OGH 5Ob643/88

OGH5Ob643/8829.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter C***, Schauspieler, Martini-Kirchhof 5-6, D-4400 Münster, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz und Dr. Friedrich Fromherz, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Mag. Manfred P***, öffentlicher Notar, 4132 Lembach 26, vertreten durch Dr. Otto Schubert jun., Rechtsanwalt in Wien, wegen S 289.469,30 s.A. und Feststellung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Juli 1988, GZ 1 R 322/87-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. August 1987, GZ 4 Cg 177/86-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an

das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten erster Instanz.

Text

Begründung

Christian A***, ein deutscher Staatsangehörige, war Eigentümer der Liegenschaft EZ 386 der KG Ollerndorf. Sein Neffe Max P***, ebenfalls Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, kaufte dieses Grundstück im Ausmaß von 1.813 m2 zu einem Preis von S 20,-- pro Quadratmeter mit Kaufvertrag vom 13. September 1977 und 7. November 1977. Mit Bescheid vom 19. September 1978 wurde diesem Kaufvertrag die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Im Jahre 1982 befand sich der Kläger, der ebenfalls Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland ist, beruflich im Mühlviertel und zeigte sich an dieser Liegenschaft interessiert. Von einem Nachbarn erfuhr er die Anschrift von Max P*** und nahm mit diesem telefonisch Kontakt auf. Nachdem einer der beiden den Beklagten um einen Termin gebeten hatte, trafen der Kläger und Max P*** einander am 30. April 1983 in der Kanzlei des Beklagten. Eine Angestellte des Beklagten, Margarethe D***, hatte einen Grundbuchsauszug angefertigt. Da Max P*** im Grundbuch nicht als Eigentümer aufschien, hielt sie Rücksprache mit dem Gemeindesekretär, der ihr mitteilte, daß es Schwierigkeiten beim Vermessen der Liegenschaft gebe, ansonsten aber keine Probleme zu erwarten seien. Anläßlich der Vertragsverhandlungen am 30. April 1983 in der Kanzlei des Beklagten hatte Max P*** das Original des zwischen ihm und Christian A*** abgeschlossenen Kaufvertrages bei sich und erklärte dem Kläger und dem Beklagten, daß der Kaufvertrag grundverkehrsbehördlich genehmigt sei. Der Beklagte unterließ es, darüber weitere Informationen einzuholen, und rief auch nicht bei Notar Dr. N*** an, ob der Vertrag zwischen A*** und P*** tatsächlich genehmigt worden war, obwohl er aus der Stampiglie auf dem Kopf des Vertrages diesen als Vertragserrichter erkennen konnte und auch erkannte. Auf Grund des Grundbuchsauszuges erklärte der Beklagte, daß Max P*** außerbücherlicher Eigentümer sei, erläuterte diesen Begriff dem Kläger jedoch nicht näher. Dieser verstand darunter, daß Max P*** vielleicht nicht im Grundbuch eingetragen, aber doch verkaufsberechtigt sei und zumindest noch die Möglichkeit habe, im Grundbuch als Eigentümer eingetragen zu werden. Der Beklagte teilte dem Kläger mit, daß Max P*** Eigentümer sei, wenn der Kaufvertrag zwischen ihm und Christian A*** genehmigt worden sei, er meinte aber auch, daß er dafür nicht garantieren könne. Die anwesenden Personen waren sich nicht sicher, ob Max P*** Eigentümer der Liegenschaft war, und es war daher zweifelhaft, ob dieser verkaufsberechtigt war. Dennoch wurde am selben Tag der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und Max P*** errichtet. Der Beklagte war sich sicher, daß der Kaufvertrag zwischen A*** und P*** bereits grundverkehrsbehördlich genehmigt war und klärte den Kläger daher nur dahin auf, daß sein Kaufvertrag mit P*** nicht zustande käme, wenn die Genehmigung der Grundverkehrskommission nicht erteilt würde. Er erklärte aber, es sei sicher, daß der Vertrag zustandekommen werde. Zusätzlich zum Kaufvertrag trafen der Kläger und Max P*** am selben Tag eine Vereinbarung, nach der für den Fall, daß der Kaufvertrag nicht rechtswirksam zustandekommen sollte, ein Pachtvertrag über die Liegenschaft geschlossen werden sollte. Der Beklagte teilte dem Kläger nicht mit, daß auch ein Pachtvertrag mit Max P*** hinfällig sei, wenn dieser nicht Eigentümer der Liegenschaft bzw. darüber nicht verfügungsberechtigt sei.

