OGH 3Ob139/88

OGH3Ob139/8816.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als Richter in der Erlagssache der Erlegerin Z*** K*** Versicherungen AG, Wien 1, Schwarzenbergplatz 15, vertreten durch Dr. Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wider die Erlagsgegner 1) BANK FÜR O*** UND

S***, Linz, Hauptplatz 10-11, und acht weitere Erlagsgegner, wegen 1,957.220 S, infolge Revisionsrekurs der Zweiterlagsgegnerin R*** S*** reg. Genossenschaft m.b.H., Salzburg,

Schwarzstraße 13-15, vertreten durch Dr. Fritz Oberrauch ua, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1988, GZ 22 R 261/88-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 22. April 1988, GZ Nc 531/88-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Während eines anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens brannte am 9.April 1987 ein auf der zu versteigernden Liegenschaft stehendes Haus ab, was die Verpflichtung des Feuerversicherers zur Zahlung einer Versicherungssumme von 1,957.220 S begründete. Der Feuerversicherer stellte den Antrag auf Annahme des gerichtlichen Erlags dieses Betrages gemäß den §§ 307 EO und 1425 ABGB, weil die Versicherungssumme von mehreren Gläubigern der beiden Liegenschaftseigentümer in Anspruch genommen werde und die Erlegerin nicht feststellen könne, wem auf den strittigen Betrag gerechtfertigte Ansprüche zustehen.

Die neun Erlagsgegner sind einerseits Buchberechtigte, welche teilweise die Zwangsversteigerung betreiben und von denen zumindest einer (die Revisionsrekurswerberin) laut einem von der Erlegerin mit ihrem Antrag vorgelegten Schreiben der Zahlung der Versicherungssumme an die verpflichtete Partei widersprach. Zwei Gläubigern (darunter der Revisionsrekurswerberin) wurde überdies im Rahmen einer Forderungsexekution die Pfändung und Überweisung des Anspruchs der verpflichteten Partei gegen die Erlegerin aus dem mit ihr abgeschlossenen Feuerversicherungsvertrag bewilligt. Das Erstgericht wies den auf die Bestimmung der §§ 307 EO und 1425 ABGB gestützten Erlagsantrag zurück, nahm aber den Erlag durch Einbeziehung in die Verteilungsmasse des Zwangsversteigerungsverfahrens an, weil wegen der Bestimmungen der §§ 97 f VersVG nur ein Erlag nach diesen Bestimmungen, nicht aber nach den §§ 307 EO und 1425 ABGB in Frage komme.

Dieser Beschluß wurde von der Erlegerin und dem Zweiterlagsgegner mit Rekurs bekämpft. Beide Rekurswerber begehrten die Annahme des Erlages nach § 307 EO. Die Zweiterlagsgegnerin brachte im Rekurs darüber hinaus vor, daß das Exekutionsgericht in Beachtung des Erlags nach § 307 EO nach den exekutionsrechtlichen Bestimmungen sofort die Ausfolgung des gesamten erlegten Betrages an sie zu veranlassen habe, und stellte den Antrag, das Rekursgericht wolle die Aushändigung der erlegten Summe an sie veranlassen. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Erlegerin zur Gänze und dem Rekurs der Zweiterlagsgegnerin teilweise dahin Folge, daß der Beschluß des Erstgerichtes im Sinn einer Annahme des Erlages gemäß § 307 EO abgeändert wurde.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die Voraussetzungen für einen Erlag nach § 307 EO gegeben seien, weil nicht nur zwei Überweisungsgläubiger vorhanden seien, welche die gepfändete und überwiesene Forderung in Anspruch nähmen, sondern auch Hypothekargläubiger sowie die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger, deren Pfand- und Befriedigungsrechte an der Liegenschaft und damit am versicherten Gebäude auf die Entschädigungsforderung übergegangen seien. Ob den einzelnen Erlagsgegnern Rechte an der Versicherungssumme zustünden, sei bei der Entscheidung über die Annahme des Erlags nicht zu prüfen. Eine "unverzügliche" Ausfolgung des erlegten Betrages an die Zweiterlagsgegnerin komme jedoch nicht in Betracht. Vielmehr werde die Verteilung des Betrages unter sinngemäßer Anwendung der §§ 285 f EO zu erfolgen haben. Es seien wegen der Pfand- und Befriedigungsrechte an einer unbeweglichen Sache aber auch die Verteilungsgrundsätze der §§ 214 f EO zu beachten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Zweiterlagsgegnerin gegen diesen, inhaltlich als Zurückweisung des Antrages auf unverzügliche Ausfolgung des erlegten Betrages aufzufassenden Entscheidungsteil der zweiten Instanz ist nicht berechtigt.

Auch wenn wegen der Teilrechtskraft des Beschlusses zweiter Instanz davon auszugehen ist, daß kein Erlag nach § 100 VersVG vorliegt, kann nicht eine sofortige Auszahlung des erlegten Betrages an die Revisionsrekurswerberin erfolgen.

Zunächst kann ein solcher Ausfolgungsantrag nicht erstmals anläßlich einer Rekurserhebung von der dazu funktionell nicht zuständigen zweiten Instanz begehrt werden, sodaß das Gericht zweiter Instanz mit Recht auf das exekutionsrechtliche Verteilungsverfahren hingewiesen hat.

Zum anderen darf ein gemäß § 307 Abs 1 EO erlegter Betrag im Exekutionsverfahren nur dann verteilt werden, wenn unbestritten oder durch Urteil festgestellt ist, daß die überwiesene Forderung dem Verpflichteten zustand (Heller-Berger-Stix 2204 mwN). Die Auffassung der zweiten Instanz, die Verteilung habe nach den Bestimmungen der §§ 285 f EO zu erfolgen, trifft daher nur mit der Einschränkung auf den Fall zu, daß nur mehr die Verteilung zwischen mehreren Überweisungsgläubigern und der verpflichteten Partei strittig wäre. Im vorliegenden Fall haftet aber die Versicherungssumme anscheinend auch zugunsten der im Grundbuch eingetragenen Pfandgläubiger (vgl Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 457). Auch die Revisionsrekurswerberin selbst hat auf ihre derartigen Rechte noch nicht verzichtet. Es bedarf daher entweder einer Einigung aller Erlagsgegner darüber, welcher Betrag dem Meistbot der Liegenschaft zuzurechnen ist und welcher Betrag der verpflichteten Partei oder dem Überweisungsgläubiger zusteht, oder der Erwirkung eines Urteils gegen alle Erlagsgegner.

Die im Revisionsrekurs vertretene Ansicht, die bewilligte Pfändung und Überweisung des Anspruches der beiden verpflichteten Parteien gegen die Erlegerin auf Ausfolgung der Versicherungssumme bewirke, daß jetzt diese Versicherungssumme den verpflichteten Parteien und infolge der Pfändung und Überweisung den Überweisungsgläubigern zustehe, ist nicht zutreffend. Durch die Forderungspfändung wird über den Bestand der Forderung des Verpflichteten nicht abgesprochen. Dem Überweisungsgläubiger steht nur das Recht zu, den überwiesenen Anspruch an Stelle der verpflichteten Partei geltend zu machen, also im Normalfall die Drittschuldnerklage zu erheben, oder wenn ein gerichtlicher Erlag durch den Drittschuldner erfolgte, die erwähnte Feststellungsklage zur Rechtfertigung des Anspruches der verpflichteten Partei auf die Erlagssumme zu erheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO und 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte