OGH 3Ob13/89

OGH3Ob13/8925.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** Handelsgesellschaft mbH, Wien 2., Praterstraße 25, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang A. B***, Geschäftsführer, Salzburg, Hofhaymer Allee 2, vertreten durch Dr. Hans Lesigang, Rechtsanwalt in Wien, wegen

restl. S 105.294,83 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 21. November 1988, GZ 46 R 926/88-17, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 6. Juni 1988, GZ 12 C 12/87-11, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 14. Mai 1987, 6 Ob 577/85, (43 C 500/82-63 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), erkannte der Oberste Gerichtshof die jetzt klagende (in jenem Verfahren beklagte) Partei schuldig, an Ilse S*** (die Klägerin des genannten Verfahrens) S 152.266,75 sA binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Zum AZ 12 E 9304/87 des Erstgerichtes stellte der Beklagte Wolfgang A. B*** (als betreibende Partei) den Antrag, ihm auf Grund dieses Urteils die Fahrnisexekution gegen die klagende (im Exekutionsverfahren verpflichtete) Partei zu bewilligen. Ilse S*** habe ihm die Forderung mit Abtretungserklärung vom 3. August 1987 gemäß § 9 EO abgetreten. Ein Kapitalsbetrag von S 115.294,83 sA hafte aus.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Mit dem am 15. Dezember 1987 beim Erstgericht eingelangten, als "Oppositionsklage" bezeichneten Schriftsatz erhob die klagende Partei gegen die Exekutionsführung Einwendungen. Der Beklagte habe die klagende Partei mit Schreiben vom 6. Oktober 1981 davon verständigt, daß Ilse S*** ihm "sämtliche ihre Ansprüche" abgetreten habe. Diese Abtretung sei schon aus formellen Gründen unwirksam; es hätten zu jenem Zeitpunkt auch keine Forderungen der Ilse S*** gegen die klagende Partei bestanden. Der klagenden Partei stünden zudem Gegenforderungen von insgesamt S 160.862,34 gegen Ilse S*** zu, die aufrechnungsweise eingewendet würden. Die Differenz auf die betriebene Forderung - S 38.866,39 - sei dem Beklagten überwiesen worden. Bestritten werde, daß die Forderungen der Ilse S*** laut Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 14. Mai 1987 mit einer Übertragungserklärung vom 3. August 1987 auf den Beklagten übertragen worden seien. Sollte die Übertragung jedoch erfolgt sein, stünden der Forderung des Beklagten ältere Pfändungen dieser Forderung gegenüber. Die klagende Partei habe deshalb einen gerichtlichen Erlag von S 94.761,31 durchgeführt. Die bewilligte Exekution sei unzulässig, weil die klagende Partei S 38.866,39 an den Beklagten überwiesen habe und die Restforderung durch Kompensation untergegangen sei.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Mit Urteil vom 6. Juni 1988 erkannte das Erstgericht, die Exekution sei im Betrag von S 105.294,83 sA unzulässig; das Mehrbegehren wies es ab.

Gegen dieses Urteil, das ihnen am 23. Juni 1988 zugestellt wurde, erhoben beide Parteien Berufung. Die Berufung der klagenden Partei langte am 7. Juli 1988 beim Erstgericht ein (Postaufgabe 6. Juli 1988), jene des Beklagten am 1. September 1988 (Postaufgabe 31. August 1988).

Das Berufungsgericht wies die Berufung der beklagten Partei zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über des es entschieden habe, S 15.000,--, aber nicht S 300.000,-- übersteige, und daß ein Rekurs nicht zulässig sei. Die Berufung der beklagten Partei sei verspätet. Die Berufungsfrist betrage vier Wochen und beginne mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils an die Partei zu laufen; sie habe daher am 21. Juli 1988 geendet. Der Umstand, daß der Lauf der Berufungsfrist in die Gerichtsferien gefallen sei, ändere daran nichts, weil es sich bei dem vorliegenden Oppositionsverfahren um eine Ferialsache gemäß § 224 Abs. 1 Z 5 ZPO handle.

Rechtliche Beurteilung

Der als "außerordentlicher Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs. 2 ZPO" bezeichnete Rekurs des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Ein gegen die Zurückweisung einer Berufung wegen Verspätung, also aus einem formellen Grund, erhobener Rekurs ist gemäß § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO ohne die Beschränkung auf wesentliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig, weil die Beschränkungen des § 528 Abs. 2 ZPO schon nach ihrem Wortlaut nur für Rekurse gegen Entscheidungen eines Rekursgerichtes, jene nach § 519 Abs. 2 ZPO nur für Aufhebungsbeschlüsse nach § 519 Abs. 1 Z 3 ZPO gelten (7 Ob 58/83); im Hinblick auf § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO bedarf es daher in einem solchen Fall lediglich eines Ausspruches darüber, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-- übersteigt (Fasching, Lehrbuch, Rz 1980; Petrasch, ÖJZ 1983, 203; SZ 58/21). Soweit aber ein Bewertungsausspruch und ein Ausspruch über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht zu erfolgen hatte, ist ein dennoch erfolgter Ausspruch als nicht beigesetzt anzusehen.

Bei dem Rekurs des Beklagten handelt es sich deshalb um ein ordentliches Rechtsmittel.

Zu Recht hat jedoch die zweite Instanz die Ansicht vertreten, es liege eine Ferialsache im Sinne des § 224 Abs. 1 Z 5 ZPO, nämlich eine der in den §§ 35 bis 37 EO bezeichneten Streitigkeiten vor, sodaß die nach dem Ablauf der in § 464 Abs. 1 ZPO genannten Frist von vier Wochen erhobene Berufung verspätet sei. Gewiß ist nicht maßgebend, ob die Klage als eine solche nach den §§ 35 bis 37 EO bezeichnet wird, sondern ob es sich nach den in der Klage enthaltenen Behauptungen tatsächlich um eine derartige Klage handelt (wie in der im Rekurs zitierten Entscheidung SZ 11/223 dargelegt wird). Hier würde die Klage als "Oppositionsklage" bezeichnet, das Klagebegehren allerdings einer Impugnationsklage entsprechend gefaßt (vgl. Heller-Berger-Stix 410 und 437). Inhaltlich erhebt die klagende Partei sowohl Einwendungen nach § 36 EO, da sie bestreitet, daß die angenommene Rechtsnachfolge (§ 9 EO) eingetreten sei (Heller-Berger-Stix 429 f), als auch nach § 35 EO, da sie behauptet, der betriebene Anspruch sei durch Zahlung und Kompensation (Heller-Berger-Stix 383 ff) erloschen. Auch die in der Klage behauptete Pfändung (und Überweisung) der betriebenen Forderung durch mehrere Gläubiger (S. 7 der Klage) könnte, wenn daraus wie hier die Ungültigkeit der Zession an den Beklagten abgeleitet wird, nur den Impugnationsgrund der unwirksamen Rechtsübertragung iS des § 9 EO begründen.

Der Umstand, daß sich "die Klage auf Unzulässigkeit der Exekution auf die Ungültigkeit der durch Ilse S*** an den Beklagten erfolgten Abtretung ihrer exekutiven Forderung beruft", bildet demnach einen Klagegrund im Sinne der §§ 35 bis 37 EO. Mit Recht hat die zweite Instanz die Berufung des Beklagten als verspätet zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO und den §§ 40, 50 ZPO.

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