OGH 2Ob160/88

OGH2Ob160/887.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann N*, vertreten durch Dr. Rudolf Wieser, Dr. Friedrich Hohenauer, Dr. Martin Zanon, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Wolfgang E*, 2. S*, beide vertreten durch Dr. Bernhard Prohaska, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 91.000 sA und Feststellung, infolge Rekurses aller Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. Oktober 1988, GZ 3 R 290/88-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. August 1988, GZ 15 Cg 372/87-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00160.88.0207.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Auf die Kosten des Rekursverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.

 

Begründung:

Der Kläger geriet am 27. Juli 1986 gegen 3.00 Uhr früh mit seinem PKW auf der Itterer Landesstraße nach Überfahren einer Querrinne ins Schleudern, sein Fahrzeug überschlug sich mehrmals. Bei diesem Unfall erlitt der Kläger schwere Verletzungen. Die Querrinne war durch Bauarbeiten entstanden, die die zweitbeklagte Partei, deren Bauleiter der Erstbeklagte war, durchgeführt hatte. Der Kläger fordert unter Berücksichtigung eines eigenen Mitverschuldens von 50 % einen Schadenersatzbetrag von S 91.000,- sA. Außerdem begehrt er die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für 50 % seiner künftigen Unfallschäden. Er brachte vor, die Querrinne sei nicht durch Verkehrszeichen abgesichert gewesen. Beide beklagten Parteien hafteten wegen Verletzung der Schutzpflichten gegenüber Dritten.

