Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 385,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen, monatlich erscheinenden Druckschriften "WIENER" und "WIENERIN"; die Beklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "FRAU UND
FREIZEIT".
Beide Parteien nehmen in ihre Druckwerke entgeltliche Inserate, unter anderem von Firmen der Bekleidungs- und Kosmetikartikelbranche, von Kfz-Händlern und von Nahrungs- und Genußmittelherstellern, auf; die Leserkreise überschneiden einander zumindest teilweise.
In der März/April-Ausgabe (1988) der Druckschrift "FRAU UND FREIZEIT" kündigte die Beklagte auf Seite 62 unter der durch Schriftgröße und Fettdruck hervorgehobenen Überschrift "PREISRÄTSEL", links neben einem 12,8 x 23,2 cm großen
Kreuzworträtselraster, folgendes an:
"Lösen Sie dieses Kreuzworträtsel und schicken Sie das Lösungswort auf eine Postkarte an den Verlag.
DAS KÖNNEN SIE GEWINNEN:
5 Schminkutensilien aus den neuesten Make-up-Paletten. Weitere 5 Pflegekosmetika für Gesicht und Körper. Außerdem 10 Bücher als gute Trostpreise. Schreiben Sie uns Ihr Interessensgebiet, dann tun wir uns mit der Auswahl leichter.
EINSENDESCHLUSS: 5. April 1988."
Darunter waren die Namen und Wohnorte der 20 "GEWINNERINNEN der Preise des Feber-Gewinnspiels", und zwar von "10mal Kosmetika, teils in Form von Gutscheinen, teils in Form von Produkten" und von "10 Buchpreisen", sowie das (letzte) "Lösungswort: Kapellmeister" abgedruckt.
Im daneben stehenden Kreuzworträtsel-Raster waren 8 Felder mit den Ziffern von "1" bis "8" gekennzeichnet; unter dem Kreuzworträtsel befand sich der Hinweis: "Die Buchstaben der Felder 1 - 8 nennen das Lösungswort".
Auch auf Seite 62 der Sommer-Ausgabe (1988) der Druckschrift "FRAU UND FREIZEIT" befand sich - unter derselben Überschrift - ein gleichartiges Kreuzworträtsel und links daneben folgender Text:
"DAS KÖNNEN SIE GEWINNEN:
3 Kosmetiksets der biologischen Pflegeserie 'THYMODERM' mit Thymusextrakten für eine geschmeidige Haut ohne Fältchen enthalten folgende Produkte: Die 'Tages- und Nachtpflegecreme' und Kosmetikampullen für eine Intensivkur sowie ein schickes Kosmetiktäschchen. Außerdem 10 Bücher als gute Trostpreise, Bereich Romane oder Sach- und Hobbybücher. Schreiben Sie uns Ihr Interessengebiet, dann tun wir uns mit der Auswahl leichter.
Einsendeschluß: 10. August 1988."
Darunter waren die Namen und Wohnorte der 20 "GEWINNERINNEN DER PREISE DES APRIL-GEWINNSPIELES", und zwar von "10mal Kosmetika, teils pflegende, teils dekorative Produkte" und von "10 Buchpreisen", sowie das (letzte) "Lösungswort: Nagetier" abgedruckt. Laut Inhaltsverzeichnis in beiden Ausgaben (jeweils auf Seite 3) findet sich auf Seite 62 "in jeder Ausgabe" der Gegenstand "Preisrätsel und Gewinner".
Mit der Behauptung, daß dieses Gewinnspiel (Preisrätsel) gegen § 28 UWG verstoße, weil zu seiner Teilnahme die Ermittlung des Lösungswortes aus dem ausschließlich in der Zeitung der Beklagten abgedruckten Kreuzworträtsel erforderlich sei und der Gewinn vom Zufall abhänge, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "FRAU UND FREIZEIT" das Ankündigen von Preisrätseln zu verbieten, bei denen ein Kreuzworträtsel aufzulösen und das sich aufgrund numerierter Kästchen ergebende Lösungswort auf einer Postkarte an die beklagte Partei einzusenden sei, wobei bestimmte Sachpreise an die Gewinner verlost würden und zu deren Teilnahme der Erwerb der Zeitschrift "FRAU UND FREIZEIT" notwendig sei.
