OGH 8Ob552/88 (8Ob553/88)

OGH8Ob552/88 (8Ob553/88)20.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Oleh B***, Architekt im Ruhestand, Scharitzerstraße 23, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei "N***" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft in Oberösterreich Gesellschaft mbH, Gärtnerstraße 9, 4021 Linz, vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 905.164,-- und S 275.375,-- je sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Jänner 1988, GZ 5 R 53, 175/87-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 9. Februar 1987, GZ 4 Cg 63/82-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.879,30 (einschließlich S 1.596,30 Umsatzsteuer und S 4.320,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 23.August 1971 erteilte die beklagte Partei dem Kläger für das Bauvorhaben "Wels-Posthof" den Auftrag zur Ausarbeitung eines Bebauungsplanes und Erbringung der in § 34 GOA/1960 angeführten Teilleistungen für sämtliche laut Bebauungsplan genehmigten Häuser, und zwar: a) Vorentwurf, b) Entwurf, c) Einreichung,

e) Ausführungszeichnungen und g) künstlerische Oberleitung. Die genannten Teilleistungen sollten nach der zwischen der Bundes-Ingenieurkammer und dem Österreichischen Verband Gemeinnütziger Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen getroffenen Vereinbarung vom 26.Jänner 1971 verrechnet werden; alle anderen Leistungen einschließlich eventueller Neben- und Sonderkosten sollten nach den Bestimmungen der GOA/1960 in der Auflage 1969 Verrechnung finden.

Das Projekt wurde bisher - mangels der ihm zugrundegelegten Zuteilung der Förderungsmittel - nicht verwirklicht. Die beklagte Partei hat dem Kläger für seine Leistungen bisher ein Honorar von insgesamt S 1,174.522 - in zwölf Abschlagszahlungen, die 12. und bislang letzte am 8.März 1978 - bezahlt. Die Tätigkeiten des Klägers erfolgten in der Hauptsache vor dem 10.Dezember 1972, zum Teil noch danach. Die letzte Hauptleistung, und zwar die Baubeschreibung, erbrachte er am 30.Juli 1973. Seit 20.Dezember 1977 ist die ursprünglich erteilte Baubewilligung für das Wohnbauprojekt "Wels-Posthof" abgelaufen. Die Befugnis des Klägers als Architekt ruhte seit 1.Juli 1978. Seit 31.Dezember 1983 ist der Kläger in Pension. Am 19.5.1981 teilte die beklagte Partei dem Kläger mit, daß zwischen ihnen keine offenen Aufträge mehr bestehen und sie ihm auch keine Aufträge mehr erteilen werde. Dieses Schreiben faßte der Kläger als Kündigung des Architektenvertrages auf (Blg. B 10). Ohne entsprechenden Auftrag der beklagten Partei erstellte der Kläger - durch eine Hilfskraft - am 13.Juli 1981 eine Neuberechnung der Nutzflächen der Wohnanlage. Mit einem Schreiben vom 22.Dezember 1981 ersuchte der Kläger die beklagte Partei unter Beilage einer provisorischen Gebührenberechnung um eine weitere Abschlagszahlung von S 300.000,-- auf eine nach seiner Berechnung noch offene Architektenhonorarsumme von S 905.164,-- (Klagebegehren vom 10.2.1982 zu 4 Cg 63/82). Auf Grund einer sogenannten Gebührenendabrechnung vom 31.Dezember 1983 begehrte er weitere S 275.375,-- (Begehren der verbundenen Klage vom 18.5.1984 zu 4 Cg 230/84).

Die beklagte Partei lehnte jede weitere Zahlung mit dem Hinweis darauf ab, daß sie vom Kläger über die bereits ordnungsgemäß abgerechneten Leistungen keine weiteren Leistungen bestellt habe, im übrigen sogenannte "Nachforderungen" bereits verjährt seien. Das Erstgericht wies das Begehren beider Klagen kostenpflichtig ab und ging im wesentlichen davon aus, daß die Forderungen des Klägers wegen erheblicher Überschreitung der für Architektenentgeltansprüche bestehenden dreijährigen Frist des § 1486 Z 1 ABGB verjährt seien.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht diese Entscheidung.

