OGH 12Os108/88

OGH12Os108/881.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Dezember 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Leopold L*** wegen des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen und gegen Renate Z*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 dritter Fall, 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 23.März 1988, GZ 19 Vr 1492/84-127, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, beider Angeklagten und des Verteidigers Dr. Lientscher zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Leopold L*** und Renate Z*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der - inzwischen pensionierte - Finanzbeamte Leopold L*** des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB (Punkt A I des Schuldspruches), des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB (A II), des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB (A III) und des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 3 lit a FinStrG als Beteiligter gemäß § 11 dritter Fall FinStrG (A IV) sowie die kaufmännische Angestellte Renate Z*** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 302 Abs. 1 StGB (B in Beziehung auf A II 2) schuldig erkannt.

Dieses Urteil bekämpfen beide Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, Leopold L*** in den Schuldsprüchen zu A I, II und IV aus den Gründen der Z 5, 5 a, 9 lit a, 10 und 11, Renate Z*** aus jenen der Z 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs. 1 StPO. Den Beschwerden kommt in keinem Punkt Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*** gegen die Schuldsprüche A II 1 und 2 und zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Z*** gegen den Schuldspruch B:

Als Mißbrauch der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB liegt dem Angeklagten L*** zur Last, daß er als Beamter des Finanzamtes Tulln mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf eine dem Gesetz entsprechende Steuerbemessung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbrauchte, indem er

1. im Jahre 1980 Abgabenhinterziehungen des Wirtes und Diskothekenbesitzers Josef R***, die er bei einer Betriebsprüfung festgestellt hatte, gegen Bezahlung eines Bestechungsgeldes von 20.000 S nicht aufdeckte (A II 1) und

2. am 5.August 1981 Josef R*** durch Renate Z***, welche um seine amtsmißbräuchliche Vorgangsweise wußte, von der bevorstehenden Hausdurchsuchung und Betriebsprüfung, die durch Beamte der Steuerfahndung vorgenommen werden sollte, informieren ließ, um R*** die Beiseiteschaffung der Geschäftsunterlagen und Waren zu ermöglichen (II 2).

Die entsprechende Beteiligung der Renate Z*** an dem letztbezeichneten Amtsmißbrauch liegt dem diese Angeklagte betreffenden Schuldspruch zu B zugrunde.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte L*** setzt sich zunächst über wesentliche Urteilspassagen hinweg, soweit er zum Faktum A II 1 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO in der Urteilsbegründung eine Konkretisierung der steuerlichen Unregelmäßigkeiten (Abgabenhinterziehungen) des Josef R*** vermißt, deren Nichtaufdeckung ihm als Mißbrauch der Amtsgewalt angelastet wurde. Geht doch das angefochtene Urteil in diesem Zusammenhang mit formell mängelfreier Begründung davon aus, daß der Angeklagte bei der in Rede stehenden Betriebsprüfung umfangreiche Steuerhinterziehungen, insbesondere durch Nichterklärung von Einkünften, wahrgenommen hatte (US 10), was sich insbesondere aus der (unbestrittenen) Vorwarnung des Josef R*** zwecks Beiseiteschaffung belastender Unterlagen und den späteren Bescheiden über Abgabennachzahlungen in Millionenhöhe ergebe (US 14). Da der Beschwerdeführer gerade jene Begründungselemente des angefochtenen Urteils vernachlässigt, die er im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5 a) zu Unrecht vermißt, bringt er keinen der diesbezüglich geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Nicht anders verhält es sich mit der dasselbe Faktum betreffenden Subsumtionsrüge (Z 10), die - erneut unter Negierung wesentlicher Urteilsfeststellungen zu Handlungskomponenten, die über die bloße Geldannahme hinausgingen - eine Tatbeurteilung nach § 304 Abs. 2 StGB anstrebt.