Die Beklagten wendeten ein, die Querrinne sei niveaugleich mit Schutt ausgefüllt worden, die Baustelle sei mit den von der Bezirkshauptmannschaft vorgeschriebenen Zeichen ("Achtung Baustelle", "vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit 30 km/h", "Querrinne") abgesichert gewesen. Der Unfall sei nicht durch die Fahrbahnunebenheit ausgelöst worden, sondern dadurch, daß der Beklagte eingeschlafen und von der Fahrbahn abgekommen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bauarbeiten wurden in der Zeit vom 30. Juni bis 24. Juli 1986 durchgeführt. Durch eine Aufgrabung entstand eine Querrinne, die mit Erdmaterial und Schotter ausgefüllt und mit einem Stampf-Verdichtungsgerät verdichtet wurde. Mit den Asphaltarbeiten sollte die beklagte Partei am 8. August 1986 beginnen. Während der Bauarbeiten waren im Baustellenbereich nördlich und südlich der Querrinne die Zeichen "Achtung Baustelle" und "vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit 30 km/h" aufgestellt. Daß bis zur Einstellung der Bauarbeiten am 24. Juli 1986 auch das Gefahrenzeichen "Querrinne" aufgestellt war, hat das Verfahren nicht ergeben. Am 24 Juli 1986 befuhr der zuständige Straßenmeister die Itterer Landesstraße im späteren Unfallsbereich. Zu diesem Zeitpunkt war die Querrinne mit Material aufgefüllt und etwas überhöht, es bestand keine Notwendigkeit für die Anbringung des Gefahrenzeichens "Querrinne". Am 25. oder 26. Juli 1986 wurde die Querrinne durch starke Regenfälle ausgewaschen, von einem Anrainer aber mit neben der Fahrbahn gelagertem Schotter wieder aufgefüllt. Zur Zeit des Unfalles hatte die durch Befahren und Regenfälle vertiefte, 80 cm breite Querrinne ein charakteristisches Profil mit relativ kleinen Stufen am Asphaltabbruch und einer größeren Tiefe in der Mitte (etwa 5 cm) angenommen. Die Beklagten haben nicht bewiesen, daß nach Beendigung der Bauarbeiten am 24. Juni 1986 Verkehrszeichen aufgestellt waren. Der Kläger fuhr auf der 5,8 m breiten, leicht abschüssigen Fahrbahn mit einer Geschwindigkeit von mehr als 104 km/h, hielt zum rechten Fahrbahnrand einen Seitenabstand von ca. 3,5 m und zum linken einen solchen von ca. 60 cm ein, benützte also den linken Fahrstreifen und überfuhr mit allen Rädern die Querrinne, die vom linken Fahrbahnrand nur bis zur Mitte der Fahrbahn reichte. Nach Befahren der Querrinne geriet der PKW ins Schleudern und kam 68,5 m, nachdem er sich fünfmal überschlagen hatte, in der neben dem rechten Fahrbahnrand gelegenen Wiese zum Stillstand. Durch das Befahren der Querrinne war die Richtungsstabilität des PKWs wesentlich beeinflußt worden. Bei Geschwindigkeiten zwischen 50 und 80 km/h treten beim Befahren derartiger Querrinnen Schläge auf die Räder auf, die vor allem bei alten Fahrzeugen mit ausgeschlagenen Gelenken und verbrauchten Stoßstämpfern unangenehme Nickschwingungen bewirken und bei quer zur Fahrbahn ungleich tiefen Rinnen ein zusätzliches Rollen verursachen. Bei höheren Geschwindigkeiten und Lenkkorrekturen infolge Erschreckens können Schleuderbewegungen eingeleitet werden. Es ist nicht feststellbar, ob ungleiche Tiefen der Querrinne betreffend die linken und rechten Räder vorhanden waren oder ob eine so starkes Rollen des Fahrzeuges aufgetreten ist, daß dadurch eine Lenkkorrektur notwendig bzw. das Schleudern eingeleitet wurde. Bei Einhaltung einer angemessenen Geschwindigkeit zwischen 50 und 80 km/h, bei Fahren auf Sicht mit Abblendlicht bzw. Aufblendlicht wäre eine wesentliche Beeinflussung der Fahrstabilität des Fahrzeuges beim Passieren der Querrinne nicht aufgetreten. Hätte der Kläger die Mitte des in seiner Fahrtrichtung gesehen rechten Fahrstreifens benützt, wäre er mit der Querrinne nicht in Berührung gekommen. Der Kläger wohnt im Itter-Mühltal, es ist deshalb anzunehmen, daß er die spätere Unfallstelle passierte, während die Bauarbeiten noch im Gange waren. Zumindest vor dem Unfall ist er von zu Hause nach Itter gefahren, wo er an einem Zeltfest teilnahm. Spätestens ab diesem Zeitpunkt mußte er von der Querrinne Kenntnis haben und hätte sein Fahrverhalten, auch wenn keine Gefahrentafeln vorhanden waren, entsprechend einrichten können.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, aus den Bestimmungen der §§ 89 Abs. 1 und 32 Abs. 6 StVO ergebe sich die Verpflichtung des Bauführers bei Straßenbauarbeiten, die dadurch entstandenen Verkehrshindernisse entsprechend abzusichern und zwar auch, wenn die Straßenbauarbeiten unterbrochen werden. Am 24. Juli 1986 wäre auf Grund der damaligen Verhältnisse das Aufstellen eines Gefahrenzeichens "Querrinne" zwar nicht notwendig gewesen, da sich die Verkehrssicherungspflicht auch auf die Zeit danach erstreckt habe, wäre es aber Aufgabe der Beklagten gewesen, insbesondere bei starken Regenfällen zu überprüfen, ob ein neuerliches Aufschütten oder zumindest die Anbringung einer Gefahrentafel gemäß § 50 Z 1 StVO notwendig geworden sei. Eine solche Tafel hätte bei Auftreten von Unebenheiten angebracht werden müssen. Da diese zumutbare Maßnahme unterlassen worden sei, treffe die Beklagten ein Verschulden. Andererseits sei davon auszugehen, daß die Querrinne bei ordnungsgemäßem Verhalten des Klägers ohne Bedeutung gewesen wäre. Dem Kläger sei ein massives Fehlverhalten anzulasten, er habe gegen die Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1 sowie 20 Abs. 1 und Abs. 2 StVO verstoßen, da er die linke Fahrbahnhälfte benützt und seine Fahrgeschwindigkeit nicht den Verkehrs- und Sichtverhältnissen (45 km/h bei Abblendlicht, 80 km/h bei aufgeblendeten Scheinwerfern) angepaßt habe. Es sei anzunehmen, daß auch entsprechende Verkehrszeichen den Kläger nicht zu einem verkehrsgerechten Verhalten veranlaßt hätten. Das Verschulden des Klägers überwiege in einem solchen Maß, daß das geringfügige Mitverschulden der Beklagten unberücksichtigt bleiben könne.