Spruch:
1.) Der Revisionsrekurs des erbserklärten Erben und der Noterbin wird zurückgewiesen.
2.) Dem Revisionsrekurs der durch den Kollisionskurator Dr. S*** vertretenen mj. Christoph und Barbara D*** wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in ihrem Punkt 7.) wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Der am 10. September 1987 verstorbene Erblasser setzte im Punkt I. seines letzten Willens vom 28. Mai 1983 seinen Sohn Heinz Christian B*** zum Alleinerben ein. Im Punkt II. dieses letzten Willens verfügte er wie folgt:
"Nacherbe und Ersatzerbe nach meinem Sohn Heinz ist: Herr Mathias Thomas D***, geboren 20. Februar 1945, Anschrift:
3400 Klosterneuburg-Weidling, Adam Müllergasse, Gutenbrunnerstraße 3. Sollte er zum Zeitpunkt meines Todes oder des Todes meines Sohnes nicht mehr leben, so setze ich zu seinen Ersatzerben dessen Kinder Christoph und Barbara zu gleichen Teilen ein."
Im Punkt IV. setzte der Erblasser seine Ehegattin Herta B*** auf den Pflichtteil und traf zur Abdeckung desselben eine detaillierte Regelung.
Mit dem Schriftsatz vom 23. Oktober 1987 gab Heinz Christian B*** zum gesamten Nachlaß aufgrund dieses Testamentes eine unbedingte Erbserklärung ab. Gleichzeitig legte er eine in Notariatsaktsform gefaßte Verzichtserklärung des Mathias Thomas D*** vom 19. Oktober 1987 vor, mit welcher dieser auf die ihm eingeräumte Nach- und Ersatzerbschaft verzichtete und worin er zum Ausdruck brachte, daß der Eintritt einer Ersatzerbschaft der Kinder Christoph und Barbara D*** ausgeschlossen sei.
Das Erstgericht nahm die Bevollmächtigungen der Antragsteller
A) 1) und 2) zur Kenntnis (Punkt 1.), erachtete das Erbrecht des Heinz Christian B*** zum gesamten Nachlaß als ausgewiesen (Punkt 2.), überließ dem Erben die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses (Punkt 3.), nahm die Erklärung der schriftlichen Abhandlungspflege zur Kenntnis (Punkt 4.), trug dem Erben Angaben über Nachlaßverbindlichkeiten auf (Punkt 5.), nahm den Notariatsakt über die Verzichtserklärung des Mathias Thomas D*** zur Kenntnis (Punkt 6.) und verfügte die Übermittlung des Aktes nach Rechtskraft des Beschlusses an den Gerichtskommissär zur Errichtung eines Inventars, und zwar im Hinblick auf die im Testament vom 28. Mai 1983 zugunsten der mj. Christoph und Barbara D*** angeordnete Ersatzerbschaft (Punkt 7.). Die Errichtung dieses Inventars sei notwendig, weil die dargestellte Verzichtserklärung zur Aufhebung des Substitutionsbandes nicht genüge. Es müßten die Ersatznacherben der Aufhebung des Substituionsbandes zustimmen. Da eine solche Zustimmung nicht vorliege, sei von Amts wegen ein Inventar aufzunehmen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des erbserklärten Erben Heinz Christian B*** und der Noterbin Herta B*** Folge. Es beließ den erstgerichtlichen Beschluß in den Punkten 1 bis 6 als unangefochten unberührt, hob ihn aber in seinem Punkt 7 auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens ohne Bedachtnahme auf Ersatznacherbenrechte der mj. Christoph und Barbara D*** auf. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß die Ausschlagung des Nacherbrechtes durch Mathias Thomas D*** das Erlöschen des Substitutionsbandes zur Folge hatte. Die Ersatznacherben hätten kein vom Recht des Nacherben unabhängiges Anwartschaftsrecht, wenn sie nur für den Fall des Vorversterbens des Nacherben zum Zuge kommen sollen. Da sie für den Fall, daß der Nacherbe nicht erben will, nach dem letzten Willen nicht an seine Stelle treten sollen, erlösche ihre Substitution durch die Ausschlagung der Erbschaft seitens des Nacherben. Das Erstgericht werde einen Kollisionskurator zu bestellen haben, weil zwischen den Minderjährigen und ihrem gesetzlichen Vertreter ein Interessenkonflikt bestehe. Der Kurator werde die Wahrung der Interessen der Minderjährigen notwendigen Maßnahmen zu ergreifen haben.
