OGH 12Os69/88

OGH12Os69/886.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer sowie Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerald Z*** wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 15.März 1988, GZ 3 b Vr 1059/86-34, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer und des Verteidigers Dr. Hora, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerald Z*** des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a PornG schuldig erkannt, weil er ab ungefähr Sommer 1985 bis 8.August 1986 in Schwechat-Rannersdorf in dem von ihm betriebenen barähnlichen Lokal "CUS-CUS" in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Laufbilder, nämlich insgesamt zehn verschiedene Filme, zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer Nichtigkeitsbeschwerde, in der er das Vorliegen der Nichtigkeitsgründe nach Z 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO behauptet.

Unter Bezugnahme auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Ausspruch, daß unter den gegebenen Umständen die im Urteil festgestellte weitgehende Übertragung der Führung des Lokals "CUS-CUS" auf den Kellner Anton M*** die Haftung des Angeklagten für das ihm angelastete deliktische Verhalten nicht beseitigen könne. Dabei handelt es sich jedoch überhaupt nicht um eine Annahme tatsächlicher Natur, deren Richtigkeit einer Anfechtung nach Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO unterliegt, sondern um eine rechtliche Beurteilung, weshalb Verweisungen des Beschwerdeführers auf Verfahrensergebnisse über die unmittelbare Übertragung der Geschäftsführung von der früheren Gattin des Angeklagten auf Anton M*** sowie über dessen Vertretungskompetenz und weitreichende geschäftliche Erfahrung ins Leere gehen. Soweit der Angeklagte erst im letzten Satz dieser Rüge vermeint, bei Berücksichtigung der aufgezeigten Beweisumstände hätte sein Tatvorsatz verneint werden müssen, genügt die Erwiderung, daß mit dem Vorbringen keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellungen über die subjektive Tatseite dargelegt werden. Die Beschwerdeausführungen stützen sich überwiegend auf Beweisergebnisse, welche für Schlußfolgerungen auf das innere Vorhaben des Angeklagten schon abstrakt ungeeignet sind und nehmen darüber hinaus nicht darauf Bedacht, daß die diesbezügliche Überzeugung des Erstgerichtes, wonach Gerald Z*** ernstlich mit Vorführungen der betreffenden Filme durch Anton M*** gerechnet und "dies billigend in Kauf genommen" hat (der Jugendgerichtshof Wien sei hiezu auf Leukauf-Steininger, StGB2, RN 17 zu § 5 sowie RZ 1981/34 verwiesen), ohnehin mit dessen Verantwortung durchaus vereinbar ist und vom Erstgericht auch unter Heranziehung dieser Einlassung plausibel begründet wurde.

Bei dem rechtlichen Einwand des Beschwerdeführers, er habe die Führung des Lokals dem geschäftlich erfahrenen Anton M*** übertragen und könne daher unabhängig von seinem allfälligen deliktischen Willen strafrechtlich nicht haftbar sein, wird verkannt, daß der Rechtsordnung eine solche vertragliche Abwälzung strafgesetzlicher Verantwortlichkeit fremd ist und ein derartiges Institut mit dem Wesen des Strafrechts überhaupt unvereinbar wäre. Auch wenn sich der Angeklagte beim Betrieb des Nachtlokals auf Erledigung der Einkäufe, der Buchhaltung sowie der Abrechnungen beschränkt und die sonstige Gebarung dem Anton M*** überlassen hat, war er Besitzer der als Geschäftsinventar zur Abspielung vor Gästen bestimmten unzüchtigen Filme, die solcherart von ihm im tatbestandsmäßigen Sinn vorrätig gehalten (SSt. 53/72) und der bedingt gewollten Vorführung durch den faktischen Geschäftsführer zugeleitet wurden. Die Bestellung eines Beauftragten zwecks Einhaltung der Bestimmungen des Pornographiegesetzes kann bei jenen Fallgestaltungen, in welchen es danach dennoch zu derartigen Verstößen gegen Strafbestimmungen kommt, niemals einen Mangel am äußeren Tatbestand oder einen Rechtfertigungsgrund bilden, sondern vielmehr bei Hinzutreten weiterer Umstände eventuell die Vorsatzbildung beim Auftraggeber ausschließen (EvBl 1975/130). Eine solche Auswirkung auf die subjektive Tatseite des Angeklagten hat das Erstgericht jedoch ausdrücklich verneint, weshalb der Vorwurf unrichtiger rechtlicher Beurteilung versagt.

Schließlich liegen auch dem von einer Nichtigkeit nach Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ausgehenden Beschwerdestandpunkt zuwider nicht alle Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 42 StGB vor, weshalb dieser Strafbefreiungsgrund mit Recht nicht herangezogen wurde. Angesichts fortlaufender Tatverübung innerhalb eines ungefähr einjährigen Zeitraums in Ansehung von zehn wiederholter Vorführung gewidmeten Deliktsobjekten kann ein erhebliches Zurückbleiben des tatbestandsmäßigen Verhaltens des Angeklagten hinter dem in den Durchschnittsfällen von Straftaten nach § 1 PornG gegebenen deliktstypischen Gesinnungs- und Handlungsunwert und daher eine geringe Täterschuld (§ 42 Z 1 StGB) nicht angenommen werden. Ferner ist bei fallbezogener Beurteilung die Verhängung einer Sanktion geboten, um dem Angeklagten die strafgesetzlichen Grenzen kaufmännischen Gewinnstrebens vor Augen zu führen und außerdem im Interesse allgemeiner Normtreue der auch im Anlaßfall indizierten Tendenz (siehe S 110) zur Begehung gleichartiger Delikte beim Betrieb solcher Lokalitäten entgegenzuwirken, sodaß sich die Strafbarkeit auch aus Präventionsinteressen (§ 42 Z 3 StGB) ergibt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerald Z*** war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 1 Abs 2 PornG unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 120 S, im Nichteinbringungsfall dreißig Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Bei deren Bemessung war erschwerend nichts, mildernd hingegen der bisher untadelige Lebenswandel, der geringe Umfang der Tatgegenstände und der Umstand, daß seit der Tat ein langer Zeitraum verstrichen ist.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Der vom Angeklagten in seiner schriftlichen Berufungsausführung geltend gemachte weitere Milderungsgrund der Z 12 des § 34 StGB liegt nicht vor, weil nach den Gründen des Ersturteils (vgl. S 180) von einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9 StGB) nicht die Rede sein kann. Die vom Erstgericht verhängte Geldstrafe entspricht auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes der Schuld des Angeklagten und dem objektiven Gewicht der schuldhaften Handlung, sodaß zu ihrer Herabsetzung kein Anlaß besteht. Weil nach Lage des Falles die spezialpräventive erforderliche Wirksamkeit der Strafe nur durch Zahlung erreicht werden kann, konnte die Geldstrafe nicht bedingt nachgesehen werden (vgl. LSK 1976/22). Auch in diesem Umfange war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.

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