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf. Es sprach aus, daß er der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- nicht übersteige. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, bei allseitiger rechtlicher Prüfung ergäben sich Feststellungsmängel in mehrfachen Richtungen. Mangels einer vertraglichen Beziehung könne eine Haftung der Zweitbeklagten für den Schaden des Klägers nur in der Verletzung eines Schutzgesetzes begründet sein. Die Zweitbeklagte sei Bauführer im Sinne der Bestimmungen der §§ 32 Abs. 6 und 90 StVO. Gemäß § 90 Abs. 1 StVO sei eine Bewilligung der Behörde erforderlich gewesen, die befristet oder mit Auflagen habe erteilt werden können. Die Verkehrssicherungspflicht des Bauführers ende mit dem Abschluß der Arbeiten und der Verständigung der Behörde bzw. des Straßenhalters hievon. Das Erstgericht habe nicht geklärt, welche Verkehrsbeschränkungen, namentlich welche Verkehrszeichen die Behörde vorgeschrieben habe und ob diese Vorschreibung noch für den Unfallstag Gültigkeit gehabt habe. Nach Klärung dieser Frage werde festzustellen sein, ob die Zweitbeklagte den behördlichen Vorschreibungen entsprochen habe. Die Sachverhaltsgrundlage sei in diesem Punkt widersprüchlich, das Erstgericht habe die Negativfeststellung getroffen, daß die Beklagten ihre Prozeßbehauptung, die Querrinne durch Gefahrentafeln gekennzeichnet zu haben, nicht bewiesen hätten, bei der rechtlichen Beurteilung werde aber davon ausgegangen, eine Gefahrentafel nach § 50 Z 1 StVO sei nicht aufgestellt gewesen. Die Zweitbeklagte hätte, sollten ihre Arbeitskräfte die Aufstellung der aufgetragenen Gefahrentafeln unterlassen oder die Tafeln entfernt haben, zu ihrer Entlastung zu beweisen, daß sie eine tüchtige Person mit der Verrichtung betraut und diese auch gehörig überwacht habe. Die Zweitbeklagte sei als juristische Person nicht deliktsfähig, es könne ihr nur ein deliktisches Verhalten ihrer Organe bzw. Repräsentanten zur Last fallen. Nach ständiger - allerdings von einem Teil der Lehre kritisierter - Rechtsprechung hafte der mit der Betreuung des Weges beauftragte Unternehmer nach allgemeinen Schadenersatzregeln, da zu einer ausdehenden Auslegung des § 1319a ABGB kein Anlaß bestehe. Sollten die Verkehrszeichen aufgestellt, aber von dritter Seite entfernt worden sein, sei zu prüfen, ob die Zweitbeklagte bzw. ihre Leute ihrer Verpflichtung zur Kontrolle und Wiederaufstellung der Verkehrszeichen nachgekommen seien. Daß der Kläger Verkehrszeichen, wären sie aufgestellt worden, nicht beachtet hätte und der Unfall daher in gleicher Weise eingetreten wäre, hätten die Beklagten beweisen müssen; das Verfahren habe derartiges nicht ergeben. Eine vertragliche Haftung der Zweitbeklagten unter analoger Statuierung einer Schutzpflicht gegenüber Straßenbenützern sei nicht gegeben. Zwar habe der Oberste Gerichtshof in einem ganz anders gelagerten Fall bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht eine solche Haftung nach Vertragsgrundsätzen bejaht (SZ 53/169), einer solchen Haftung stehe aber entgegen, daß der Straßenhalter in seinem Vertrag mit dem Bauführer diesem nicht mehr Pflichten gegenüber den Straßenbenützern überwälzen könne, als ihm selbst nach § 1319a ABGB obliegen. Im Fall einer solchen Vertragskonstruktion würde der Bauführer überdies für das Fehlverhalten seiner Gehilfen nur nach § 1315 ABGB haften. Für so verschiedene Haftungsgrundlagen für Unfälle wegen eines mangelhaften Wegzustandes je nach dem, ob der Straßenhalter Bauarbeiten selbst organisiert oder sie einem selbständigen Unternehmen übertragen habe, gäbe das Gesetz keine Handhabe. Sollte sich nach Verfahrensergänzung eine Haftung der Zweitbeklagten ergeben, würde das Fehlverhalten des Klägers in jedem Fall überwiegen. Der Kläger habe gegen die §§ 7 und 20 StVO verstoßen. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang sei auch in bezug auf die Verletzung des Rechtsfahrgebotes zu bejahen, da dieses zwar in erster Linie den Gegenverkehr schützen solle, jedoch auch den Zweck habe, jedwede Gefahr vom linken Fahrbahnrand her zu vermeiden und auch sonst ganz allgemein allen möglichen Risken im Straßenverkehr vorzubeugen habe. Anders stelle sich die Rechtslage hinsichtlich des Erstbeklagten dar. Die Verpflichtung zur Kennzeichnung und Absicherung einer Straßenbaustelle treffe den Bauführer, nicht aber seinen Bediensteten. Dieser sei nicht verpflichtet, seinen Dienstgeber auf dessen Verpflichtungen aufmerksam zu machen. Von einem Verschulden des Erstbeklagten könnte nur dann gesprochen werden, wenn er einem Auftrag seines Dienstgebers zur Absicherung und Kennzeichnung der Baustelle schuldhaft nicht nachgekommen wäre. Allenfalls könnte eine Haftung des Erstbeklagten aus dem sogenannten Ingerenzprinzip abgeleitet werden. Die Rechtsprechung habe nämlich aus den Bestimmungen der §§ 1295, 1319 f ABGB den Grundsatz entwickelt, daß derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, die notwendigen Vorkehrungen zur Abkehrung der daraus drohenden Gefahren zu treffen habe, soweit eine solche Gefahrenquelle für ihn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar sei. Ob diese Voraussetzungen gegeben seien, könne nach den derzeitigen Verfahrensergebnissen nicht verläßlich beurteilt werden. Hiezu werde zu klären sein, welchen Aufgabenbereich der Erstbeklagte konkret in Ansehung der Baustelle gehabt habe, welche Aufträge ihm von der Zweitbeklagten erteilt worden seien, welche Veranlassung er getroffen habe und ob er habe wissen müssen, daß sich die Gefahrenstelle nach Beendigung der Straßenbauarbeiten im ungesicherten Zustand befinde.

