OGH 7Ob50/88

OGH7Ob50/8819.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard P***, Angestellter, Wien 19., Hammerschmidtgasse 18, vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** I*** O*** L***, Direktion für Österreich, Wien 1., Universitätsstraße 5, vertreten durch Dr. Wolfgang Taussig und Dr. Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, wegen 108.295 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. September 1988, GZ 5 R 126/88-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. Februar 1988, GZ 34 Cg 195/86-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.657,84 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 514,35 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat bei der Beklagten für ein Sportboot "Riva Super Florida" Nr. 712 eine Sportboot-Kaskoversicherung abgeschlossen, der die Sportboot-Kaskoversicherungsbedingungen zugrunde liegen. Nach deren § 2 erstreckt sich die Versicherung auf den Verlust oder die Beschädigung der versicherten Gegenstände durch Unfall des Fahrzeuges (Strandung, an Grund geraten und Zusammenstoß mit festen oder schwimmenden Gegenständen), Brand Blitzschlag, Explosion, höhere Gewalt, Einbruchdiebstahl und Diebstahl des gesamten Fahrzeuges, Brechen von Masten und Rundhölzern und Reißen von stehendem und laufendem Gut, sowie Beschädigung durch Personen, die nicht zur Besatzung gehören. Nach § 4 Abs. 1 lit d der Versicherungsbedingungen sind Schäden durch Abnutzung im gewöhnlichen Gebrauch, durch Bearbeitung, Witterungseinflüsse, Fäulnis und Ungeziefer nicht versichert.

Das Boot des Klägers befand sich auf einem Liegeplatz im Jachthafen Kammer am Attersee. Es war ordnungsgemäß abgedeckt. Mitte Mai 1985 wurde durch einen außergewöhnlich heftigen Sturm die zur Abdeckung dienende Persenning im Bugbereich aufgerissen. Dadurch konnte Regenwasser in das Innere des Bootes eindringen, wodurch die Decklackierung beschädigt wurde. Der Kläger entdeckte die Beschädigung Anfang Juni 1985. Er ließ in Italien eine Reparatur vornehmen, wofür er 8,700.000 italienische Lire bezahlen mußte. Die Vorinstanzen haben das auf 108.295 S gerichtete Klagebegehren (Reparaturkosten abzüglich 10 % Selbstbehalt) mit der Begründung abgewiesen, der Schaden sei auf Witterungseinflüsse zurückzuführen. Außerdem wäre die Beschädigung nicht durch höhere Gewalt, sondern durch längeres Stehen und Dunsten von Wasser entstanden. Ein Anerkenntnis durch die Beklagte haben die Vorinstanzen nicht angenommen. Zu dieser Frage stellte sie noch folgendes fest:

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 7. August 1985 Versicherungsansprüche grundsätzlich geltend gemacht hatte, teilte ihm die Beklagte mit Fernschreiben vom 16. Oktober 1985 mit, sie könne die in Aussicht gestellten Reparaturrechnungen nur zu 50 % anerkennen. Zu diesem Fernschreiben war die Beklagte durch die Mitteilung des Klägers vom 14. Oktober 1985, er werde sein Boot zur Reparatur nach Italien schicken, veranlaßt worden.

In der Folge machte die Beklagte dem Kläger ein Anbot auf Erledigung der Angelegenheit durch Zahlung von 25.980 S, doch hat der Kläger dieses Anbot abgelehnt und eine Abfindungserklärung nicht unterfertigt.

Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Bei der Ausführung der Revision entfernt sich der Kläger insoweit vom festgestellten Sachverhalt, als er von einer Nennung des Sturms als der Versicherung unterliegendem Elementarereignis im Sinne § 2 Z 1 der Versicherungsbedingungen ausgeht. Derartiges haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Außerdem ist ein derartiges versichertes Risiko den Versicherungsbedingungen (Beilage 3) nicht zu entnehmen. Deren § 2 führt den Sturm nicht als die Versicherung begründendes Ereignis an.

