Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit dem Beschluß ON 21 verhängte das Konkursgericht über den Gemeinschuldner Walter G*** gemäß § 101 Abs 1 KO die Haft in der Dauer von 2 Monaten, um damit überprüfbare Angaben und die Vorlage aller Bescheinigungsmittel darüber zu erzwingen, auf welche Art und Weise er die ihm von der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg in der Zeit vom 1.März 1986 bis zur Konkurseröffnung am 3.Juni 1987 ausgefolgten Geldmittel sowie die der Forderungsanmeldung des Masseverwalters im Konkurse über das Vermögen der Firma Walter G*** Ges.m.b.H., Bludenz, zugrundeliegenden Geldmittel verwendet hat. Das Konkursgericht nahm als bescheinigt an, daß der Gemeinschuldner Ende des Jahres 1986 oder Anfang des Jahres 1987 von der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg in Bregenz im Kreditweg Geldmittel von insgesamt (mindestens) etwa S 2,5 Mio erhalten und in der Zeit von etwa März 1986 bis zur Konkurseröffnung als Geschäftsführer der gleichfalls in Konkurs befindlichen Firma Walter G*** Gesellschaft mbH in Bludenz aus deren Vermögen Geldbeträge von insgesamt etwa S 1,4 Mio für Privatzwecke entnommen hat. Über die Verwendung dieser Beträge befragt, habe er unterschiedliche und widersprüchliche Angaben gemacht. Dem Masseverwalter Dr.T*** habe er erklärt, daß er mit diesen Geldmitteln in New York an der Börse in Wall Street Optionsgeschäfte getätigt habe, wobei er die gesamten Mittel verloren hätte. Gegenüber dem im Konkurs über das Vermögen der Walter G*** Gesellschaft mbH bestellten Masseverwalter Dr.Eva S*** habe er dagegen erklärt, die Gelder in Europa bei Spekulationen "verspielt" zu haben. Darüberhinaus verweigere er jede Auskunft, wann und wo und mit welchen Partnern die angeblichen Börsegeschäfte geschlossen worden seien, dies mit dem Hinweis, er könne sich durch vollständige Beantwortung derartiger Fragen der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen. Durch diese "dürftigen Angaben" verletze der Gemeinschuldner seine Verpflichtungen gemäß den §§ 99, 100 Abs 1 und 5
sowie 105 Abs 1 KO, da er nach diesen Bestimmungen verhalten sei, dem Masseverwalter alle zur Geschäftsführung erforderlichen Aufklärungen zu erteilen. Hiezu zählten auch die Angaben über die vor dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung liegenden Rechtsvorgänge und die Herausgabe der bezüglichen Unterlagen.
Gegen den konkursgerichtlichen Beschluß erhob der Gemeinschuldner Rekurs, welchem das Rekursgericht insoweit Folge gab, als es den Auftrag zur Vorlage aller Bescheinigungsmittel aus dem Spruch des angefochtenen Beschlusses ausschied. Zur Begründung verwies es auf die Erklärung des Gemeinschuldners, daß solche Bescheinigungsmittel nicht mehr vorlägen, welche Erklärung vorerst hingenommen werden müsse.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die über den Gemeinschuldner in der Dauer von 2 Monaten verhängte Haft auch zur Erzwingung der Vorlage der genannten Bescheinigungsmittel verhängt werde.
Auf Grund des mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes 5 Ob 380/87 vom 15.Dezember 1987 an das Rekursgericht ergangenen Ergänzungsauftrages sprach dieses mit seinem Beschluß 1 R 247/87 vom 15. Februar 1988 aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es teilweise abändernd entschied, den Betrag von S 300.000,-- übersteigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist zulässig, jedoch nicht gerechtfertigt.
