Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Beide Parteien beantragten, anstelle des zuständigen Bezirksgerichtes Floridsdorf in der vorliegenden Rechtssache das Bezirksgericht Gänserndorf zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen. Diesen Antrag begründeten sie damit, daß im Verfahren bereits der dritte Richterwechsel bevorstehe, weil der Verhandlungsrichter Dr. Guido S***, der sich in die umfangreiche und komplizierte Sache bereits eingearbeitet habe, zum Bezirksgericht Gänserndorf ernannt worden sei. Im Falle eines Richterwechsels sei mit einem zeitraubenden Mehraufwand zu rechnen.
Das Oberlandesgericht Wien hat dem Delegierungsantrag mit der Begründung nicht Folge gegeben, ein Richterwechsel rechtfertige nicht eine Delegierung im Sinne des § 31 Abs.1 JN.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Richtig ist, daß bei Delegierungsentscheidungen Zweckmäßigkeitsgründe maßgebend sind, jedoch können diese nicht auf Umstände gestützt werden, die in der Gerichtsorganisation ihr Ursache haben. Grundsätzlich hat nach der Gerichtsverfassung jedes Gericht über bestimmte Rechtssachen, die in seinem Sprengel anfallen zu entscheiden. Den Parteien ist über die in den Zuständigkeitsvorschriften enthaltenen Wahlmöglichkeiten hinaus eine Einflußnahme darauf, welcher Richter ihre Sache zu verhandeln und zu entscheiden hat, entzogen. Eine dieser Wahlmöglichkeiten liegt in der Gerichtsstandsvereinbarung, die jedoch bezüglich eines anhängigen Prozesses nicht mehr möglich ist. Ist ein Prozeß einmal anhängig, so steht es nicht mehr im Belieben der Parteien, sich jenen Richter auszusuchen, der ihre Rechtssache behandeln soll. Dies würde dem Prinzip einer festen Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Gerichte widersprechen. Würde man den Parteien ein derartiges Recht zubilligen, so käme man letzten Endes zu dem Ergebnis, daß ein allgemein beliebter Richter die ihm vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben deshalb nicht hinreichend erfüllen könnte, weil er auf Wunsch der Parteien mit anderen Aufgaben beschäftigt werden soll. Dies zeigt aber, daß der bloße Wunsch der Parteien auf Befassung eines bestimmten Richters mit ihrer Rechtssache, möge dieser Wunsch auch in der bisherigen Tätigkeit des Richters begründet sein, eine Delegierung nach § 31 JN nicht rechtfertigen kann. Ein Delegierungsantrag kann nicht darauf gestützt werden, daß die Sache bei einem anderen Gericht beschleunigt durchgeführt werden könnte (JBl. 1976, 385, RZ 1974/83 u.a.). Auch der Umstand, daß infolge Richterwechsels die Verhandlung vor dem Prozeßgericht neu durchgeführt werden muß, vermag die Bestimmung eines anderen als des Prozeßgerichtes nicht zu rechtfertigen (Fasching I, 232, 6 Nd 504/82 u. a.).
Das Oberlandesgericht Wien hat daher mit Recht den Delegierungsantrag abgewiesen.
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