Die Beklagte sprach sich gegen den Sicherungsantrag aus. Da von der Ankündigung des Gewinnspieles nur derjenige Kenntnis erhalten könne, der die betreffende Zeitschrift bereits besitze und sie daher nicht mehr "kaufen" müsse, könne sein Gewinnstreben keinen Entschluß zu einem Warenbezug mehr beeinflussen. Das Gewinnspiel beschränke sich daher darauf, die Aufmerksamkeit auf die Zeitschrift der Beklagten zu lenken, entbehre aber jeder Akzessorietät zu deren entgeltlichem Absatz; es sei daher zulässig.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung.
§ 28 UWG solle vermeiden, daß der Warenabsatz durch das Ausnützen emotionaler Elemente gefördert, nämlich die Spielleidenschaft des präsumtiven Käuferpublikums angesprochen werde. Diese Art der Werbung trage ein unsachliches Element in den Wettbewerb und sei sittenwidrig, weil der Kunde psychisch in seiner Entschlußfreiheit beeinträchtigt werde. Die beanstandete Aktion der Beklagten verstoße gegen § 28 UWG, weil an dem Gewinnspiel nur derjenige teilnehmen könne, der das ausschließlich in der Zeitschrift "FRAU UND FREIZEIT" abgedruckte Preisrätsel löse, aus dem sich dann das Lösungswort ergebe; dazu sei der entgeltliche Erwerb der Zeitschrift erforderlich. Auch die ausschließliche Veröffentlichung der Gewinner und die Bekanntgabe des letzten Lösungswortes in der jeweils folgenden Ausgabe seien absatzfördernd. Die Gewinnmöglichkeit hänge nicht ausschließlich von der Leistung des Teilnehmers - dem Finden des richtigen Lösungswortes und dessen Einsenden -, sondern auch vom Ergebnis einer Verlosung unter den Einsendern des richtigen Lösungswortes ab; auch das Tatbestandsmerkmal der Zufallsabhängigkeit sei damit erfüllt. Von der Ankündigung des Gewinnspieles könne auch derjenige Kenntnis erlangen, der die Zeitschrift noch nicht erworben habe, zumal es durchaus üblich sei, eine Zeitschrift vor dem Erwerb durchzublättern, um über ihren Inhalt und ihre Preiswürdigkeit eine Vorstellung zu erhalten, auf der schließlich die Kaufentscheidung beruhe. Dabei werde der potentielle Käufer sowohl durch die Ankündigung im Inhaltsverzeichnis als auch durch die gewollt auffallende Aufmachung von dem Gewinnspiel Kenntnis erhalten.
Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs richtete sich nur gegen den letzten Halbsatz der einstweiligen Verfügung und focht diesen insofern als zu weitgehend an, als er über den von ihr tatsächlich begangenen und richtigerweise mit den Worten "soweit dabei die Veröffentlichung der Gewinner und/oder ein weiteres Preisrätsel in der jeweils nächsten Ausgabe angekündigt werden" zu umschreibenden Verstoß gegen § 28 UWG hinausgehe.
