Spruch:
Die Revision wird - soweit sie sich gegen die Entscheidung über den Kostenpunkt richtet - zurückgewiesen. Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 17.473,12 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.200,-- S Barauslagen und 1.479,37 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen ist die Einzelfirma Karl R*** ("Elektro-R***") im Frühjahr 1979 in die "Elektro R*** Gesellschaft mbH" (HRB 1558 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz) "umgewandelt" worden; deren "Alleininhaber" (offensichtlich gemeint: Alleingesellschafter) war Karl R***. Am 7.Februar 1986 wurde zu 20 S 5/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet.
Die Klägerin war bei der Firma Karl R*** seit 5. Dezember 1966 ununterbrochen bis zu ihrer schriftlichen Kündigung am 20.November 1981 als Büroleiterin beschäftigt. Mit Schreiben vom 25. November 1981 wurde ihre fristlose Entlassung ausgesprochen und damit begründet, daß sie widerrechtlich Geschäftsunterlagen an sich genommen und der Steuerfahndung einen Koffer mit Fotokopien und Originalbelegen der Buchhaltung sowie Informationen übermittelt habe; außerdem bestehe der Verdacht des Vorliegens gerichtlich strafbarer Delikte (ungeklärte Differenzen in der Buchhaltung). Am 7.Dezember 1981 kam Karl R*** in die Wohnung der Klägerin und feuerte mit einer Pistole sowohl auf sie als auch auf ihren Bruder Fritz G***. Die Klägerin und ihr Bruder wurden durch Kopfschüsse schwer verletzt. Die Klägerin erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen, nämlich eine offene Trümmerfraktur des linken Scheitelbeines mit Gehirnaustritt, wobei nicht nur eine oberflächliche Gewebszerstörung in einem Areal von ca. 2 bis 3 cm eintrat, sondern durch einzelne Knochensplitter weiteres Gewebe auch in der Tiefe zerstört worden ist. Unmittelbar darauf beging Karl R*** durch einen Schuß in den eigenen Kopf Selbstmord. Sein Nachlaß wurde seiner Tochter - der Beklagten - als bedingt erbserklärter Alleinerbin ohne Gläubigerkonvokation mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16.Dezember 1982, GZ 20 A 530/81-73, eingeantwortet. Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten als eingeantworteter Alleinerbin nach Karl R*** wegen des von ihm an ihr begangenen Mordversuches die Zahlung eines Schmerzengeldbetrages von 800.000,-- S sA sowie die Feststellung, daß ihr die Beklagte für alle in Hinkunft (noch) entstehenden (weiteren) körperlichen und seelischen Schmerzen Ersatz zu leisten habe.
Die Beklagte hielt dem - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - entgegen, daß die Klägerin deshalb ein erhebliches Mitverschulden von 30 % an den ihr zugefügten Verletzungen treffe, weil sie den Vater der Beklagten hiezu provoziert habe. Die Klägerin habe nämlich ihre besondere Vertrauensfunktion in der Firma des Karl R*** dadurch mißbraucht, daß sie widerrechtlich und geheim bis zum Jahre 1968 zurückgehende Geschäftsunterlagen an sich genommen und diese privat mehr oder weniger systematisch gesammelt habe, um Karl R*** zu schädigen. Sie habe diese Belege - weit über den Rahmen einer Selbstanzeige hinausgehend - in einem Koffer der Steuerfahndung übergeben. Neben möglicherweise vorangegangenen Erpressungsversuchen habe sie auch Informationen an Zeitungen weitergegeben, wie sie etwa in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlicht worden seien. Überdies habe sie ihre Differenzen mit Karl R*** in Interviews und auch sonst in der Öffentlichkeit ausgetragen.