Der Rekurswerber bringt vor, von der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg trotz Ersuchen keine Unterlagen über die dem Gemeinschuldner ausbezahlten Geldmittel in Höhe von S 2,5 Mio sowie des von diesem aus dem Vermögen der Gesellschaft für Privatzwecke entnommenen Betrages von S 1,4 Mio erlangt zu haben. Die diesbezüglichen Behebungsvorgänge und Überweisungen seien daher ohne Vorlage der Kontoauszüge und Kontobelege und sonstigen Bescheinigungsmittel durch den Gemeinschuldner nicht überprüfbar. Im Sinne der in § 99 KO normierten Aufklärungspflicht sei der Gemeinschuldner zur Vorlage sämtlicher Bescheinigungsmittel gehalten. Allein auf Grund seiner Behauptung, über keine solchen zu verfügen, könne der Mangel an Bescheinigungsmitteln noch nicht als erwiesen gelten.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach den Anordnungen der §§ 99 und 100 Abs 1 und 5 KO hat der Gemeinschuldner dem Masseverwalter alle zur Geschäftsführung erforderlichen Aufklärungen zu erteilen, dem Konkursgericht ein genaues Vermögensverzeichnis vorzulegen und über Antrag dessen Richtigkeit zu beeiden. Gemäß § 101 Abs 1 KO kann das Konkursgericht den Gemeinschuldner in Haft nehmen, wenn er die in § 99 KO bezeichneten Pflichten beharrlich und ohne hinreichenden Grund nicht erfüllt, wenn er dem Auftrag zur Ablegung des Offenbarungseides oder zur Vorlage des Vermögensverzeichnisses nicht nachkommt oder wenn dies zur Sicherung der Masse oder zur Hintanhaltung von Umtrieben notwendig ist, durch welche die Gläubiger geschädigt werden können.
Der Gemeinschuldner hat demnach an der Feststellung der Aktiven und Passiven durch Vorlage eines genauen Vermögensverzeichnisses und durch eine umfassende Auskunftserteilung mitzuwirken. Diese bezieht sich auch auf sein der Konkurseröffnung vorangegangenes Tun, also auf seine früheren Verhaltensweisen und Umstände, die eine Anfechtung von Rechtshandlungen begründen könnten (KuhnUhlenbruck Kommentar zur dKO10 Rz 1, 2 c zur vergleichbaren Bestimmung des § 100; Bartsch-Pollak3 I 469 Anm. 1). Über diese Auskunftspflicht hinaus besteht zwar keine Mitwirkungspflicht des Gemeinschuldners (vgl. KuhnUhlenbruck aaO, Rz 2 a; Bartsch-Pollak aaO); zweifellos ist er aber zum Zwecke der ordnungsgemäßen Erfüllung der Auskunftspflicht auch gehalten (vgl. § 105 Abs 1 KO), vorhandene Aufzeichnungen und schriftliche Unterlagen über für das Konkursverfahren relevante Umstände dem Konkursgericht zur Verfügung zu stellen. Lediglich zur Herbeischaffung von in Händen Dritter befindlicher Unterlagen ist der Gemeinschuldner nicht verpflichtet (BartschPollak aaO).
Eine Inhaftnahme des Gemeinschuldners durch das Konkursgericht wegen Verletzung der Auskunftspflicht kann im Sinne der ausdrücklichen Anordnung des § 101 Abs 1 KO nur erfolgen, wenn diese Pflicht beharrlich und ohne zureichenden Grund nicht erfüllt wird.
Vorliegendenfalls bestreitet der Gemeinschuldner im Besitze von schriftlichen Unterlagen über die Verwendung der Beträge von S 2,5 Mio und S 1,4 Mio zu sein. Der Masseverwalter hat nun vor den Tatsacheninstanzen selbst gar nicht behauptet, daß solche Papiere beim Gemeinschuldner tatsächlich vorhanden seien und führt auch im Rekurs nur aus, allein auf Grund der gegenteiligen Erklärungen des Gemeinschuldners könne es "wohl nicht von vornherein als erwiesen angenommen werden, daß der Gemeinschuldner tatsächlich über keine Bescheinigungsmittel mehr verfügt". Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Gemeinschuldner jedenfalls über schriftliche Unterlagen betreffend die Verwendung der genannten Beträge verfügen muß, wurden demnach nicht vorgebracht sondern nur Vermutungen angestellt. Mangels solcher triftiger Anhaltspunkte kann aber nicht zugrundegelegt werden, daß der Gemeinschuldner im Sinne des § 99 KO beharrlich und ohne hinreichenden Grund die Herausgabe von Bescheinigungsmitteln verweigere und solcherart seine Auskunftspflicht verletze. Dies wäre jedoch Voraussetzung für die Verhängung einer Beugehaft nach § 101 Abs 1 KO.
Dem Revisionsrekurs war somit nicht Folge zu geben.
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