OGH 6Ob681/88

OGH6Ob681/886.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Bauer und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Hannes S***, Mechaniker, Faak am See, Halbinselstraße 9, vertreten durch Dr. Heimo Berger, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Waltraud R***, zuletzt Pensionsinhaberin, Latschach, Sonnweg 7, vertreten durch Dr. Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung und Einwilligung zur grundbücherlichen Eigentumseinverleibung (Streitwert S 500.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 8. Juli 1988, GZ 2 R 141/88-8, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. Mai 1988, 27 Cg 179/88-2, im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrages abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit S 15.874,65 (darin enthalten S 1.443,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Nach seinem Klagevorbringen habe der Kläger am 11. September 1986 mit der Beklagten über deren Fremdenpensionsunternehmen samt Betriebsliegenschaft einen Übergabsvertrag geschlossen, sowohl die im Übergabsvertrag ausgewiesenen als auch die darüber hinaus vereinbarten Gegenleistungen erbracht, was die Beklagte auch gesondert schriftlich bestätigt habe. Der Kläger habe im Januar 1988 die Vormerkung seines Eigentums auf der Vertragsliegenschaft erwirkt. Die Beklagte habe durch Androhung von Anzeigen an die Abgabenbehörde und von "Veröffentlichungen in Zeitungen" ungerechtfertigte Barzahlungsforderungen gestellt. Unter diesem Eindruck habe der Kläger am 8. April 1988 einen Aufhebungsvertrag zum Übergabsvertrag in Notariatsaktsform unterfertigt. Dieser Aufhebungsvertrag sei ungültig und unwirksam. Dazu führte der Kläger in seiner Klage wörtlich aus:

"Ich war damals in meinem Willen nicht frei, sondern wurde ich durch das Verhalten der Beklagten geradezu gezwungen. Darüber hinaus wurde ich von der Beklagten in Irrtum geführt, da nämlich im Aufhebungsvertrag als Grund der Aufhebung des Vertrages u.a. die Nichtzahlung des Barbetrages aufscheint." In Ergänzung dieses Vorbringens behauptete der Kläger, daß gegen die Beklagte wegen ihres zur Vertragsaufhebung führenden Verhaltens Strafanzeige wegen des Verdachtes der Nötigung, Erpressung sowie des Betruges erstattet worden sei. Das gesamte Vorbringen zum Aufhebungsvertrag (TB 4 der Klage) stellte der Kläger außer durch die vorgelegte Ausfertigung des Notariatsaktes vom 8. April 1988 durch die gerichtliche Vernehmung eines Gendarmeriebeamten und durch Parteienvernehmung unter Beweis.

Aufgrund dieses Vorbringens stellte der Kläger die Begehren,

1. gegenüber der Beklagten die Ungültigkeit und Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages vom 8. April 1988 festzustellen und 2. die Beklagte zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers an der Vertragsliegenschaft zu verpflichten. Mit diesem Urteilsbegehren verband der Kläger den Sicherungsantrag, zur Sicherung seines Anspruches: "1. die Erlassung des gerichtlichen Verbotes an die Gegnerin, die Liegenschaft...zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden, 2. die bücherliche Anmerkung dieses Verbotes im Eigentums- bzw. Lastenblatt der obbezeichneten Liegenschaft."

Zur Stützung dieses Sicherungsbegehrens erklärte der Kläger, seine Klagserzählung zum Vorbringen zur Begründung der einstweiligen Verfügung zu erheben, und ergänzte (zur Darlegung einer Gefährdung im Sinne des § 381 EO), die Beklagte habe mittlerweile die Löschung der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Klägers bewirkt. "Des weiteren wurde bereits ein Immobilienbüro eingeschaltet, die Liegenschaft zu verkaufen." Als Bescheinigungsmittel bot der Kläger außer den vorgelegten Urkunden seine Vernehmung an. Das Prozeßgericht erließ ohne vorherige Einvernehmung der Antragsgegnerin aufgrund des nach den vorgelegten Urkunden als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes "zur Sicherung des behaupteten Anspruches der klagenden und gefährdeten Partei" das im Sinne des § 382 Z 6 EO beantragte Verbot. Es folgerte aus dem inhaltlichen Widerspruch zwischen den von der Beklagten erteilten schriftlichen Bestätigungen vom 10. August 1987 und 5. Oktober 1987 einerseits und der in den Aufhebungsvertrag vom 8. April 1988 aufgenommenen Feststellung, daß der vereinbarte Kaufpreis nicht entrichtet worden wäre, "daß sowohl der Anspruch der gefährdeten Partei als auch die Gefährdung ausreichend dokumentiert erscheinen". Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrages ab.

Dazu sprach es aus, daß der Beschwerdegegenstand, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteigt.