Gegen das Zahlungsbegehren wandte die Beklagte auch eine Reihe von Gegenforderungen aufrechnungsweise ein, von denen sie aber nur mehr zwei in Höhe von 495.000,-- S und 495.680,-- S im Revisionsstadium weiterverfolgt: Durch die verfälschte Bilanzierung seien nämlich in den Wirtschaftsjahren 1979/1980 und 1980/1981 im Ausmaß der genannten beiden Beträge ungerechtfertigte und überhöhte Gewinnbeteiligungen an ihren Bruder Fritz G*** ausbezahlt worden. Das Erstgericht sprach der Klägerin ein Schmerzengeld von 600.000,-- S sA zu und wies das Mehrbegehren im Umfang von 200.000,-- S sA ab. Es sprach aus, daß "die geltendgemachte Gegenforderung" nicht zu Recht bestehe und daß die Beklagte der Klägerin für alle in Hinkunft aus dem gegenständlichen Vorfall vom 7. Dezember 1981 entstehenden körperlichen und seelischen Schmerzen hafte, "dies nach Maßgabe der übernommenen Nachlaßaktiven im Verfahren 20 A 530/81 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz".
Die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes über das Schmerzengeldbegehren im Umfang von 200.000,-- S sA ist in Rechtskraft erwachsen.
Das Berufungsgericht änderte das stattgebende Ersturteil lediglich im Sinne einer Teilabweisung im Bereich des Zinsenbegehrens ab. Im übrigen bestätigte es das Ersturteil mit der Maßgabe einer dreigliedrigen Spruchfassung und einer im Revisionsstadium nicht mehr bekämpften Neufassung des Feststellungsbegehrens.
Das Gericht zweiter Instanz traf nach ergänzender Beweisaufnahme und Vornahme einer Beweiswiederholung folgende, für das Revisionsverfahren noch wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Wegen der langen Tätigkeit im "Betrieb R***" waren der am 13. August 1931 geborenen Klägerin alle Büround Geschäftsangelegenheiten zur Gänze und bis ins Detail vertraut. Sie wußte mehr als die anderen Angestellten und war über Schwarzgelder informiert, weshalb sie Karl R*** bei halbtägiger
Beschäftigung mit vollem Lohn bedachte; überdies war die Klägerin bis zum Jahre 1976 an den Schwarzgeldausschüttungen zu 3 % beteiligt. Nach den Anweisungen des Karl R*** waren sowohl die - nach Verkäufern geordneten - Kundenaufträge als auch die Kasseneinnahmen täglich mittags von dem im Verkauf tätigen Personal der Klägerin im Büro zu übergeben. Diese hatte sodann die Aufgabe, sämtliche Kundenaufträge in Bezug auf Verkaufspreise, Typen, Anschriften, Liefertermine und Vorhandensein der Ware im Betrieb zu überprüfen und die Geldbeträge, die in Form von An-, Teiloder Barzahlungen in das Unternehmen geflossen waren, zu übernehmen, nachzuzählen, die Verkäufer zu entlasten und die Beträge täglich in das Kassabuch einzutragen. Die Kundenaufträge waren - nach Verkäufern geordnet - in das "Verkaufsbuch" des jeweiligen Verkäufers zu legen und an Karl R*** zu übergeben, der eine nochmalige Überprüfung durchführte. Erst danach erfolgte die chronologische Eintragung der Kundenaufträge in die Umsatzbücher, die gleichfalls eine Gliederung nach Verkäufern aufwiesen. Diese Eintragungen wurden aber beinahe nie von der Klägerin, sondern nahezu ausschließlich von anderen Angestellten vorgenommen. Die Umsatzbücher dienten schließlich auch - mit Ausnahme der "Provision G***" - zur Berechnung der Verkäuferprovision.
Karl R*** war durch viele Jahre hindurch - wie der Klägerin bekannt gewesen ist - bestrebt, gewisse "schwarze" Privatentnahmen aus den Firmeneinkünften herauszuholen. Er betonte immer wieder, daß er zusperren könne, wenn so etwas "nicht im Geschäft drinnen" sei. Karl R*** entnahm monatlich privat ("schwarz") Beträge von 100.000,-- S bis 150.000,-- S. Die Klägerin hatte Schwierigkeiten mit der Buchhaltung, weil ihr Karl R*** zwischendurch für solche "privat" entnommene Beträge oft nur einen Zettel oder eine Visitenkarte unterschrieb. Sie bzw. andere Angestellte sammelten dann immer einige Tage hindurch solange Barverkäufe, bis ein entsprechender Betrag zustandekam, der den von Karl R*** aufgeschriebenen Betrag abdeckte. Das war für die Klägerin die einzige Möglichkeit, diese Schwarzgelder über die Barverkäufe sozusagen "verschwinden" zu lassen. Die Barverkaufsbelege warf sie zum überwiegenden Teil weg, teilweise behielt sie solche Belege aber auch aus Dokumentationsgründen und zur eigenen Deckung und nahm sie nach Hause mit.
Fritz G*** war im Unternehmen als kaufmännischer
Angestellter tätig. Nach "Umwandung" der Einzelfirma in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kamen ihm auch teilweise Geschäftsführeragenden zu. Er bezog ein Fixgehalt und erhielt aufgrund einer mündlichen Provisionsvereinbarung mit Karl R*** ab dem Jahre 1976 eine Gewinnbeteiligung von 8 %. Diese wurde jeweils nach Ablauf eines Geschäftsmonates im Wege der Gegenüberstellung der Monatseinkünfte und -ausgaben an Hand von Zetteln, Aufstellungen, Belegen etc. errechnet. Bei dieser Errechnung der Provision war von den Erlösen einschließlich der Lieferanten-Gutschriften und der Werbekostenzuschüsse des gesamten Unternehmens unter Abzug der Wareneinkäufe und der Betriebskosten auszugehen. Bei der Unternehmensumwandlung im Jahre 1979 vereinbarten Fritz G*** und Karl R***, daß die nun in Erscheinung tretenden Mietzinszahlungen des Unternehmens an Karl R***, dessen Geschäftsführergehalt, die Lohnkosten seiner Haushälterin und überhaupt die Kosten seines Privathaushaltes, von der Bemessungsgrundlage nicht abzuziehen sind.
Auch für diese "Provisionsabrechnungen G***" erstellte die Klägerin monatliche Abrechnungen auf der Grundlage von unverbuchtem Belegmaterial, weil die Belege oft erst wesentlich später als nach dem Entstehen des Provisionsanspruches verbucht wurden. Dies ist nicht unüblich, erfordert dann aber eine - hier
unterbliebene jährliche Abstimmung der ausbezahlten Provisionen mit den sich aus der Buchführung ergebenden Ansprüchen und den Vortrag von Differenzen. Deshalb kam es auch zu vorhersehbaren Mängeln und Irrtümern, nach den Unterlagen auch zu Fehlern zugunsten der Firma R*** durch die Annahme von zu geringen Umsatzposten zu ungunsten von Fritz G***. Nach den Originalunterlagen errechnet sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein den Vereinbarungen zwischen Fritz G*** und Karl R***
entsprechender Provisionsanspruch des ersteren von 368.580,-- S für das Wirtschaftsjahr 1978/79, von 248.527,-- S für das Wirtschaftsjahr 1979/80 und von 220.320,-- S für das Wirtschaftsjahr 1980/81. Tatsächlich errechnete die Klägerin in diesen Jahren Beträge von 439.154,-- S, 298.874,-- S und 495.681,-- S, so daß im Wirtschaftsjahr 1978/79 um 70.574,-- S, 1979/80 um 50.347,-- und 1980/81 um 275.361,-- S zuviel an Provisionen für Fritz G*** ausbezahlt wurden.
Der Klägerin war klar, daß die monatlichen Abrechnungen zur Provisionsberechnung für ihren Bruder nicht exakt waren. Sie sprach auch mit Karl R*** darüber, daß sich am Jahresende bei exakter Überprüfung der Unterlagen und Bilanzierung allenfalls ein anderes Ergebnis herausstellen müßte. Karl R*** erklärte aber immer wieder in der ihm eigenen Art, daß ihm dies egal sei, die Klägerin solle nur so weitermachen, die Provisionen sollten in dieser Art und Weise weiter ausbezahlt werden. Auf 10.000,-- S auf oder ab komme es ihm nicht an.