Im Vertrauen auf den zustandegekommenen Kaufvertrag begann der Kläger auf der Liegenschaft mit Bauarbeiten und tätigte Investitionen in einem Ausmaß von S 373.630,45 von Anfang Mai 1983 bis September 1983.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 1983 wurde der Antrag des Klägers und des Max P***, den zwischen ihnen abgeschlossenen Kaufvertrag zu genehmigen, von der Landesgrundverkehrskommission mit der Begründung zurückgewiesen, daß bereits der Kaufvertrag zwischen A*** und P*** nichtig sei, letzterer nicht Eigentümer und daher über die Liegenschaft nicht verfügungsberechtigt sei. Bereits im Herbst 1983 hatte der Beklagte von Notar Dr. N*** erfahren, daß der Kaufvertrag zwischen Christian A*** und Max P*** grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt worden war. Diesen Umstand teilte der Beklagte am 24. Jänner 1984 dem Kläger mit, worauf dieser der Meinung war, daß er nunmehr mit dem wahren Eigentümer, Christian A***, kontrahieren müsse. Den investierten Betrag sah der Kläger nicht als verloren an, weil er der Meinung war, daß er durch A*** Eigentümer der Liegenschaft werden könne. Er verfaßte daher einen neuen Vertrag zwischen ihm und A***, gleichlautend wie jener zwischen P*** und ihm. Diesen übersandte er nach Berlin, damit ihn A*** unterfertige, was dieser aber nicht tat. In weiterer Folge suchte der Kläger den Klagsvertreter auf und machte ihn mit der gesamten Problematik vertraut. Schließlich schloß Christian A*** mit dem Kläger einen Kaufvertrag über die Liegenschaft ab, wobei der Kaufpreis für die Liegenschaft DM 36.260,-- und für das darauf errichtete Haus DM 25.000,--, zusammen also DM 61.260,-- betrug. Auf den Kaufpreis wurde der vom Kläger an Max P*** geleistete Betrag von DM 18.571,45 angerechnet, sodaß der Restkaufpreis DM 42.688,55 ausmachte.

An Kosten für seine Tätigkeit anläßlich der Vertragserstellung und grundbücherlichen Durchführung einschließlich Antragstellung bei der Landesgrundverkehrskommission verzeichnete der Klagsvertreter dem Kläger insgesamt S 54.523,30.

Wäre Max P*** Eigentümer der Liegenschaft gewesen, wäre es hinsichtlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Vertrages zwischen Max P*** und dem Kläger zu keinen Schwierigkeiten gekommen.

Seit 12. Mai 1986 ist der Kläger Eigentümer der Liegenschaft EZ 386 der KG Ollerndorf.

