OGH 9ObA282/88

OGH9ObA282/8816.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier, sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther Schön und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Susanne P***, Angestellte, Wien 3, Rennweg 55/6, vertreten durch Dr. Herta Schirnhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Helga Maria Annette F*** Gesellschaft mbH, Wien 12, Hetzendorferstraße 100, vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 51.796,15 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Juni 1988, GZ 31 Ra 39/88-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. Dezember 1987, GZ 17 Cga 1190/87-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt wegen ungerechtfertigten Rücktritts der Beklagten vom Angestelltendienstvertrag vom 19. Juni 1987 vor dem zum 1. Juli 1987 (Beilagen B und C) vereinbarten Dienstantritt eine Entschädigung in Höhe von zuletzt S 51.796,15 netto s.A. Die Geschäftsführerin der Beklagten wendete ein, sie sei zur Unterfertigung des Dienstvertrages durch die Drohung bestimmt worden, daß die Mutter der Klägerin sonst die Übergabe des verkauften Kosmetik- und Fußpflegegeschäftes an die Beklagte verweigern würde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (mit Bruttobeträgen unter rechtskräftiger Abweisung des auf Zuspruch von Nettobeträgen gerichteten Mehrbegehrens) statt und stellte fest, daß die Geschäftsführerin der Beklagten bei der Unterfertigung des Dienstvertrages nicht unter Druck gesetzt wurde.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie Aktenwidrigkeit erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und bestätigte das Ersturteil.

Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung führte die Beklagte aus, daß sie nach der Unterfertigung des Dienstvertrages einzelne Passagen des Aufsatzes durchgestrichen habe; dies spreche dafür, daß sie durch ihre Unterschrift nicht gebunden sein wollte. Diesen Ausführungen entgegnete die zweite Instanz, daß die Wertung der Bedeutung schlüssiger Handlungen eine Frage der rechtlichen Beurteilung sei, die Beklagte aber keine Rechtsrüge erhoben habe; im übrigen hätte aber für die Geschäftsführerin der Beklagten kein Anlaß bestanden, Teile des Vertrages zu streichen, wenn sie der Meinung gewesen sei, ihrer Unterschrift komme keine bindende Wirkung zu.

Die Beklagte erhebt Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt ihrem Rechtsmittel Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die zitierten Ausführungen der Beklagten in der Berufung können zwar nicht nur als Grund für die Bekämpfung der Beweiswürdigung, sondern auch (als nicht ausdrücklich als solche bezeichnete) Rechtsrüge verstanden werden. Diese Rechtsrüge ist aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Beklagte in erster Instanz die Einwendung, sie sei an den Vertrag infolge der Vornahme von Streichungen nach der Unterfertigung nicht gebunden, nicht erhoben hat, sondern nur geltend machte, zum Vertrag durch ungerechtfertigte und gegründete Furcht bewogen worden zu sein. Sonstige Rechtsausführungen enthielt die Berufung nicht. Damit kann aber die Beklagte die in zweiter Instanz nicht gehörig ausgeführte Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht mehr nachtragen, so daß ihrem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen ist.

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