Fritz G*** arbeitete sehr viel - teilweise bis in die Nacht hinein - für Karl R***. Dieser sah dies auch und honorierte es manchmal durch zusätzliche Geldleistungen, wenn er das Gefühl hatte, daß Fritz G*** in einem Monat eher weniger herausbekommen hatte. Gewisse Positionen wurden bei den monatlichen "Abrechnungen G***" oft gar nicht berücksichtigt. Dazu gehörten etwa die Erträge von schwarz angelegten Konten oder Golddukaten und Silbermünzen, die die Klägerin für Verkaufserfolge von Karl R*** überreicht erhielt und an ihren Bruder weitergab, der sie dann gleich behielt. Das alles war der Willkür und der Stimmung des Karl R*** überlassen, der über die ganze Situation Bescheid wußte. Mit der Auszahlung der Provisionen durch Karl R*** an Fritz G*** war die Klägerin nicht befaßt; diese wurden auch nie verbucht. Fritz G*** gab die Bestätigungen über die von ihm erhaltenen Provisionen immer dem Karl R*** selbst. Die Klägerin aber wußte daher nicht, wie viel Fritz G*** tatsächlich erhielt. Dies wurde zwischen ihrem Bruder und Karl R*** direkt ausgemacht. In der Buchhaltung scheinen nur diejenigen Provisionsbeträge des Fritz G*** auf, die er - wie alle übrigen Verkäufer - für die "ganz normalen, offiziellen Verkäufe" erhielt, nicht aber die zwischen ihm und Karl R*** vereinbarte "Spezial- bzw. Gewinnprovision" von 8 %. Die Verkaufsbücher wurden nicht von der Klägerin, sondern von verschiedenen anderen Angestellten geführt.
Mit der "Umwandlung" der Einzelfirma in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Jahre 1979 ergaben sich verschiedene Veränderungen. Karl R*** erklärte gleich eingangs, daß für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht mehr als 200.000,-- S Gewinn herauskommen dürften. Er wollte mit der "Umwandlung" wesentlich günstiger (als bisher) heraussteigen.
Unabhängig von den monatlichen Abrechnungen wurden im Betrieb eine Buchhaltung geführt und jahresmäßig bilanziert. Die Inventuren bildeten nur eine einzige Buchung zum Jahresende; sie wurden bei den monatlichen Aufstellungen zur Provisionserrechnung nicht berücksichtigt. Der Steuerberater des Unternehmens, Gerhard G***, erhielt nur die Aufzeichnungen und Unterlagen von der Klägerin. Er wußte nichts von den Schwarzgeldern und auch nichts von den Abrechnungen zur "Provision G***" am jeweiligen Monatsende. Gerhard G*** erstellte einen Bilanzentwurf für die Wirtschaftsjahre 1979/80 und 1980/81 und besprach diesen im September oder Oktober 1981 mit Karl R***. Nach dem Entwurf ergab sich für das Wirtschaftsjahr 1980/81 ein Verlust von ca. 1,000.000,-- S, dem ein unveränderter Warenbestand Anfangs und Ende des Wirtschaftsjahres zugrundelag. Die Inventurziffern für die Wirtschaftsjahre ab 1979 waren nämlich noch nicht geliefert worden. Nach Durchsicht der Rohbilanzentwürfe erklärte Karl R***, daß diese nicht stimmen könnten. Er zeigte dem Steuerberater bei einem Gespräch erstmalig die monatlich von der Klägerin erstellten Abrechnungen und Aufstellungen. Dessen Aufgabe war es dann, zu klären, wie es zu dieser Differenz von ca. 1,000.000,-- S Verlust und 5,000.000,-- S Gewinn laut Vorstellungen von Karl R*** im Wirtschaftsjahr 1980/81 kommen konnte; dies jeweils unter Berücksichtigung von Warenbestandsveränderungen und ohne Berücksichtigung der Steuerbilanz. Gerhard G*** ging dann mit der Klägerin einzelne Differenzen