Es stellte nach Wiederholung und Ergänzung des Beweisverfahrens im wesentlichen folgenden weiteren Sachverhalt fest:

Nach der gemäß dem Auftrag der Honorarvereinbarung zugrundeliegenden Vereinbarung zwischen der Bundesingenieurkammer und dem Österreichischen Verband Gemeinnütziger Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen gilt für die Verrechnung der Architektenleistungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau die Gebührenordnung für Architekten (GOA) 1960, Auflage 1969, mit einigen Besonderheiten.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 22 GOA hat der Architekt für alle seine Leistungen Anspruch auf angemessene Vorauszahlung und auf laufende Abschlagszahlungen. Die Höhe der Abschlagszahlungen entspricht dem Wert der durchgeführten Teilleistungen unter Ausschluß eines Rückhalterechtes. Die Fälligkeit der Abschlagszahlungen ist laufend nach Maßgabe des Arbeitsfortschrittes und die Fälligkeit der Restzahlung bei Überreichung der Schlußrechnung gegeben. Nach § 7 GOA hat der Ziviltechniker im Falle des Widerrufs oder der Einschränkung des erteilten Auftrages Anspruch auf einen den Bemühungen angemessenen Teil der Gebühren, ferner auf Kosten- und Schadenersatz, u.a. auch die volle Schadloshaltung entsprechend dem entgangenen Gewinn gemäß den Bestimmungen des ABGB. Im Zeitpunkt der Baubewilligung am 14.Dezember 1973 hatte der Kläger die Ausführungszeichnungen bereits erbracht und abgeschlossen. Schon in der "provisorischen Gebührenverrechnung" vom 2. Jänner 1975 begehrte er die (nach § 36 GOA volle) Honorierung von Vorentwurf, Entwurf, Einreichung und Ausführungszeichnungen mit insgesamt 50 % der Gesamtleistung, wobei er dieser Berechnung die mit 1.Juli 1974 in Kraft getretene Verordnung der oö Landesregierung vom 24.Juni 1974 (betreffend die Festsetzung der angemessenen Gesamtbaukosten und der Ausstattung gemäß § 2 Abs 2 WBFG 1968) zugrundelegte. Bei Honorierung dieser Rechnung wandte die beklagte Partei die ab 19.Jänner 1970 gültigen (niedrigeren) Förderungssätze an.

Mit "provisorischer Gebührenverrechnung" vom 15.Dezember 1977 verrechnete der Kläger wiederum für Vorentwurf, Entwurf, Einreichung und Ausführungszeichnungen 50 % der Gesamtleistung, wobei er die Baukosten laut der mit 1.Juni 1977 in Kraft getretenen Verordnung der oö Landesregierung vom 23.Mai 1977 zugrundelegte. Hierauf leistete die beklagte Partei eine letzte Zahlung von S 220.222,-- unter Zugrundelegung der für das Jahr 1973 geltenden Förderungsrichtsätze. Weitere Zahlungen lehnte die beklagte Partei künftighin ab.

Daß die beklagte Partei den vom Kläger vorgenommenen Berechnungsmodus, nämlich seinen Honoraranspruch für bereits erbrachte und abgerechnete Leistungen den späteren (Förderung-)Richtsatzerhöhungen anzupassen, anerkannt hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Ein Honorar für die künstlerische Oberleitung stellte der Kläger erstmals mit provisorischer Gebührenberechnung vom 13.Juli 1981 mit 5 % der Gesamtleistung in Rechnung.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht die Zahlungsbedingungen des § 22 GOA als (gegenüber den üblichen Entgeltregeln für den Werkvertrag) vertragliche Sonderregelung, die im Zusammenhang mit der ausdrücklich für Teilleistungen bestehenden Bewertungsvorschrift des § 36 GOA dahin auszulegen sei, daß unter den Abschlagszahlungen nicht bloß Vorschüsse auf ein noch nicht fälliges Entgelt zu verstehen seien, sondern der Honoraranspruch für die einzelnen ausgeführten Teilleistungen unter Berücksichtigung einer angemessenen Frist zur Abrechnung fällig werde. Damit sei der Anspruch des Klägers auf Honorierung von Vorentwurf, Entwurf, Einreichung und Ausführungszeichnungen jedenfalls spätestens am 15. Dezember 1975 fällig gewesen, weshalb das Erstgericht im Ergebnis zutreffend wegen im Klagezeitpunkt eingetretener Verjährung diesen Anspruch abgewiesen habe. Ein Anspruch des Klägers auf "ständige" Aufwertung dieser bereits erhaltenen Zahlungen infolge Erhöhung der Förderungsrichtsätze bestehe nicht.

