OGH 9ObA259/88

OGH9ObA259/8816.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther Schön und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz Kurt R***, Fotograf, Wien 2., Castellezgasse 13/6, vertreten durch Dr. Friedrich Weber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ö*** R***, Wien 13., Würzburggasse 30, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 430.723,50 S brutto (Revisionsstreitwert 349.353,50 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Juni 1988, GZ 31 Ra 43/88-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. September 1987, GZ 19 Cga 828/86-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.901,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.081,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit unter diesen Revisionsgründen die Auffassung des Berufungsgerichtes bekämpft wird, die Erklärungen des Klägers vom 15. Jänner 1986 seien dem Beklagten zugegangen, wendet sich der Revisionswerber nicht gegen vom Berufungsgericht getroffene Feststellungen, sondern gegen die Lösung einer Rechtsfrage.

Aber auch soweit der Revisionswerber die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes bekämpft, ist er auf die zutreffende Begründung der Berufungsentscheidung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Geht man von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen aus, der Kläger habe am 15. Jänner 1986 in Gegenwart seines Vorgesetzten Helmut R*** seine Sachen aus dem Büro abgeholt und erklärt, es reiche ihm jetzt, er gehe, dann muß der Auffassung des Berufungsgerichtes, die Erklärung sei dem Arbeitgeber zugegangen, beigepflichtet werden. Als zugegangen ist eine Erklärung anzusehen, wenn sie derart in den "Machtbereich" des Adressaten gelangt ist, daß er sich unter normalen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen kann. Es ist nicht erforderlich, daß sich der Empfänger wirklich Kenntnis verschafft, weil es sonst in seinem Belieben stünde, das Wirksamwerden der Erklärung zu verhindern (siehe Koziol-Welser, Grundriß I8, 91, 102; Rummel in Rummel ABGB Rz 2 zu § 862 a; Martinek-Schwarz AngG6, 367; Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht I3 261, Kuderna, Das Entlassungsrecht, 10 f; SZ 57/181; SZ 34/118). Wird eine derartige Erklärung an die in der betrieblichen Hierarchie unmittelbar übergeordnete Person gerichtet, ist gewöhnlich zu erwarten, daß sie auch der nach der inneren Organisation des Betriebes zuständigen Stelle zukommt (vgl. RdW 1988, 357). Der Kläger hat seinen Willen, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden mit den Worten "es reicht mir jetzt, ich gehe" unter Berücksichtigung seines anläßlich dieser Erklärung eingenommenen Verhaltens - Räumung des Büros von seinen Sachen - für den Arbeitgeber klar und deutlich erklärt (vgl. Martinek-Schwarz aaO, 541 f sowie 554 f; Krejci in Rummel ABGB Rz 14 zu § 1162; DRdA 1986, 420 mit Anmerkung von Kerschner; Arb. 10.535). Die Frage, ob dem Kläger die weitere Tätigkeit für den Beklagten zumutbar war oder nicht, ist lediglich für die Rechtsfolgen des Austrittes, nicht aber für die Wertung der ausdrücklichen Erklärung und des damit übereinstimmenden schlüssigen Verhaltens des Klägers als vorzeitiger Austritt von Bedeutung; in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger bei diesem Vorfall seine Bereitschaft, als Angestellter weiterzuarbeiten, nicht bekundet hat. Die dem Beklagten durch Ausspruch gegenüber Helmut R*** wirksam zugegangene unbedingte Auflösungserklärung des Klägers konnte von diesem nicht mehr einseitig zurückgenommen werden (vgl. Martinek-Schwarz aaO, 547 f; Krejci aaO, Rz 167; DRdA 1986, 420 mwH). Mit seiner nach dem Vorfall vom 15. Jänner 1986 erklärten Bereitschaft, als Angestellter für den Beklagten zu arbeiten, konnte der Kläger daher den einmal erklärten Austritt nicht mehr rückgängig machen. Was schließlich den Termin einer für die Berechnung der Kündigungsentschädigung maßgeblichen fiktiven Kündigung durch den Beklagten betrifft, ist infolge Weiterbeschäftigung des Klägers nach Ablauf der neuerlichen Befristung von einer Verlängerung des befristet abgeschlossenen Dienstvertrages vom 23. Juli 1984 auf unbestimmte Zeit auszugehen; dies hat zur Folge, daß die in diesem Dienstvertrag gemäß § 20 Abs 3 AngG wirksam vereinbarte Kündigungsmöglichkeit zum Letzten eines Kalendermonates auch für die Dauer der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit aufrecht blieb.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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