Soweit der Angeklagte L*** aus demselben Nichtigkeitsgrund die Bekanntgabe der Hausdurchsuchung und Betriebsprüfung an Josef R*** (A II 2) als bloße Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß § 310 Abs. 1 StGB reklamiert, weil er nach seiner Behauptung mit den genannten Amtshandlungen nicht betraut gewesen wäre, ist er gleichfalls nicht im Recht:

Unter dem Gesichtspunkt des § 302 StGB kommt es für den Umfang der Befugnis (im Namen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Rechtsgeschäfte vorzunehmen) nur auf den abstrakten Aufgabenbereich, nicht aber darauf an, ob der Beamte seinem Dienstauftrag zufolge auch konkret mit dem betreffenden Amtsgeschäft befaßt war. Selbst eine funktionelle oder örtliche Unzuständigkeit könnte den Mißbrauch einer grundsätzlich zustehenden Befugnis nicht ausschließen (EvBl 1988/104). Im vorliegenden Fall steht jedenfalls eine abstrakte Zuständigkeit des Angeklagten L*** zur Durchführung von Betriebsprüfungen schon deshalb außer Frage, weil er zur Tatzeit regelmäßig als Betriebsprüfer des Finanzamtes Tulln eingesetzt war. Hiezu kommt, daß L*** im Zuge desselben Verwaltungsverfahrens bereits als Prüfer des Steuerpflichtigen R*** tätig gewesen war. Der Umstand, daß es ihm, nachdem er von seinem Gruppenleiter (ganz allgemein) von beabsichtigten Hausdurchsuchungen erfahren hatte, gelang, einem Beamten der Fahndungsstelle den Einsatzort "herauszulocken" (US 10), ändert nichts daran, weil es sich auch dabei um eine dem Angeklagten in seiner amtlichen Eigenschaft bekannt gewordene Tatsache handelte. Ob L*** zur Zeit der Veranlassung der Vorwarnung an Josef R*** schon mit der (später tatsächlich aktuellen) Mitwirkung an der Hausdurchsuchung (vgl US 16) beauftragt war, tritt demnach bedeutungsmäßig in den Hintergrund. Der Beurteilung der zu Punkt A II 2 des Schuldspruches erfaßten Tat als Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB haftet mithin dem Beschwerdestandpunkt zuwider kein Rechtsirrtum an.

Eben dieselben Erwägungen entziehen aber auch der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Renate Z*** den Boden, die sich der Sache nach ausschließlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO (die Bezugnahme auf die weiteren Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit b blieb unsubstantiiert) im wesentlichen auf die Wiederholung der Argumentation des Angeklagten L*** zum Mangel am Tatbestand des § 302 Abs. 1 StGB beschränkt und damit (zu Unrecht) die Strafbarkeit ihrer Beitragshandlungen bestreitet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*** gegen den Schuldspruch A I:

Darnach hat der Angeklagte L*** im Jänner 1981 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung anläßlich einer Betriebsprüfung den steuerpflichtigen Ing.Alfred E*** durch wiederholtes "ungerechtfertigtes" Inaussichtstellen eines Finanzstrafverfahrens zur Hingabe eines Geldbetrages von 6.000 S genötigt. Der Angeklagte L*** gibt den Geldempfang zu, bestreitet jedoch jeglichen Zusammenhang mit der Androhung eines Finanzstrafverfahrens und strebt demgemäß die Unterstellung dieser Geschenkannahme unter § 304 Abs. 2 StGB an.

Der Beschwerde zuwider ist das angefochtene Urteil diesbezüglich weder mit einem Begründungsmangel (Z 5) behaftet, noch ergeben sich aus den Akten Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a):

Die Urteilserwägungen zur Frage der Glaubwürdigkeit der die Feststellungen zum Schuldspruch A I zur Gänze tragenden Aussage des Zeugen Ing. E*** werden der tatrichterlichen Begründungspflicht (§§ 258 Abs. 2, 270 Abs. 2 Z 5 StPO) in formell mängelfreier Weise gerecht (US 13). Ob das Amtshandeln des Beschwerdeführers anfänglich (bloß) schikanös war und die in der Folge wiederholte erpresserische Einflußnahme einer "perfiden Wesensart" des Beschwerdeführers entsprach, ist an sich nicht entscheidungswesentlich (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO); beide Annahmen finden aber in den Angaben des Zeugen E*** (vgl insbesondere ON 125, S 36/IV) sowie in der Gesamtheit der bezüglichen Verfahrensergebnisse, auf welche die Tatrichter ihre Überzeugung gründeten, entsprechende Deckung. Die Verantwortung des Angeklagten, daß ein (namentlich nicht genannter) Finanzbeamter im Auftrag des Zeugen E*** versucht hätte, zu dessen Gunsten zu intervenieren (ON 125, S 41/IV), hat das Erstgericht dem Beschwerdevorbringen zuwider ohnedies entsprechend mitberücksichtigt (US 13). Eine Erörterung der Darstellung des Beschwerdeführers, wonach sich der Einkommensteuerakt bei dem vorerwähnten Finanzbeamten befunden hätte (ON 125, S 42/IV), konnte im übrigen schon deshalb auf sich beruhen, weil dieser Beamte nach den weiteren (in der Beschwerde wiederholten) Angaben des Angeklagten L*** für die Ing. E*** betreffende Einkommensteuerbemessung zuständig war. Worin im übrigen eine "Zwiespältigkeit" in den Bekundungen des Zeugen E*** gelegen sein soll, ist weder den Beschwerdeeinwänden noch dem Akteninhalt zu entnehmen. Im Kern beschränkt sich die Beschwerdeargumentation in diesem Punkt auf einen Angriff gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, welche gegen Urteile von Kollegialgerichten (nach wie vor) unzulässig ist.