Der Rechtskraftvorbehalt sei im Hinblick auf die divergierenden Rechtsansichten und das Fehlen einer oberstgerichtlichen Judikatur verfügt worden, die sich mit der Kritik eines Teiles der Lehre an der Rechtsprechung zur Haftung eines Unternehmers bzw. Bauführers auseinandersetze, der Aufgaben des Straßenhalters (§ 1319a ABGB) übernommen habe.

Sowohl der Kläger als auch die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit Rekurs. Sie beantragen jeweils, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind nicht berechtigt.

Zum Rekurs des Klägers:

Der Kläger vertritt die Ansicht, die Sache sei dem Grund nach spruchreif, da keine Verkehrszeichen aufgestellt gewesen seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß - abgesehen von den vom Berufungsgericht angeführten, im Ersturteil enthaltenen Widersprüchen zu dieser Frage - sich aus der Tatsache, daß zur Zeit des Unfalls keine Verkehrszeichen vorhanden waren, noch nicht zwingend eine Haftung der beiden Beklagten ergeben würde. Dies kann erst nach der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung beurteilt werden. Beizupflichten ist dem Kläger jedoch, soweit er sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes wendet, sein Fehlverhalten überwiege jedenfalls, der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot und dem Unfall sei zu bejahen. Richtig ist zwar, daß der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat, das Rechtsfahrgebot habe den Zweck, jedwede Gefahr vom linken Fahrbahnteil her zu verhindern und auch sonst ganz allgemein allen möglichen Risken im Straßenverkehr vorzubeugen (ZVR 1980/121 ua). Trotzdem muß im vorliegenden Fall der Rechtswidrigkeitszusammenhang verneint werden. Beim Rechtsfahrgebot handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB, bei seiner Verletzung ist nur für jene Schäden zu haften, denen das Gesetz durch § 7 StVO vorbeugen will. Anders als in Fällen, bei denen zumindest zwei Verkehrsteilnehmer vorhanden sind, die durch die Normen der StVO vor gegenseitigen Gefährdungen geschützt werden sollen, in den vorliegenden Unfall nur ein Verkehrsteilnehmer, nämlich der Kläger, verwickelt. Er wurde nicht durch einen anderen Fahrzeuglenker, sondern durch eine nur auf einer Fahrbahnhälfte befindliche Querrinne gefährdet. Bei Befolgung der Vorschrift des § 7 StVO wäre er durch die Querrinne zwar nicht gefährdet worden, andererseits wäre für einen in der Gegenrichtung fahrenden Fahrzeuglenker bei vorschriftsgemäßer Benützung des rechten Fahrstreifens von der Querrinne eine Gefahr ausgegangen, nicht aber bei einer Benützung der linken Fahrbahnhälfte. Zweck des Rechtsfahrgebotes ist es nicht, zu erreichen, daß durch Mängel in der Beschaffenheit der Fahrbahn, die sich nur auf einer Fahrbahnhälfte befinden, nur Fahrzeuglenker gefährdet werden, die in einer bestimmten Richtung fahren. Der Umstand, daß der Lenker die linke Fahrbahnhälfte benützte, ist daher mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges für die Verschuldensfrage ohne Bedeutung. Zur Frage einer Verschuldensteilung kann erst nach der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung Stellung genommen werden.