Mit der am 25. April 1986 erhobenen Klage begehrte Peter C*** vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Bezahlung des Betrages von S 289.469,30 s.A. und die Feststellung, daß der Beklagte ihm für sämtliche zukünftige Schäden aus dem diesem bei Verfassung des Kaufvertrages mit Max P*** vom 30. April 1983 unterlaufenen Kunstfehler hafte. Der Beklagte habe anläßlich der Vertragserrichtung auf die Angaben Max P*** vertraut und es unterlassen, den Grundbuchsstand zu überprüfen, obwohl er dazu genügend Zeit gehabt hätte. Durch Einschreiten des nunmehrigen Klagevertreters sei es möglich gewesen, mit dem wahren Eigentümer einen Kaufvertrag, allerdings nur zu einem Kaufpreis von DM 61.260,-- zustandezubringen. Die Differenz zwischen dem von P*** verlangten Kaufpreis und dem nun begehrten von S 234.946,-- habe Christian A*** damit begründet, daß in der Zwischenzeit die Grundstückspreise enorm gestiegen seien; außerdem habe A*** offenbar auch noch damit spekuliert, daß er, Kläger, der im Vertrauen auf die Rechtsgültigkeit des vom Beklagten verfaßten Kaufvertrages Investitionen in das auf der Liegenschaft errichtete Einfamilienhaus in der Höhe von etwa S 400.000,-- bis S 500.000,-- getätigt habe, nun nicht ohne weiteres diese Investitionen als verlorener Aufwand abschreiben wolle, zumal P*** völlig mittellos gewesen sei und eine Klage gegen ihn von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Die Kaufpreisdifferenz sei als ein in seinem Vermögen eingetretener Schaden anzusehen. Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Kaufvertrages seien ihm auch noch Anwaltskosten von S 54.523,30 erwachsen, sodaß der ihm vom Beklagten verursachte Schaden den eingeklagten Betrag ergäbe. Da weitere Forderungen aus der Sanierung des Rechtsgeschäftes entstehen könnten, sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei ihm wohl bewußt gewesen, daß Max P*** nicht grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Die Errichtung des Kaufvertrages sei auf Grund wahrheitswidriger Angaben P*** erfolgt. Er habe aber den Kläger bereits bei der Errichtung des Kaufvertrages über die Gefährlichkeit des Rechtsgeschäftes belehrt. Da der Kläger aber das Grundstück unbedingt habe erwerben wollen, sei zusätzlich vereinbart worden, daß für den Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrages ein Pachtvertrag abzuschließen sei. Auch anläßlich der im Auftrag des Klägers erfolgten Überweisung von S 65.199,-- an P*** habe er den Kläger neuerlich auf das Risiko einer vorzeitigen Überweisung aufmerksam gemacht. Ihn treffe daher kein Verschulden. Die vom Kläger vorgenommenen Investitionen seien nicht von ihm zu vertreten. Mangels Verschuldens sei auch das Feststellungsbegehren unbegründet. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging es davon aus, daß die Haftung des Beklagten sich nach § 1299 ABGB richte. Für den Beklagten sei es ein leichtes gewesen, festzustellen, daß Max P*** auch nicht außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Diese Sorgfaltswidrigkeit des Beklagten sei aber für die Investitionen des Klägers und für den Mehrpreis, den der Kläger habe zahlen müssen, nicht ursächlich gewesen. Als Schade des Klägers könne nur der von ihm an Max P*** bezahlte Teil des Kaufpreises angesehen werden. Dieser sei aber auf den Kaufpreis aus dem Kaufvertrag mit Christian A*** angerechnet worden, sodaß dem Kläger insoweit kein Schade entstanden sei. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil S 300.000,-- nicht übersteige und die Revision gemäß § 502 Abs 1 Z 4 ZPO nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und erachtete die Rechtsrüge der Berufung als nicht berechtigt.