Schließlich betrifft auch die weiters relevierte Frage, ob gegen E*** der Verdacht einer Steuerhinterziehung bestand oder nicht, keine entscheidende Tatsache. Selbst im Fall begründeter (also nicht nur - wie im Urteilsspruch angeführt - "ungerechtfertigter") Androhung der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens fehlt es an dem sachlichen Zusammenhang im Sinne einer Mittel-Zweck-Beziehung zwischen der geforderten Geldleistung und dem dafür in Aussicht gestellten Unterbleiben der Verfahrenseinleitung. Da die Rechtswidrigkeit entsprechender Druckausübung gemäß § 144 Abs. 2 StGB nur dann ausgeschlossen ist, wenn die Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet, kann die in Rede stehende Androhung der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens im Zusammenhang mit der Forderung einer Geldleistung, auf die der Beschwerdeführer keinen Anspruch hatte, vorweg nicht als sittenkonform und damit gerechtfertigt beurteilt werden. Die in der Androhung eines Finanzstrafverfahrens gelegene Ankündigung einer Verletzung zumindest am Vermögen und der Ehre stellt sich als gefährliche Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB dar, welche den Willen des zur Zahlung des geforderten Geldbetrages anfänglich nicht bereiten Tatopfers im konkreten Fall auch tatsächlich beugte, weshalb der Tatbeurteilung als Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB kein Rechtsirrtum anhaftet und der bezüglichen Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) keine Berechtigung zukommt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*** gegen den Schuldspruch A IV:

Als Beitrag (§ 11 dritter Fall FinStrG) zum Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 3 lit a FinStrG liegt dem Angeklagten L*** zur Last, daß er von 1973 bis 1979 durch Abfassen der Jahresabschlüsse und Abgabenerklärungen für (den abgesondert verfolgten) Robert W*** sen, denen auf sein Anraten zum Zweck der Verdeckung von Umsätzen und Einnahmen verfertigte Scheindarlehensbestätigungen über 250.000 S, 60.000 S und 35.000 S zugrundegelegt waren (der Angeklagte hatte überdies den Text der erstbezeichneten Bestätigung entworfen und die korrespondierende Falscheintragung im Kassenjournal veranlaßt), vorsätzlich dazu beitrug, daß Robert W*** sen. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Erklärungspflicht eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Jahre 1973 bis 1978 in der Höhe von 130.115 S sowie an Einkommensteuer von 73.250 S und an Gewerbesteuer von 50.645 S für die Jahre 1973 und 1976 bis 1978 bewirkte.

Die Urteilsfeststellungen zu diesem Faktum sind entgegen den Einwänden in der Mängelrüge (Z 5) durch die - gemäß § 252 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung verlesenen (ON 125, S 28/IV, ON 125 S 80/IV) - Angaben des Johann W*** jun und des Robert W*** sen vor der Finanzbehörde (vgl S 57 f, 75 ff, 107 der Akten 19 Vr 1122/81 des Landesgerichtes St.Pölten), denen das Erstgericht in freier Beweiswürdigung Glauben schenkte, sowie durch die übrigen Ergebnisse der finanzbehördlichen Erhebungen gedeckt und im Urteil zureichend und auch sonst formell mängelfrei begründet. Der Beschwerdevorwurf, das Erstgericht sei eine Begründung der Ablehnung der (leugnenden) Verantwortung des Beschwerdeführers schuldig geblieben, geht somit abermals an wesentlichen Urteilspassagen vorbei. Da Robert W*** sen zur Zeit der Hauptverhandlung bereits verstorben war (US 11), kam seine vom Beschwerdeführer reklamierte Vernehmung als Zeuge in der Hauptverhandlung nicht in Betracht.

