OGH 5Ob2/89

OGH5Ob2/8924.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Ing. Helmut S***, Kaufmann,

Hohe-Munde-Straße 25, 6410 Telfs, vertreten durch Dr. Manfred Opperer, Rechtsanwalt in Telfs, wegen Abschreibung von Bestandteilen eines Grundbuchskörpers infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 4. November 1988, GZ 3 b R 159/88-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom 17. August 1988, GZ 1474/88-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit dem am 9. August 1988 beim Erstgericht eingebrachten Grundbuchsgesuch stellte Ing. Helmut S*** auf Grund des Kaufvertrages vom 18./21. April 1988, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Innsbruck vom 21. Juli 1988, des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Grundverkehrsbehörde Telfs, vom 31.Mai 1988, der Freistellungserklärung des Ing.Manfred B*** und der Elisabeth B***, verehelichte D***, vom 3.August 1988, der Freistellungserklärung der Ida B*** vom 5.August 1988, der Freistellungserklärung der R*** S***-R*** und Umgebung registrierte GenmbH vom 16.Mai 1988, der Planurkunde des Dipl.Ing.Karl H. M*** vom 23.Dezember 1987, des Bescheides des Vermessungsamtes Innsbruck vom 11.März 1988 und des Grundteilungsbewilligungsbescheides der Marktgemeinde Telfs vom 19. Mai 1988 den Antrag auf Bewilligung der lastenfreien Abschreibung des Teilstückes 1 von 376 m2 aus der Gp 4395/1 und des Teilstückes 2 von 208 m2 aus Gp 4392/1 jeweils von der EZ 48 I KG Telfs und deren Zuschreibung zur Liegenschaft EZ 2613 II KG Telfs unter Vereinigung mit Gp 4395/7.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.

Gegen diesen Beschluß erhob Aloisia B*** Rekurs mit der Behauptung, daß zu ihren Gunsten zu C-OZ 29, EZ 48 I KG Telfs ein Zwangspfandrecht verbüchert sei, sie jedoch zur beantragten lastenfreien Abschreibung keine Freilassungserklärung abgegeben habe. Das Gericht zweiter Instanz gab diesem Rekurs Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung des Grundbuchsantrages ab. Die Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundstückes ohne Mitübertragung von Lasten sei nur dann möglich, wenn die Buchberechtigten ihre (qualifizierte) Zustimmung zur lastenfreien Abschreibung erteilten (§ 3 Abs 1 LTG iVm § 32 GBG). Der Antragsteller habe mit seinem Grundbuchsgesuch den Kaufvertrag vom 18. April 1988 vorgelegt, in dem unter Punkt VI. die Freilassungserklärung der Aloisia B***, geb. H***, geb. am 13. Jänner 1915, aufscheine. Dieser Vertrag sei von der Obgenannten am 18.April 1988 unterfertigt worden (Beglaubigung des Bezirksgerichtes Telfs vom 18.April 1988).

Nach dem Grundbuchstand ist im Lastenblatt der EZ 48 I KG Telfs in C-OZ 24 "das Wohnungsrecht und die Reallast des Ausgedinges zugunsten der Aloisia B***, geb. H***, geboren 13.1.1915" einverleibt und in C-OZ 29 das "Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung der Aloisia B*** von 801.530,95 S". Da nach dem Grundbuchstand (fehlendes Geburtsdatum der Buchberechtigten in C-OZ 29) nicht mit der für das Grundbuchsverfahren erforderlichen Sicherheit feststehe, daß die Lasten in C-OZ 24 und 29 lediglich zugunsten einer Person, nämlich der Aloisia B*** geb. H***, geboren am 13. Jänner 1915, einverleibt worden seien, sondern durchaus zu besorgen sei, daß zu C-OZ 29 die Rekurswerberin und zu C-OZ 24 deren Mutter berechtigt seien, hätte es dem Antragsteller oblegen, entweder auch die Freilassungserklärung der Rekurswerberin beizubringen oder klarzustellen, daß die im Kaufvertrag enthaltene Freilassungserklärung beide Lasten betreffe. Werde ausdrücklich die lastenfreie Abschreibung beantragt, so dürfe die Abschreibung unter Mitübertragung der Lasten - wie dies nunmehr im Rekurs für den Eventualfall angeregt werde - nicht bewilligt werden, weil sie etwas anderes darstelle, als die Partei angesucht habe.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 126 Abs 2 GBG), aber nicht berechtigt.

