerichtes gemäß § 494 a StPO vom selben Tag (S 96, 129/III) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben: der Wahrspruch der Geschwornen und das darauf beruhende angefochtene Urteil sowie demzufolge auch der bekämpfte Beschluß werden aufgehoben; die Sache wird zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und mit seiner Beschwerde wird der Angeklagte hierauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der Angeklagte, der auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes (§ 75 StGB) schuldig erkannt worden ist, rügt eingangs seiner Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO, daß (trotz seines dahingehenden Antrages) den Geschwornen keine Eventualfrage nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang im Sinn des § 86 (richtig: der §§ 83, 86) StGB gestellt wurde. In der Hauptverhandlung hatte er ausdrücklich einen Tötungsvorsatz verneint, über Vorhalt einen bloßen Verletzungsvorsatz behauptet und die Vorhersehbarkeit des Todes seines Opfers als Folge seines Tatverhaltens eingeräumt (S 75/III). Der Schwurgerichtshof, der die (daraufhin beantragte) eingangs angeführte Fragestellung nichtsdestoweniger ablehnte, hat dabei - wie die Beschlußbegründung zeigt - das Gebot des § 314 Abs. 1 StPO verkannt. Wurde doch die vom Beschwerdeführer begehrte Eventualfrage nicht etwa deswegen verweigert, weil in der Hauptverhandlung keine Tatsachen vorgebracht worden wären, nach denen ihm, wenn sie als erwiesen angenommen würden, lediglich das Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs. 1, 86 StGB) zur Last fiele, sondern umgekehrt deshalb, weil sowohl nach dem Tatwerkzeug als auch nach der Art der Tatbegehung auszuschließen sei, daß der Angeklagte seine Mutter nur habe verletzen wollen (S 94/III).

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt demnach Berechtigung zu. Denn schon ein entsprechendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung (und nicht erst dessen Glaubwürdigkeit) ist für die Notwendigkeit zur Stellung einer (bei Richtigkeit dieses Vorbringens rechtlich indizierten) Eventualfrage vorauszusetzen. Beim Vorliegen mehrerer Versionen kommt es allein den Geschwornen zu, darüber zu befinden, was von dem solcherart in der Hauptverhandlung Vorgebrachten als erwiesen anzunehmen oder auszuschließen ist.

Durch die Unterlassung der relevierten, hier indiziert gewesenen Eventualfragestellung in Richtung §§ 83 Abs. 1, 86 StGB wurde daher die Bestimmung des § 314 Abs. 1 StPO verletzt und das Urteil nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO mit Nichtigkeit behaftet.

Demgemäß war, ohne daß es einer Erörterung der weiters geltend gemachten Gründe (Z 8 und Z 10 des § 345 Abs. 1 StPO) bedarf, der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und dem Erstgericht wie im Spruch die Verfahrenserneuerung aufzutragen (§§ 285 e, 344 StPO). Die Kassierung des Wahrspruches sowie des darauf basierenden Schuld- und Strafausspruches entzieht dem damit untrennbar verbundenen Widerrufsbeschluß (§ 494 a StPO) den Boden, sodaß dieser Beschluß gleichfalls zu beheben war.

Der Angeklagte war sohin mit seiner Berufung (gegen den Strafausspruch) und mit seiner Beschwerde (gegen den Widerrufsbeschluß) hierauf zu verweisen (vgl. 15 Os 71, 77/88).

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