Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil vom 29. Oktober 1987 durch den erforderlichen Ausspruch nach § 500 Abs 3 ZPO zu ergänzen.
Text
Begründung
Unbestritten blieb bzw. außer Streit gestellt wurde im vorliegenden Rechtsstreit, daß Karl B***, der Ehegatte der Erstklägerin und der Vater der Zweitklägerin, bei einem Verkehrsunfall am 13. Dezember 1984 auf der Bundesstraße 138 im Gemeindegebiet Micheldorf tödlich verletzt wurde. Das alleinige Verschulden an diesem Unfall trifft Erich S***, der auch Halter des von ihm gelenkten Fahrzeuges war. Dieses war bei der Beklagten haftpflichtversichert.
Die Erstklägerin begehrte letztlich die Bezahlung des der Höhe nach unbestrittenen Betrages von S 8.520,-- als Restbetrag für die errichtete Grabstätte und den der Höhe nach unstrittigen Betrag von S 2.250,--, der ihr durch die Ummeldung der auf den Namen des verstorbenen Karl B*** lautenden Kraftfahrzeuge auf ihren Namen aufgelaufen ist. Darüber hinaus begehrte sie eine monatliche Rente von S 4.900,-- ab 13. Dezember 1984 bis einschließlich Dezember 2014.
Die Zweitklägerin begehrte zuletzt aus dem Titel des Unterhaltsentganges eine monatliche Rente von S 800,-- vom 13. Dezember 1984 bis 24. Februar 1986.
Die Beklagten bestritten das Klagsvorbringen und beantragten Klagsabweisung.
Das Erstgericht sprach der Erstklägerin Leopoldine B*** den Betrag von S 10.770,-- s.A. sowie eine monatliche Rente von S 2.500,-- vom 14. Dezember 1985 bis 23. Februar 1986 und eine monatliche Rente von S 1.500,-- vom 24. Februar 1986 bis 30. Juni 2006 zu und wies das Mehrbegehren der Erstklägerin sowie das Begehren der Zweitklägerin ab.
Infolge Berufungen der Erstklägerin und der Beklagten - die Zweitklägerin ließ das Urteil des Erstgerichtes
unangefochten - änderte das Gericht zweiter Instanz die erstgerichtliche Entscheidung unter Einbeziehung des unangefochten gebliebenen und des bestätigten Teiles dahin ab, daß der Erstklägerin S 8.520,-- s.A. zugesprochen und das Mehrbegehren auf Bezahlung eines weiteren Betrages von S 2.250,-- s.A. sowie das gesamte Rentenbegehren abgewiesen wurden.
Gegen den abweisenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Zuspruches von weiteren S 2.500,-- an die Erstklägerin sowie einer Rente von monatlich S 4.900,-- vom 14. Dezember 1984 bis inklusive Dezember 2014; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, weil der Streitgegenstand im Berufungsverfahren weniger als S 300.000,-- betragen habe und keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege; sie vertreten die Auffassung, gemäß § 58 JN seien Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen auch bei bestimmter Dauer mit dem Dreifachen der begehrten Jahresleistung zu bewerten, weil § 58 JN der Bewertungsregelung des § 9 RAT angepaßt werden sollte. Bei einer derartigen Bewertung ergebe sich aber für das Berufungsverfahren ein Streitwert von nur S 203.025,--.
Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, daß im vorliegenden Fall Renten für eine bestimmte Dauer begehrt würden, somit deren Gesamtbetrag, jedoch niemals mehr als das 20-fache der Jahresleistung als Streitwert heranzuziehen sei (§ 58 Abs 1 JN). Bei dieser Berechnung ergebe sich aber auch im Sinne der §§ 500 und 502 ZPO ein Streitgegenstand im Berufungsverfahren von mehr als S 300.000,--, so daß sich ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erübrige.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 58 Abs 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.
Bei der Lösung der hier maßgebenden Frage, ob Ansprüche auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten sind, ist zu berücksichtigen, daß derartige Renten in allen Fällen auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt sind, selbst wenn sie nur für bestimmte Zeiträume gefordert und zugesprochen werden. Stirbt etwa der Berechtigte vor dem Zeitpunkt, bis zu welchem die Rente zuerkannt wurde, erlischt der Rentenanspruch in jedem Fall. Dasselbe gilt auch für Unterhalts- und Versorgungsbeträge. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind daher Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen immer mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten. Dafür, daß der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 58 JN durch die ZVN 1983 eine solche Regelung bezweckte, spricht auch der Bericht des Justizausschusses (§ 1337 der Beil. zu den sten.Prot. des NR XV. GP) zu Z 26 (§ 58 JN), wonach nach der derzeitigen Regelung des § 58 nur Unterhaltsansprüche mit unbestimmter Dauer (auf Lebenszeit) mit dem dreifachen Jahresbetrag zu bewerten seien, alle anderen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen mit unbestimmter Dauer mit dem Zehnfachen. Nach § 9 RATG hingegen seien auch sonstige Versorgungsbeträge und Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen (nur) mit dem dreifachen Jahresbetrag zu bewerten. Da Versorgungsansprüche und Renten wegen Körperbeschädigung und Tötung eines Menschen auch in vielen anderen Beziehungen Unterhaltsansprüchen gleichgestellt werden, solle die Bewertungsregelung der JN derjenigen des RATG angepaßt werden.
Im vorliegenden Fall, ergibt sich somit, worauf die Revisionsbeantwortung der Beklagten zutreffend hinweist (vgl. AS 206 und 207), im Berufungsverfahren ein Streitgegenstand von weniger als S 300.000,--. Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 300.000,-- nicht übersteigt, wäre das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs 3 ZPO verpflichtet gewesen, auszusprechen, ob die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Das Berufungsgericht hat, ausgehend von einer vom Revisionsgericht nicht geteilten Auffassung diesen Ausspruch für entbehrlich erachtet, so daß ihm die entsprechende Ergänzung seiner Entscheidung aufzutragen war.
Sollte das Berufungsgericht aussprechen, daß die Revision nicht zulässig ist, wäre die bereits erstattete Revisionsschrift der Klägerin zur allfälligen Ergänzung im Sinn des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zurückzustellen; anderenfalls wären die Akten mit der bereits erstatteten Revisionsbeantwortung dem Revisionsgericht wieder vorzulegen.
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