Was der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang sonst noch vorbringt, erschöpft sich - ohne erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des erstgerichtlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu erwecken - (abermals) in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Zu den Beschwerdeausführungen beider Angeklagten zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 2 Z 11 StPO:

Die Angeklagte Z*** macht mit dem (im Rahmen der Berufungsausführung ausdrücklich auf diesen Nichtigkeitsgrund gestützten) Einwand, daß anstelle der ausgesprochenen Freiheitsstrafe gemäß § 37 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre, keinen (rechts-)fehlerhaften Strafausspruch geltend, wie dies für jeden der drei Anwendungsfälle der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO Voraussetzung wäre. Die Entscheidung, ob es aus spezial- oder generalpräventiven Erwägungen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedurfte, ist vielmehr eine solche (pflichtgemäßen) richterlichen Ermessens und demgemäß der Überprüfung im Rahmen des Berufungsverfahrens vorbehalten. Der Angeklagte L*** hinwieder erblickt einen Gesetzesverstoß des erstgerichtlichen Strafausspruchs in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darin, daß ihm die Rechtsfolge des Amtsverlustes nicht bedingt nachgesehen wurde, obwohl die formalen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 StGB seiner Meinung nach im konkreten Fall infolge teilbedingter Nachsicht von 16 Monaten der über ihn verhängten Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von zwei Jahren erfüllt wären, weil sich der unbedingt ausgesprochene Teil der Strafe auf bloß acht Monate, mithin auf weniger als ein Jahr (§ 27 Abs. 1 StGB), beschränke.

Der Rüge kommt keine Berechtigung zu:

§ 44 Abs. 2 (letzter Satz) StGB läßt die bedingte Nachsicht der Rechtsfolgen nur dann zu, wenn die (Haupt-)Strafe - zur Gänze - bedingt nachgesehen wird und der Eintritt der Rechtsfolgen entbehrlich ist. Bei - wie vorliegend - teilbedingter Nachsicht der Strafe (§ 43 a StGB), scheidet hingegen eine bedingte Nachsicht der Rechtsfolgen nach dem klaren Wortlaut des § 44 Abs. 2 StGB aus, zumal diese Bestimmung - im Gegensatz zur Regelung des ersten Absatzes über das Zusammentreffen von Freiheits- und Geldstrafen - durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 nicht geändert wurde. Das ist auch durchaus sachgerecht, weil die kriminalpolitische Zielsetzung, die der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 eröffneten Sanktionsmöglichkeit der teilbedingten Strafnachsicht (§ 43 a StGB) zugrunde liegt, wesensmäßig nicht für die - ohne gesonderten Urteilsausspruch schon auf Grund des Gesetzes eintretenden - Rechtsfolgen gelten kann; ist doch der im Gesamtausmaß einer Strafe zum Ausdruck kommende und solcherart für die Rechtsfolgen (hier: des Amtsverlustes) allein entscheidende Unwertgehalt einer Tat, anders als die in § 43 a Abs. 3 und 4 StGB eröffnete, auf stufenweise Auslotung der nach Lage des Falles jeweils gebotenen Mindestbeschwer ausgerichtete Sanktionsvariante, einer Teilung nicht zugänglich. Demnach kommt eine bedingte Nachsicht von Rechtsfolgen (weiterhin) nur in Betracht, wenn die Strafe gemäß § 43 StGB (zur Gänze) bedingt nachgesehen wird.