durch und so konnte ein Betrag von 3,600.000,-- S geklärt werden. Hinsichtlich eines Betrages von ca. 1,200.000,-- S erklärte Karl R*** dem Steuerberater, daß er hier nicht weiter suchen müsse, weil dies "intern" bleibe. Die Klägerin versuchte aufgrund der Intervention des Steuerberaters, die gesamte Buchhaltung und alle Unterlagen durchzugehen, um Fehler zu finden. Dabei stellte sie fest, daß bei dem nicht von ihr aufgestellten "Wareneinsatz" sehr viel nicht stimmte und der Umsatz zu Einkaufspreisen oft durch viele Tage hindurch einfach nicht aufgezeichnet worden war. Als auch ihre Nachforschungen keine endgültige Klärung brachten, ging sie zu Karl R*** und sagte ihm, er solle den Steuerberater nicht mehr weiter suchen lassen, weil es sich eben um seine eigenen Schwarzgelder handle, die nicht weiter aufklärbar seien. Karl R*** erwiderte, die Klägerin solle sich nicht "spielen", er könne sie "umlegen lassen". Weiters meinte er, sie müsse sich merken, daß immer "der Buchhalter sitzen gehe", wenn etwas gefunden werde. Die Klägerin war über diese Verhaltensweise ihres Chefs und die ganze Situation derart schockiert und fühlte sich "schlecht", so daß sie in den Krankenstand gehen mußte.
Aus Angst vor der gesamten Situation und um Straffreiheit zu erlangen, verständigte sie im November 1981 die Finanzbehörde und bot dieser die gesamten Belege an. In ihrer schriftlichen Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung erklärte sie unter anderem, sie habe aus einem Abhängigkeitsverhältnis heraus und über Verlangen des Karl R*** Belege manipuliert und diesem namhafte Beträge ausgehändigt. Dazu bot sie die Vorlage von Belegen an, die sie fallweise an sich habe bringen können. Gleichzeitig ersuchte sie wegen der Selbstanzeige um Straffreiheit. Sie folgte auch tatsächlich den Finanzbeamten alle in ihrem Besitz befindlichen Belege der Firma R*** aus.
Karl R*** kaufte sich am 24.November 1981 die spätere Tatwaffe, eine Pistole "Beretta".
In der Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 3.Dezember 1981 berichtete Walter F*** unter der Rubrik "Murnockerl" vom derzeitigen Gesprächsthema Nr. 1 an der Theke des "Cafe Kaiserhof" sowie in der vor Schadenfreude zerfließenden Grazer Elektrobranche, nämlich von der Aktion der Steuerfahndung gegen "Preishammer" Karl R***. Wie man höre, solle die Sache durch die Anzeige einer Angestellten ins Rollen gekommen sein.
Weder diesen noch die folgenden Zeitungsberichte hat die Klägerin lanciert.
Karl R*** erregte sich darüber, daß dies in die Öffentlichkeit gedrungen war und urgierte von der Zeitung eine Entgegnung. Deshalb schrieb Walter F*** am darauffolgenden Tag unter derselben Rubrik unter anderem, daß sich der "Elektropreishammer" Karl R*** "cool wie immer" gebe. Nach seinem Kommentar habe er schon mehrmals in den vergangenen Jahren Fahnder im Hause gehabt, ohne daß etwas Gravierendes herausgekommen sei. Falls es diesmal Fehlbeträge gebe, sei er von seinen Angestellten hintergangen worden. Seinen Geschäftsführer habe er bereits gekündigt. Gegen seine Buchhalterin und Büroleiterin, die noch dazu die Schwester des Geschäftsführers sei, bereite er derzeit eine Anzeige wegen Unterschlagung vor. Sie sei nämlich schon mehrmals von ihm und seinem Steuerberater aufgefordert worden, diverse Fehlbeträge zu klären, habe dies jedoch nicht gekonnt.