In formeller Hinsicht folgerte das Rekursgericht, als behaupteter und zu sichernder Anspruch sei dem Klagsschriftsatz der Anspruch auf Eigentumseinverleibung entnehmbar. In materieller Hinsicht gebräche es aber an der Bescheinigung dieses Anspruches. Die Bescheinigung eines aus dem Übergabsvertrag abgeleiteten Übereignungsanspruches sei durch den in Notariatsaktsform errichteten Aufhebungsvertrag entkräftet. Für die behauptete Unwirksamkeit (oder Anfechtbarkeit) des Aufhebungsvertrages fehle jede Bescheinigung. Zur Bescheinigung der geltend gemachten Anspruchsgefährdung habe die gefährdete Partei überhaupt keine Bescheinigungsmittel angeboten.

Der Kläger ficht als gefährdete Partei die abändernde Rekursentscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen einstweiligen Verfügung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Beklagte strebt als Gegnerin der gefährdeten Partei die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß dem Antragserfordernis einer genauen Bezeichnung des zu sichernden Anspruches (§ 389 Abs 1 EO) nach dem Zusammenhang des in die Klagsschrift aufgenommenen Sicherungsantrages mit den Klagsausführungen, auf die zur Begründung des Sicherungsantrages ausdrücklich Bezug genommen wurde, insoweit Genüge geleistet ist, als der zu sichernde Anspruch mit dem geltend gemachten Übereignungsanspruch (nach Punkt 2 des Klagebegehrens) gleichzuhalten sei.

Dem Rekursgericht ist aber auch darin beizupflichten, daß nach dem vom Prozeßgericht auf die vorgelegten Urkunden beschränkten Bescheinigungsverfahren weder der aufrechte Bestand des zu sichernden Übereignungsanspruches noch eine Gefährdung dieses Anspruches im Sinne des § 381 EO als glaubhaft gemacht angenommen werden können:

Zur Glaubhaftmachung des Übereignungsanspruches ist eine Entkräftung der Rechtswirkungen des in Notariatsaktsform errichteten Aufhebungsvertrages unerläßlich. Die im Sicherungsantrag rezipierten Klagsbehauptungen, die Beklagte habe ungeachtet der von ihr sogar schriftlich bestätigten Erfüllung aller den Kläger treffenden Barzahlungsverpflichtungen wiederholt auf weitere Barzahlungen gedrängt und für den Fall der Verweigerung mit "einer Anzeige an das Finanzamt sowie Veröffentlichungen in Zeitungen" gedroht, die "Repressalien" seien Anfang April 1988 so stark geworden, daß der Kläger den Aufhebungsvertrag unterfertigt habe, reichen zur Darlegung eines erheblichen Willensmangels nicht hin, weil der Inhalt der als Repressalien bezeichneten angedrohten Anzeige und Veröffentlichung sowie deren Zusammenhang mit dem Zahlungsbegehren zu wenig konkretisiert erscheinen. Ebensowenig ist konkret dargelegt, worin bei der übereinstimmend vorgenommenen Feststellung im Punkt 2 des Aufhebungsvertrages (offenkundig zur Absicherung der Beklagten gegen Rückabwicklungsforderungen des Klägers im Zusammenhang mit den von der Beklagten ausgestellten - und nach ihrem Vorbringen in der Klagebeantwortung tatsachenwidrig erfolgten - Bestätigungen) der Kläger durch die Beklagte in Irrtum geführt worden sein sollte, zumal er selbst doch über seine erbrachten oder nicht erbrachten Leistungen am ehesten Bescheid gewußt haben mußte.

Das Prozeßgericht hat auch lediglich das Vorliegen von Widersprüchen in den urkundlich niedergelegten Erklärungen der Parteien festgestellt, ohne Schlußfolgerungen auf die als bescheinigt angenommenen tatsächlichen Vorgänge offenzulegen. Die schriftlichen Bestätigungen der Beklagten vom August und Oktober 1987 reichen keinesfalls hin, den im April 1988 in Notariatsaktsform übereinstimmend bekundeten Vertragsaufhebungswillen der Parteien als Entscheidungsgrundlage zu entkräften.

Mangels des in tatsächlicher Hinsicht nicht konkret genug behaupteten Willensmangels des Klägers bei Abschluß des Aufhebungsvertrages war auch die Durchführung der Parteienvernehmung im Sicherungsverfahren nicht erforderlich.

Die Abweisung des Sicherungsantrages durch das Rekursgericht erfolgte mangels eines für die rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Willensmangels ausreichend konkretisiert gehaltenen Tatsachenvorbringens zu Recht.

Dem Revisionsrekurs war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf den §§ 402 Abs 2 und 78 EO, §§ 41 und 50 ZPO. § 402 Abs 1, zweiter Halbsatz EO ist im Revisionsrekursverfahren niemals anzuwenden. Dieses Verfahren ist immer zweiseitig; denn wenn auch der Gegner der gefährdeten Partei vor der Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht einvernommen wurde, er gegen die in erster Instanz erlassene einstweilige Verfügung aber erfolgreich Rekurs erhoben hat, ist er bereits am Sicherungsverfahren beteiligt.

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