Grundsätzlich hätten Notare alle Geschäfte mit Redlichkeit, Genauigkeit und Fleiß nach den bestehenden Rechtsvorschriften zu versehen und jede Mitwirkung zu verbotenen, verdächtigen oder zum Schein vorgenommenen Geschäften zu versagen (§ 5 Abs 3 NO). Nach § 52 NO sei der Notar unter anderem verpflichtet, bei Aufnahme eines Notariatsaktes die persönliche Fähigkeit und Berechtigung jeder Partei zum Abschluß des Geschäftes nach Möglichkeit zu erforschen. Der Notar habe besonders zu achten, daß Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Parteien nicht benachteiligt würden. Dazu habe er den Sachverhalt aufzuklären. Wenngleich er sich in der Regel mit Parteienangaben begnügen und sie für richtig annehmen dürfe, so habe er bei bestehenden Zweifeln doch die Parteien zu belehren und durch Fragen an diese weiter nachzuforschen. Verstoße ein Notar als Vertragsverfasser gegen die ihm auferlegte Sorgfaltspflicht, so hafte er den Vertragsteilen für den durch sein schuldhaftes Verhalten entstandenen Schaden (SZ 57/108; SZ 59/106 ua). Für die Tätigkeit eines Notars sei ebenso wie auf die eines Rechtsanwaltes der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzuwenden. Dabei dürften die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden. Es dürften von ihm nur der Fleiß und die Kenntnis verlangt werden, die bei gewissenhaften Rechtsvertretern zu erwarten seien (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1299; EvBl 1979/190; SZ 54/98 ua). Nach diesen Grundsätzen habe es zu der dem Beklagten als Notar und Vertragsverfasser auferlegten Sorgfaltspflicht zweifellos gehört, sich darüber Gewißheit zu verschaffen, ob P*** überhaupt Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei, die er dem Kläger zu verkaufen beabsichtigt habe. Da Max P*** im Grundbuch nicht als Eigentümer der Liegenschaft eingetragen gewesen und die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, hätte der Beklagte vor Verfassung des Kaufvertrages mit dem Kläger prüfen müssen, ob dem Erwerb der Liegenschaft durch P*** auch die Genehmigung der Grundverkehrskommission erteilt worden sei. Es gehöre zum Grundwissen eines Notars oder Rechtsanwaltes, daß ein Vertrag über die Übertragung einer Liegenschaft an einen Ausländer ohne eine solche Genehmigung nicht wirksam werde. Dem Beklagten sei diese Gesetzeslage auch bekannt gewesen. Daß er sich in dieser Hinsicht nur auf die Angaben P*** verlassen und diese nicht durch Veranlassung der Vorlage des Bescheides der Landesgrundverkehrskommission über die Genehmigung des Kaufvertrages zwischen P*** und A*** oder durch Kontaktaufnahme mit dem Verfasser dieses Kaufvertrages überprüft, sondern gleich den Kaufvertrag errichtet habe, sei ihm als Sorgfaltswidrigkeit anzulasten. Aber auch bei erwiesenem Verschulden des Beklagten treffe den Geschädigten immer noch die Beweislast für den Eintritt eines Schadens und den Kausalzusammenhang zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und einem eingetretenen Schaden. Dies gelte auch, wenn es sich um Unterlassungen handle (SZ 56/181 mwN). Ein behaupteter Schaden sei nach der Differenzrechnung zu ermitteln, bei der der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen werde (Koziol, Haftpflichtrecht I2 204; SZ 53/107 und 173; MietSlg 38.228/45 ua). Das vom Kläger behauptete schädigende Ereignis liege in der Unterlassung des Beklagten, sich die notwendige Kenntnis über den wahren Eigentümer der kaufvertragsgegenständlichen Liegenschaft zu verschaffen. Hätte der Beklagte pflichtgemäß gehandelt, hätte er feststellen müssen, daß Eigentümer der Liegenschaft Christian A*** gewesen sei und der Kaufvertrag nur mit diesem hätte abgeschlossen werden können. Christian A*** habe als Kaufpreis für die Liegenschaft den Betrag von DM 61.260,-- verlangt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Verkäufer einen geringeren Kaufpreis verlangt hätte, hätte der Beklagte den Kaufvertrag mit P*** nicht verfaßt, lägen nicht vor. Ein solcher Schluß ließe sich auch aus dem Unterschied zum Kaufpreis, wie er im Kaufvertrag zwischen A*** und P*** aufscheine, nicht ziehen, weil dieser Vertrag 1977 abgeschlossen und zwischenzeitig auf der Liegenschaft ein Wochenendhaus errichtet worden sei, wie sich aus den Vertragsurkunden ergäbe. Christian A*** gehe aber bei seiner Kaufpreisforderung ausdrücklich vom Wert der Liegenschaft samt Haus vor den vom Kläger getätigten Investitionen aus. Auf die Frage dieser vom Kläger vorgenommenen Investitionen sei nicht einzugehen, weil der Kläger deren Ersatz nicht begehre. Es müsse daher angenommen werden, daß der Kläger nur mit Christian A*** einen Kaufvertrag habe abschließen können und dieser immer den auch zuletzt geforderten Kaufpreis verlangt hätte. Es sei dem Kläger daher kein Schade dadurch entstanden, daß der Kaufpreis im Kaufvertrag mit A*** nunmehr mit DM 61.260,-- festgesetzt worden sei. Durch die bereits geleisteten Zahlungen an P*** sei dem Kläger insofern kein Schaden entstanden, als dieser auf den A*** zu leistenden Kaufpreis angerechnet worden seien. Auch die begehrten Kosten der Errichtung des Kaufvertrages mit A*** wären ebenso aufgelaufen, hätte der Beklagte den Kaufvertrag mit P*** nicht verfaßt. Auch insoweit sei dem Kläger durch die Unterlassung des Beklagten kein Schade entstanden. Dem Beklagten stehe allerdings für die Errichtung des Vertrages zwischen dem Kläger und P*** kein Honorar zu, weil diese Tätigkeit aus dem schuldhaften Verhalten des Beklagten für den Kläger wertlos gewesen sei.

Bei Beurteilung der Berechtigung des Feststellungsbegehrens ging das Berufungsgericht davon aus, daß ein solches Begehren vorbeugenden Rechtsschutz gewähren solle und immer dann, aber auch nur dann zulässig sei, wenn dafür ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Die Rechtsprechung ließe demgemäß die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden unter der Voraussetzung zu, daß zumindest bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung ein Schade bereits eingetreten sei und die Möglichkeit zukünftiger weiterer Schäden aus dem bereits eingetretenen Schadensereignis nicht ausgeschlossen werden könne. Ausgeschlossen sei die Feststellungsklage, wenn eine Leistungsklage eingebracht werden könne, wenn also weitere als die durch das Leistungsbegehren umfaßten Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder Rechtes nicht in Betracht kämen. Beweispflichtig für das Feststellungsinteresse sei der Kläger. Der Kläger habe dazu lediglich vorgebracht, daß möglicherweise weitere Forderungen aus der Sanierung des Rechtsgeschäftes entstehen würden. Seit 12. Mai 1986 sei der Kläger bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft. Das Beweisverfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, welche Schäden in Zukunft noch eintreten könnten, die ihre Ursache im pflichtwidrigen Verhalten des Beklagten haben könnten, aber bei Schluß der Verhandlung noch nicht mit Leistungsklage hätten geltend gemacht werden können. Durch den vom Beklagten errichteten Kaufvertrag sei weder ein Schade im Vermögen des Klägers eingetreten, noch stehe fest, daß überhaupt ein solcher eintreten werde. Es fehle daher das für die Feststellung der Schadenersatzpflicht des Beklagten erforderliche Feststellungsinteresse.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß zu den hier behandelten Rechtsfragen im Grundsätzlichen eine einhellige, im Gegenstand beachtete Judikatur vorliege.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Beklagte machte von dem ihm eingeräumten Recht, eine Revisionsbeantwortung einzubringen, Gebrauch, und beantragte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zulässig, weil das Berufungsgericht im Ergebnis von der zur Frage der Kausalität einer Unterlassung entwickelten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen ist und auch den in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz, daß die abschließende rechtliche Würdigung einer Rechtssache das Vorliegen einer vollständigen Sachgrundlage zur Voraussetzung hat, mißachtet hat. Die Revision ist im Sinne des in dem hier gestellten Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag auch berechtigt. Mit Recht erachtet sich der Revisionswerber vorerst durch die Verneinung des Vorliegens des für den Schadenersatz erforderlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem schädigenden Verhalten des Beklagten und einem eingetretenen Schaden durch die Vorinstanzen beschwert.

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß das vom Beklagten zu vertretende schädigende Ereignis in dessen Unterlassung liegt, die wahren Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft zu klären. Hätte der Beklagte erkannt, daß A*** der Eigentümer der Liegenschaft war und nicht dessen als Verkäufer auftretender Neffe, so wäre es nicht zum Abschluß des vom Beklagten errichteten Kaufvertrages gekommen und hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, mit A*** Verkaufsverhandlungen zu führen. Bei der nun vorzunehmenden Prüfung der Frage, ob der vom Kläger geltend gemachte Schade (Kaufpreisdifferenz von S 234.946,-- und Anwaltskosten von S 54.523,30) bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten nicht eingetreten wäre, ist davon auszugehen, daß an diesen Kausalitätsbeweis keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen, vielmehr der Beweis eines sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrades genügt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I, 327; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1295 samt Rechtsprechungshinweis; MietSlg 33.216 ua). So hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß eine Unterlassung für den Schadenseintritt dann kausal ist, wenn die pflichtgemäße Handlung den Eintritt des Schadens weniger wahrscheinlich gemacht hätte als deren Unterlassung (JBl 1971, 307 = ZVR 1971/98; JBl 1972, 426 =(-GL-)lg. 24.194; MietSlg 33.215 ua). Hat der Kläger das Entstehen des Schadens durch den Beklagten als überwiegend wahrscheinlich erwiesen, so ist es dessen Sache, nachzuweisen, daß ein anderer Kausalzusammenhang noch wahrscheinlicher (1 Ob 692/77; MietSlg 33.215), zumindest gleich wahrscheinlich ist oder eine andere ernstliche in Betracht zu ziehende Möglichkeit des Geschehensablaufes aufzuzeigen (SZ 56/181 mwN):