Schließlich heißt es in dem Artikel noch: ".......am Rande:
Besagte Dame ist die Frau eines wichtigen Mannes in der
Benzinindustrie......" Der damit angesprochene Gatte der Klägerin,
Ing.Friedrich F***, "zitierte" daraufhin - ohne Auftrag der Klägerin - den Redakteur "zu sich", dem er und gleichzeitig die Klägerin eine Gegendarstellung gaben. Diese fand in einem anderen Artikel der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 6.Dezember 1981 Verwendung, in dem es unter anderem hieß, daß die Ex-Buchhalterin Inge F*** der von Karl R*** angekündigten Anzeige "cool" entgegensehe. Ihr Mann, Leiter der "E***" in der Steiermark, habe darauf hingewiesen, daß Herr R*** Steuern hinterzogen und den Staat um Millionen betrogen habe; das wolle er nun auf seine Angestellten abwälzen.
Am selben Tag berichtete auch die "Kleine Zeitung", daß "der Preishammer auf dem Prüfstand stehe". Die Klägerin und der Geschäftsführer G*** hätten eine Verleumdungsklage gegen R*** angekündigt. Die Klägerin habe überdies erklärt, von 1969 bis 1981 gesammelte Belege in einem ganzen Reisekoffer der Steuerfahndung herausgegeben zu haben. Sie habe sich so absichern wollen, da sie erkannt habe, daß es geschäftlich nicht gut gehen könne. Auf diesem Zeitungsabschnitt vermerkte Karl R*** handschriftlich: "Ich habe mit niemandem gesprochen von der "Kleinen Zeitung", Geschäftsstörung" und "F*** hat, um sich straffrei zu kaufen, den Koffer selbst zur Fahndung gebracht". Diesen und den Zeitungsbericht des folgenden Tages trug Karl R*** zur Tatzeit bei sich.
Am 7.Dezember 1981 hieß es schließlich auf der ersten Seite der "Neuen Kronen-Zeitung":
"Preishammer geht's nun an den Kragen. PreishammerChef Karl R*** steht bei den Steuerfahndern auf der Abschußliste: Der Elektrohändler soll 12 bis 15 Millionen Schwarzgeld auf die Seite gebracht haben". Zusätzlich wurde in der Ausgabe auf Seite 8 neuerlich unter Abbildung eines Fotos von Karl R*** mit dem Beisatz "Schläft unruhig: Karl R***" über den gesamten Vorfall berichtet.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Berufungsgericht ein der Klägerin vorwerfbares Mitverschulden an den ihr durch Karl R*** zugefügten schweren Verletzungen. Die Beklagte habe ihre diesbezüglichen Behauptungen nicht erweisen können. Im übrigen habe Karl R*** "viel zu zielstrebig und überlegend gehandelt". Er habe noch vor dem Erscheinen der Zeitungsartikel und ohne gezielte Aufreizung durch die Klägerin die Tatwaffe gekauft. Nach dem gesamten Geschehensverlauf könne die Verletzung der Klägerin durch ihn nicht als adäquate Folge der von ihr allenfalls gesetzten Handlungen aufgefaßt werden. Zwischen ihrem Verhalten und dem auf sie unternommenen Angriff fehle es an einer dem Rechtswidrigkeitszusammenhang vergleichbaren und verschuldensmäßig meßbaren Beziehung.
Die im Zusammenhang mit überhöhten Provisionsauszahlungen an Fritz G*** von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht, wenngleich auch - in einem geringeren Ausmaß als von der Beklagten behauptet - solche Gewinnbeteiligungen dem Bruder der Klägerin tatsächlich nicht zugestanden wären. Die Klägerin treffe daran aber kein Verschulden, weil die monatlichen Abrechnungen für die Provisionsermittlung nicht nur ihr, sondern auch dem Karl R*** als ungenau bekannt gewesen seien; dennoch habe dieser auf eine jährliche Abstimmung nicht Rücksicht nehmen wollen. Da Karl R*** die buchhalterische Manipulation und Schwarzgeldzahlung zur Maxime seines unternehmerischen Handelns erwählt habe, könne er dieses Vorgehen und die damit zwangsläufig verbundenen Unzulänglichkeiten nicht der Klägerin zum Schuldvorwurf machen, die sich daran als unselbständig erwerbstätige Angestellte orientiert habe.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.
Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, soweit sie entgegen ihrer Anfechtungserklärung und ihrem Rechtsmittelantrag auch eine Anfechtung der zweitinstanzlichen Entscheidung über den Kostenpunkt enthält, schon gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO unzulässig. Im übrigen ist sie nicht berechtigt.
Die Beklagte ficht die Höhe des zuerkannten Schmerzengeldes nicht mehr an, beharrt aber nach wie vor darauf, daß die Klägerin ein 30 %iges Mitverschulden an den ihr zugefügten Verletzungen treffe, weil die Zeitungsartikel, in denen zumindest zum Teil auch deren über Befragen abgegebene Äußerungen Verwendung gefunden hätten, den Karl R*** in eine "Panik- und Ausnahmesituation" versetzt haben könnten.
Abgesehen davon, daß sich die Beklagte mit diesen Ausführungen zumindest zum Teil über die festgestellte Tatsachengrundlage hinwegsetzt, weil die Klägerin danach nicht einen einzigen der in Frage kommenden Zeitungsartikel "lanciert" hat, ist ihr grundsätzlich folgendes entgegenzuhalten:
§ 1304 ABGB trägt der Tatsache Rechnung, daß nicht bloß der Schädiger, sondern auch der Geschädigte selbst schuldhaft eine Bedingung für den Schadenseintritt setzen kann. In einem solchen Fall muß auch - je nach der Schwere des Verschuldens bei Schädiger und Geschädigtem - der Beschädigte einen Teil des Schadens selbst tragen. Ein derartiges Mitverschulden des Geschädigten ist allerdings im Regelfall kein echtes Verschulden im Sinne des § 1494 ABGB, weil durch sein Verhalten nur eigene Rechtsgüter beeinträchtigt oder gefährdet werden, sondern eine bloße Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten (KoziolWelser, Grundriß8, I, 426 und die dort in FN 107 angeführte Rechtsprechung; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1304; Koziol, Haftpflichtrecht2, I, 236 f). Grundsätzlich ist daher auch ein solches Verhalten des Geschädigten zur Begründung eines Mitverschuldens im Sinne des § 1304 ABGB geeignet, wodurch ein anderer zu Tätlichkeiten gegen ihn herausgefordert wird (Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht3, I, 304 und die dort in FN 2 angeführte Rechtsprechung). Eine "Provokation des Geschädigten" als Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB kommt aber in allen jenen Fällen nicht in Betracht, in denen die Schadensteilung zu Lasten des ersatzpflichtigen Schädigers von vornherein ausgeschlossen, der Schaden also von diesem voll zu ersetzen ist (Ehrenzweig-Mayrhofer, aaO, 305 f). Zur Schadenstragung allein durch den Schädiger führt es auch dann, wenn der Geschädigte zwar in sorgloser Weise eine Ursache für den Schadenseintritt gesetzt hat, die Schadenszufügung durch den Schädiger aber auf einem selbständigen, durch das Verhalten des Geschädigten nicht herausgeforderten Entschluß des Schädigers beruht (Koziol, aaO, 234). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dem von ihrem Gatten als Reaktion auf den von Karl R*** lancierten Zeitungsartikel vom 4. Dezember 1981 herbeigebetenen Journalisten lediglich eine Gegendarstellung gegeben. Im Hinblick auf die von Karl R*** unter Mitwirkung der Klägerin tatsächlich viele Jahre hindurch begangenen Steuerhinterziehungen konnte dieses Verhalten der Klägerin nur das Vermögen und den wirtschaftlichen Ruf ihres früheren Chefs betreffen. Abgesehen davon, daß derartige wahrheitsgemäße Angaben im Hinblick auf die Mittäterschaft der Klägerin weder rechtswidrig sein konnten, noch eine bloße Obliegenheitsverletzung im Sinne des § 1304 ABGB
(vgl. Koziol-Welser, aaO) zu begründen vermochten, fehlte auch jede objektive Vorhersehbarkeit für den darauf folgenden Mordversuch des Karl R***. Schon mangels adäquater Verursachung des an ihr begangenen Mordversuches kann daher der Schaden keinesfalls der Klägerin zugerechnet werden (vgl. Koziol, aaO, 238). Eine derartige Verfolgung durch Karl R*** war nicht mehr gerechtfertigt, weil sie wesentlich höher zu wertende Interessen, nämlich Leib und Leben der Klägerin, gefährdete als die rechtmäßig angegriffenen, lediglich vermögenswerten Rechtsgüter des Täters. Bei dem absichtlich begangenen Mordversuch war daher nur mehr der freie Entschluß des Karl R*** entscheidend (vgl. Koziol, aaO, 171 f).
