OGH 2Nd14/88

OGH2Nd14/8825.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma W*** GesmbH & Co KG,

8323 St. Marein 106, vertreten durch Dr. Otto Kern, Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W*** A*** Versicherungs-AG, 1131 Wien, Hietzinger Kai 101-105, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 51.157,60, über den Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, über einen Zuständigkeitsstreit mit dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu entscheiden (§ 47 Abs. 1 JN) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Zur Entscheidung in der Rechtssache ist das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zuständig.

Der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. April 1988, 25 Cg 130/88-8, wird aufgehoben.

Text

Begründung

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erließ am 11. Februar 1988 auf Antrag der Klägerin gegen die Beklagte ein Versäumungsurteil auf Bezahlung von S 51.157,60 s.A. (AS 7). Aufgrund Widerspruchs der Beklagten hob es das Versäumungsurteil am 1. April 1988 wieder auf (AS 28). Gleichzeitig erkannte es im Sinne des übereinstimmenden Antrages der Parteien dahin, daß es die Rechtssache gemäß § 31 a JN dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz übertrug.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz lehnte die Übernahme der Rechtssache mit Beschluß vom 13. April 1988 (AS 29) ab, weil die Aufhebung des Versäumungsurteiles vom 11. Februar 1988 nichtig sei und sich daher "noch eine bindende Entscheidung im Akt befinde". Auch sein Beschluß erwuchs inzwischen in Rechtskraft. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legt den Akt zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 a Abs. 1 JN hat das Gericht erster Instanz in Streitsachen die Sache einem anderen Gericht gleicher Art zu übertragen, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragen. Nach § 31 a Abs. 3, vorletzter Satz, JN, gilt für den weiteren Gang des Verfahrens der § 261 Abs. 6, sechster bis achter Satz, ZPO sinngemäß. Demgemäß wird durch eine solche Übertragung die Streitanhängigkeit nicht aufgehoben. Eine neuerliche erste Tagsatzung findet nicht statt. Die neue Verhandlung ist mit Benützung aller sonstigen Prozeßakten durchzuführen und im Sinne des § 138 ZPO einzuleiten. Das Gericht, an das delegiert wird, darf sich nicht für unzuständig erklären, weil im einverständlichen Antrag beider Parteien auf Delegierung an dieses Gericht eine Unterwerfung in die Verhandlung vor diesem Gericht liegt und damit jedenfalls seine Unzuständigkeit geheilt wäre (Fasching Zivilprozeßrecht Rz 211; 4 Nd 504/88, 10 Nd S 1/88).

Daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übertragung der Rechtssache nach § 31 a Abs. 1 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gefehlt haben, kann bei der Entscheidung über einen negativen Kompetenzkonflikt nicht berücksichtigt werden. Auch ein unrichtiger, aber in Rechtskraft erwachsener Beschluß hat Bindungswirkung (Fasching Zivilprozeßrecht Rz 214; SZ 43/18; EvBl. 1980/123; RZ 1986/4). Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, das durch die nachträgliche Parteienvereinbarung zuständig geworden ist, hätte daher keinen Unzuständigkeitsbeschluß fassen dürfen, dies auch nicht mit der - im übrigen nicht der sinngemäßen Auslegung des § 397 a Abs. 3 ZPO entsprechenden (siehe Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 594) - Begründung, wie sie oben dargestellt wurde.

Daher war auszusprechen, daß zur Verhandlung und Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zuständig ist; gleichzeitig war der Unzuständigkeitsbeschluß dieses Gerichtes aufzuheben (Fasching I 293; EvBl. 1980/123; 4 Nd 504/88, 10 Nd S 1/88 ua).

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