Grundsätzlich ist es richtig, daß als höhere Gewalt ein von außen her einwirkendes außergewöhnliches Ereignis, das nicht in einer gewissen Häufigkeit und Regelmäßigkeit vorkommt und zu erwarten ist und durch äußerste zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch in seinen Folgen unschädlich gemacht werden kann, zu verstehen ist (JBl. 1978, 211, SZ 54/64 ua). Inwieweit diese Voraussetzungen auf einen außergewöhnlich starken Sturm zutreffen, muß hier nicht untersucht werden. Ist nämlich in einem Vertrag vereinbart, daß bestimmte Ereignisse (zB Niederschläge welcher Art und welchen Ausmaßes immer) niemals höhere Gewalt darstellen, fallen auch ohne diese Einschränkung allenfalls als höhere Gewalt zu qualifizierende Ereignisse nicht unter den Vertrag (vgl 5 Ob 582/88). Wenn daher Versicherungsbedingungen auf Witterungseinflüsse zurückzuführende Schäden schlechthin vom Versicherungsschutz ausnehmen, so gilt diese Ausnahme auch dann, wenn ansonsten Witterungseinflüsse dieser Art höhere Gewalt darstellen würden. Zumindest muß dies für Witterungseinflüsse gelten, die in dem betreffenden Gebiet nur höchst selten in diesem Ausmaß auftreten, die jedoch dort nicht als praktisch ausgeschlossen oder als sogenannte "Jahrhundertereignisse" anzusehen sind. Daß aber im Salzkammergut, wenn auch vielleicht nur selten, mit außergewöhnlich starken Stürmen gerechnet werden muß, ist allgemein bekannt. Der Kläger hat aber nie behauptet, daß der das vorliegende Ereignis auslösende Sturm das Ausmaß jener Stürme, mit denen auch in seltenen Fällen im Salzkammergut gerechnet werden muß, eindeutig überschritten hätte. Schon aus diesem Grunde wurde mit Recht das Vorliegen des Versicherungsschutzes verneint, wobei diese Verneinung natürlich auch für die Persenning gilt, die ebenfalls durch den Sturm zerrissen worden ist. Es kann demnach keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründen, daß der Wert der Persenning nicht festgestellt wurde.

Da schon aus dem erwähnten Grund ein Versicherungsschutz verneint werden muß, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob ein solcher Ausschluß nicht schon deshalb anzunehmen wäre, weil in Wahrheit die Beschädigung des Bootes gar nicht unmittelbar auf den Sturm, sondern auf eine langandauernde Einwirkung von Wasser und dessen Verdunstung zurückzuführen war.

Das Telegramm vom 16. Oktober 1985 (Beilage A) kann schon deshalb kein Anerkenntnis des Klagsanspruches dem Grunde nach bewirkt haben, weil es sich wie sich aus den getroffenen Feststellungen und vor allem im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 10. März 1986 (Beilage 2) ergibt, ausschließlich auf die Höhe der konkret erst geltend zu machenden Ansprüche bezogen hat. Es war eine Antwort auf die Mitteilung, der Kläger beabsichtige, das Boot zur Reparatur nach Italien zu verbringen und sollte klarstellen, daß in einem solchen Fall nicht die gesamten Reparaturkosten begehrt werden könnten, weil eine billigere Reparatur in Österreich möglich wäre. Bei den weiteren Schreiben handelt es sich eindeutig um Vergleichsanbote, die vom Kläger nicht angenommen worden sind. Der Kläger könnte für sich nur ein konstitutives Anerkenntnis ins Treffen führen. Ein solches ist zwar mit einem Vergleich eng verwandt, ist jedoch ein Feststellungsvertrag, in dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht im vollen Umfang zugesteht. Das Anerkenntnis unterscheidet sich von dem Vergleich somit durch das Fehlen des beiderseitigen Nachgebens (Ertl in Rummel Rz 6 zu § 1380 und die dort zitierte Judikatur). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte einerseits nie einseitig zur Gänze nachgegeben und wurde andererseits ihr Anbot vom Kläger nicht angenommen. Schon aus diesem Grunde kann von einem konstitutiven Anerkenntnis keine Rede sein.

Mit Recht haben demnach die Vorinstanzen Versicherungsschutz für den vorliegenden Fall verneint.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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