Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.November 1949 geborene niederländische Staatsbürger Ventseslav Ivanov N*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12, zweiter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148, zweiter Fall, und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er von Dezember 1986 bis Mai 1987 in Wien und an anderen inländischen Orten gewerbsmäßig andere (diesbezüglich gesondert bereits rechtskräftig verurteilte) Personen dazu bestimmt, ihrerseits gewerbsmäßig mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Bedienstete zahlreicher Postämter durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher und verfälschter Urkunden, indem sie durch die Vorlage von Schecks mit nachgemachten Unterschriften der Aussteller, gefälschter Scheckkarten und verfälschter Reisepässe ihre Verfügungsberechtigung über das jeweilige Scheckkonto der N*** P*** vorgaben, zu Handlungen, die das
angeführte Geldinstitut an seinem Vermögen (um insgesamt mehr als 500.000 S) schädigten bzw schädigen sollten,
I. zu verleiten, nämlich
A) Laszlo K*** in 292 Fällen zur Auszahlung von insgesamt
3,039.100 S;
B) Marianne K***-H*** in 61 Fällen zur Auszahlung von
insgesamt 568.800 S;
II. zu verleiten zu trachten, nämlich Laszlo K*** in einem weiteren Fall zur Auszahlung von 5.000 S.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte N*** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5 a, 9 lit a und b und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt. Soweit sich der Beschwerdeführer zunächst im Rahmen der Verfahrensrügen (Z 3 und Z 4) dagegen wendet, daß seine (in der Hauptverhandlung vom 29.Juli 1988 wiederholten - S 61, 62/VI) Anträge auf Überprüfung des Gutachtens des zum Schriftsachverständigen bestellten Polizeibeamten Bezirksinspektor Eberhard K*** (Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung der Bundespolizeidirektion Wien) durch Einholung eines Gutachtens des Kriminologischen Instituts der Universität Wien bzw des "Bundeskriminalamtes Wiesbaden" abgewiesen wurden, zeigt er nach keiner Richtung hin eine Nichtigkeit auf. Daß das Erstgericht den Einwänden gegen eine ausreichende fachliche Qualifikation des Schriftexperten aus dem sicherheitsbehördlichen Erkennungsdienst mangels jedweder sachlicher Substantiierung die Berechtigung absprach, bleibt unter dem Gesichtspunkt der Z 3 unbeachtlich:
Stellt doch der hiezu allein in Betracht kommende § 120 StPO ausschließlich auf Personen ab, die in einem Untersuchungsfall als Zeugen nicht vernommen oder nicht beeidigt werden dürfen oder die zum Beschuldigten (Angeklagten) oder zum Verletzten in einem Angehörigenverhältnis im Sinn des § 152 Abs 1 Z 1 StPO stehen. Solche Voraussetzungen werden hier selbst in der Beschwerde nicht behauptet. Aber auch von einer entscheidungswesentlichen Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Ein zweiter Sachverständiger ist nach dem Gesetz nur dann beizuziehen, wenn es wegen der Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung (§ 118 Abs 2 StPO) oder infolge anders nicht zu beseitigender Bedenken gegen den Befund (§ 125 StPO) oder das Gutachten (§ 126 Abs 1 StPO) erforderlich ist. Da sich die Antragstellung lediglich an die Behauptung knüpft, der zum Sachverständigen bestellte (dabei, der Beschwerde zuwider, sehr wohl gerichtlich beeidete und in der Hauptverhandlung an seinen Eid erinnerte - S 59/VI iVm mit ON 1 S 3 mm verso), beruflich auf den Handschriftenvergleich spezialisierte Beamte des Erkennungsdienstes verfüge über kein ausreichendes Fachwissen, überdies nach Lage des Falles keine überdurchschnittlichen Anforderungen an den Gutachter gestellt waren, aber auch keine Bedenken gegen die Richtigkeit der in Rede stehenden gutächtlichen Ausführungen obwalteten, fehlte es hier an wesentlichen formalen und materiellen Voraussetzungen für ein Beweisbegehren nach einer weiteren Begutachtung. Der erst nachträglich in der Nichtigkeitsbeschwerde unternommene Versuch, die Schlüssigkeit des Gutachtens in einzelnen Punkten mit abweichenden subjektiven Einschätzungen des Schriftbildes in Frage zu stellen, ist prozessual zum Scheitern verurteilt. Dazu kommt, daß der angestrebten Beweisführung, daß nämlich der Angeklagte als Urheber der Fälschungen in den sichergestellten Reisepässen ausscheide, gar nicht jene zentrale Bedeutung für die Lösung der Schuldfrage zukommt, die ihr die Beschwerde beimißt, weil der Nichtigkeitswerber nicht wegen Beihilfe (§ 12, dritter Fall, StGB) sondern wegen Anstiftung (§ 12, zweiter Fall, StGB) schuldig gesprochen wurde.
Aber auch für die Beweisfrage trifft dies zu: Hat doch das Erstgericht die den bekämpften Schuldspruch tragende Feststellung, daß N*** (entgegen seiner leugnenden Verantwortung) Laszlo K*** nicht bloß gutgläubig chauffierte, als dieser am 14.Mai 1987 letztmals eine betrügerische Scheckeinlösung versuchte (II), vielmehr den Genannten wie auch dessen Ehegattin Marieanne K***-H*** umfassend zu den urteilsgegenständlichen Betrugshandlungen bestimmte, vorrangig auf die den Angeklagten belastenden Angaben der Genannten gestützt und in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Falschbezichtigung aus einer Reihe objektivierter Anhaltspunkte ausgeschlossen (weitgehende Übereinstimmung der von den Ehegatten K*** nach ihrer Verhaftung ohne Absprachegelegenheit erhobenen Anschuldigungen, urkundlich belegtes Naheverhältnis des Beschwerdeführers und Laszlo K*** in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, sichergestellte Notizen der Marieanne K***-H*** über die führende Tatbeteiligung des Angeklagten usw. - siehe S 178 bis 181/VI). Wenn im angefochtenen Urteil dabei auch abschließend darauf hingewiesen wird, daß (überdies) das Gutachten des Schriftsachverständigen die den Angeklagten belastenden Angaben seiner Komplizen stützt, so dient dies ersichtlich nur der nicht mehr entscheidenden Abrundung der gesamten Beweislage (S 181, 182/VI). Materiellrechtlich kann es jedenfalls auf sich beruhen, ob N*** neben seiner Bestimmungstäterschaft noch darüber hinaus durch eigenhändige Fälschungshandlungen einen sonstigen Tatbeitrag leistete, weil ihm dies schuldspruchmäßig gar nicht zur Last liegt (siehe oben). Nichtigkeit begründende Verfahrensfehler zeigt die Beschwerde aber auch sonst nicht auf:
Eine unter der Nichtigkeitssanktion der Z 3 einzuräumende Vorbereitungsfrist sieht das Gesetz zwar für die Zustellung der Vorladung zur Hauptverhandlung (§ 221 Abs 1 StPO), nicht aber zum Studium eines Sachverständigengutachtens vor. Der Unmöglichkeit einer zeitgerechten Vorbereitung auf das Schriftsachverständigengutachten wäre nur durch einen diesbezüglichen Vertagungsantrag zu begegnen gewesen, der dann u.U. die Anfechtung aus dem § 281 Abs 1 Z 4 StPO eröffnet hätte. Soweit zu den Hauptverhandlungen vom 10.Februar 1988 (ON 195), 9.März 1988 (ON 209) und 22.Juni 1988 (ON 250) vermeintliche Verfahrensfehler (Z 3) geltend gemacht werden, kann das Beschwerdevorbringen schon deshalb auf sich beruhen, weil die letzte Hauptverhandlung am 29. Juli 1988 gemäß § 276 a StPO neu durchgeführt wurde. Als ebensowenig zielführend erweist sich der weitere Einwand, die (mit dem Einverständnis auch des Angeklagten - S 58, 59/VI) geraffte Wiederholung der bis dahin vorgelegenen Verfahrensergebnisse zu Beginn der letzten Hauptverhandlung hätte dem neu beigezogenen (in der Hauptverhandlung vom 22.Juni 1988 allerdings als Ersatzschöffe anwesend gewesenen - siehe S 57/VI iVm mit S 471/V) Schöffen Siegfried F*** die gebotene Sachinformation verwehrt, weil der in § 281 Abs 1 Z 3 StPO normierte Katalog nichtigkeitsbedrohter Formverstöße einen derartigen Verfahrensmangel nicht erfaßt. Die Frage hinwieder, ob die bei den Ehegatten K*** sichergestellten Reisedokumente (auch) einzelne von