OGH 3Ob108/88

OGH3Ob108/8819.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Jakob W***, und 2) Anna W***, beide Landwirte in Straßhof, Schönkirchnergasse 1, und vertreten durch Dr. Michael Graff ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I*** B*** FÜR A*** AG, Wien 1, Neuer

Markt 1, vertreten durch Dr. Franz Xaver Gugg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen eine Exekutionsbewilligung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Berufungsgerichtes vom 29.März 1988, GZ 5 R 271/87-19, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 17.Juni 1987, GZ C 56/87 -9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 17.666,44 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 1.606,04 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden Kläger waren Eigentümer mehrerer Liegenschaften, welche Gegenstand des seit 13.November 1984 anhängigen Versteigerungsverfahrens E 6084/84 des Bezirksgerichtes Gänserndorf waren. Diesem Versteigerungsverfahren war unter anderem die beklagte Partei zur Hereinbringung ihrer Kreditforderung von 14,106.901,02 S sA als betreibende Partei beigetreten, für welche Forderung ein Pfandrecht von 15,600.000 S eingetragen war. Mit Notariatsakt vom 12.April 1985 schenkten die Kläger ihre Liegenschaft ausgenommen gewisse Grundstücke Johann H***, der sich verpflichtete, die Kläger unter anderem hinsichtlich ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der beklagten Partei klag- und schadlos zu halten.

Am 8.Jänner 1986 überwies Johann H*** an die beklagte Partei 17,000.000 S. Über Antrag der beklagten Partei wurde mit Beschluß vom 16.Jänner 1986 das von ihr betriebene Versteigerungsverfahren eingestellt.

Mit diesen 17 Mill. S war jedoch die offene Kreditforderung der beklagten Partei gegenüber den Klägern nicht zur Gänze abgedeckt; denn per 4.Dezember 1985 betrug der offene Saldo 17,320.488,63 S. Strittig ist, ob die beklagte Partei auf die Geltendmachung des nicht abgedeckten Differenzbetrages verzichtet hat. Die beklagte Partei belangte in der Folge die Kläger auf Zahlung des inzwischen auf 574.381,18 S angewachsenen Saldos und erwirkte am 4. Juni 1986 zu 12 Cg 99/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ein Versäumungsurteil gegen die beiden Kläger über diesen Betrag samt Anhang.

Zur Hereinbringung dieses Betrages führt die beklagte Partei gegen die beiden Kläger die Fahrnis- und Lohnpfändungsexekution E 4007/86.

Die Kläger machen gegen diese Exekutionsbewilligung Impugnationsklage geltend, die beklagte Partei habe gegen Bezahlung der erwähnten 17 Mill. S auf die Geltendmachung der darüber hinausgehenden Forderung verzichtet und nach Einbringung der Klage 12 Cg 99/86 erklärt, von einem nur aus bilanztechnischen Gründen zu erlassenden Versäumungsurteil keinen Gebrauch zu machen, also auf die Exekutionsführung verzichtet. Bei den dazu geführten Verhandlungen sei Johann H*** als Vertreter der Kläger tätig gewesen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, sie habe nur dem bloß mit der Sachhaftung belasteten Johann H*** gegenüber auf die Geltendmachung des strittigen Differenzbetrages verzichtet, nicht gegenüber den persönlich haftenden Klägern. Der behauptete Exekutionsverzicht sei nicht abgegeben worden.

Das Erstgericht nahm den in der Klage behaupteten Verzicht auf die Geltendmachung des Differenzbetrages und den Exekutionsverzicht als erwiesen an und gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und traf nach Beweiswiederholung und Beweisergänzung im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Als sich Johann H*** nach Abschluß des Notariatsaktes um die Abdeckung der Forderungen bemühte, die auf den ihm geschenkten Liegenschaften lasteten, nahm er auch mit der beklagten Partei Kontakt auf, wobei er auch seine Hausbank, die

R*** L***, in die Verhandlungen einschaltete.

Mit Fernschreiben vom 2.Dezember 1985 bot die

R*** L*** die Abdeckung des Saldos der Kläger an

und ersuchte um Bekanntgabe des per 4.Dezember 1985 aushaftenden Saldo und um Bestätigung, daß gegen Bezahlung des zu nennenden Betrages alle Betreibungsmaßnahmen gegen die Kläger und gegebenenfalls gegen Johann H*** eingestellt, alle Sicherheiten freigegeben und eine Löschungserklärung für das Grundpfandrecht ausgestellt würde.

Mit Fernschreiben vom 3.Dezember 1985 gab die beklagte Partei der R*** L*** den Saldo mit 17,320.488,63 S

bekannt und stimmte für den Fall der Bezahlung dieses Betrages den im Fernschreiben vom 2.Dezember 1985 gestellten Bedingungen zu. Nach diesem Schriftverkehr schaltete sich wieder Johann H*** direkt ein und versuchte beim Sachbearbeiter der beklagten Partei, dem Angestellten Hans B***, der weder Prokurist noch Vorstandsmitglied der beklagten Partei war, telefonisch eine Reduktion der Forderung auf 17 Mill. S zu erreichen. Der Sachbearbeiter der beklagten Partei trat auf Grund dieses Ersuchens mit Rechtsanwalt Dr. D***, dem Vertreter des deutschen Staatsangehörigen A. M***, in Verbindung, der mittels einer Bankgarantie für die Kreditverbindlichkeiten des Klägers haftete, und wollte in Erfahrung bringen, ob der Zinsenverlust bei Annahme des Ansuchens des Johann H*** von ihm getragen werde. Dr. D*** empfahl die Annahme, auch wenn er noch keine Zusicherung für seinen Mandanten abgeben könne, wobei er darauf hinwies, daß die beklagte Partei nur Johann H*** gegenüber verzichte und den offenen Differenzbetrag noch bei den Klägern hereinbringen könnte. Der Sachbearbeiter der beklagten Partei übermittelte daraufhin der R*** L*** ein Fernschreiben der beklagten

