OGH 10ObS295/88

OGH10ObS295/888.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Hermann Wachtberger als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Martin Z***, Gersbergweg 32, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Robert Aspöck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei P*** DER A***

(Landesstelle Salzburg), Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.August 1988, GZ 13 Rs 112/88-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 26.Mai 1988, GZ 38 Cgs 1080/87-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 12.11.1934 geborene Kläger begehrte, die beklagte Partei zur Gewährung der Invaliditätspension ab 1.1.1987 zu verpflichten. Als Folge eines Arbeitsunfalles bestünden verschiedene Leidenszustände, die ihn außerstande setzten, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab, wobei es seiner Entscheidung im wesentlichen nachstehenden Sachverhalt zugrundelegte:

Der Kläger, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als Tankwart beschäftigt war, leidet an den Folgen eines im Juni 1986 erlittenen Arbeitsunfalles. Er ist in der Lage, leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen zu verrichten. Bei sitzender Arbeit ist eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden mit den gesetzlichen Arbeitspausen möglich. Die Arbeiten dürfen nicht unter Zeitdruck oder an gefährlichen Arbeitsstellen ausgeführt werden. Feinarbeiten mit Händen und Fingern sind ausgeschlossen. Das Heben und Tragen von Lasten ist dem Kläger möglich, das Heben vom Boden auf nicht im Sinn einer Hauptbeschäftigung, sondern nur gelegentlich; ebenso das Tragen, wobei die Lasten 5 kg nicht überschreiten sollten. Bezüglich des Anmarschweges zur Arbeit bestehen keine Einschränkungen. Dieser Zustand besteht seit Anfang 1987. Für den Kläger kommen alle einfachen Tätigkeiten in Frage, die keine sehr hohen geistigen Anforderungen stellen. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten, die eine gute Feinmotorik der Hände und Finger voraussetzen. Gegen Tätigkeiten mit Kundenkontakt besteht kein Einwand, der Kläger ist geistig so flexibel, daß er auch auf ein für ihn völlig neues Arbeitsgebiet umgestellt werden kann. Im weiteren stellte das Erstgericht detailliert die Berufsbilder und Anforderungen für die Berufe Portier und Parkgaragenkassier fest und zog hieraus den Schluß, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Leistung nicht erfüllt seien, da der Kläger nach wie vor in der Lage sei, als Portier und Parkgaragenkassier tätig zu sein. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge; es verneinte das Vorliegen der geltend gemachten Verfahrensmängel. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt der Kläger, daß eine Prüfung der Frage unterblieben sei, ob die vom Erstgericht herangezogenen Verweisungsberufe in ausreichender Zahl am Arbeitsmarkt angeboten werden. Bereits das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieses Mangels verneint und zutreffend darauf hingewiesen, daß als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann, daß eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen in diesen Berufen besteht. Erhebungen darüber, ob in diesen Verweisungsberufen überwiegend gesundheitlich beeinträchtigte Personen eingestellt werden, waren entbehrlich. Nach den Feststellungen ist der Kläger in der Lage, die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Anforderungen ohne jede Einschränkung inhaltlicher oder zeitlicher Art auszuführen, sodaß es eines Entgegenkommens des Dienstgebers nicht bedarf; ob der Kläger aber in der Lage ist, einen Arbeitsplatz in diesen Berufen zu finden, ist für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung (SSV-NF 1/68 ua). Weiters rügt der Kläger, daß sein Berufsverlauf ungeprüft geblieben sei. Er habe bisher überwiegend in einem angelernten Beruf gearbeitet. Die Verweisungstätigkeiten eines Portiers und Parkgaragenkassiers kämen daher nicht in Frage. Mit diesen Ausführungen wird ein sekundärer Verfahrensmangel geltend gemacht und der Kläger erstattet in Wahrheit Rechtsausführungen. Er erachtet das Berufungsverfahren für mangelhaft, weil - ausgehend von der von ihm nunmehr vertretenen Rechtsansicht, daß die Bestimmungen des § 255 Abs 1 und 2 ASVG heranzuziehen seien - weitere Tatsachenfeststellungen zu treffen gewesen wären. Hat die unterlegene Partei jedoch ihre Berufung nicht auch auf den Berufungsgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt und ihn gesetzmäßig ausgeführt, so kann die von ihr versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden. Diese Grundsätze haben ungeachtet der Vorschrift des § 87 Abs 1 ASGG auch im Verfahren in Sozialrechtssachen Geltung, zumal diese für das Verfahren in erster Instanz getroffene Bestimmung den Amtswegigkeitsgrundsatz ausschließlich für die Beweisaufnahme in diesem Verfahren normiert (SSV-NF 1/28 ua). Im Berufungsverfahren beschränkte sich die Rechtsrüge des Klägers jedoch auf die Ausführung, daß er ausgehend vom erhobenen Leistungskalkül nicht in der Lage sei, die Berufe eines Portiers und eines Parkgaragenkassiers auszuüben. Diese Ausführungen gingen jedoch nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus; Anforderungen in den herangezogenen Verweisungsberufen, die das medizinische Leistungskalkül überschreiten würden, wurden nicht festgestellt. Die Rechtsrüge war daher nicht in bezug auf eine Rechtsfrage gesetzmäßig ausgeführt. Ein Eingehen auf die nunmehr in der Revision erstatteten Ausführungen, mit denen der Kläger die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes anficht, ist dem Revisionsgericht daher verwehrt. Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit. b ASGG.

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