Der Kläger begründete im Sinne der ihn treffenden Behauptungsund Beweispflicht das Vorliegen des Kausalzusammenhanges zwischen der dem Beklagten zum Vorwurf zu machenden Unterlassung und der von ihm als Schaden geltend gemachten Kaufpreisdifferenz einerseits mit dem zwischenzeitig eingetretenen "enormen" Ansteigen der Grundstückspreise, anderseits aber auch mit der für die Vertragsverhandlung letztlich mitentscheidende Annahme A***, der Kläger werde bereit sein, einen höheren Kaufpreis zu bezahlen, um nicht den P*** bezahlten Kaufpreis und die von ihm in der Zwischenzeit getätigten Investitionen von einer halben Mill. S im Hinblick darauf als verlorenen Aufwand abschreiben zu müssen, daß er von dem völlig mittellosen P*** keinen Ersatz erlangen werde. Hinsichtlich der als weiteren Schaden geltend gemachten, im Zuge der "Sanierung" des notleidenden Kaufvertrages aufgelaufenen Anwaltskosten (S 54.523,30,--) brachte der Kläger vor, daß A*** erst nach langwierigen Verhandlungen und intensiven Bemühungen bereit gewesen sei, die Liegenschaft an ihn zu verkaufen. Dessenungeachtet haben die Vorinstanzen über dieses Vorbringen nicht verhandelt und dazu auch keine Feststellungen getroffen. Für die Annahme des Berufungsgerichtes, es lägen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkäufer einen geringeren Kaufpreis verlangt hätte, wenn der Beklagte den Kaufvertrag mit P*** nicht verfaßt hätte, fehlt somit jede Grundlage. Aber auch der weiteren Auffassung des Berufungsgerichtes, ein solcher Schluß ließe sich auch aus dem Unterschied zu dem im Kaufvertrag zwischen A*** und P*** aufscheinenden Kaufpreis nicht ziehen, weil dieser Vertrag im Jahr 1977 abgeschlossen und zwischenzeitig auf der Liegenschaft ein Wochenendhaus errichtet worden sei, wie sich aus den Vertragsurkunden ergäbe, liegen keine konkreten Feststellungen zugrunde. Da sowohl im Kaufvertrag zwischen P*** und dem Kläger als auch in jenem zwischen A*** und dem Kläger auf die Existenz eines auf der Liegenschaft errichteten Wochenendhauses Bezug genommen wird, läßt sich aus dem Umstand, daß bei der Preisgestaltung A*** auf das Bauwerk Bezug genommen wird, allein für die Beurteilung der vom Kläger behaupteten Ursachen für die Kaufpreisdifferenz nichts gewinnen. Wurden aber im Rahmen der durch die Parteienbehauptungen abgegrenzten Sachgrundlagen Tatsachen nicht erörtert und erhoben, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes doch entscheidungserheblich sind, dann beruht die Unvollständigkeit des vorinstanzlichen Verfahrens auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung weshalb der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gegeben ist (vgl. Fasching IV 326). Dem in dem vom Revisionswerber gestellten Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag kommt somit Berechtigung zu.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren über das vom Kläger zur Begründung des behaupteten Kausalzusammenhanges zwischen dem schädigenden Verhalten des Beklagten und der geltend gemachten Kaufpreisdifferenz sowie den Anwaltskosten erstattete Vorbringen zu verhandeln und dazu Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird eine abschließende Beurteilung des für die Schadenersatzpflicht erforderlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Schaden bzw. dessen Höhe und damit der Frage möglich sein, ob und allenfalls in welchem Ausmaß dem Beklagten der behauptete Schaden zurechenbar ist. Für den Fall der Bejahung einer Ersatzpflicht des Beklagten wird das Erstgericht aber auch auf das Vorbringen des Klägers zur Frage des behaupteten Feststellungsinteresses (Notwendigkeit der Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung des höheren Kaufpreises mit derzeit noch nicht absehbarer Zinsenbelastung, und bei Annahme des zumindest teilweisen Bestandes einer Schadenersatzforderung des Klägers bei der Fassung des Spruches auf den Umstand Bedacht zu nehmen haben, daß der Beklagte der Klageforderung gegenüber eine Honorarforderung im Betrag von S 28.176,-- aufrechnungsweise eingewendet hat (vgl. AS 20).

Da somit noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob und allenfalls in welchem Ausmaß die Kaufpreisdifferenz und die zusätzlichen Anwaltskosten dem Beklagten zuzurechnen sind und das behauptete Feststellungsinteresse gegeben ist, mußte die Rechtssache nach Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen zur Gänze an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte