Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben..
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Oktober 1955 geborene beschäftigungslose Karl K*** des Verbrechens des (versuchten) Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Nacht zum 7. April 1988 in Graz durch Einsteigen in eine Wohnung durch ein (zwar verschlossenes, aber von innen nicht verriegeltes) Toilettefenster versucht zu haben, der Silvia E*** fremde bewegliche Sachen unbekannten Wertes mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - ebenso wie die Staatsanwaltschaft - mit Berufung.
Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen die entscheidungswesentliche Feststellung, er habe einen Diebstahl begehen wollen, mit der Behauptung, in den Urteilsgründen seien keine Beweismittel angeführt, durch die seine Verantwortung widerlegt werde, bei Silvia E*** nur zum Scherz und, um von dort ein Taxi anzurufen, eingestiegen zu sein. Das Erstgericht beschränkte sich indes keineswegs auf die Wertung der Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung, sondern stützte sich auf eine Reihe von Beweisumständen, welche ihm die Überzeugung verschafften, der Angeklagte habe mit Diebstahlsvorsatz gehandelt: In den Entscheidungsgründen wird insbesondere auf die Zeugenaussage der Ingrid E*** verwiesen, wonach der Angeklagte - entgegen seiner Verantwortung - in der fremden Wohnung nicht telefonierte, sondern sich dort im Vorraum zumindest eine Minute lang regungslos aufhielt und, nachdem er von Ingrid E*** angesprochen worden war, raschen Schrittes in vorgeneigter Haltung entfernte. Ferner wurden die Angaben der Astrid S*** herangezogen, denen zufolge der Angeklagte zur Tatzeit unter keiner nennenswerten - für die Zeugin erkennbaren - Alkoholbeeinträchtigung stand und nicht etwa deshalb eine fremde Wohnung aufsuchen mußte, weil er seinen Wohnungsschlüssel nicht finden konnte (vgl S 125, 126 d.A). Die Annahme diebischen Vorsatzes fand sohin eine logisch einwandfreie und zureichende Begründung.
Entgegen den Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO ergeben sich aber auch aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen. Nach der Darstellung des Zeugen Rene E***, der vom Angeklagten nicht widersprochen wurde (S 117 d.A), traf der Angeklagte bei seinem (zweimaligen - S 76 d.A) Besuch in der Wohnung der Silvia E*** in den Abendstunden des 6.April 1988 nur deren 11-jährigen Sohn (Rene E***) an, weil Silvia E*** mit ihrem Lebensgefährten verreist war (S 66, 115 d.A). Dieser Umstand nimmt der schlichten Behauptung des Angeklagten, auf Grund eines vor dem Haus parkenden Autos fälschlich angenommen zu haben, Silvia E*** verbringe die Nacht zum 7.April 1988 zu Hause, viel an Überzeugungskraft. Daß der Angeklagte seit längerem mit Silvia E*** und Günther P*** freundschaftlich verkehrte und in deren Wohnung des öfteren telefonierte, wurde vom Erstgericht ohnedies berücksichtigt; ebenso die Tatsache, daß aus der Wohnung der Silvia E*** nichts gestohlen wurde. Insgesamt sind die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente mithin nicht geeignet, die intersubjektive Beweiskraft der dem Schuldspruch zugrundegelegten Verfahrensergebnisse ernstlich in Frage zu stellen. Unter den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit a und 10 (richtig: nur Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer dem Urteil Feststellungsmängel zum Vorwurf. Seine Ansicht, die körperliche Anwesenheit am Tatort reiche für die Annahme eines (über das Stadium einer bloßen Vorbereitungshandlung hinausgehenden) Versuches nicht aus, es müßte vielmehr "auf Grund der äußeren Tatmerkmale genau festgestellt werden können, welches konkrete Delikt aufgrund der bereits vorhandenen und vom Täter gesetzten Ausführungsmerkmale dem Täter angelastet werden kann", erweist sich jedoch als verfehlt.
Nach dem § 15 Abs 2 StGB ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Voraussetzung für strafbaren Versuch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entweder eine Ausführungshandlung oder ein nach aktionsmäßiger und zeitlicher Beziehung zur Ausführung im unmittelbaren Vorfeld des Tatbildes liegendes Täterverhalten. Beim Tatbestand des Diebstahles entspricht das Aufsuchen des Tatortes, sofern der Diebstahl nach dem Tatplan sogleich stattfinden soll, diesen Kriterien vollauf (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 17 zu § 15); bei einem nach dem § 129 Z 1 StGB qualifizierten Diebstahl stellt zudem das Einsteigen in ein Gebäude bereits den Beginn der Tatbestandsverwirklichung dar. Nicht erforderlich für die Beurteilung einer Tat als Versuch ist es dagegen, daß sich aus dem äußeren Verhalten des Täters der Schluß auf sein Vorhaben zwingend ergeben muß. Die Frage, worauf sich der Vorsatz eines Angeklagten richtet, ist tatsächlicher Natur und von der Rechtsfrage, ob der Täter sein deliktisches Vorhaben durch eine Ausführungshandlung bzw durch eine ausführungsnahe Handlung im Sinn des § 15 Abs 2 StGB betätigt, zu trennen. Da im vorliegenden Fall als erwiesen angenommen wurde, daß der Angeklagte mit Diebstahlsvorsatz in die Wohnung der Silvia E*** eindrang, bleibt für eine Beurteilung seines Verhaltens als straflose Vorbereitungshandlung kein Raum. Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB eine neunmonatige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und als mildernd den Umstand, daß die Tat nur beim Versuch blieb und kein Schaden entstand.
Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung des Strafausmaßes, der Angeklagte dagegen eine Strafmilderung an.
Auch diesen Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu. Wohl bedürfen die im Urteil angeführten Strafzumessungsgründe einer Ergänzung. So ist einerseits dem Angeklagten noch als erschwerend anzulasten, daß die einschlägigen Vorstrafen den Voraussetzungen des § 39 StGB genügen. Andererseits müssen ihm allerdings das Teilgeständnis und der Umstand, daß er sich selbst stellte (siehe S 33 d.A), als weitere Milderungsgründe zugute gehalten werden.
Auch unter diesem erweiterten Aspekt wird jedoch das in erster Instanz gefundene Strafmaß dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Schuld des Täters gerecht. Eine Korrektur ist daher nach keiner Richtung erforderlich.
Damit konnte auch den Berufungen kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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