Die Honorierung der künstlerischen Oberleitung könne der Kläger schon deshalb nicht verlangen, weil er nach der Beendigung des Architektenvertrages mit Schreiben der beklagten Partei vom 19.Mai 1981 nicht mehr leistungsbereit gewesen sei bzw. sein habe können, weil er zufolge Pensionierung sein Atelier bereits geschlossen habe. Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist nicht berechtigt. Der Kläger hat zwar im Rahmen eines geplanten geförderten Wohnbaus einen einheitlichen Auftrag der beklagten Partei zur Erbringung bestimmter Teilleistungen erhalten, dem die stufenweise Verwirklichung der zeitlich aufeinanderfolgenden Bauentwicklung zugrundelag. Nun steht aber fest, daß der Bau - aus im Verfahren nicht erörterten Gründen - nicht gefördert wurde, so daß die seinerzeit erteilte Baubewilligung bisher nicht zum Tragen kam und auch bereits abgelaufen ist. Da auch der Kläger seit 1978 nicht mehr seinen Beruf als Architekt ausübt und nunmehr mit Ablauf des 31. Dezember 1983 im Ruhestand weilt, war und ist eine spätere (Schluß-)Abrechnung nicht mehr abzuwarten, weil alle vom Kläger bereits erbrachten Leistungen entsprechend abgerechnet wurden und nicht mehr zu erbringende Leistungen auch nicht mehr abzurechnen sind. Wenn nun auch die bisherigen Abrechnungen des Klägers im Hinblick auf die Erwartung der Baufertigstellung nur vorläufige waren, so ist doch hinsichtlich der bisher veranschlagten, noch nicht endgültig feststehenden - aber auch nicht mehr feststellbaren - Bausumme die erfolgte Abrechnung als endgültig anzusehen. Der Kläger hatte von den beklagten Parteien angesichts des Stillstandes des Förderungsprojektes "Wels-Posthof" ohnehin nichts mehr zu fordern, weil dieser - nach den Parteienbehauptungen und Verfahrensergebnissen - in den sogenannten neutralen - weil außerhalb der Ingerenz der Vertragsteile stehenden - Kreis fallende Umstand der Verhinderung einer vollständigen Werkausführung von ihm als Werkunternehmer zu vertreten ist (1 Ob 576/76 vom 7.4.1976). Die mitunter teilweise - aus welchen, im Verfahren nicht erörterten Gründen auch immer - erfolgreichen Versuche des Klägers, von der beklagten Partei für bereits erbrachte und abgerechnete Leistungen nachträgliche Zahlungen auf Grund erhöhter Wertmaßstäbe zu erhalten, stellen kein Anerkenntnis der beklagten Partei dar, weitere künftige Entgeltsansprüche des Klägers ohne diesen gegenüberstehende weitere Leistungen zu erfüllen. Die Ausführung der künstlerischen Oberleitung durch den Kläger unterbleibt nicht allein wegen des Wegfalls der Förderungsvoraussetzungen, sondern auch wegen des auf seiner Seite - zufolge der Pensionierung - eingetretenen Leistungsunvermögens. Mit Recht weist die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, daß der Kläger auf die Möglichkeit, seine Leistungen - künftighin - durch einen Substituten erbringen zu können, unzulässigerweise erst im Rechtsmittelverfahren hinweist.

Dem Kläger stehen gegen die beklagte Partei aus dem vorliegenden Architektenvertrag keine weiteren Ansprüche mehr zu. Weitere bloß aus der ständigen Steigerung von Förderungssätzen abgeleitete Honoraransprüche für bereits vor vielen Jahren abgeschlossene und abgerechnete Leistungen sind im Sinne der Ausführungen beider Vorinstanzen nicht berechtigt. Einer Verjährungseinrede bedurfte es zur Abweisung solcher Ansprüche nicht. Vom Kläger ohne entsprechenden Auftrag der beklagten Partei - noch dazu während des Ruhens seiner Architektentätigkeit und nach Ablauf der entsprechenden Baubewilligung - durch eine Hilfskraft - "erbrachte Leistungen" können im Sinne der zutreffenden Darlegungen des Berufungsgerichtes keine weiteren Entgeltsansprüche des Klägers rechtfertigen.

Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

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