Das Rekursgericht änderte den letzten Halbsatz der einstweiligen Verfügung dahin ab, daß er zu lauten habe: "...... soweit dabei die Veröffentlichung der Gewinner und/oder ein weiteres Preisrätsel in der jeweils nächsten oder jeder Ausgabe angekündigt werden"; das Mehrbegehren auf Erlassung eines Verbotes der Ankündigung aller Preisrätsel, "zu deren Teilnahme der Erwerb der Zeitschrift 'FRAU UND FREIZEIT' notwendig ist", wies es ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, aber nicht 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, daß ein Verstoß gegen § 28 UWG nicht vorliege, wenn der Käufer einer Zeitschrift von dem Preisrätsel erst Kenntnis erlange, nachdem er die Zeitschrift bereits gekauft habe; in einem solchen Fall könne seine Entscheidung, die Zeitschrift zu kaufen, nicht mehr beeinflußt werden. Auf dem Titelblatt der Zeitschrift der Beklagten habe sich kein Hinweis auf das Preisrätsel befunden; auch irgendeine Werbung mit dem Preisrätsel sei weder behauptet noch bescheinigt worden. Da das Lösungswort des Preisrätsels auf einer Postkarte einzusenden sei, könnten auch mehrere Personen an dem Gewinnspiel teilnehmen, obwohl nur eine von ihnen die Zeitschrift erworben habe. Auch ein mehrfacher Erwerb der Zeitschrift könne die Gewinnchancen nicht erhöhen, so daß auch dadurch kein Anreiz zu ihrem Erwerb bestehe. In manchen größeren Geschäften habe zwar der Kunde die Möglichkeit, vor dem Kauf auch den Inhalt der Zeitschrift zu sehen und daher von einem Preisrätsel Kenntnis zu erlangen; das treffe aber nur auf einen unmaßgeblichen Teil der in Betracht kommenden Verbraucher zu. Der durchschnittliche Interessent werde eine Zeitschrift ohne nähere Prüfung ihres Inhaltes kaufen; er werde von der Zeitung Unterhaltung und Entspannung erwarten und sie auf Grund ihres Titels und der dort angeführten Schlagzeilen erwerben; anders könne es allenfalls bei Fachzeitschriften sein, die ein Kunde nur dann zu erwerben bereit sei, wenn sie einen ihn besonders interessierenden Beitrag enthalten. Gegen den abweisenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und auch berechtigt.
So wie in dem vom erkennenden Senat zu 4 Ob 113/88 gleichzeitig entschiedenen Fall, welcher ein weiteres Preisrätsel der Beklagten in der Sommer-Ausgabe ihrer Zeitschrift betrifft, ist auch hier nur noch das in § 28 UWG ausgesprochene Verbot des Warenvertriebes in der Form von Bedeutung, daß eine neben der Ware zu gewährende Zuwendung (Prämie) vom Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig gemacht ist. Diese Terminologie des § 28 UWG entspricht jener des § 1 ZugG (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 104; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 303). Nach § 1 Abs 1 ZugG ist es verboten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren. Dabei ist es nach § 1 Abs 1 Satz 2 ZugG belanglos, ob die Zugaben im vorhinein, gleichzeitig oder erst später gewährt werden und ob sie in Waren oder Leistungen bestehen. Ist aber die neben einer Ware oder einer Leistung zu gewährende Zugabe vom Ergebnis einer Verlosung oder von einem anderen Zufall abhängig, dann gelten gemäß § 6 ZugG nicht die Bestimmungen dieses Gesetzes, sondern § 28 UWG. Die von § 28 UWG erfaßten Formen glücksspielartigen Vertriebes sind somit als Sonderform der Zugabe anzusehen (Schuhmacher aaO). Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt, angeboten oder gewährt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern (ÖBl 1985, 108 mwN). Dieser Vorteil muß mit der Hauptware (-leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (-leistung) zu beeinflussen; er muß also Werbe- oder Lockmittel sein (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 122;
Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1906 Rz 12 zu § 1 dZugVO;
ÖBl 1985, 47 und 108, je mwN). Zwischen der Haupt- und der unentgeltlichen Zusatzleistung muß demnach ein "innerer Zweckzusammenhang" bestehen; es müssen diejenigen Waren oder Leistungsumsätze gefördert werden, neben denen und zu denen die Zuwendung gemacht wird (Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 101 Rz 26 zu § 1 dZugVO). Die Zuwendungen müssen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden, für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll; auf die Förderung des Einzelkaufes und nicht auf eine solche der allgemeinen Geschäftstätigkeit kommt es dabei an (Hoth-Gloy aaO 103 Rz 28). Der notwendige Zusammenhang muß zur Zeit des Kaufentschlusses gegeben sein; er kann nicht nachträglich in Umkehrung der Kausalfolge hergestellt werden. Werden nach dem Geschäftsabschluß Zuwendungen in Aussicht genommen oder gewährt, mit denen der Käufer beim Kauf nicht rechnen konnte, dann liegt keine Zugabe vor. Die dem Ziel und Zweck des Zugabeverbotes zuwiderlaufenden werblichen Wirkungen müssen spätestens bei Vertragsschluß (Kaufentschluß) wirksam geworden sein (Hoth-Gloy aaO 112 f Rz 34).