Für eine Mithaftung der beklagten Parteien für den Schaden des Klägers ist das Vorliegen groben Verschuldens nicht erforderlich. Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß ein mit den Aufgaben des Wegehalters betrauter selbständiger Unternehmer nicht zu den "Leuten" des § 1319 ABGB gehört (dies entspricht auch dem Ausschußbericht 1678 BlgNR 13. GP  6) und daher die einschränkenden Haftungsregeln nach dieser Bestimmung nicht in Anspruch nehmen kann, sondern er nach allgemeinen Schadenersatzregeln, also selbst für leichte Fahrlässigkeit, haftet (vgl. SZ 52/33, EvBl. 1981/231, ZVR 1984/226, ZVR 1988/50, 2 Ob 21/87 ua). Diese Ansicht wird auch von Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 205 geteilt. Richtig ist zwar, daß ein Teil der Lehre auch die Haftung eines selbständigen Unternehmers im Sinne des § 1319a ABGB auf grobe Fahrlässigkeit einschränken will (Welser in Sprung-König, Österreichisches Schirecht 395, 402; Posch, Die Folgen des § 1319a ABGB, ZVR 1984, 262; Harrer in Schwimann, ABGB, Rdz 13 zu § 1319a, Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 12 zu § 1319a), doch besteht kein Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen. Die Lehre wendet insbesondere gegen die Rechtsprechung ein, eine unterschiedliche Haftung von Wegehalter und selbständigem Unternehmer, dem der Wegehalter Pflichten übertragen habe, hätte keinen Sinn. Zutreffend hat aber bereits Koziol aaO darauf hingewiesen, daß es ebenso merkwürdig wäre, hätte ein Dritter nur für grobes Verschulden einzustehen, wenn er die Körperverletzung durch die Beschädigung des Weges oder Verursachung eines Schadens auf der Straße hervorrufe, obwohl sonst stets für leichte Fahrlässigkeit zu haften sei. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Vorschrift des § 1319a ABGB nur auf den Halter eines Weges und seine Leute anzuwenden. Da ein selbständiger Unternehmer nicht zu den Leuten des Straßenhalters gehört, ist eine Haftung der beklagten Parteien nicht auf grobes Verschulden beschränkt.

Zum Rekurs der Beklagten:

Soweit die Beklagten bei ihren Rechtsmittelausführungen davon ausgehen, zur Zeit des Unfalles seien Verkehrstafeln aufgestellt gewesen, weichen sie vom festgestellten Sachverhalt ab. Die Frage, ob die beiden Beklagten eine Haftung für den Schaden des Klägers trifft, kann erst nach Verfahrensergänzung im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes beurteilt werden. Von einem Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein der Querrinne und dem Unfall ist auf Grund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen auszugehen, die Ausführungen im Rekurs der Beklagten, die einen derartigen Zusammenhang bestreiten, stellen einen unzulässigen Versuch dar, in dritter Instanz die Beweiswürdigung zu bekämpfen.

Beiden Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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