der Hand des Angeklagten stammende Fälschungen enthielten oder nicht, betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand (siehe oben). Festzuhalten ist schließlich, daß der Angeklagte in der letzten (gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten) Hauptverhandlung die früheren Beweisanträge nur insoweit wiederholt hat, als sie eine nach seiner Meinung fachlich nicht kompetente Begutachtung der sichergestellten Falsifikate korrigieren sollten (S 61, 62/IV); der andere Beweisthemen aufgreifenden Verfahrensrüge (Z 4) ist damit schon aus formaler Sicht der Boden entzogen.
Abgesehen davon, daß die weiters gerügten Verstöße gegen die Bestimmungen des § 248 Abs 2 und 4 StPO über Gegenüberstellungen bei abweichenden Aussagen bzw über die Befragung des Angeklagten zu jeweils abgeschlossenen Beweisaufnahmen nach dem Gesetz nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen, trifft es nach der Aktenlage gar nicht zu, daß es dem Angeklagten (oder seinem Verteidiger) verwehrt gewesen wäre, zu den Angaben des Laszlo K*** und der Marieanne K***-H*** bzw zum Gutachten des Schriftsachverständigen Stellung zu nehmen (siehe S 479 ff, 521, 522, 527/V S 60, 61/VI). Dem angefochtenen Urteil haftet aber auch keine Unvollständigkeit (Z 5) an:
Daß bei Laszlo K*** und Marieanne K***-H*** (unter anderem) Bargeld und Sparguthaben von insgesamt mehr als 500.000 S sichergestellt werden konnten (siehe S 29, 101/II), betrifft (unter dem Gesichtspunkt einer allfälligen teilweisen objektiven Schadensgutmachung) ausschließlich die mit Berufung anfechtbare Strafzumessung, nicht aber einen mit Nichtigkeitsbeschwerde relevierbaren Fehler, zumal das Übersehen eines Milderungsgrundes nach keinem Anwendungsfall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO Nichtigkeit bewirkt (vgl 12 Os 78/88). Auch der Einwand im Rahmen der Rechtsrüge (Z 11), das Adhäsionserkenntnis wäre auf einen entsprechend reduzierten Betrag zu beschränken gewesen, ist lediglich mit Berufung zu erheben. Da das Erstgericht ohnedies mitberücksichtigt hat, daß die Angaben des Laszlo K*** und der (in der gesonderten Hauptverhandlung gegen den Angeklagten N*** im übrigen nicht als Zeugin vernommenen) Marieanne K***-H*** in einzelnen Punkten (insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Tatbeteiligung des Beschwerdeführers als Fahrzeuglenker) - den Beweiswert insgesamt jedoch nicht beeinträchtigende - Unstimmigkeiten aufwiesen (S 179, 180/VI), stellt sich die Mängelrüge, soweit sie entsprechende Urteilserwägungen vermißt, als nicht prozeßordnungsgemäß dar. Nicht anders verhält es sich mit jenen weitwendigen, oftmals wiederholten Einwänden, welche (zum Teil unter sinnentstellender Lösung von Aussagedetails aus dem Zusammenhang) die Konstruktion vermeintlich entlastender Beweisaspekte versuchen und solcherart lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung (überwiegend zu der aus materiellrechtlicher Sicht - wie dargelegt - gar nicht entscheidungswesentlichen Frage eigenhändiger Urkundenfälschungen durch den Angeklagten) bekämpfen. Der (sachlich allein - wenn auch nicht gesetzmäßig - auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte) Vorwurf, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, wo