Bei Anwendung dieser - auch für den Bereich des § 28 UWG geltenden - Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß für die hier noch in Rede stehende weitergehende Fassung des von der Klägerin angestrebten Verbotes schon deshalb kein Raum ist, weil die Beklagte jedenfalls über das im bereits rechtskräftig erlassenen Verbot umschriebene Verhalten hinaus keinen Verstoß gegen § 28 UWG begangen hat. Sie hat nämlich auf das beanstandete Gewinnspiel weder auf dem Titelblatt noch sonst in der Werbung hingewiesen; erst beim Durchblättern der Zeitschrift konnte man - allenfalls auch über das Inhaltsverzeichnis - auf das Preisrätsel stoßen. Hatte aber jemand die Zeitschrift gekauft und erst dann von dem Gewinnspiel erfahren, so bestand für ihn keinerlei Anlaß, im Hinblick auf dieses Spiel eine oder mehrere weitere Nummern derselben Zeitschrift zu erwerben, konnte er doch das Lösungswort auf Grund seines bereits erworbenen Exemplars finden und sodann, um seine Gewinnchancen zu erhöhen, auch mehrere Postkarten einsenden; der Erwerb weiterer Exemplare hätte ihm also keinen Vorteil gebracht. Wollte er Familienangehörige, Freunde, Bekannte udgl. an der Gewinnchance teilhaben lassen, so genügte es, ihnen das Lösungswort mitzuteilen oder die Zeitschrift zu borgen. In diesem Zusammenhang ist dem Rekursgericht auch darin zu folgen, daß nur ein geringer, nicht ins Gewicht fallender Teil des angesprochenen Publikums Zeitschriften erst nach näherer Prüfung ihres Inhaltes zu kaufen pflegt. In aller Regel sieht der Erwerber einer Zeitschrift oder Zeitung vor dem Kauf im besten Fall ihre Titelseite, nicht aber die erst im Blattinneren aufscheinenden Ankündigungen; ein genaues Durchblättern solcher Medien vor ihrem Kauf kommt dagegen wohl nur ausnahmsweise vor.
Da somit das beanstandete Gewinnspiel nicht geeignet war, über die im bereits erlassenen Verbot umschriebenen Tatbestände (Ankündigung eines Preisrätsels gemäß der im Blattinneren befindlichen Inhaltsangabe für "jede Ausgabe" und Veröffentlichung der Gewinner des letzten Preisrätsels im Zusammenhang mit dem Gewinnspiel der nächsten Nummer) hinaus einen Anreiz zum Kauf der Zeitschrift der Beklagten zu schaffen, liegt auch kein weitergehender Verstoß gegen § 28 UWG in dem Sinne vor, daß zur Teilnahme an dem angekündigten Preisrätsel schlechthin der Erwerb der Zeitschrift "FRAU UND FREIZEIT" notwendig wäre. Dem Revisionsrekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Da Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens nur noch ein verhältnismäßig geringfügiger Teil von rund einem Fünftel des von der Klägerin mit 450.000 S bewerteten Unterlassungsanspruches ist, war von einer Kostenbemessungsgrundlage von 100.000 S auszugehen.
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