OGH 3Ob536/88

OGH3Ob536/8819.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria G***, Grundbesitzerin, St. Johann im Pongau, Rettenstein 56, vertreten durch Othmar Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Erteilung einer Zustimmung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 28. April 1988, GZ 33 R 608/87-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22. September 1987, GZ 13 C 1645/87-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in den KG Hallwang I und II, welche eine zusammenhängende Fläche bilden und in einer Länge von etwa 80 m an die Bundesstraße B 1 im Bereich einer Freilandstraße zwischen Hallwang und Salzburg grenzen. Ein mit Schreiben des Klagsvertreters vom 11. Juli 1986 (Beilage A) an die Bundesstraßenverwaltung Salzburg gerichtetes Ansuchen um Gestattung einer Zufahrt auf die Bundesstraße wurde mit Schreiben der Salzburger Landesregierung vom 21. August 1986 (Beilage C) mit der Begründung abschlägig beantwortet, daß die bestehende Verkehrsbelastung und die bestehenden Anlageverhältnisse (Straßenbreite, ......ausführung und Sichtverhältnisse etc) gegen eine Einzelzufahrt sprechen.

Die klagende Partei macht in ihrer mit S 30.000,-- bewerteten Klage geltend, daß diese Begründung bei sachlicher Prüfung unvorstellbar sei; es bestehe auch eine Zwangslage, ähnlich einer Partei im Notwegeverfahren, weil kein anderer LKW-gerechter Anschluß gegeben sei. Sie begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der Errichtung einer Zufahrt gemäß dem Lageplan eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen für ihre Grundstücke zuzustimmen.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil über das Begehren der klagenden Partei gemäß § 21 BundesstraßenG die Verwaltungsbehörde zu entscheiden habe, sowie die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges, weil, wenn überhaupt, nur ein Außerstreitverfahren nach dem Notwegegesetz in Betracht komme.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung zurück, gemäß den §§ 21 und 26 BundesstraßenG obliege die Entscheidung der Verwaltungsbehörde. Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges verworfen wurden, es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Das Gericht zweiter Instanz war unter Berufung auf die Entscheidung SZ 44/138 der Ansicht, die begehrte Zustimmung könne im streitigen Rechtsweg erwirkt werden, weil der Bund bei der Erteilung von Zustimmungen nach § 26 BundesstraßenG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung handle. Ein Antrag auf Einräumung eines Notwegerechtes werde von der klagenden Partei nicht gestellt, sodaß auch nicht das entsprechende Außerstreitverfahren stattzufinden habe.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die klagende Partei in ihrer Revisionsrekursbeantwortung geltend macht, das Gericht zweiter Instanz habe den Streitgegenstand zu hoch bewertet, ist darauf zu verweisen, daß eine offenbare, den Obersten Gerichtshof nicht bindende und rechtsmißbräuchliche Überbewertung nicht erkennbar ist. An die Bewertung des Klägers war das Rekursgericht nicht gebunden. Die Begründung, durch einen Anschluß an die Bundesstraße trete bei der Größe der Grundfläche eine erhebliche Wertsteigerung ein, ist nicht unlogisch. Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist daher als sogenannter Voll-Revisionsrekurs zulässig. Er ist aber nicht berechtigt. Wenn im Bundesstraßengesetz die Bundesstraßenverwaltung genannt wird, ist immer der Bund als Träger der Privatwirtschaftsverwaltung gemeint. Wenn der Bund als Träger der hoheitlichen Verwaltung einschreitet, ist hingegen immer von der Behörde die Rede (Krzizek, Das öffentliche Wegerecht 177, 178). Die Erteilung der Zustimmung des Bundes zum Anschluß einer Zu- und Abfahrt zu einzelnen Grundstücken in eine Bundesstraße B im Sinne des § 26 Abs. 1 und Abs. 2 BundesstraßenG gehört zu dieser privatwirtschaftlichen Verwaltung, wobei hier eine Art Abschlußpflicht der öffentlichen Hand durch Bindung an den Gleichheitsgrundsatz angenommen wird (SZ 44/138; VfGHSlg. 7.078; vgl. dazu auch Bydlinski in FS Klecatsky 129; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 861). Verweigert die Bundesstraßenverwaltung die Erteilung der Zustimmung unberechtigterweise, so kann die Zustimmung im Rechtsweg durchgesetzt werden.

Die Novellierung des Bundesstraßengesetzes (BGBl. 1983 Nr. 63) hat daran nichts geändert. Zwar kann jetzt die Behörde bei einer Änderung in der Art oder im Ausmaß der Benützung eines (schon genehmigten) Anschlusses nach § 26 Abs. 1 und 2 BundesstraßenG auf Antrag der Bundesstraßenverwaltung über eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse entscheiden und sogar die gänzliche Entfernung des Anschlusses (§ 26 Abs. 3 BundesstraßenG) und ebenso die Beseitigung eines ohne Zustimmung der Bundesstraßenverwaltung herbeigeführten Zustandes auf Kosten des Betroffenen anordnen (§ 26 Abs. 4 BundesstraßenG); für die Erteilung der Zustimmung zu einem Anschluß ist aber nach wie vor nicht die Behörde zuständig, also nicht die Kompetenz einer Verwaltungsbehörde vorgesehen. Maßnahmen der Behörde nach § 26 Abs. 3 BundesstraßenG könnten auch nicht als Korrektur einer gerichtlichen Entscheidung aufgefaßt werden. Das Gericht entscheidet im Streitfall nur, ob sachliche Gründe für eine Verweigerung der beantragten Zustimmung durch die Bundesstraßenverwaltung vorliegen; die Verwaltungsbehörde entscheidet hingegen im Falle einer späteren Änderung der Verhältnisse. Daraus ergibt sich keine Unvereinbarkeit. Bei der Erteilung der Zustimmung kommt es auch nicht auf Prognosen an, sondern darauf, ob die Leistungsfähigkeit der Bundesstraße im jetzigen Zustand gegen den vorgesehenen Anschluß zu den angegebenen Zwecken spricht.

Inwieweit im Sinne des § 21 BundesstraßenG zusätzlich zur Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung auch noch eine Bewilligung der Behörde erforderlich ist, ist in diesem Rechtsstreit ohne Belang. Ein Notwegeverfahren liegt nicht vor. Ein solcher Antrag war dem Klagsvorbringen nicht zu entnehmen. Der Hinweis auf die Zwangslage der klagenden Partei ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 Abs. 2 BundesstraßenG, wonach es für die Erteilung der Zustimmung der Straßenverwaltung in gewissen Fällen auch darauf ankommen kann, ob die Aufschließung einer Liegenschaft nur über die Bundesstraße in wirtschaftlich vertretbarer Weise erfolgen kann, nur als Argument dafür zu verstehen, daß die beklagte Partei die strittige Zustimmung erteilen müsse, nicht aber als eine Antragstellung nach dem Notwegegesetz aufzufassen.

Ob die erwähnte Anschlußpflicht auch bei Bundesstraßen gilt, ist eine jetzt noch nicht zu beantwortende meritorische Frage. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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