die zur Tatausführung benützten Urkunden jeweils nachgemacht bzw verfälscht worden seien, obwohl im Fall der Begehung im Ausland mangels österreichischer Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers die inländische Gerichtsbarkeit entfiele, übergeht, daß nach dem Urteilssachverhalt mit Rücksicht auf die (die Urkundenfälschungen miteinschließende) rechtliche Einheit jedes einzelnen der urteilsgegenständlichen, ohne Ausnahme durch Täuschungshandlungen in inländischen Postämern verwirklichten Betrugsfakten in allen Fällen Inlandstaten vorliegen. Was sonst noch unter dem Gesichtspunkt formeller Begründungsmängel geltend gemacht wird, betrifft durchwegs keine entscheidenden Tatsachen (Z 5) und kann schon deshalb auf sich beruhen. Die Urteilsfeststellung über den Aufteilungsschlüssel der betrügerisch herausgelockten Gelder unter den Komplizen ist ersichtlich dahin zu verstehen, daß die Scheckbeträge letztlich jeweils nur zwei Personen (dem Angeklagten und jenem unmittelbaren Täter, der den Scheck einlöste) zuflossen. Von einer denkgesetzwidrigen Urteilsbegründung kann daher hier nicht die Rede sein.
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) erschöpft sich erneut in sinnentstellenden Deutungen einzelner aus dem Kontext gelöster Aussageteile und vermag daher in keinem Punkt erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Auch jene zu materiellen Nichtigkeitsgründen erhobenen Beschwerdeeinwände, deren Unerheblichkeit nicht bereits in anderem Zusammenhang klargestellt wurde, erweisen sich als nicht zielführend. Die von der Beschwerde vermißten Erörterungen über Gesprächseinlassungen des Angeklagten mit Laszlo K*** unmittelbar vor deren Verhaftung, aber auch zu allfälligen Fluchttendenzen, konnten mangels jedweder Relevanz für die Schuldfrage unterbleiben. Dies gilt auch für den Verdacht, daß Laszlo K*** sicherheitsbehördlichen Erhebungen zufolge bereits im November 1986 Schecks betrügerisch eingelöst haben soll. Abermals ausschließlich gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung wendet sich die Rechtsrüge, soweit sie auf (unwesentliche Details betreffende) Ungereimtheiten der Angaben des Laszlo K*** abstellt. Unter Z 9 lit b bringt der Angeklagte sinngemäß vor, am 14. Mai 1987 im Zusammenhang mit den seiner Verhaftung unmittelbar vorangegangenen Betrügereien von Laszlo K*** in Irrtum geführt worden zu sein und solcherart gutgläubig nur als Fahrzeuglenker fungiert zu haben. Damit werden jedoch die Konstatierungen über die umfassende Bestimmungstäterschaft des Angeklagten zur Gänze ignoriert und solcherart abermals ein vollkommen urteilsfremder Sachverhalt unterstellt. Auch in diesem Punkt läßt die Rechtsrüge eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.
Nichts anderes gilt letztlich auch für den auf Z 11 (sachlich: Z 10) gestützten Einwand, mit Rücksicht auf eine Verantwortlichkeit des Angeklagten ausschließlich für die Tathandlungen vom 14.Mai 1987 und den damit verbundenen "Schadensbetrag von unter 25.000 S" (S 217/VI) habe das Gericht "seine Strafbefugnis überschritten". Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.
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