Die mithin insgesamt unberechtigten Beschwerden der Angeklagten Leopold L*** und Renate Z*** waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Leopold L*** gemäß § 144 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, von welcher gemäß § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil von sechzehn Monaten bedingt nachgesehen wurde. Überdies verurteilte es diesen Angeklagten gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 50.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 20 Abs. 2 StGB zur Zahlung eines Geldbetrages von 50.000 S. Über die Angeklagte Renate Z*** verhängte das Erstgericht gemäß § 302 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Z 4 (richtig: Z 5) StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, deren Vollziehung gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel und das teilweise Geständnis bzw den Beitrag zur Wahrheitsfindung als mildernd, als erschwerend hingegen beim Angeklagten L*** das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen und die Wiederholung des Amtsmißbrauchs sowie der Geschenkannahme durch einen längeren Zeitraum, hinsichtlich Renate Z*** demgegenüber keinen Umstand. Mit seiner gegen den ihn betreffenden Strafausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte L*** eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, deren bedingte Nachsicht zu einem größeren Teil, die bedingte Nachsicht der Rechtsfolgen sowie eine Reduktion sowohl der Geldstrafe als auch des gemäß § 20 Abs. 2 StGB zur Zahlung auferlegten Geldbetrages im wesentlichen mit der Begründung an, daß die in Rede stehenden Tathandlungen bereits lange Zeit zurücklägen und für ihn nicht nur existenzbedrohende wirtschaftliche Folgen, sondern auch abschreckende Erfahrungen durch die mehrmonatige Anhaltung in Untersuchungshaft nach sich gezogen hätten. Der Berufung kommt im Ergebnis in keinem Punkt Berechtigung zu. Zwar liegt - entgegen der Auffassung des Erstgerichtes - der Erschwerungsgrund des § 33 Z 1 StGB nur in Ansehung des Zusammentreffens zweier Verbrechen mit einem Vergehen (§ 304 Abs. 2 StG) vor, weil wegen des Finanzvergehens gemäß § 22 Abs. 1 FinStrG eine gesonderte (Geld-)Strafe verhängt wurde. Die dem Angeklagten L*** zur Last fallenden Verfehlungen stellen sich aber - auch unbeschadet der seither verstrichenen Zeit (§ 34 Z 18 StGB) - insgesamt als Ausdruck einer ausgeprägten Gleichgültigkeit gegenüber fundamentalsten amtlichen Obliegenheiten dar, deren nachteilige Wirksamkeit sich auf Grund außergewöhnlicher krimineller Beharrlichkeit durch einen Zeitraum von mehreren Jahren fortgesetzt niederschlug. So gesehen lassen aber weder das (von einer schweren Schädigung des allgemeinen Vertrauens in die Rechtmäßigkeit des öffentlichen Dienstbetriebes gekennzeichnete) verwirklichte Tatunrecht noch die Täterschuld eine Herabsetzung der vom Erstgericht (dem Berufungsvorbringen zuwider ohnedies in der unteren Hälfte der gesetzlichen Strafdrohung) ausgemessenen Freiheitsstrafe oder auch nur die bedingte Nachsicht eines größeren Teils derselben zu. Als gleichermaßen sachgerecht erweist sich nach Lage des Falles aber auch die Höhe der nach dem Finanzstrafgesetz ausgesprochenen Geldstrafe sowie des Ersatzbetrages gemäß § 20 Abs. 2 StGB. Daß für die vom Berufungswerber auch unter dem Gesichtspunkt (pflichtgemäßen) richterlichen Ermessens angestrebte bedingte Nachsicht der Rechtsfolgen im konkreten Fall kein gesetzlicher Freiraum bleibt, ergibt sich schon aus den oben zu § 281 Abs. 1 Z 11 StPO dargelegten Erwägungen.

Als nicht berechtigt erweist sich aber auch die Berufung der Angeklagten Renate Z***, die primär den Ausspruch einer Geldstrafe (§ 37 StGB) unter Aufrechterhaltung der bedingten Strafnachsicht bzw gegebenenfalls eine Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe im wesentlichen mit der Begründung anstrebt, der seit der Tatbegehung verstrichene vieljährige Zeitraum sei bei der Strafbemessung ebenso unberücksichtigt geblieben wie eine gewisse angstbedingte Unbesonnenheit als Tatanstoß. Mögen auch die erstgerichtlichen Strafzumessungserwägungen (wie beim Angeklagten L***) um den Milderungsgrund gemäß § 34 Z 18 StGB zu ergänzen sein, so bleibt für die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der für das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt gesetzlich angedrohten Freiheitsstrafe schon aus generalpräventiver Sicht kein Raum. Da dem erstgerichtlichen Strafausspruch ohnedies eine bis zur Halbierung der Untergrenze der gesetzlichen Strafdrohung reichende Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung zugrunde liegt, kann sich die Berufungswerberin durch das Strafausmaß nicht mit Recht für beschwert erachten.

Beiden Berufungen war daher der Erfolg zu versagen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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