Das Berufungsgericht hat schon aus diesem Grunde ohne Rechtsirrtum ein der Klägerin zurechenbares Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB an dem an ihr begangenen Mordversuch verneint. Im übrigen beschränkt sich die Rechtsrüge der Beklagten nur mehr auf die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Gegenforderungen wegen angeblicher überhöhter Gewinn-(Provisions-)auszahlungen an Fritz G***, welche allerdings nur die Wirtschaftsjahre 1979/80 und 1980/81 betroffen haben. Es ist daher auf die sonstigen Gegenforderungen und auf die von ihr erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung nicht mehr einzugehen (EvBl 1954/154 mwN; 6 Ob 781/81). Wenngleich nach den Feststellungen tatsächlich aus dem Titel der 8 %igen Gewinnbeteiligung im Wirtschaftsjahr 1979/80 um 50.347,-- S und im Wirtschaftsjahr 1980/81 um 275.361,-- S (und nicht wie in der Revision behauptet um 156.427,-- S und 407.177,-- S) zuviel an den Bruder der Klägerin ausbezahlt worden sind, so hat auch hier das Berufungsgericht zutreffend eine Ersatzpflicht der Klägerin verneint, weil diese daran nach den Feststellungen kein Verschulden trifft. Danach hatte die Klägerin gar keine Kenntnis darüber, was ihr Bruder von Karl R*** aus diesem Titel tatsächlich ausbezahlt erhielt. Es handelte sich auch hier um Vorgänge, die nach dem Willen ihres Chefs nicht in der Buchhaltung aufschienen. Soweit die Klägerin zur Berechnung des Provisionsanspruches ihres Bruders Monatsabrechnungen erstellte, hat sie aber ihren Chef darauf aufmerksam gemacht, daß diese nicht exakt waren und einer jeweiligen Jahresabstimmung an Hand der zwischenzeitig verbuchten Belege bedurft hätten. Das wollte aber Karl R*** nicht haben. Er nahm vielmehr die Ungenauigkeit dieser Vorgangsweise bewußt in Kauf und gab der Klägerin die Anweisung, sie solle nur so weitermachen wie bisher.
Bei dieser Sachlage hat die Klägerin die Auszahlung von überhöhten Gewinnbeteiligungen an ihren Bruder in den Wirtschaftsjahren 1979/80 und 1980/81 weder rechtswidrig verursacht noch kann ihr dies aufgrund der von ihr ausgesprochenen, von Karl R*** aber ausdrücklich in den Wind geschlagenen Warnungen zum Schuldvorwurf gereichen.
Der Revision mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, wobei aber im Hinblick auf die rechtskräftige Teilabweisung des Zahlungsbegehrens als Bemessungsgrundlage nur mehr ein restlicher Gesamtstreitwert von 661.000,-- S zugrundezulegen war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)