In seinem Revisionsrekurs vertritt der Antragsteller den Standpunkt, es sei ihm nicht bekannt gewesen, daß das einverleibte Wohnrecht und die Reallast des Ausgedinges und das einverleibte Pfandrecht zwei verschiedenen Personen zustünden; im Sinne des "in Grundbuchsangelegenheiten vorherrschenden Grundsatzes des guten Glaubens" habe er angenommen, daß es sich bei den Buchberechtigten um ein und dieselbe Person handle. Die Verschiedenheit der Personen hätte der Pfandgläubigerin - nicht einem Dritten - bekannt sein müssen; es wäre Aufgabe der Pfandgläubigerin gewesen, darauf zu achten, daß eine Verwechslung nicht vorkommen könne. Da vom Rekursgericht keine Nachforschungen angestellt worden seien, sei es auch vorstellbar, daß der Antragsteller Nachforschungen angestellt und dabei keine Bedenken gehabt hätte. Außerdem wäre es auch möglich, daß tatsächlich kein Unterschied zwischen den beiden Buchberechtigten bestehe. Der Revisionsrekurswerber vertritt abschließend die Ansicht, daß der Grundbuchstand nicht zweifelhaft sei, das Erstgericht daher mit Recht seinen Antrag bewilligt habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach § 95 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht - von hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahmen abgesehen - ohne Einvernehmung der Parteien und ohne Zwischenerledigung in der Sache zu entscheiden, und zwar im Sinne der Bewilligung oder Abweisung des Gesuchs. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß es im Rahmen der Verpflichtung des Grundbuchsgerichtes, das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen (§ 94 Abs 1 GBG) dessen Aufgabe ist, auch zu prüfen, ob der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht frei von Zweifel ist. Ein Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt auch bezüglich der materiellrechtlichen Fragen keinerlei Zweifel aufkommen läßt (vgl. EvBl 1976/13 = NZ 1976, 95; NZ 1986, 41 und 90; NZ 1987, 105 und 161; NZ 1988, 289 ua). Das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß nach dem Grundbuchstand nicht mit Sicherheit feststeht, daß die Lasten in C-OZ 24 und 29 zugunsten ein und derselben Person einverleibt wurden, weil bei der Angabe der Pfandgläubigerin deren Geburtsdatum nicht vermerkt ist und ein allfälliger früherer Familienname fehlt. Da auch die in Punkt VI. des dem Grundbuchsgesuch zugrundeliegenden Kaufvertrages enthaltene Freilassungserkllärung der "Aloisia B*** geb. H***, geboren 13.1.1915" keinen Hinweis auf die Art der Buchberechtigung enthält, aus der die Frage der Identität der Berechtigten verläßlich beantwortet werden könnte, kann tatsächlich nicht gesagt werden, der Urkundeninhalt lasse keine Zweifel darüber aufkommen, daß die in Punkt VI. des Kaufvertrages von Aloisia B*** geb. H***, geboren am 13.Jänner 1915, abgegebene Erklärung auch als Zustimmung der in C-OZ 29 ohne Angabe eines Geburtsdatums einverleibten Pfandgläubigerin Aloisia B*** zur lastenfreien Abschreibung angesehen werden kann. Bleiben aber Zweifel daran offen, ob die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet oder aufgehoben werden soll, daß er in die Einverleibung einwillige, vorhanden ist (§ 32 Abs 1 lit b GBG; § 3 Abs 1 LTG), so kann in der Abweisung des Antrages auf lastenfreie Abschreibung der genannten Teilstücke von der Liegenschaft EZ 48 I KG Telfs und Zuschreibung zu einer anderen Liegenschaft kein Rechtsirrtum erblickt werden. Auf die Frage, ob der Antragsteller auf die Identität der aus C-OZ 24 und 29 ersichtlichen Buchberechtigten vertrauen durfte, kommt es im Verfahren über die Frage der Bewilligung eines Grundbuchsgesuches nicht an, weil es sich dabei grundsätzlich um ein Aktenverfahren handelt, dem - wie erwähnt - die Durchführung eines Beweisverfahrens in der vom Revisionsrekurswerber vermißten Form fremd ist.

Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

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