Partei vom 31.Dezember 1985, wonach gegen Zahlung von 17 Mill. S zur Teilabdeckung des Kreditkontos der Kläger eine einverleibungsfähige Löschungserklärung für die betreffenden Grundpfandrechte übersandt und das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren eingestellt würde. Über Ersuchen des Johann H*** bestätigte ihm die beklagte Partei mit Fernschreiben vom 7.Jänner 1986 unter Bezugnahme auf das mit Hans B*** geführte Telefonat, daß gegen Zahlung der 17 Mill. S eine Löschungserklärung überreicht und das Versteigerungsverfahren eingestellt würde. Weiters wurde mitgeteilt, daß die beklagte Partei ihm gegenüber keine weiteren Forderungen stellen werde. - Johann H*** protestierte gegen den Inhalt dieses Fernschreibens nicht. Bei den zwischen Johann H*** und Hans B*** geführten Gesprächen wurde nicht ausdrücklich davon gesprochen, daß mit der Zahlung von 17 Mill. S alle Forderungen der beklagten Partei als berichtigt gelten sollten, ebensowenig, daß die Restforderung der beklagten Partei gegenüber den Klägern auf Grund ihrer Personalhaftung bestehen bleiben sollte. Es ist nicht erwiesen, daß Johann H*** die Verhandlungen mit Hans B*** auch im Namen der Kläger führte. Es wurde bei den Gesprächen auch nicht über die Schuldübernahme des Johann H*** auf Grund des Notariatsaktes gesprochen. Die beklagte Partei war allerdings schon seit Beginn dieser Verhandlungen, als Johann H*** noch mit den Vorstandsmitgliedern der beklagten Partei verhandelte, im Besitz einer Ausfertigung des Notariatsaktes.

Grund für die Bewilligung des Nachlasses gegenüber Johann H*** war für die beklagte Partei die Befürchtung, im Realexekutionsverfahren keine volle Deckung zu erhalten. Die Kläger wandten sich erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist des oben erwähnten Versäumungsurteiles vom 4.Juni 1986 an Johann H***, der sich wegen der Prozeßführung an die beklagte Partei wandte. Es kann nicht festgestellt werden, mit wem Johann H*** sprach. Es wurde ihm nicht erklärt, daß das erwirkte Urteil gegen die Kläger nicht zur Exekutionsführung verwendet werde und nur aus bilanztechnischen Gründen erwirkt worden sei. Auf eine Exekutionsführung gegen die Kläger hat die beklagte Partei nicht verzichtet.

In rechtlicher Hinsicht ging das Berufungsgericht auf Grund dieses Sachverhaltes davon aus, daß kein Verzicht der beklagten Partei gegenüber dem Kläger auf Bezahlung des strittigen Differenzbetrages anzunehmen sei, denn alle Erklärungen hätten sich nur auf Johann H*** bezogen. Selbst wenn aber der Verzicht auch den Klägern zugute kommen sollte, wäre darauf nicht Bedacht zu nehmen, weil die Kläger sich dann nicht verurteilen hätten lassen dürfen. Ein erschlichener Exekutionstitel liege nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Auch zu einem nachträglichen Exekutionsverzicht sei es nicht gekommen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Parteien ist nicht berechtigt. Die im Zusammenhang mit dem Begin der Verhandlungen geltend gemachten Feststellungsmängel liegen nicht vor, weil es sich um Vorgänge handelt, die vor der Entstehung des Exekutionstitels stattgefunden haben sollen, ein solcher Anspruchsverzicht aber als Oppositionsgrund nicht geltend gemacht werden kann (§ 35 Abs 1 EO, Heller-Berger-Stix 397). Die Klage ist aber auch nicht auf einen Oppositionsgrund gestützt, sondern die Behauptung des früheren Anspruchsverzichtes diente offenbar nur der Rechtfertigung des behaupteten Exekutionsverzichtes. Dieser ist aber unabhängig von der Tragweite des früher vereinbarten Teilverzichtes der beklagten Partei nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes nicht erwiesen. Der in der Revision unternommene Versuch, in diesem Zusammenhang einen weiteren Feststellungsmangel darzutun, stellt in Wahrheit eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Im übrigen hat der Zeuge Hans B*** in seiner Vernehmung vor dem Erstgericht nicht angegegeben, daß er mit Johann H*** über die Möglichkeiten eines Exekutionsverzichtes gesprochen habe. Er hat vielmehr erklärt, sich an einen Anruf nach Beginn der strittigen Prozeßführung gegen die Kläger nicht erinnern zu können und es nur als theoretisch möglich bezeichnet, daß Banken einen Exekutionsverzicht abgeben könnten. Die Argumentation der Revision ist daher auch aktenwidrig.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist der betriebene Anspruch ohne Nebengebühren, weil die Bestimmung des § 13 Abs 1 Z 1 lit a RATG nur im Exekutionsverfahren gilt und eine Sondernorm wie für Exszindierungsklagen (§ 5 Abs 2 RATG) fehlt, sodaß sich die Bemessungsgrundlage nach den Vorschriften der §§ 54 bis 59 JN richtet, also nach dem betriebenen Anspruch ohne Nebengebühren.

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