Dieser Anregung kam das Erstgericht mit dem Beschluß vom 5. Mai 1988, 1 A 718/87-13, nach.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs des erbserklärten Erben und der oben genannten Noterbin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, das Verfahren ohne Bestellung eines Kollisionskurators für die mj. Christoph und Barbara D*** fortzusetzen. Am gleichen Tag brachte er auch einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses und einen Rekurs gegen die Kuratorbestellung des Erstgerichtes an das Gericht zweiter Instanz ein. Er stellte darin den gleichen Antrag wie im vorliegenden Rekurs. Die Minderjährigen erheben durch ihren Kollisonskurator Revisionsrekurs und beantragen die Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses dahin, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise beantragen sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
1.) Der Revisionsrekurs des erbserklärten Erben und der Noterbin ist unzulässig. Er richtet sich im Grunde genommen nur dagegen, daß das Rekursgericht in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt hat, das Erstgericht möge einen Kollisionskurator für die Kinder Christoph und Barbara D*** bestellen. Unter einer anfechtbaren "Verfügung" im Sinne des § 9 AußStrG ist aber nur eine Maßnahme zu verstehen, durch die das erkennende Gericht selbst rechtliche Wirkungen erzeugt (NotZ 1954, 173 ua). Dies war hier nicht der Fall; vielmehr bedurfte es erst der spruchmäßigen Bestellung des Kollisionskurators durch das Erstgericht, um die von den Rechtsmittelwerbern bekämpfte rechtliche Wirkung der angeordneten Maßnahme zu erzeugen. Das Erstgericht hatte hiebei nach seiner eigenen Beurteilung des Falles zu entscheiden und war nicht verpflichtet, der Anregung des Rekursgerichtes zu entsprechen, zumal es im Rekursverfahren um völlig anders gelagerte Rechtsfragen ging. Im übrigen ist es ständige Rechtsprechung, daß dem Gegner des Kuranden keine Rechtsmittelbefugnis gegen die Bestellung eines Kurators zusteht (EvBl. 1953/424; JBl. 1967, 627 ua), dies insbesondere dann nicht, wenn es sich nicht um Fragen der Interessenkollision zwischen ihm und den Kuranden, sondern um eine solche zwischen einer dritten Person und demselben handelt. Dies ist aber hier zwischen dem Nacherben Mathias Thomas D*** und dessen Kinder der Fall, sodaß sich der hier behandelte Rekurs auch aus diesem Gesichtspunkt heraus als unzulässig erweist.
2.) Zum Revisionsrekurs der durch den bestellten Kollisionskurator vertretenen Minderjährigen:
Die Rechtsmittelwerber stellen sich auf den Standpunkt, daß der Verzicht bzw. die Ausschlagung der Nacherbschaft durch den Nacherben ihnen gegenüber nicht wirksam sei. Um das Substitutionsband zu zerreißen, hätte der Nacherbe die Erbschaft annehmen müssen. Mittels Ausschlagung der Nacherbschaft könne dies nicht erreicht werden.
Den Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu:
Auszugehen ist davon, daß der Erblasser dem Vorerben Heinz Christian B*** in der Person des Mathias Thomas D*** einen Nacherben und Ersatzerben substituierte. Zulässigerweise bestellte er für diesen ("sollte er zum Zeitpunkt meines Todes oder des Todes meines Sohnes nicht mehr leben", also für den Fall, daß er die Erbschaft nicht erlangt) dessen beide Kinder Christoph und Barbara als Ersatzerben (vgl. Koziol-Welser8, 337). Diese Ersatzerben treten nicht in ihrer Eigenschaft als Erben des Substituten an dessen Stelle, sondern kraft ersatzweiser Berufung durch den Erblasser. Von diesem und nicht etwa vom Substituten leiten sie ihre Rechtsstellung ab (6 Ob 603/77 ua). Demgemäß kann aber der Nacherbe D*** nicht derart auf seine Nach- und Ersatzerbrechte Verzicht leisten oder sich unter Berufung auf diesen Verzicht der Nacherbschaft entschlagen, daß damit auch die Ersatzerbenrechte seiner Kinder, die diese unmittelbar aus der Rechtsstellung zum Erblasser ableiten, betroffen werden. Es ist eine andere, von der Literatur zutreffend als durchaus problematisch bezeichnete Frage (vgl. Weiß in Klang III, 998; Zemen, Die gesetzliche Erbfolge 25), ob Erbverzicht und Erbsentschlagung automatisch auch auf die Nachkommen der Erklärenden wirken; denn damit können immer nur Rechte betroffen sein, die aus der Deszendentenstellung zum Verzichtenden oder Erbsentschlagenden abgeleitet werden, nicht aber solche, die sich auf eine unmittelbare Beziehung zum die Nach- und Ersatzerbschaft anordnenden Erblasser gründen. Ein ausdrücklich erklärter Verzicht auf die aus der Nach- und Ersatzerbschaft abgeleiteten Anwartschaftsrechte der minderjährigen Kinder bedurfte zu seiner Wirksamkeit der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung des Gerichtes, über die unter Bedachtnahme auf die vom Rekursgericht aufgezeigte Interessenkollision allenfalls in einem weiteren Verfahrensstadium zu entscheiden sein wird.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage hat das Erstgericht daher zutreffend in seinem Punkt 7 die Errichtung eines Inventars angeordnet (vgl. Koziol-Welser8, 341), weshalb der dem entgegenstehenden Beschluß des Rekursgerichtes abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen war.
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