OGH 4Ob118/88

OGH4Ob118/8824.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Dr. Friedrich Prunbauer, Dr. Marcella Prunbauer und Dr. Martin Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Peter R***, Inhaber eines Reinigungsunternehmens, Wien 3., Eslarngasse 19, vertreten durch Dr. Heinrich Waldhof und Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 90.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 6. Oktober 1988, GZ 1 R 175/88-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juni 1988, GZ 39 Cg 171/88-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte betreibt ein Teppichreinigungsunternehmen. In einer an Haushalte verteilten Postwurfsendung (Beilage C) kündigte er unter der Überschrift "Aktion!" folgendes an:

"Shampoonieren: Normalpreis ab S 38,--/m2

Aktionspreis ab S 18,--/m2

Extrahieren: Normalpreis ab S 42,--/m2

Aktionspreis ab S 19,--/m2

(Fleckentfernung): kostenlos

..."

Dabei waren die Wörter "Aktion" sowie die beiden "Aktionspreis"-Angebote fett, das Wort "Fleckentfernung" in kleineren Buchstaben gedruckt als die Wörter "Shampoonieren" und "Extrahieren".

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt der Kläger, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in Werbeankündigungen für die Durchführung von Reinigung anzukündigen, daß "(Fleckentfernung): kostenlos!" erfolge, wenn diese tatsächlich im Preis inbegriffen ist. Die Entfernung von Flecken gehöre zu jeder normalen Reinigungsleistung; die Ankündigung des Beklagten erwecke den unrichtigen Eindruck, daß eine Sonderleistung ohne besondere Verrechnung erbracht werde. Der Beklagte erstattete keine Äußerung zu diesem Antrag. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Beklagte habe keine "Reinigung", sondern einzelne Teilleistungen angekündigt und dabei klargestellt, daß nur für die Leistungen "Shampoonieren" und "Extrahieren" ein Entgelt verlangt werde und sich der gesamte Preis für alle drei Teilleistungen (einschließlich des Fleckentfernens) aus den einzelnen Preisen der beiden erstgenannten Teilleistungen ergebe. Die Ankündigung des Beklagten erwecke nicht den Eindruck, daß eine Sonderleistung gratis durchgeführt werde.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-

aber nicht S 300.000,- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Es nahm zusätzlich als bescheinigt an, daß das Entfernen von Flecken zur normalen Reinigungsleistung von Teppichreinigungsunternehmen gehört. Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, daß der Beklagte mit den Bezeichnungen "Shampoonieren" und "Extrahieren" zwei verschiedene, selbständige Reinigungsleistungen angeboten habe. Da aber das Entfernen von Flecken zur normalen Reinigungsleistung von Teppichreinigungsunternehmen gehöre, habe der Beklagte durch die Betonung der Kostenlosigkeit einer von allen anderen Anbietern gleichfalls kostenlos gewährten (Neben-)Leistung den Eindruck eines besonders günstigen Angebotes erweckt. Dieser Eindruck werde durch die Überschrift "Aktion" noch verstärkt. Eine Werbeankündigung sei irreführend im Sinne des § 2 UWG, wenn etwas Selbstverständliches besonders betont werde. Eine Leistung werde nur dann gratis erbracht, wenn der Leistungsempfänger überhaupt nichts zu zahlen habe; die Kunden des Beklagten müßten aber den bei den Leistungen "Shampoonieren" und "Extrahieren" genannten Preis zahlen. Selbst wenn aber alle diese Leistungen Teile einer Gesamtleistung wären, wäre die beanstandete Werbeankündigung irreführend, weil der Werklohn für das Fleckentfernen in den angeführten Aktionspreisen enthalten sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung, die

angesprochenen Verkehrskreise würden durch die Ankündigung

kostenloser Fleckentfernung nicht in Irrtum geführt, kann nicht

beigepflichtet werden: Eine Werbeankündigung verstößt auch dann

gegen § 2 UWG, wenn ihr - trotz sachlicher Richtigkeit - etwas

Unwahres entnommen werden kann (Hohenecker-Friedl,

Wettbewerbsrecht 23). Maßgebend für diese Beurteilung ist der

Gesamteindruck der Mitteilung, der beim flüchtigen Lesen oder Hören

für den Durchschnittsinteressenten entsteht (ÖBl 1984, 70 uva); auch dabei muß der Anpreisende immer die ungünstigste Auslegung seiner Werbung gegen sich gelten lassen (WBl 1988, 232). Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, wird durch das Betonen der Unentgeltlichkeit einer im Zusammenhang mit einer Hauptleistung üblicherweise ohne gesonderte Berechnung erbrachten weiteren (Neben-)Leistung ein unrichtiger Eindruck erweckt, weil ihm der Verkehr, dem die Kalkulationsgrundlagen der Unternehmer häufig unbekannt sind, einen besonderen Vorteil entnimmt, der in Wahrheit nicht gegeben ist (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1086 Rz 53 zu § 3 dUWG). Darauf aber, ob dieser Vorteil nur bei Inanspruchnahme aller angekündigten (entgeltlichen) Leistungen oder auch dann gewährt wird, wenn nur eine davon in Anspruch genommen wird, kommt es bei der Beurteilung dieser Irreführungseignung nicht an; auch das beantragte Verbot stellt nicht auf diesen Unterschied ab. Im vorliegenden Fall kann die Werbeankündigung des Beklagten - auch ohne besonders auffällige Hervorhebung - den Eindruck erwecken, daß die Fleckentfernung nur bei Inanspruchnahme seines "Aktionsangebotes" kostenlos erfolge. Dieser Eindruck ist jedoch unrichtig, weil alle Reinigungsunternehmen im Rahmen ihrer Reinigungsleistungen Flecken ohne gesonderte Berechnung entfernen. Die Ankündigung verstößt daher gegen § 2 UWG.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich, soweit sie die Kosten des Klägers betrifft, auf § 393 EO, soweit sie die Kosten des Beklagten betrifft auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte